Der Westfälische Friede als Medienereignis


Trabajo de Seminario, 2004

15 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Vorgeschichte

3. Rezeption der Verhandlungen und des Westfälischen Friedens

4. Die Rolle der Öffentlichkeit nach Friedensschluss

5. Die Interpretation des Westfälischen Friedens
5.1 Ikonografie
5.2. Die Rolle der Religion

6. Schluss

1 Einleitung

Der Westfälische Friede gilt der Geschichtswissenschaft wahlweise als Katastrophe, die die Zersplitterung Deutschland auf Jahrhunderte zementierte und eine nationale Einigung verhinderte oder als erster Schritt zur europäischen Einigung, als erstes - die gerade sich erst ausformenden Staaten überwölbendes - Völkerrecht. Diese Arbeit untersucht wie die Zeitgenossen das Vertragswerk von Münster und Osnabrück wahrgenommen haben. Sie konzentriert sich dabei auf die veröffentlichte Meinung. Bei der Auswertung der Druckerzeugnisse jener Zeit stützt sich die Arbeit vor allem auf Flugblätter. Das damals noch junge Medium Zeitung beschränkte sich in den ersten Jahren seines Bestehens auf beschreibende, weitgehend auf parteiliche Wertung verzichtende Informationen.[1]Flugblätter ermöglichen dank ihrer Meinungsfreude einen wesentlich besseren Einblick in die Denkstrukturen und Interpretationsmuster jener Zeit. Da Westfälischer Friede und Dreißigjähriger Krieg nicht getrennt betrachtet werden können, wirft die Arbeit zunächst einen Blick auf die Ereignisse, die dem Friedensschluss direkt vorausgingen und wie diese von den Medien aufgegriffen wurden. Hier interessiert den Autor vor allem die sich wandelnde Rolle von Religion und Konfession. Anschließend soll die Frage beantwortet werden, welchen Einfluss Veröffentlichungen auf die Verhandlungen haben konnten. Der Hauptteil widmet sich der Zeit nach Vertragsunterzeichnung. Die Arbeit geht hier auf die Rolle der Medien bei der Stabilisierung des Friedensprozesses ein. Sie zeigt außerdem die Interpretationsmuster, die auf die Pax Westphalia zur Anwendung kamen.

2 Vorgeschichte

Die Folgen des Krieges sind in der Forschung umstritten. Die Darstellungen reichen von totaler Verwüstung, Massensterben und kultureller Verelendung bis zu regional begrenzten und eher leichten Verlusten an Mensch und Material[2]. In einem sind sich jedoch alle Deutungen des Kriegsgeschehens einig. Die letzten Kriegsjahre nach Abschluss des Friedens von Prag waren für die Bevölkerung die schlimmsten. Die Hoffnung, dass mit dem Vertrag zwischen Kaiser und Kursachsen, dem fast alle Reichsstände beitraten, endlich Ruhe und Ordnung in den deutschen Landen einkehren, wurde schnell enttäuscht. Der Friede entpuppte sich als neues Waffenbündnis. Die schwedischen Truppen blieben im Land, Frankreich griff im Elsass an. Nach all den Kriegsjahren waren die Ländereien der kriegsführenden Parteien von den Kriegssteuern erschöpft. Den Kriegsherren ging das Geld aus. In der Folge häuften sich die Übergriffe. Ein Zusammenhang, den in den 1620er Jahren schon Pfalzgraf Johann von Kasimir, der spätere enge Mitarbeiter von Schweden-König Gustav Adolf, sehr genau zum Ausdruck gebracht hat: „Dieses undt sonderlich das grosse landtsverderben, so auss nicht bezahlung der Soldaten herrüeret...“[3]Die Zivilbevölkerung litt stärker denn je, gleichzeitig ging der konfessionelle Charakter des Krieges verloren und damit seine Legitimation in der Bevölkerung. Wenige Jahre zuvor stand noch das Bejubeln der militärischen Siege der jeweils eigenen Konfession im Vordergrund, besonders in der publizistischen Kampagne zugunsten Gustav Adolfs, der zum Retter des Protestantismus stilisiert wurde. Seit den späten 1630er Jahren rückten dagegen Klagen über den Zustand des Landes in den Vordergrund. Eines der bekanntesten Beispiele ist das Sonett „Thränen des Vaterlandes/Anno 1636“ von Andreas Gryphius, in dem der Dichter betrauert, dass Deutschland so ganz „verheeret“ sei. Das Nürnberger Flugblatt „Der Welt Lauff“ aus dem Jahre 1645 rät dem Leser, sich vom Krieg möglichst fern zu halten: „Der Ein will dies, der ander das/ Daher entspringt groß Zanck und Haß/ Ein jeder doch will haben recht/ das plagt leider manch armer Knecht (...) Wer aber je will haben Ruh/ der muss dies Wagen müssig gehen/ Und mit mir hie ins Mittel stehn/ Ohne Furcht dißfalls wird er leben/ und in der Nidrigkeit hoch schweben.“[4]Verarmt und beraubt außerhalb des Kriegsgeschehens zu stehen sei im Vergleich zur Kriegsteilnahme noch die bessere Wahl.[5]Ein weiteres Nürnberger Flugblatt, ebenfalls aus dem Jahre 1645, betont die Grausamkeit und Sinnlosigkeit des Krieges. „Der Hunger hats dahin gebracht/ dass Mütter ihre Frucht geschlacht/Der Kinderlieb vergessen/ Gekocht den Sohn am Feuerrauch/ Und wieder in den Mutterbauch.“[6]Solche Horrorschilderungen sind jedoch nicht wörtlich zu nehmen. Die Verfasser von Flugschriften benutzten vielmehr besonders dramatische Topoi, um die beschriebene Situation zu illustrieren. „Mütter essen ihre Kinder“ bedeutet also aller Wahrscheinlichkeit, dass die Hungersnot Ausmaße angenommen hat, wie sie schlimmer kaum sein könnten. Im weiteren Verlauf gibt der Verfasser dieses speziellen Flugblattes indirekt eine Einschätzung der laufenden Friedensverhandlungen: „Man sagt von Friede Tag und Nacht/ und wird kein Friede nicht gemacht.“

3 Rezeption der Verhandlungen und des Westfälischen Friedens

Seit 1635, mit dem Abschluss des Prager Friedens stand der Frieden erstmals wieder auf der politischen Agenda. Die Vierziger Jahre dienten der Anbahnung eines Friedensschlusses. Doch nach Abschluss des Hamburger Präliminarfriedens und der Eröffnung des Gesandtenkongresses in Münster und Osnabrück passierte lange nichts außer Streitigkeiten um protokollarische Fragen. Die veröffentlichte Meinung hatte daher wenig Hoffnung was die Erfolgsaussichten des Friedenskongresses betraf. So beschreibt eine Flugblatt aus dem Jahre 1645 die Verhandlungen als „Groß-Europäisches Kriegsballet/Getanzet durch die Könige und Potentaten/Fürsten und Republiken auff dem Saal der betrübten Christenheit“[7]. Die Herrscher stehen sich in ihren Bündnissen gegenüber und tanzen. Laut dem zugehörigen Text tun sie dies so lange, bis sie ihre Gegner ausmanövriert haben. Zum Frieden sind sie erst bereit, wenn sie im Kampf die Position gewonnen haben, die sie von Anfang an angestrebt hatten. Hier kommt tiefes Misstrauen gegen die weltliche Macht zum Ausdruck. Ein Friede scheint erst durch das Eingreifen Gottes möglich, hier repräsentiert durch einen Engel, der den Fürsten für die Fortsetzung des Krieges grausame Strafen androht. Bis dato wurde der Glaube in den Flugblättern zur Abgrenzung vom Gegner benutzt, der durchseucht sei von Calvinis Geist bzw. unter dem Einfluss machtgieriger Jesuiten stehe. Gegen die Feinde galt es der gerechten, der heiligen Sache zum Sieg zu verhelfen. Dass die Schriften der Endphase des 30-jährigen Krieges dahingegen die Fortführung der Kampfhandlungen als unchristlichen Akt der Grausamkeit brandmarkten, zeigt die Kehrtwende im Denken vieler Publizisten. Ein Flugblatt von 1645 etwa zeigt das Erscheinen von Jesus Christus, der die versammelten europäischen Fürsten auffordert, Frieden zu machen. Die unschuldigen Seelen der umgebrachten Kinder flehen um ein Ende der Kämpfe und der Strafengel droht: „Will sich die Welt zum Friden nicht begeben/ So soll die schwere Straff ob ihrem Rücken schweben/ Schwerdt, Hunger, Pestilenz soll ihr Belohnung sein/ Und was viel schwerer ist: die Noth der Höllenpein.“[8]Alle Herrscher bekunden ihren Friedenswillen, allerdings jeweils unter Bedingungen und ohne Abrücken von ihren Kriegszielen. Im Mittelpunkt des Bildes stehen die Konfessionen symbolisiert durch den Papst und einen „evangelischen Doktor der hl. Schrift“. Ihr Disput verläuft ungewöhnlich sachlich. Die Äußerungen der Herrscher stehen dazu in einem deutlichen Missverhältnis, was zeigen soll, wie weit deren Argumentation den Boden christlicher Motivation verlassen hat.[9]Diese Kritik trifft alle Fürsten, das Blatt bemüht sich um Unparteilichkeit – eine damals neue Tendenz in der Publizistik des Dreißigjährigen Krieges.

[...]


[1]Vgl. Harms, Wolfgang, Das illustrierte Flugblatt als meinungsbildendes Medium in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. In: Bußmann, Klaus/Schilling, Heinz (Hrsg.), 1648 – Krieg und Frieden in Europa, Münster/Osnabrück 1998, S.323.

[2]Vgl. Schormann, Gerhard: Der Dreißigjährige Krieg. Göttingen 2004, S.112.

[3]zit. nach: Schormann, Gerhard: Der Dreißigjährige Krieg. Göttingen 2004, S.118.

[4]zit. nach Paas, John Roger, The German Political Broadsheet 1600-1700, Volume 7 1633-1648, Wiesbaden 2002, S. 308. Siehe auch Kopie im Anhang.

[5]Siehe Abbildung, Anhang Nr. 1.

[6]zit. nach Paas, John Roger, The German Political Broadsheet 1600-1700, Volume 7 1633-1648, Wiesbaden 2002, S.309. Siehe auch Kopie, Anhang Nr. 2.

[7]aus Paas, John Roger, The German Political Broadsheet 1600-1700, Volume 7 1633-1648, Wiesbaden 2002, S.307. Siehe auch Kopie im Anhang Nr. 3.

[8]In: „Seuffzer nach dem Güldinen Friden“. zit. nach Paas, John Roger, The German Political Broadsheet 1600-1700, Volume 7 1633-1648, Wiesbaden 2002, S. 305. Siehe auch Kopie, Anhang Nr. 4.

[9]Vgl. Harms, Wolfgang (Hrsg.), Deutsche Illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts, Band 2, Tübingen, S. 542.

Final del extracto de 15 páginas

Detalles

Título
Der Westfälische Friede als Medienereignis
Universidad
Catholic University Eichstätt-Ingolstadt  (Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit)
Curso
PS Der 30-jährige Krieg
Calificación
1,3
Autor
Año
2004
Páginas
15
No. de catálogo
V30712
ISBN (Ebook)
9783638319126
Tamaño de fichero
575 KB
Idioma
Alemán
Notas
Die Arbeit analysiert die Reaktion der damals verfügbaren Medien (v.a. Flugblätter) auf die Endphase des 30-jährigen Krieges. Sie gibt jedoch auch einen Überblick über die Vorgeschichte des gesamten Krieges und die Rolle der Medien in dieser Auseinandersetzung
Palabras clave
Westfälische, Friede, Medienereignis, Krieg
Citar trabajo
Steffen Becker (Autor), 2004, Der Westfälische Friede als Medienereignis, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30712

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