Die Zauberflöte. Das Wunderbare und Außergewöhnliche als Erfolgsrezept?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

19 Seiten, Note: 2,3

J. C. (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Unterhaltungskunst und Popkultur Schikaneders bis hin zum Erfolg

3. Märchen als Teil der Unterhaltungskunst: Modephänomen
3.1 Lulu oder die Zauberflöte - Parallelen zur Zauberflöte
3.2. Der Zauberkönig - Parallelen zur Zauberflöte

4. Die Illusionskunst - Wunderbare Elemente

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Der Hang zum Wunderbaren und Außerordentlichen liegt so tief in unsrer Seele, daß er sich niemals auswurzeln läßt [].“[1]

Mit dieser Aussage stellt Johann K.A. Musäus in seinem Werk Volksmärchen der Deutschen, die Bestandhaftigkeit der Märchen dar. Inwieweit diese Aussage zum Verständnis des Erfolgs der Zauberflöte beiträgt und eine zentrale Rolle in den folgenden Ausführungen darstellt, soll im Folgenden erläutert werden.

Die Zauberflöte von Emanuel Schikaneder und Wolfgang Amadeus Mozart, wurde am 30. September 1791 uraufgeführt. Bis heute beschäftigen sich zahlreiche Autoren und Kritiker mit der erfolgreichen Oper. Sie analysieren ihren Erfolg, ihr Textbuch, ihre Musik, ihre Figuren und interpretieren die Zauberflöte immer wieder neu. Gerade deshalb ist es auch heute noch von großer Bedeutung, sich mit der Zauberflöte auseinander zusetzen.

Die vorliegende Hausarbeit setzt sich mit der Frage auseinander, ob und inwieweit der Hang zum Außerordentlichen und Wunderbaren einen Teil des Erfolgsrezeptes der Zauberflöte ausmacht. Im Vordergrund steht vor allem eine Auswahl der Märchen-Prätexte der „Märchenoper“ in Bezug auf die Unterhaltungskunst.

Die vorliegende Hausarbeit ist in fünf Kapitel, mit zwei Unterkapiteln, unterteilt. Zu Beginn werden die Begriffe der Unterhaltungskunst und Populärkultur in Verbindung mit Schikaneders Ziel: einer Unterhaltungsindustrie in seinem Sinne, erläutert. Dies bietet eine wichtige Grundlage für das Verständnis der Beantwortung der Leitfrage. Es dient außerdem als Hintergrundinformationen, um letztlich auf die Bearbeitung des Themas dieser Hausarbeit hinzuarbeiten. Darauf aufbauend wird speziell auf Märchen als Teil der Unterhaltungskunst eingegangen, um daran anschließend exemplarisch am Beispiel der Märchen-Prätexte: Lulu oder die Zauberflöte und Der Zauberkönig, Parallelen zur Zauberflöte aufzuzeigen. Im Weiteren wird die Illusionskunst skizziert, da sie ebenfalls einen wichtigen Teil des Erfolgs der Zauberflöte ausmacht und weitere wunderbare Elemente veranschaulicht. Dieses umfangreiche Thema der Illusionskunst kann jedoch nur am Rande behandelt werden. Abschließend wird ein Fazit auf Basis der Bearbeitung der Leitfrage gezogen.

2. Unterhaltungskunst und Popkultur Schikaneders bis hin zum Erfolg

Zum Verständnis der Unterhaltungsindustrie und Populärkultur Schikaneders, muss man sich zunächst die Bedeutung der Begriffe vor Augen führen. Im 18. Jahrhundert stellte der Begriff der Populärkultur den Bereich der Kultur dar, der traditionell in Opposition zur Hochkultur gesehen wurde. Die Populärkultur entstand außerdem mit der Massenwirkung im Zuge der Industrialisierung und Urbanisierung im 18. Jahrhundert.[2] Der Begriff der Unterhaltungsindustrie beinhaltet hingegen einen Wirtschaftszweig, dessen industriell gefertigte und kommerziell vertriebene Produkte und Dienstleistungen, die charakteristische Nachfrage nach zweckfreier Unterhaltung befriedigen, die für moderne Gesellschaften üblich war.[3]

Diese Gesellschaft und zweckfreie Unterhaltung durch seine eigenen Produkte zu befriedigen, ist auch Schikaneders Ziel.

Emanuel Schikaneders Anfänge sich der Unterhaltungskunst zu bedienen, lassen sich bis zu seiner frühen Kindheit zurückführen. Er wächst in einer abergläubischen und wundergläubigen Welt auf.[4] Früh fasziniert ihn das Zaubern und Bezaubern und so ist er entschlossen, es gründlich zu erlernen.[5] Doch will Schikaneder nicht nur als „interpretierender“, sondern auch als „schaffender Künstler“[6] anerkannt werden. Schikaneder sucht nach Stücken, die nicht nur belehrend, sondern auch menschlich sind.[7]

Er schafft es, dass zahlreiche seiner Stücke, welche an dieser Stelle nicht vertieft werden können, Erfolg erringen.

Im Folgenden soll ein knapper Überblick über Schikaneders Unterhaltungskunst gewonnen werden, um schließlich eine Unterhaltungskunst genauer zu untersuchen, welche eine zentrale Rolle in Hinblick auf den Erfolg der Zauberflöte spielt.

Denn, dass Schikaneders Zauberflöte großen Erfolg hat, wird schon daran deutlich, dass sie im Oktober – einen Monat nach der Uraufführung -, bereits zwanzigmal, also fast täglich, aufgeführt wird.[8] Außerdem hat die Zauberflöte einen großen Ansturm, denn: „Drei Stunden vor Beginn, notiert ein Zeitgenosse, läuft schon alles zum Theater.“[9]

Schikaneders Zauberflöte ist aber zugleich auch seine teuerste Produktion. Die Kosten werden auf rund 500 Gulden geschätzt. Sowohl die Kostüme, als auch die Kulissen, Requisiten und Spezialeffekte gehen ins Geld.[10]

Darüber hinaus entwirft Schikaneder in seinen zahlreichen Opern immer wieder neue Mittel, um die Menschenmassen ins Theater zu locken. Das einfache Volk findet unter anderem Gefallen an gezähmten und dressierten Tieren, welche er des Öfteren Teil seines Theaters sein lässt.[11] Schikaneders „komische Produkte“ erhielten großen Beifall „beim edlen und unedlen Teil des Publikums“.[12]

Was außerdem zum Erfolg der Zauberflöte beigetragen hat, ist der Spannungsbogen „von der Nacht zum Licht“, den diese Oper vorführt.[13]

Diese Vertreibung des Dunklen durch das Licht, ‚die Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht‘[14], ist auf allen dramatischen Ebenen gestaltet: im Bühnenbild ebenso wie im Text, in der Choreographie wie in der Musik.[15] Dies erzeugt bei den Zuschauern staunen und beweist einmal mehr, dass Schikaneder die Bevölkerung in seinen Bann zieht, indem er die Unterhaltungsindustrie bedient.

Man muss Schikaneder außerdem zugestehen, dass er, obwohl die Zauberflöte zum Teil voller Unwahrscheinlichkeiten und Späße ist, die nicht jeder versteht und zu würdigen weiß, im hohen Grade die Kunst verstanden hat, durch Kontraste zu wirken und große theatralische Effekte herbeizuführen.[16] Dieses Verfahren, durch Kontraste zu wirken, ist auch ein typisches Verfahren des Märchens. Schikaneder bedient sich auch der Unterhaltungskunst des Märchens, obwohl die Zauberflöte lange als Kinder- und Märchenoper abgewertet wurde - da das Textbuch des Werks als „albern“ kritisiert wurde - konnte dies dem ungebrochenen Erfolg und der Wirksamkeit der Zauberflöte jedoch nie schaden.[17]

Denn Schikaneder weiß: „Mehr wirkt einfach mehr und zieht das Publikum an.“[18]

3. Märchen als Teil der Unterhaltungskunst: Modephänomen

„Was war das enthusiastische Volk unsrer Denker, Dichter, Schweber, Seher, ohne die glücklichen Einflüsse der Phantasie?“[19]

Diese Frage Johann Musäus‘ zeigt erneut, ebenso wie die Aussage zu Beginn der Hausarbeit, die Beständigkeit von Märchen und hier vor allem der Phantasie. Sie regt zum Nachdenken über die Phantasie in unterschiedlichen Zeiten und Begebenheiten an. Im Weiteren soll somit, auf Grundlage der Erläuterungen zur Unterhaltungsindustrie und Populärkultur, ein Teil der Unterhaltungskunst genauer untersucht werden, nämlich der, der Märchen im 17. Jahrhundert.

Im Folgenden soll nicht nur skizziert werden inwieweit Menschen sich im 17. Jahrhundert mit dem Phänomen der Märchen befassen, sondern auch, inwieweit diese Menschen sich vom Zauber der Märchen anstecken lassen und Schikaneder dies für sich und seine Zauberflöte nutzt.

Die Handlung der Zauberflöte lässt sich zum Teil auf eine Märchensammlung zurückführen. „Dschinnistan oder auserlesene Feen- und Geistermärchen“, von Cristoph Martin Wieland, entstanden 1786-1789, hat zur damaligen Zeit einen ungeheuren Erfolg.[20] Doch ist umstritten, inwieweit die Märchen Dschinnistan einer effektiven Vorlage für die Zauberflöte entsprechen. Wenn man einige Märchen aus Dschinnistan näher betrachtet, so wird man feststellen, dass ihr Inhalt einige Parallelen zum Textbuch der Zauberflöte aufzeigen.[21] Dies soll in den nächsten beiden Unterkapiteln erneut aufgegriffen werden.

„Eine deutsche Oper war es geworden, die ein breites Publikum mühelos verstehen konnte […].“[22] Anhand dieses Zitates zeigt Herbert Zeman, dass die Oper gelungen ist, da sie eine große Masse anspricht und leicht zu verstehen ist. Somit ist sie nicht nur zugänglich für Adlige oder besonders gewandte Menschen, sondern auch für die niedere Bevölkerung. Zeman beschreibt weiter, dass das Stück sowohl ernst als auch heiter vom Leben erzählt und zwar so, wie das Wunderbare im Märchen gestaltet ist.[23] Dies zeigt er am Märchenmenschen Papageno, welcher sehr reale Vorstellungen hat.[24] „Er stellt sich mit einem Auftrittslied ‚Der Vogelfänger bin ich ja‘ volkstümlich-heiter vor, spricht von seinem Beruf und von seiner großen Sehnsucht, aus ‚allen Mädchen‘ sich ein Weibchen zu wählen.“[25] Papagenos Sehnsüchte sind ebenso menschlich, wie nachvollziehbar und erreichen die breite Masse der Menschen. Der Zuschauer sympathisiert mit Papageno und kann sich mit diesem identifizieren, was ebenfalls eine wichtige Rolle, in Hinblick auf den Erfolg dieses Werkes, spielt. Die Zauberflöte ist somit auch ein Ort, an dem „unversöhnliche Standesdifferenzen“[26] und Bereiche sich überschneiden können, (wie der Bereich der Königin der Nacht und der Bereich des Sarasto) die sich sonst in entgegengestellten Gesellschaftskreisen befinden.[27]

Doch trotz alledem stellt sich die Frage, warum Menschen gerade von Märchen verzaubert wurden? Auch Alfons Rosenberg setzt sich mit dieser Frage auseinander:

„Das Seltsame ist eben, daß sie [die Zauberflöte] auf Menschen aller Lebensalter und aller Bildungsstufen gleichermaßen wirkt: das spielende Kind, das in der Märchenwelt lebt; der nach hohen taten verlangende Jüngling; das von der Liebe träumende Mädchen; der zur Weltgestaltung drängende Mann; die Mutter, die sich um das Werden der Ihren sorgt; die Alten, die bereits mehr auf das Ziel als auf den Weg schauen – ihrer aller Herzen werden auf unmerkliche Weise von der heiteren Weisheit, von dem tanzenden Ernst der Zauberflöte berührt und gewandelt.“[28]

Auf der Basis der Überlegungen Rosenbergs wird deutlich, dass sich verschiedene Geschlechter und auch verschiedene Altersgruppen, mit der Zauberflöte identifizieren können und Gefallen an ihr finden. Dies ist eine wichtige Erkenntnis und ist sicherlich ebenfalls ein Teil des Erfolgs der Zauberflöte.

Don Eugenio benennt ebenfalls einen Grund, wieso Menschen sich von Märchen verzaubern lassen: „Das Land der Feerey liegt außerhalb der Grenzen der Natur, und wird nach seinen eigenen Gesetzen, oder richtiger zu sagen nach gar keinen Gesetzen regiert.“[29] Und auch Hegel äußert sich zu den Märchen, denn er sagt, dass dem Märchen vieles gestattet wird, was „einer anderen Auffassung und Darstellung würde verboten sein.“[30] Deutlich wird, dass das

[...]


[1] Johann K.A. Musäus: Volksmärchen der Deutschen. München 1976, S.4.

[2] Vgl. Janine Hauthal: Populärkultur. In: Metzler Lexikon. Literatur, Bd. 3, Stuttgart 2007, S.599.

[3] Vgl. Janine Hauthal: Unterhaltungsindustrie. S.794.

[4] Eva Gesine Baur: Emanuel Schikaneder. Der Mann für Mozart. München 2012, S.32.

[5] Eva Gesine Baur: Emanuel Schikaneder. S.40.

[6] Eva Gesine Baur: Emanuel Schikaneder. S.47.

[7] Eva Gesine Baur: Emanuel Schikaneder. S.47.

[8] Vgl. Anke Sonnek: Emanuel Schikaneder. S.96.

[9] Eva Gesine Baur: Emanuel Schikaneder. S.100.

[10] Vgl. Eva Gesine Baur: Emanuel Schikaneder. S. 209.

[11] Eva Gesine Baur: Emanuel Schikaneder. S.38.

[12] Eva Gesine Baur: Emanuel Schikaneder. S. 224.

[13] Vgl. Jörg Krämer: Modell Zauberflöte. S. 59.

[14] Wolfgang Amadeus Mozart: Die Zauberflöte. S. 72.

[15] Vgl. Jörg Krämer: Modell Zauberflöte. S. 61.

[16] Vgl. Jörg Krämer : Modell Zauberflöte. S.70.

[17] Vgl. Krämer, Jörg: Modell Zauberflöte. Das „Unwirkliche“ als kulturelle Tatsache. In: Modell Zauberflöte: Der Kredit des Möglichen, hg. v. M. Mayer, Hildesheim 2007, S. 57.

[18] Eva Gesine Baur: Emanuel Schikaneder. S.94.

[19] Johann K.A. Musäus: Volksmärchen der Deutschen. S. 4.

[20] Vgl. Helmut Perl: Der Fall „Zauberflöte“. Mozart und die Illuminaten. Zürich 2006, S.77.

[21] Vgl. Helmut Perl: Der Fall „Zauberflöte“. S.77.

[22] Herbert Zeman: „Schon weichet dir, Sonne! Des Lichtes Feindin, die Nacht!“ In: Wege zu Mozart. W.A. Mozart in Wien und Prag. Die großen Opern, Wien 1993, S. 180.

[23] Vgl. Herbert Zeman: „Schon weichet dir, Sonne! Des Lichtes Feindin, die Nacht!“ S. 180.

[24] Vgl. Herbert Zeman: „Schon weichet dir, Sonne! Des Lichtes Feindin, die Nacht!“ S. 180.

[25] Vgl. Herbert Zeman: „Schon weichet dir, Sonne! Des Lichtes Feindin, die Nacht!“ S. 180.

[26] G.H. Hertling: Theodor Fontanes Stine: Eine entzauberte Zauberflöte? Zum Humanitätsgedanken am Ausklang zweier Jahrhunderte. Frankfurt am Main 1982. S.7.

[27] Vgl. G.H. Hertling: Theodor Fontanes Stine: Eine entzauberte Zauberflöte? S. 7.

[28] Alfons, Rosenberg: Die Zauberflöte. Geschichte und Deutung von Mozarts Oper. München 1964. S. 9.

[29] Vgl. Krämer, Jörg: Modell Zauberflöte. S. 62.

[30] Vgl. Krämer, Jörg: Modell Zauberflöte. S. 62.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Zauberflöte. Das Wunderbare und Außergewöhnliche als Erfolgsrezept?
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Philologie)
Veranstaltung
Hauptseminar: Schikaneder und Mozart die Zauberflöte
Note
2,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
19
Katalognummer
V307173
ISBN (eBook)
9783668054660
ISBN (Buch)
9783668054677
Dateigröße
696 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ich möchte unter meinem Pseudonym J.C. veröffentlichen. LG
Schlagworte
Mozart, Wolfgang Amadeus Mozart, Märchen, Prätexte, Wunderbar, Außerordentlich, Schikaneder, Emanuel Schikaneder, Die Zauberflöte, Lulu oder die Zauberflöte, der Zauberkönig
Arbeit zitieren
J. C. (Autor:in), 2015, Die Zauberflöte. Das Wunderbare und Außergewöhnliche als Erfolgsrezept?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/307173

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