Die Anwendung der Spieltherapie nach sexuellem Missbrauch von Kindern

Grundsätze, Methoden und Chancen der Behandlung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

25 Seiten, Note: 1,6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Problembeschreibung Sexueller Missbrauch

3 Das Fundament der Spieltherapie
3.1. Das Spiel als Grundlage
3.2. Die Psychoanalytische Psychotherapie
3.3. Die Verhaltenstherapie

4 Die Erziehungsberatung

5 Das theoretische Gerüst der nicht-direktiven Spieltherapie
5.1. Die Persönlichkeitstheorie nach Carl Rogers
5.2 Die Spieltherapie nach Virginia M. Axline

6. Die Spieltherapie in der Praxis
6.1. Die Rahmenbedingungen und Ziele
6.2. Das Kommunikationsmittel Spiel
6.3. Das Verlaufsmodell der Therapie
6.4. Sexualisiertes Spielverhalten
6.5. Ein spieltherapeutisches Paradigma: Die Klärungsphasen des Kindes

7. Schlussbetrachtung

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen[1] ist ein weitverbreitetes Problem und unterschiedlichste Medien halten uns mit Berichten auf dem Laufenden. Diese Wirklichkeit ist zeitgemäß durchaus geläufig, die Opfer selbst sprechen jedoch in den seltensten Fällen offen darüber - eine Vergewaltigung bleibt auch weiterhin ein Tabuthema. Die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik 2014 verzeichnete in Deutschland ` nur` 13.288 angezeigte Delikte. Schätzungen zufolge wird hingegen mit einer kolossal hohen Dunkelziffer in diesem Bereich gerechnet, die um das 20-fache höher liegt als diese registrierten Fälle.

Bundesweit sind obendrein zu wenige Hilfsangebote vorhanden, um jedem betroffenen Kind bzw. den verantwortlichen Eltern, die sich Unterstützung suchen, adäquat helfen zu können. Ursächlich hierfür ist, dass sich viele Einrichtungen ausschließlich über Spenden finanzieren, was den Ausbau von Hilfsangeboten und präventiven Maßnahmen erschwert.

Erfreulicherweise findet derzeit eine öffentliche Enttabuisierung des sexuellen Missbrauchs an Kindern statt, was darin begründet liegt, dass einige Geschädigte ihr Schweigen nach Jahrzehnten brechen und über ihre Missbrauchserlebnisse öffentlich, in Einrichtungen der Kirche und anderen Institutionen, wie z. B in Kindertagesstätten und Sportvereinen, berichten. Nachdem zahlreiche Missbrauchsfälle bekannt wurden, gibt es nun seit 2010 das Amt eines Missbrauchsbeauftragten in unserer Bundesregierung. Darüber hinaus besteht erstmalig die Öffentlichkeitskampagne „Sprechen hilft!“ unter dem Motto „Wer das Schweigen bricht, bricht die Macht der Täter“, mit der eine zunehmende gesellschaftliche Anteilnahme einhergeht. Die verstärkte mediale Berichterstattung, in Form von Zeitungsartikeln, Plakaten, Radio- oder Fernsehspots, trägt zweifelsohne ebenso dazu bei. All diese Entwicklungen bewirken erste Erfolge:

So erklärte sich etwa die katholische Kirche bereit, finanzielle Entschädigungen an die Opfer zu leisten, selbst wenn die realen Taten bereits strafrechtlich verjährt sind. Die erreichten Fortschritte auf Bundesebene sind außerdem erarbeitete Leitlinien und Normen für Institutionen, Präventionsangebote, Schutzkonzepte, ein vielfältiges Beratungsangebot, alternative Therapieformen für Betroffene und nicht zuletzt die Übernahme von Therapiekosten und Entschädigungszahlungen. (Vgl. Spiegel 2010, URL) Der nächste Schwerpunkt der Berufung liegt nun vor allem in der Prävention und der therapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die sexuelle Gewalt erlebt haben.

Entsprechend meiner bisherigen Erfahrungen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen galt auf der Suche nach einem geeigneten Thema für die vorliegende Hausarbeit, mein großes Interesse den Möglichkeiten einer Spieletherapie, zur Unterstützung von Kindern in besonderen Situationen. Da ich im Rahmen meiner Betreuungstätigkeit in einer Grundschule bereits persönlich ein Kind kennenlernen durfte, das sexuelle Gewalt erlebte, resultierte daraus die Spezialisierung auf diejenigen Missbrauchsopfer. Mein Erkenntnisinteresse führte also dazu, die Spieltherapie, als ein therapeutisches Instrument der Erziehungs- und Familienberatung, genauer zu durchleuchten.

Nach der Einführung in diese Arbeit wird im bevorstehenden Kapitel zunächst auf die Problematik der traumatisierten Kinder und Jugendliche, infolge sexueller Gewalt, eingegangen. Hiernach wird über die Entstehungsgeschichte der Spieltherapie berichtet; die Anfänge einer Psychotherapie und dem Spiel als Grundlage eines speziellen Heilverfahrens für Kinder. Daran anknüpfend werden Einblicke in den Tätigkeitsbereich einer Erziehungsberatung gewährt, die sich schon seit Jahren mit Opfern dieser Art beschäftigt und entsprechend therapiert. Das naheliegende Leitmotiv enthüllt sich ab dem 5. Kapitel und wir gelangen zum Mittelpunkt dieser Arbeit. Einführend mit der Sinndeutung von Rogers´ Menschenbild, an dem sich die nicht direktive Spieltherapie orientiert, folgt sodann das Kernstück; das ausführliche Konzept der entwickelten Spieltherapie nach Axline. Ferner werden die Ziele und Rahmenbedingungen einer Behandlung genannt, verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten des Spiels betrachtet und es wird untersucht, welche Therapiephasen durchlaufen werden. Welches Spielverhalten präsentiert dabei der Erleidende und wie verhält sich das traumatisierte Kind im Klärungsprozess? Eine abschließende Betrachtung überprüft das demonstrierte Vorgehen anhand von Anwendungsmöglichkeiten der Spieltherapie und das Bestreben endet mit einem Resümee.

2. Problembeschreibung Sexueller Missbrauch

Die physische Weiterentwicklung und das Heranwachsen zu einem erwachsenen Individuum spielen eine bedeutende Rolle im Leben eines jungen Menschen. Speziell in den Jahren der Pubertät gewinnt das Thema Sexualität zunehmend an Aufmerksamkeit und Interesse. Die Problematik weist sich bei Komplikationen während des Entwicklungsprozesses; denn Kinder und Jugendliche können infolge eines sexuellen Missbrauchs schwer traumatisiert werden. (Vgl. Reisig 1985, S. 99).

Um Klarheit zu verschaffen, was genau unter sexuellem Missbrauch und einem Trauma zu verstehen ist, erfolgt zunächst eine Definition dieser beiden Begrifflichkeiten:

„Sexueller Missbrauch von Kindern ist jede sexuelle Handlung, die an Mädchen und Jungen gegen deren Willen vorgenommen wird oder der sie aufgrund körperlicher, seelischer, geistiger oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen können. Der Täter nutzt dabei seine Macht- und Autoritätsposition aus, um eigene Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen.“ (Rörig 2015, URL)

Grundsätzlich ist darunter also jede Form von Belästigung oder Gewalt zu verstehen, die Sexualität benutzt, um Macht auszuüben und ein Ungleichgewicht zwischen Opfer und Täter herzustellen.

Indessen wird ein traumatisches Ereignis, gemäß dem DSM-IV definiert, als ein:

„...direktes persönliches Erleben oder Beobachten einer Situation, die mit dem Tod oder seiner Androhung, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit der eigenen oder einer anderen Person zu tun hat. Flucht oder Verteidigung sind in der traumatischen Situation nicht möglich oder führen nicht zu einem Nachlassen der Bedrohung. Die traumatische Situation geht mit intensiver Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen einher, bei Kindern wird verwirrtes oder agitiertes Verhalten beobachtet. Sie bewirkt eine dauerhafte Erschütterung des Selbst- und Weltverständnisses und kann zu psychischen Erkrankungen führen.“ (DSM IV, S. 487; Fischer & Riedesser 1998)

Sexuell traumatische Erfahrungen in der Kindheit haben nicht nur körperliche Folgen, sondern sie führen insbesondere zu schweren psychosomatischen Störungen der eigenen Person. Bedingt durch die geringe Lebenserfahrung ist den Kindern und Jugendlichen das Thema Sexualität fremd. Daher widerfahren ihnen enorme Störungs- und Krankheitsbilder, mit denen sie häufig ein ganzes Leben lang zu kämpfen haben. Mangelendes Selbstbewusstsein, Vertrauensbruch, Isolation, Unsicherheit beim Eingehen neuer Bindungen und selbstverletzendes Verhalten sind nur wenige der unaufhörlichen Auswirkungen. Hinzu kommen Gefühle, wie Wut und Aggression, Ängstlichkeit, Hilflosigkeit, Verzweiflung, Depression, Scham- und Schuldgefühl, die langfristig zu einem sehr negativen Selbstbild führen. Durch diese Beeinträchtigungen fehlt es mehrfach an Kraft und Mut, um über das Geschehene zu sprechen. So benötigen vor allem die Jüngsten, die durch körperliche und seelische Misshandlung vorbelastet sind, einen besonderen Schutz und Unterstützung.

Der sexuelle Kindesmissbrauch findet am häufigsten im eigenen sozialen Umfeld statt, wie etwa im Freundes- und Bekanntenkreis, in der Familie selbst oder in der Nachbarschaft. Oftmals haben die kindlichen Opfer die Fähigkeit eingebüßt, eigene Grenzen zu spüren und sich gegen die Übergriffe zu verteidigen. Gefährdet sind vor allem diejenigen, die sich als Außenseiter fühlen und häufig sich selbst überlassen sind. Aus autoritären Familien stammend, sehen sie Erwachsene zudem als Personen, denen sie ungefragt gehorchen müssen. Solche, die dazu erzogen wurden, Sexualität als etwas Schlechtes oder gar als Sünde zu empfinden, werden gezielt ausgewählt, weil die Tat für sie `unaussprechlich` und schlichtweg zu beschämend wäre, um sich darüber je zu äußern. (Vgl. Rörig 2015, URL) Die Täter übernehmen liebevoll die Vaterrolle für das Opfer und missbrauchen das Vertrauen, indem sie gezielt die Wahrnehmung aller Bezugspersonen manipulieren, sodass niemand Verdacht schöpfen könnte. Offenbart sich eine Vergewaltigung, fällt ein Eingriff abermals schwer, weil die Täter meist eine Machtposition einnehmen. Hinzu kommen Ängste der Bezugspersonen und die emotionale Bindung zum Täter selbst, was eine Handhabung ungemein erschwert.

Das Kindheitstrauma des sexuellen Missbrauchs kann abhängig von verschiedenen Faktoren mehr oder weniger schwere Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung und das spätere Leben eines Missbrauchsopfers haben. Diese Auswirkungen reichen von kurzzeitigen Unterbrechungen des natürlichen Entwicklungsverlaufs, über schwere Trauma induzierte Störungen, bis hin zu massiven Persönlichkeitsveränderungen. Da es individuell große Unterschiede in Missbrauchs-, Umfeld- und Kindcharakteristika gibt, weisen auch die Traumafolgen nach sexuellem Kindesmissbrauch eine mächtige Bandbreite unterschiedlicher Symptome auf. (Vgl. Goetze 2002, S. 345f.)

Es besteht Einigkeit darüber, dass Kinder, die das Trauma eines sexuellen Missbrauchs erlebt haben, in jedem Fall therapeutisch behandelt werden sollten. Analysen und Berichten zufolge ist von einer lebenslänglichen Belastung auszugehen und die seelischen Folgen sind nur schwer therapierbar. Im besten Fall kann massiven Störungen, ebenso im Erwachsenenalter vorgebeugt werden. Therapie ist immer auch gleichzeitig Prävention: Gerade im Kontext sexueller Kindesmisshandlungen ist die Gefahr groß, dass Opfer später selbst zu Tätern werden. Ein frühzeitiges Intervenieren ist daher von stärkster Dringlichkeit, aus Gründen des Kinderschutzes und zugleich zum Schutz der Gesellschaft.

Mannigfache Therapieverfahren wurden seither entwickelt; darunter Spieltherapien verschiedener Provenienz, deren Einsatz nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. (Vgl. Goetze 2002, S. 345f.)

3. Das Fundament der Spieltherapie

3.1. Das Spiel als Grundlage

Aus historischer Sicht wird das kindliche Spiel oft im Gegensatz zu Pflicht, Ernst und den Aktivitäten von Erwachsenen gesehen. Es spielt für die kindliche Entwicklung eine zentrale Rolle, weil das Kind ohne Fremdbestimmung bzw. Zwang, eigene Erfahrungen durch Explorieren, Experimentieren und Imitieren der Umwelt sammeln kann und sich so mit diesen auseinander setzt. (Vgl. E. Fend-Engelmann 1984, S. 34ff.) Zugleich scheint das Spiel ein Medium zu sein, auf das jedes Kind anspricht. Entsprechend liegt darin die Entstehung der Kinderspieltherapie begründet, da das Kind auf spielsymbolische Weise seine Erfahrungen, Belastungen und Befürchtungen spontan, unbewusst und in einer `sicheren` Umgebung `ausspielen` kann.

Wesentlich für das Verständnis des philosophischen Hintergrundes der personenzentrierten Spieltherapie ist zunächst ein konzentrierter Überblick über die Ursprünge der Psychotherapie.

3.2. Die Psychoanalytische Psychotherapie

Die Psychoanalyse war der erste Ansatz, der grundlegend zur Entstehung von unterschiedlichsten Therapieformen geführt hat mit dem kinderpsychiatrisch und -therapeutisch gearbeitet wurde. Dem psychoanalytischen Ansatz liegt das Persönlichkeitsmodell Freuds zugrunde. Diesem Modell nach durchläuft ein Kind unterschiedliche Entwicklungsphasen[2], in denen sich die Persönlichkeit individuell entfaltet. Entstehen dabei evolutionär bedingte Konflikte oder Störungen, so entwickelt der Mensch Verhaltensweisen oder psychosomatische Erkrankungen um den Konflikt abzuwehren. Begründet in der Erkenntnis, dass in der Entwicklung eines Kindes, das Spielen eine zentrale Rolle einnimmt, führte Freud als Erster das Spiel als Medium einer Kindertherapie ein. Dem sogenannten Spieltrieb folgend, lernt das Kind beim Spielen sich selbst und seine Umwelt kennen, entwickelt dabei ein Verständnis für soziale Rollen. Im Spiel findet das Kind die Möglichkeit, sich kreativ und auf eine ihm vertraute, angemessene Art und Weise auszudrücken; durchaus auch nonverbal.

Das Ziel einer Spieltherapie ist es die entstandenen Konflikte bewusst zu machen. Im Verlauf der Therapie entstehen Übertragungsprozesse, d.h. das Kind erlebt eingeprägte Beziehungsmuster oder Personen, in der Beziehung zum Therapeuten wieder. Dem Kind wird somit ermöglicht das Spiel symbolisch zur Manifestation innerer Probleme zu nutzen. Das Spiel gestattet die Mitteilung von Wünschen, Phantasien und Konflikten in einer Weise, die für Kinder passend ist. Die Aufgabe des Therapeuten besteht darin das Kind zu beobachten, zu verstehen und dem Kind schließlich die Bedeutung seines Spiels mitzuteilen, um das Verständnis des Kindes für seinen Konflikt zu fördern.

3.3. Die Verhaltenstherapie

Anknüpfend an die psychoanalytischen Ansätze geht die verhaltenstherapeutische Arbeit mit Kindern von den Grundsätzen aus, dass Verhaltensstörungen das Ergebnis von Lernprozessen sind. Die Faktoren, die zur Störung geführt haben, müssen nicht unbedingt identisch sein mit jenen, die das Verhalten in der gegenwärtigen Situation aufrechterhalten. Der Schwerpunkt dieser Methode liegt darauf, die zuletzt genannten Bedingungen zu ermitteln und zu verändern. Demnach wird das Spiel als Mittel zum Zweck benutzt, um konkrete Verhaltensprobleme bei Kindern abzubauen.

Wir unterscheiden bei der Spieltherapie zwei Vorgehensweisen, die sich lediglich in der Aktivität des Therapeuten voneinander unterscheiden. Zum einen das direktive Verfahren, bei welchem der Therapeut die Verantwortung für die Führung übernimmt und zum anderen die nicht-direktive Therapie, in der die Verantwortung und die Führung dem Kind überlassen werden.

· Direktive Therapeuten schaffen Spielsituationen, indem sie unbewusste Prozesse des Kindes hervorrufen und in sie einzugreifen. Sie lenken das Kind in günstig erscheinende Richtungen.

· Die nicht-direktiven Therapeuten dagegen beeinflussen das Kind in keiner Weise und überlassen die Verantwortung und die Führung dem Kind“ (Axline 1997, S. 14) Was das Kind mit der Stunde anfängt und wie schnell die Therapie vorangeht, liegt allein in dessen Macht.

4. Die Erziehungsberatung

Der Bereich einer Erziehungs- und Familienberatung setzt sich schon Jahre mit der Problematik des kindlichen Missbrauchs auseinander, welcher eine nicht zu unterschätzende Angelegenheit in deren Arbeitskreis bildet. Laut dem Kinder- und Jugendhilfegesetz unterstützen diese Beratungsstellen Kinder, Jugendliche und Erziehungsberechtigte, bei der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme. Gegenstand der Beratung sind primär emotionale, soziale und kognitive Schwierigkeiten bzw. Auffälligkeiten von Kindern und Jugendlichen.

Das unangenehme Erlebnis eines Kindes oder Jugendlichen betrifft anbei auch die Bezugspersonen (Erziehungsberechtigte, Freunde etc.) der Opfer, welche sich intensiv sorgen und sich schnellst möglich eine verlässliche Behandlung wünschen. Diese Realisierung übernehmen dementsprechend die regionalen, institutionellen Erziehungsberatungen. Durch die gegebene Niederschwelligkeit und die vielfältigen Zugangsmöglichkeiten ist sie ein leicht in Anspruch zu nehmendes Hilfeangebot für die Betroffenen. Mithilfe professioneller Unterstützung durch die Therapeuten einer Erziehungsberatung können die Erlebnisse kindgerecht angegangen und behandelt werden, um weitere Auswirkungen auf die Entwicklung zu vermeiden. (Vgl. Weller 2014, S. 97)

Im Mittelpunkt steht nun die Vorstellung eines speziellen Behandlungskonzeptes für Kinder - Die Spieltherapie als Methode der Erziehungsberatung. Ferner wird untersucht werden, inwiefern sich die Spieltherapie als Bewältigungshilfe für sexuell missbrauchte Kinder, einsetzen lässt.

5. Das theoretische Gerüst der nicht-direktiven Spieltherapie

Die von Axline begründete, nicht-direktive Spieltherapie knüpft an die Prinzipien an, die Rogers in seiner klientenzentrierten[3] Psychotherapie entwickelt hat. Um die Persönlichkeitsstruktur, die dem nicht-direktiven Therapieverfahren zugrunde liegt, anschaulich darzustellen, werden einführend Rogers´ Grundgedanken über das Individuum referiert.

5.1. Die Persönlichkeitstheorie nach Carl Rogers

In Rogers entwickelter Persönlichkeitstherapie lautet eine zentrale These: „Jedes Individuum existiert in einer ständig sich ändernden Welt der Erfahrung, deren Mittelpunkt es ist“ (Rogers 1997, S. 66). Wie eine Erfahrung wahrgenommen wird, liegt in der Person selbst. Das Ziel eines jeden Menschen ist es, eigene Bedürfnisse zu befriedigen und sich selbst zu verwirklichen, wobei das Verhalten jederzeit von Emotionen begleitet wird. Nach Rogers hat der Mensch von Grund auf eine sogenannte Selbstverwirklichungstendenz, ein natürliches Verlangen nach freier Entfaltung, welches er als die „Urnatur des Lebens“ (Rogers 1997, S. 66) bezeichnet. Das Individuum verfügt seiner Meinung nach über „potentiell unerhörte Möglichkeiten um sich selbst zu begreifen und sein Selbstkonzept, seine Grundeinstellungen und sein selbstgesteuertes Verhalten zu verändern.“ (Rogers 1997, S. 66)

Rogers Menschenbild dient als Grundlage seines personenzentrierten Ansatzes und ist demzufolge richtungsweisend für die nicht-direktive Therapie. Er vertraut darauf, dass jeder Mensch die Kraft besitzt sich selbst zu heilen. Um dieses Potenzial zu aktivieren, ist es wiederum bedeutsam eine positive, wertschätzende Atmosphäre zwischen Klient und Therapeut zu schaffen. Er nennt dies ein wachstumsförderndes Klima, welches darüber hinaus als das A und O aller zwischenmenschlichen Beziehungen gilt. (Vgl. Ebd.) Dieses fördernde Klima überprüft er an folgenden drei Elementen:

[...]


[1] Um den Lesefluss zu erleichtern, werden die beiden Begriffe „Kinder“ und „Jugendliche“ nicht immer explizit zusammen verwendet. Ich beschränke mich größtenteils auf einen Ausdruck. Selbstverständlich meint die gewählte Formulierung bei allen Bezeichnungen, die auf die Person „Kind“ bezogen sind, sowohl Kinder als auch Jugendliche.

[2] (orale, anale, phallische, latente und sexuelle Phase)

[3] klientenzentriert bezeichnet eine Vorgehensweise, bei der die Bedürfnisse des Betroffenen (Patient, Klient) im Mittelpunkt (Zentrum) aller Bemühungen stehen.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Die Anwendung der Spieltherapie nach sexuellem Missbrauch von Kindern
Untertitel
Grundsätze, Methoden und Chancen der Behandlung
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Psycholgie)
Veranstaltung
Entwicklung, Diagnostik, Förderung und Lernen
Note
1,6
Autor
Jahr
2015
Seiten
25
Katalognummer
V307200
ISBN (eBook)
9783668053328
ISBN (Buch)
9783668053335
Dateigröße
514 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Bewertet mit 1,6. Insbesondere die gehobene, fachliche Ausdrucksweise wurde gelobt.
Schlagworte
Spieltherapie, Kinder, Missbrauch, Sexuell, Therapie, Axline, Behandlung, Konzept
Arbeit zitieren
Tina Aff (Autor:in), 2015, Die Anwendung der Spieltherapie nach sexuellem Missbrauch von Kindern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/307200

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