Welche Herausforderungen ergeben sich bei der Versorgung wohnungsloser Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit in Deutschland?

Eine Studie


Dossier / Travail, 2015

14 Pages, Note: 1,3

Annina Schäflein (Auteur)


Extrait


Inhalt

Abkürzungen

1 Einführung und Methode

2 Definitionen und rechtliche Grundlagen

3 Wohnungslosigkeit in Deutschland

4 Alkoholabhängigkeit

5 Alkoholabhängigkeit und Wohnungslosigkeit

6 Herausforderungen durch verschiedene Zuständigkeiten und
mögliche Lösungsansätze

7 Fazit und Ausblick

Literatur

Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In der Arbeit wird für eine bessere Lesbarkeit entweder die männliche oder die weibliche Form verwendet. Es sind jedoch immer beide Geschlechter gemeint.

1 Einführung und Methode

Wohnungslosigkeit und der Konsum von Alkohol werden häufig miteinander in Verbindung gebracht. Verschiedene Studien haben ergeben, dass bei einer Mehrheit der wohnungslosen Männer und Frauen eine Alkoholproblematik besteht. Der Suchtmittelmissbrauch allgemein liegt je nach Studie zwischen 50 und 80% (Simon 2010, 1). Überforderung in der Versorgung dieser Menschen sowie die teils unklaren Zuständigkeiten von zwei verschiedenen Hilfesystemen – der Wohnungslosenhilfe und der Suchtkrankenhilfe – stellen eine bestehende Problematik dar (vgl. Godschan, Keck, Liedholz, Nägele 2002, 5; Puderbach 2011, 7). Diese als modulabschließende Prüfungsleistung für das Modul 10.2 geschriebene Hausarbeit befasst sich mit der Thematik von wohnungslosen Männern und Frauen mit einer Alkoholabhängigkeit in Deutschland. Die Frage, welche Herausforderungen sich bei der pflegerischen Versorgung psychisch kranker wohnungsloser Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit in Deutschland ergeben wird bearbeitet. Definitionen zur Thematik der Wohnungslosigkeit und Alkoholabhängigkeit werden erläutert, rechtliche Grundlagen sowie die zuständigen Hilfesysteme vorgestellt und Herausforderungen im Umgang mit alkoholabhängigen wohnungslosen Menschen herausgearbeitet. Die Arbeit schließt mit einem Fazit und Ausblick.

Zur Bearbeitung wurde ein Teil der im Rahmen des Moduls von Frau Prof. Tolle vorgestellte Literatur verwendet. Weiter wurde in verschiedenen Datenbank wie dem OPAC der Frankfurt University, der Goethe Universität Frankfurt sowie der Deutschen Nationalbibliothek nach Literatur gesucht und Ergebnisse aus google und google scholar miteinbezogen. Hierbei wurden folgende Schlagwörter einzeln und in Kombination verwendet: Wohnungslos, -igkeit, Wohnungslosen-hilfe, obdachlos, -igkeit, psychische Krankheit, Alkoholabhängigkeit, -konsum, -sucht. Verwendet wurde ausschließlich deutschsprachige Literatur.

2 Definitionen und rechtliche Grundlagen

Zu Beginn ist es wichtig, den Begriff der Wohnungslosigkeit klar zu definieren. In der Literatur finden sich verschiedenste Bezeichnungen für Menschen, die auf der Straße leben und keinen festen Wohnsitz haben. Beispiele sind „Nichtseßhafte, (..), Penner, (…), Wohnungsloser, (…), Wohnungsnotfall“ (Kellinghaus 2000, 1; vgl. Malyssek, Störch 2009, 20, 41; Gillich, Nieslony 2000, 63; Paegelow 2012, 33). Eine Stigmatisierung und Zuordnung zu einer sozialen Randgruppe findet oft ohne weiteres Hinterfragen statt (vgl. Malyssek, Störch 2009, 137). Folgend sollen die heute gebräuchlichsten Begriffe erläutert werden. Auf die historische Entwicklung von Armut und Wohnungslosigkeit wird an dieser Stelle nicht eingegangen.

Die European Federation of National Organisations Working with the Homeless (FEANTSA) (2005) hat in der europäischen Typologie für Obdachlosigkeit, Wohnungslosigkeit und prekäre Wohnversorgung (ETHOS) verschiedene Kategorien aufgestellt um wohnungslose Menschen und ihre Situation zu klassifizieren. Unter dem Begriff „obdachlos“ werden Menschen zusammengefasst, die auf der Straße oder in Notunterkünften leben. „Wohnungslos“ meint Menschen, welche in verschiedenen Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe, wie bspw. Übergangs- wie auch Langzweitwohnheime, leben. Außerdem zählen auch Einrichtungen wie Frauenhäuser und Auffangstellen für Asylwerber dazu. Weiter werden aus Institutionen wie Krankenhaus oder Gefängnis entlassene Menschen ebenfalls als wohnungslos bezeichnet. Zwei weitere Kategorien sind „ungesichertes“ und „ungenügendes Wohnen“. Menschen, die ohne eigenen Wohnsitz sind und zeitweise bei jemandem unterkommen, leben in ungesicherten Wohnverhältnissen. Als ungenügendes Wohnen wird das Wohnen in bspw. Wohnwägen oder Kellern bezeichnet sowie ein Wohnen in überfüllten Räumen (vgl. FEANTSA 2005).

Auch nach dem bis 2004 gültigen Verordnungen des Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gab es verschiedene Kategorien denen der „alleinstehende Wohnungslose“ zugeordnet werden konnte: „Personen ohne Unterkunft“ und „Nichtsesshafte“, welche wiederum weiter unterteilt werden konnten (Lutz, Simon 2012, 72ff., weiterführend: Lutz, Simon 2012, 72-91). Verwendete Begriffe im heutigen Hilfesystem sind folgende: „Obdachlosigkeit“ umfasst Menschen, die, egal aus welchem Grund, ihre Wohnung verloren haben. Dies stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und die Kommunen sind verpflichtet ihnen eine Notunterkunft bereitzustellen. Von „Wohnungslosigkeit“ betroffen sind meist alleinstehende Menschen, die ohne Wohnung sind und sozialen Schwierigkeiten haben. Sie bilden eine Untergruppe der Obdachlosen. Häufig werden beide zusammengefasst als „Wohnungsnotfall“ bezeichnet (vgl. Lutz, Simon 2012, 92f.). Diese Definition von Wohnungslosigkeit wird in der Hausarbeit verwendet.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) (2010) spricht ebenfalls von „Wohnungsnotfällen“ und meint damit „(…) Personen mit einem Wohnungsbedarf von hoher Dringlichkeit, die aufgrund besonderer Zugangsprobleme (…) zum Wohnungsmarkt der besonderen institutionellen Unterstützung (…) bedürfen“ (BAG W 2010. 1). Unterschieden wird hierbei in fünf verschiedene Kategorien wie die Kategorie der Menschen, die aktuell von Wohnungslosigkeit betroffen sind oder aber auch diejenigen, die unmittelbar davon bedroht sind oder in nicht zumutbaren Verhältnissen leben. Weiter werden Zuwanderer sowie Menschen, die ehemals Wohnungslos waren und jetzt aus Gründen der Prävention Unterstützung bedürfen (vgl. BAG W 2010, 1f.).

Menschen, die wohnungslos werden, können verschiedene Hilfen erwarten. Zum einen kommunal und zum anderen nach §§ 67-69 SGB XII „Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten“ (vgl. Lutz, Simon 2012, 92; Stascheit 2013, 351). Wohnungslosen, psychisch kranken Menschen stehen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) XII verschiedene Hilfeleistungen zu, die zur Selbsthilfe sowie einer Teilnahme am Gemeinschaftsleben befähigen und ein menschenwürdiges Leben sichern sollen. Die §§53 und 67 SGB XII bilden die rechtliche Grundlage hierfür, wobei §67 nachrangig ist (vgl. Evangelische Obdachlosenhilfe 2010; Lutz, Simon 2012, 181). Dies ist ebenfalls das Hilfsangebot für chronisch Abhängigkeitserkrankte, deren Suchtmittelmissbrauch nicht mehr therapierbar ist (vgl. Simon 2010, 12). Häufig ist es so, dass eine Doppeldiagnose von Suchterkrankung und psychischer Erkrankung ohne Krankheitseinsicht vorliegt (vgl. BAG W 2006, 1) bzw. Alkoholabhängigkeit als psychische Erkrankung zu verstehen ist wie in Kapitel 4 erläutert wird. Theisohn (1996) spricht von einer „Mehrfachproblematik“ (Theisohn 1996, 146) und „Doppeldiagnostik“ (Theisohn 1996, 147).

3 Wohnungslosigkeit in Deutschland

Es gibt keine Statistik zur Wohnungslosigkeit in Deutschland sondern nur durch die (BAG W) (2013) veröffentlichte Schätzungen. Nach dieser Schätzung gab es im Jahr 2012 284.000 wohnungslose Menschen in Deutschland. Hiervon sind 11% Kinder und Jugendliche sowie 89% Erwachsene. Davon 75% männlich und 25% weiblich. Im Vergleich zum Jahr 2011, in dem 258.000 Menschen wohnungslos waren, stellt dies einen Anstieg von über 10% dar (vgl. BAG W 2013a). Die Prognose sagt einen Anstieg der Wohnungslosigkeit bis zu plus 33% auf 380.000 Menschen im Jahr 2016 voraus. Ursachen hierfür sind bspw. eine Zunahme der Mietpreise bei gleichzeitiger „Zunahme der Verarmung der unteren Einkommensgruppen“ (BAG W 2013a). In Hessen ist die Lage für wohnungslose Menschen laut der Stichtagserhebung 2013 der Liga der Freien Wohlfahrtspflege (2014) weiter angespannt und vor allem die Zahl an jüngeren sowie älteren Wohnungslosen ist angestiegen (Liga 2014, 1)

Kellinghaus (2000) gliedert die Ursachen der Wohnungslosigkeit in drei verschiedene Faktoren. Individuelle sowie gesellschaftliche Faktoren und die Auslösesituation (Kellinghaus 2000, 14f.). In der Literatur werden unterschiedliche Erklärungsansätze sowie Gründe der und Wege in die Wohnungslosigkeit dargestellt. Paulgerg-Muschiol (2009) fasst verschiedene Ansätze zusammen. Es gibt individualisierende Erklärungsansätze, wie die Theorie des Wandertriebs, den psychiatrisch-neurologischen Ansatz, das Psychopathie-Konzept oder den Problemfamilien-Ansatz (vgl. Paulgerg-Muschiol 2009, 43-52). Weitere Erklärungsansätze sind struktureller Art. Hierzu zählen unter anderen das sozialökologische Modell, der Armutsansatz, der Unterversorgungansatz oder aber auch der Stigmatisierungsansatz (vgl. Paulgerg-Muschiol 2009, 52-60).

4 Alkoholabhängigkeit

Laut Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit (2015) konsumieren etwa 9,5 Mio. Menschen in Deutschland Alkohol in einer Form, die für ihre Gesundheit riskant ist. Auf die Bevölkerung umgerechnet entspricht der Alkoholkonsum pro Person zehn Liter reinem Alkohol im Jahr. Etwa 1,3 Mio. der Bevölkerung gelten als alkoholabhängig (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2014). Wobei diese Form der Abhängigkeit sowohl physisch als auch psychisch bestehen kann (vgl. Puderbach 2011, 25). In Deutschland ist Alkoholismus seit 1986 als Krankheit anerkannt (vgl. Krüger 2004, 62). Die ICD-10-Codes F10.0 bis F 10.9 beschreiben psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol wobei F 10.2 das Abhängigkeitssyndrom beschreibt. Zusammengefasste sind es körperliche, Verhaltens- und kognitive Phänomene, die durch wiederholten Alkoholkonsum entstanden sind. Der Betroffene hat ein ausgeprägtes Verlangen nach Alkohol, kann sein Konsumverhalten nicht kontrollieren und stellt dieses über andere ihm früher bedeutende Verhaltensweisen. Um eine Diagnose stellen zu können, müssen von sechs Kriterien drei oder mehr über eine gewisse Zeitdauer vorhanden sein (vgl. DIMDI 2015). Auf die fünf verschiedenen Typen der Alkoholkonsumenten sowie Erklärungsansätze des Suchtverhaltens sowie Therapiemöglichkeiten wird an dieser Stelle nicht näher eingegangen.

5 Alkoholabhängigkeit und Wohnungslosigkeit

Nicht jeder Alkoholabhängige ist wohnungslos und nicht jeder Wohnungslose ist alkoholabhängig. Auch wenn Alkohol häufig als Hauptursache der Wohnungslosigkeit benannt wird (vgl. BKK Bundesverband 2007, 55f.; Puderbach 2011, 29) und in der Gesellschaft Vorurteile diesbezüglich bestehen. Doch ist es aber so, dass das eine das andere zur Folge haben kann. So gibt es Menschen, die aufgrund ihres Alkoholkonsums und der entstehenden Suchtmittelabhängigkeit ihren Arbeitsplatz, den sozialen Status und ihr Netzwerk verlieren. Finanzielle Verluste folgen und zunehmende Isolation sowie Einsamkeit resultiert. Als weitere Konsequenz sind der Verlust der eigenen Wohnung und Verwahrlosung möglich (vgl. Godschan 2002, 13ff.; BKK Bundesverband 2007, 65ff.). Auch Nouvertné (2002) spricht davon, dass unzureichende psychiatrische Versorgung Obdachlosigkeit sowie Verwahrlosung als Folge haben kann oder zu Lebenseinschränkungen bei sich selbst und der Familie führt (vgl. Nouvertné 2002, 16). Der Konsum steht neben der Beschaffung des Konsummittels im Vordergrund und Betroffene finden teilweise scheinbaren Halt bei anderen Menschen, die sich in derselben Lage befinden. Anders herum kann aus der Situation der Wohnungslosigkeit und dem Leben auf der Straße heraus eine Alkoholabhängigkeit entstehen (vgl. Godschan 2002, 13ff.). Alkoholkonsum kann als Bewältigungsstrategie sowie Hilfe zur Flucht aus der aktuell bestehenden Lebenssituation und der eventuell nicht vorhandenen Perspektive verstanden werden (vgl. Krüger, 2004, 70f., Puderbach 2011, 29). Nach Simon (2010) besteht bei 60 bis 80% der „klassischen (männlichen) Klientel“ (Simon 2010, 4) zwischen 45 und 55 Jahren eine Alkoholproblematik. Weiter legt er dar, dass lokal etwa 70% der wohnungslosen Menschen mit Suchterkrankung unversorgt sind, was auch daher kommt, dass das Angebot der Suchthilfe zu hochschwellig ist (vgl. Simon 2010, 1, 4). Laut Paegelow (2012) versorgen die Wohnungslosen- und Suchthilfe zu etwa zwei Dritteln dieselben Menschen (vgl. Paegelow 2012, 69). Wessel (1996) bezeichnet die Versorgungssituation von psychiatrisch Erkrankten Menschen die von der Psychiatrie auf die Straße entlassen werden als Zustand im „Bermuda Dreieck“ (Wessel 1996, 79) von psychiatrischer Versorgung sowie Obdachlosen- und Suchthilfe.

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Fin de l'extrait de 14 pages

Résumé des informations

Titre
Welche Herausforderungen ergeben sich bei der Versorgung wohnungsloser Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit in Deutschland?
Sous-titre
Eine Studie
Université
University of Applied Sciences Frankfurt am Main  (Soziale Arbeit / Gesundheit)
Cours
M 10.2 Spezielle Pflege
Note
1,3
Auteur
Année
2015
Pages
14
N° de catalogue
V307569
ISBN (ebook)
9783668058064
ISBN (Livre)
9783668058071
Taille d'un fichier
478 KB
Langue
allemand
Mots clés
wohnungslosigkeit, obdachlosigkeit, alkoholabhängigkeit, sucht, versorgung, deutschland, psychisch krank, rechtliche grundlagen, hilfesysteme
Citation du texte
Annina Schäflein (Auteur), 2015, Welche Herausforderungen ergeben sich bei der Versorgung wohnungsloser Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit in Deutschland?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/307569

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