Die Bedeutung des Schulfachs Glück

Relevanz für Gesundheits- und Persönlichkeitsstärkung sowie Lernförderung


Bachelorarbeit, 2015

84 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Abstract

II Abkürzungsverzeichnis

Einleitung:

Hauptteil

1. Definitionsansätze zum Begriff Glück
2. Darstellung Ansätze Schulfach Glück/Glück als Bildungsziel
2.1 Differenzierte Darstellung theoretischer Bezüge
2.1.1 FSI-System
2.1.2 Rubikonmodell
2.1.3 PSI-Theorie
2.2 Abgrenzung / Überschneidung mit anderen Konzepten
2.2.1. Salutogenese/Gesundheitsförderung
2.2.2. Kompetenzanbahnung/Persönlichkeitsentwicklung

3. Empirische Befunde / Evaluation „Schulfach Glück“

4. Möglichkeiten und Grenzen zur Implementierung in der Berufsfachschule für Pflege

Fazit

III Literaturverzeichnis:

IV Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

I Abstract

In dieser Arbeit geht es um den geforderten Kompetenzerwerb im deutschen Bildungswesen. Insbesondere der Erwerb der Handlungskompetenz an beruflichen Schulen wird hierbei näher betrachtet. Es wird differenziert erläutert, welche Konzepte existieren, um im Speziellen Personal- und Sozialkompetenz bei Schülern zu stärken. Hierfür wird ausführlich auf das von Fritz-Schubert entwickelte „Schulfach Glück“ mit seinen theoretischen Grundlagen eingegangen und der Frage nachgegangen, wie das Konzept zur Gesundheits-, Persönlichkeits- und Lernförderung beitragen kann. Der aktuelle Forschungsstand zu diesen Schwerpunkten wird beschrieben und im Hinblick auf andere existierenden Konzepte zur Gesundheits-, Lernförderung und Förderung von Personal- und Sozialkompetenz abgegrenzt. Zudem werden die Konzepte im Hinblick auf die Erwartungen des Bildungsplanes und des pädagogischen Handelns eingeordnet. Es wird des Weiteren der Frage nachgegangen, inwiefern die unterschiedlichen Konzepte Ansatzpunkte bieten, um vor allem emotionale Belastungen in der Berufspraxis zu reduzieren und einem möglichen Burnout vorzubeugen. Die Ergebnisse zeigen, dass das „Schulfach Glück“ Ansatzpunkte zur Persönlichkeitsstärkung bietet, aber auch ergänzende und alternative Ansatzpunkte aus anderen Konzepten existieren. In einem Modell „Glücksdidaktik“ sind die unterschiedlichen Interventionsmöglichkeiten zusammengefasst und sollen als Hilfsinstrument für Unterrichtsplanung mit dem Schwerpunkt der Persönlichkeitsstärkung von Schülern dienen.

Keywords: „Glück“, „Lebenszufriedenheit“, „Schulfach“, „Lernen“, „Emotionen“, „Gesundheit“, „Burnout“, „Pädagogik“, „Lerntheorien“, „Unterricht“, „Unterrichtsfach“, „Bildungsziele“, „Kompetenz“

II Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung:

In der gegenwärtigen deutschen Bildungsdiskussion, was Schüler1 in der Schule lernen sollen, geht es zunehmend um den Kompetenzerwerb. Die Kultusministerkonferenz hat im Jahr 1997 beschlossen, das deutsche Schulsystem international vergleichen zu lassen und in Form von wissenschaftlichen Studien zu erfassen (Konstanzer Beschluss). Die Untersuchungen dienen dazu, die Stärken und Schwächen der Schüler in zentralen Kompetenzbereichen einzuschätzen. Ergebnisse von TIMSS, PISA und IGLU lassen erkennen, dass die in Deutschland vorrangige Inputsteuerung im Bildungssystem allein nicht zu den erwünschten Ergebnissen führt (vgl. Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, 2005, S. 5).

Im Bereich der beruflichen Schulen geht es vor allem um die Förderung der Handlungsfähigkeit. Laut der Rahmenvereinbarung über die Berufsfachschulen der Kultusministerkonferenz von 2013 „haben Berufsfachschulen das Ziel, Schülern und Schülerinnen Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungskompetenz zu vermitteln und zu vertiefen (...)“ (vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, 2013, S. 3). „Im Hinblick auf die Anforderungen in der Arbeits- und Berufswelt ist darüber hinaus die Herausbildung übergreifender personaler und sozialer Kompetenzen, der sogenannten Schlüsselqualifikationen, wie zum Beispiel Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit sowie die Fähigkeit zu problemlösendem Denken und zu selbstständigem Handeln besonders zu berücksichtigen“ (Konstanzer Beschluss der KMK, 1997, S. 1). Es reicht nach dem heutigen Verständnis von Handlungskompetenz nicht mehr aus, ausschließlich nach behavioristischen Theorievorstellungen zu lehren und zu lernen. Dabei wird unter Handlungskompetenz „die Bereitschaft und Befähigung des Einzelnen, sich in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten“, verstanden. Es werden die Dimensionen „Handlungs-, Fach-, Human- und Sozialkompetenz“ unterschieden (vgl. KMK-Handreichung, berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule, 2007, S. 10).

Im schulischen Kontext gewinnt der Konstruktivismus ab Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung. Die Theorie geht auf die Arbeiten Piagets und Aebli zurück (vgl. SIB, o. J., S. 7).

Um eine Kompetenzanbahnung bei Schülern zu erreichen, ist neben der Methodenvielfalt, die es ermöglichen kann, verschiedene Sinneskanäle zu bedienen, nicht nur die Methode selbst entscheidend. Vielmehr geht es, neben vielfältigen weiteren Bedingungen für das Lernen, u. a. um die Frage, ob der Schüler überhaupt in der Lage ist, sich Lerninhalte in der Schule eigenständig anzueignen. Neben Inhalt und Methode spielt also u. a. die Selbstwirksamkeitserwartung eine Rolle, welche ursprünglich auf den theoretischen und praktischen Forschungsarbeiten Banduras beruht und die „subjektive Überzeugung, Erwartung und Beurteilung beschreibt, neue oder herausfordernde Anforderungssituationen aufgrund eigener Kompetenzen bewältigen zu können“ (vgl. Bandura, 1997, S. 3; Schwarzer/Jerusalem, 2002, S. 35). Um unterschiedliche Fähigkeiten sinnvoll und zielgerichtet zu integrieren sowie entsprechende Kompetenzen aufzubauen, bildet Selbstwirksamkeit unabhängig vom tatsächlichen Fähigkeitsniveau eine zentrale Voraussetzung. Nur so ist die erfolgreiche Bewältigung komplexer Anforderungen möglich (vgl. Bandura, 1997, S. 37; Satow, 1999, S. 12).

Damit Lerninhalte aufgenommen werden können und der Schüler (eigene) Methoden zur Wissensaneignung ausprobiert, ist es u. a. wichtig, die Gesamtpersönlichkeit zu stärken. In meiner einjährigen Weiterbildung im „Schulfach Glück“ vom 27.09.2013 bis 27.08.2014 in Hamburg konnte ich selbst erfahren, dass neben einer sozialen und personalen Kompetenzförderung vor allem eine Persönlichkeitsstärkung bei Schülern möglich sein kann. Das Weiterbildungsprogramm soll die eigene Persönlichkeit stärken und vermittelt die Kerninhalte des „Schulfach Glück“ wie „Vertrauensbildung, Optimismus, Werteorientierung, Zielerreichung, Selbststeuerung und Achtsamkeit“. Weiterhin sollen „Lebenskompetenz und Lebensfreude“ gefördert werden (vgl. Wegner, 2015, GlücksStifter). Durch die Weiterbildung habe ich neben bereits bekannten anderen Unterrichtskonzepten ein weiteres Grundkonzept kennengelernt, das es mir ermöglicht, als angehende Lehrkraft neben Elementen der Wissensvermittlung auch auf die Anwendung ausgerichtetes Wissen sowie situatives Wissen, welches für Transferleistungen unabdingbar ist, weiterzugeben. Meine Motivation, die Bachelorarbeit über das „Schulfach Glück“ zu schreiben, liegt darin begründet, das zunächst schwer definierbare Fach klarer darzustellen. Es werden die Möglichkeiten pädagogischer Relevanzen herausgearbeitet und eine Einordnung und Abgrenzung zu aktuellen didaktischen Konzepten und Bildungszielen vorgenommen. Ein weiteres Motiv für mich, die Fortbildung zu besuchen, bestand darin, neben der Anbahnung unterschiedlicher Wissenstypen eine Möglichkeit zu finden, wie Schüler mit Freude lernen können, da erwiesenermaßen positive Emotionen das Lernen verbessern, z. T. erst möglich machen. Geschieht etwas, das besser ist, als Vorstellungen erwarten lassen, dann wird der Mensch aufmerksam, er wendet sich dem Erlebnis zu und verarbeitet es intensiver (vgl. Spitzer, 2010, S. 145 f.). Hüther (2011, S. 154) drückt es in folgenden Worten aus: „Der wichtigste Rohstoff unseres Landes ist die Begeisterung der Menschen am Entdecken und Gestalten.“ In den letzten Jahren ist eine Renaissance der Emotionsforschung zu beobachten. Die Zahl an Theorien und Forschungsarbeiten, welche den Zusammenhang von Emotion und Lernen beleuchten, wächst. Dies betrifft zum einen die Forschung in den Teildisziplinen der Psychologie (z. B. Allgemeine Psychologie, Neuropsychologie; vgl. Scherer 1990; Ulich/Mayring 2003), zum anderen Nachbardisziplinen, z. B. die Biologie, die Verhaltensforschung oder die „Hirnforschung“ (vgl. Otto/Euler/Mandl 2000; Lewis/Haviland 1993; Kuhl 2001; Spitzer 2002). Die Forschungslinien sind für die Pädagogik von Interesse. „Es stellt sich die Frage, auf welche Weise die neuen Konzepte und Befunde in die erziehungswissenschaftliche Diskussion eingebracht werden und wie ggf. Sorge getragen wird, dass die für pädagogisches Denken und Handeln wichtigen Sachverhalte hinreichend zur Geltung gebracht werden“ (Krapp, A., 2005, S. 603).

Die mit dieser Arbeit verfolgten konkreten Fragestellungen, welche versucht werden, durch Literaturrecherche zu beantworten, sind im Folgenden aufgeführt:

- Warum könnte sich das Methodenkonzept des „Schulfach Glück“ zur Gesundheits- und Persönlichkeitsentwicklung von Schülern eignen?
- Über welchen Weg soll laut dem „Glücksunterricht“ lernförderliches Klima erreicht werden?
- Gibt es konkurrierende Ansätze/Konzepte zum „Schulfach Glück“?
- Deckt sich die Zielsetzung des Faches Glück mit aktuellen Bildungszielen?
- Sind die Ziele des Konzepts „Schulfach Glück“ auch auf anderem Weg, vielleicht sogar besser, zu erreichen?

Im ersten Teil der Arbeit wird der Begriff Glück erklärt. Im zweiten Teil wird aufgezeigt, warum sich das Methodenkonzept zur Persönlichkeits-entwicklung von Schülern eignet und über welchen Weg lernförderliches Klima erreicht werden kann. Hierbei wird genauer auf den theoretischen Hintergrund des Modells eingegangen, der dem Schulfach Glück zugrunde liegt. Insbesondere das FSI-Modell, welches von Schubert entwickelt wurde und eine Erweiterung des ZRM (Züricher Ressourcen Modell) darstellt (vgl. Schubert, 2010, S. 137 ff.), wird thematisiert. Des Weiteren wird auf das ZRM selbst sowie das Rubikonmodell eingegangen.

Bei der Recherche im zweiten Teil der Arbeit zum Vergleich konkurrierender Ansätze/Konzepte zum „Schulfach Glück“ und einer möglichen Deckung der Zielsetzung des Fachs Glück mit aktuellen Bildungszielen interessiert mich besonders, ob es eine mögliche Konformität der Ansätze zu den Bildungszielen der beruflichen Bildung gibt. Ein Bezug zu anderen Schulformen unter genannter Fragestellung wird deshalb eher kürzer ausfallen. Bei dem Vergleich möglicher konkurrierender Konzepte wird sich auf Konzepte der Salutogenese/Gesundheitsförderung sowie der Kompetenzanbahnung/Persönlichkeitsentwicklung beschränkt. Im dritten Teil der Arbeit werden empirische Befunde zur bisherigen Evaluation des „Schulfach Glück“ zusammengetragen (s. Stand der Forschung). Zum Abschluss der Arbeit wird die Relevanz der Persönlichkeitsstärkung, besonders in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung aufgezeigt. Es werden Bezüge zum Bildungsplan, insbesondere zur Anbahnung personaler und sozialer Kompetenzen, hergestellt. Seit der Novellierung des Krankenpflegegesetzes 2004 werden salutogenetische Aspekte im Unterricht zunehmend relevant: „Die Ausbildung soll zur Beratung, Anleitung und Unterstützung von zu pflegenden Menschen und ihrer Bezugspersonen befähigen“ (KrPflG, 2003, S. 5). Die Neuausrichtung spiegelt sich auch in den geänderten Berufsbezeichnungen Gesundheits- und Krankenpfleger bzw. Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin wider (vgl. DBfK Handlungsfelder der Pflege, 2011, S. 6). Es wird darauf eingegangen, inwiefern das Konzept des „Schulfach Glücks“ geeignet sein kann, die eigene Gesundheit zu stärken und wie sich eine Stärkung der eigenen Gesundheit auf Pflege, Arbeitsverhalten und Krankenstand positiv auswirken könnte. In der Arbeit sollen auch kritische Aspekte beleuchtet werden, die eine Einführung eines solchen Faches schwierig gestalten. Es wird erörtert, welche Grundvoraussetzungen eine Gesundheits- und Krankenpflegeschule benötigt, um ein mögliches Modellprojekt zum „Glücksunterricht“ an einer Berufsfachschule zu starten. Zum Abschluss der Arbeit soll herausgearbeitet werden, ob die Ziele des Konzepts „Schulfach Glück“ auch auf anderem Weg, vielleicht sogar besser, erreicht werden können. Eine erste eigene Umsetzungsidee an einer Pflegeschule soll unter Berücksichtigung der im Hauptteil beschriebenen Aspekte, d. h. dem Bezug zu persönlichkeitsfördernden und emotionalen Aspekten, aber auch unter Einbezug von Lerntheorien, Aspekten des Erlebens von Theorie-/Praxisdiskrepanzen und Aspekten des Classroom-Managements aufgezeigt werden. Die Idee dahinter ist, einzelne Modulbausteine des „Schulfach Glück“ kontinuierlich über die dreijährige Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung sinnvoll einzubauen. Es werden mögliche Chancen, aber auch Grenzen, insbesondere im Berufsfeld der Gesundheits- und Krankenpflege, deutlich gemacht und neben pädagogischen Ansätzen auch krankheitspräventive Ansätze beleuchtet. Das Schulfach Glück hat keinen therapeutischen Charakter, dennoch lassen sich bei genauerer Betrachtung therapeutische Grundannahmen auf die pädagogische Praxis übertragen, die in dieser Arbeit besprochen werden. Ein Augenmerkt liegt auf dem krankheitspräventiven Aspekt, bezogen auf eine mögliche Eindämmung eines Depressions- und Burnoutrisikos durch Ansätze des „Schulfach Glück“ im Pflegeberuf. Die grundsätzliche Relevanz von psychischen Erkrankungen, insbesondere der Depressions- und Burnoutneigung im Pflegeberuf, wird anhand aktueller Zahlen noch einmal aufgezeigt. Die zunehmende ökonomische und auch gesellschaftliche Relevanz von psychischen Erkrankungen im Gesundheitswesen wird beleuchtet. Auch der Zusammenhang von eigener Persönlichkeit und dem Umgang mit Theorie-/Praxissituationen soll anhand der Coolout-Studie von Karin Kersting (1995 bis 2000) Erwähnung finden, da sich hier möglicherweise ebenfalls Ansätze einer Intervention durch das „Schulfach Glück“ anbieten, um die Persönlichkeit zu stärken und somit das Agieren in der Praxis mit mehr Freude gestalten zu können. Für die inhaltlichen Ausführungen der oben beschriebenen Abschnitte und der Beantwortung der Fragestellungen wird das hermeneutische Arbeiten auf Literaturbasis genutzt. Es werden gesundheits- und sozialwissenschaftliche sowie medizinische Literaturdatenbanken verwendet, hier vor allem GESIS – das Portal für Sozialwissenschaften, die Datenbanken Psychnex, Psyc Info, PsycArticles. Weiterhin greife ich auf google scholar, das Fachportal Pädagogik sowie medpilot und PubMed zurück. Es werden im Abstract beschriebene Stichworte für die Recherche verwendet. Diese Schlagwörter werden miteinander kombiniert. Für die Recherche ist es notwendig, den Begriff Kompetenz näher zu differenzieren, z. B. in „Sozial- und Personalkompetenz“.

Hauptteil

1. Definitionsansätze zum Begriff Glück

Mill hielt es für unbestreitbar, „ohne Glück auszukommen“: „Unfreiwillig kommen nämlich neunzehn Zwanzigstel der Menschen ohne Glück aus“ (1861/1985, S. 28).

Aristoteles erklärte hingegen im 5. Jahrhundert v. Chr. zu Beginn seiner Nikomachischen Ethik, alle Menschen würden nach Glück streben (vgl. NE, 1095). Das Glücksstreben der Menschen unterliege nach Aristoteles einem Wandel: „Nach dem Glück gefragt, nennt Aristoteles zufolge jeder etwas anderes (...) und oft auch ein und derselbe Verschiedenes: wenn er krank ist, die Gesundheit, wenn er arm ist, den Reichtum“ (NE, 1035).

Das Wort „Glück“ ist vom mittelhochdeutschen Wort „gelücke“ oder „(ge)lucke“ abgeleitet. Im ursprünglichen Sinne meint es den guten Ausgang eines Ereignisses oder einer Situation. Früher ging man davon aus, das Glück primär external bestimmt war. Es war undenkbar, das „Glück“ durch eigene Fähigkeiten und Kompetenzen beeinflussen zu können. Eine Selbstbestimmung des Glücks war also ausgeschlossen. Man konnte nach den damaligen Vorstellungen kein Anrecht auf Glück besitzen, es sich auch nicht erarbeiten. Man glaubte an die Zufälligkeit und Schicksalshaftigkeit von Glück, im Sinne des Zusammentreffens besonders günstiger Umstände. Nur wer ein keusches oder gottfürchtiges Leben führte, konnte hierfür von Gott mit Glück belohnt werden. Anders stellte sich die Situation z. B. in den USA dar, wo jeder Bürger schon in der Verfassung seit jeher ein verbrieftes Recht auf Glück besaß (vgl. Esch, 2012, S. 101).

Augustinus berichtete einige Jahrhunderte nach Aristoteles, Varo habe 288 verschiedene Bestimmungen des Glücks gezählt (vgl. Augustinus, 1978, S. 517 ff.).

Von der griechischen Antike bis zur Gegenwart hat sich die Philosophie mit der Frage nach dem Glück beschäftigt (vgl. Thomä et al., 2011, S. 2).

„Glück hat Konjunktur. Seit den siebziger Jahren hat das Thema in Literatur, Philosophie und einigen Fachwissenschaften ein erstaunlich großes Interesse auf sich gezogen“ (Nickel, 1987, S. 7). In den letzten Jahrzehnten hat die Glücksforschung eine Hochkonjunktur erfahren, angetrieben vor allem durch die Psychologie, Ökonomie, empirische Sozialforschung, Neuro- und Biowissenschaften (vgl. Thomä et al., 2011, S. 2). An einigen Orten gibt es „Glück“ sogar schon als Unterrichtsfach (Schubert 2008).

Mayrings Analyse (2007) über Glücksdefinitionen ergibt, dass die Kategorie „subjektives Wohlbefinden“ am besten geeignet ist, vor allem wenn es um die Messbarkeit von Glück geht. Man konzentriert sich in der „Wohlbefindensforschung“ demnach auf vier Faktoren. Zum einen wird „subjektives Wohlbefinden“ durch den Begriff „Glück“ als „intensives, emotional positives Erlebnis, die ganze Person erfassend, überdauernd und sich im Lebenslauf entwickelnd“, erfasst. Des Weiteren zählt die „Zufriedenheit“ zum „subjektiven Wohlbefinden“. „Zufriedenheit als eher kognitive Einschätzung des eigenen Lebens als positiv, auf diversen Vergleichsprozessen (eigene Ansprüche, sozialer Vergleich) beruhend.“ „Freude“ als „emotionaler Zustand des Sich-gut-Fühlens“ wird unter „subjektivem Wohlbefinden“ subsummiert. Freude meint hier eher eine kurzfristige emotionale Erscheinung und ist an konkrete Situationen gebunden. Auch die „Belastungsfreiheit“ als „angenehmer Zustand der Unbeschwertheit und Entspannung, auf der Einschätzung von Abwesenheit von negativen Befindensfaktoren beruhend“, bildet eine Unterkategorie des „subjektiven Wohlbefindens“ (vgl. Mayring, 2007, S. 190).

„Ob und wie äußere Umstände und innere Befindlichkeiten aufeinander bezogen sind, (...), ist seit jeher umstritten“ (Thomä, 2011, S. 3). Die empirische Forschung zum „subjektive well-being“ geht Bezügen zu ökonomischen, sozialen, kulturellen sowie biologischen Faktoren nach (zum Stand der Forschung vgl. Brockmann/Delhey 2010) mit dem Ziel, sich von Alltagsmeinungen zum Glücksbegriff abzugrenzen bzw. eine Erweiterung subjektiver Meinungen um wissenschaftliche Tatsachen zu ermöglichen. Das Glück ist nichts Gegebenes, Greifbares, es wird „erlebt“. Es heißt bei Hölderlin (1992, S. 384): „Wieder ein Glück ist erlebt.“ Auch wenn man versucht, sich auf das Erleben von Glück zu beschränken, findet man verschiedene Definitionsformen. Eine Unterscheidung bezieht sich auf den Zusammenhang zwischen Glück und Zeit, den Unterschied zwischen Moment und Dauer oder zwischen einem episodischen und einem holistischen Glück (vgl. Thomä, 2011, S. 4). Des Weiteren kann man Glück und kollektives sowie individuelles Handeln in Zusammenhang bringen. Die Idee von der Machbarkeit des kollektiven Glücks setze vor allem auf die Verbesserung der materiellen Ausstattung des Lebens. Wenn man von der individuellen Gestaltbarkeit eines glücklichen Lebens ausgeht, kommt man zu der Frage zurück, was man eigentlich möchte, wenn man glücklich sein möchte. Diese Frage hat die Menschen im Anschluss an Aristoteles für mehr als zwei Jahrtausende beschäftigt (ebd., S. 5).

Eine einfache Befragung auf der Straße in Deutschland ergab 2010, dass Glück so etwas wie empfundene Liebe und Zufriedenheit ist, jemanden helfen können, auch Nächstenliebe zeigen oder einfach, wenn man mit der Freundin zusammen ist bzw. alles hat, was man braucht, also kein Streben nach Geld mehr im Vordergrund steht. Dazu gehört auch, wenn der eigene Weg gegangen werden kann, man nicht immer mehr haben muss, man bei sich sein kann oder genau richtig ist. Zudem zählt dazu der erste Schrei des eigenen Kindes. Die Glücksforschung hat herausgefunden, dass Geld und Reichtum per se nicht glücklich machen, vielmehr das soziale Zusammengehören, das Helfen, insbesondere von Menschen, die sich in Not befinden, d. h. prosoziales Verhalten oder Altruismus und Mitgefühl oder Liebe (vgl. Esch, 2012, S. 3). Bis zu einem gewissen Einkommen steigen Wohlstand und Glück parallel an, ab einer gewissen Einkommensgrenze bringt mehr Wohlstand nicht automatisch mehr „Glück“ (ebd., S. 2), was sich mit dem „Easterlin-Paradox“ (1974) auch wissenschaftlich bestätigen lässt.

Die Wissenschaft bemühte und bemüht sich um Indikatoren von Glück. Mittlerweile sind einige Indikatoren, welche „Glück“ ausmachen, bekannt. Gesundheit wird als Voraussetzung für Glück gesehen. Sie ist bis zu einer gewissen Grenze käuflich, hängt aber auch von Lebensverhältnissen, individuellem Verhalten oder den Genen ab. Tritt ein gewisser Gewöhnungseffekt des Glückslevels ein, ist das Glück, welches am Vortag noch wertvoll erschien, weil man z. B. befördert oder belohnt wurde, im Verhältnis zur vergehenden Zeit weniger wertvoll. Auch gibt es einen Unterschied zwischen dem Glück, für das man hart arbeiten musste, welches man sich „verdient“ hat und dem, was einem zufällig „in den Schoß“ gefallen ist (vgl. ebd., S. 3).

Frey entwickelte eine hilfreiche Annäherung, was Glück sei. Er beschreibt sieben Indikatoren für glückliche Menschen. Zum einen sagt er, Arbeit haben mache glücklich. Unabhängig vom Einkommen sind Menschen mit einer Arbeit oder einer festen familiären oder sozialen Aufgabe glücklicher als jene ohne. Arbeit gibt Sinn, Status und Struktur. Ein zweiter Indikator ist seiner Meinung nach, Freunde und/oder ein aktives Familienleben zu haben. Verheiratete sind generell glücklicher als Unverheiratete, wobei sich über die Zeit ein gewisser Wash-out-Effekt einstellen kann. Einen weiteren Indikator beschreibt Frey im Kinder haben. Das Glück beginnt manchmal jedoch erst, wenn die Kinder aus dem Haus sind, da Kleinkinder oft Stress bedingen. Glückliche Menschen nach Frey haben einen Glauben. Sie glauben an einen oder mehrere Götter, evtl. an eine innere oder äußere Kraft, Spiritualität oder auch Inspiration. Frey sagt weiterhin, dass glückliche Menschen in einer Demokratie leben und eine gewisse Zeit bzw. Zeitsouveränität aufweisen (vgl. Frey, 2010, S. 15 ff.).

Lyubomirsky, Sheldon & Schkade beschreiben 2005 in dem nach ihnen benannten „Set Point Modell“, dass „Glück“ zu ca. 50 % angeboren sei. Die 50 %, welche nicht genetisch bedingt sein sollen, verteilen sie zu 40 % auf eigene Kontrollierbarkeit, also Beeinflussbarkeit des Glücks. Äußere Umstände sollen für 10 % des Glücks verantwortlich sein.

Beim 10- bis 20%igen Anteil am Glück, welches die Umgebung ausmachen soll, ist laut Zwillingsstudien auch der Zufall inkludiert. Auch kurz zurückliegende Ereignisse oder der momentane Zustand (engl. state), in dem wir uns gerade befinden, werden hierunter subsummiert. Der Zustand ist vorübergehend und vom Lebensstil oder dem Charakter (engl. trait) abzugrenzen, welcher durch langfristige, z. T. schwer zu verändernde Einstellungen, Verhaltensmuster und Erfahrungen beeinflusst und dadurch überhaupt erst geschaffen wird. Menschen mit einem 40-%igen Eigenanteil am Glück erleben die Welt, wie man heute weiß, als sinnhaft und kohärent. Sie sind der Meinung, selbst zum eigenen Glück beitragen zu können. Sie empfinden ihr Leben größtenteils als in sich schlüssig. Hinzu kommt, dass das Leben ihnen weitgehend widerspruchsfrei und konsistent erscheint (vgl. Esch, 2012, S. 100). Konsistenz bedeutet die „Übereinstimmung bzw. Vereinbarkeit der gleichzeitig ablaufenden neuronalen/psychischen Prozesse“ (Grawe, 2004, S. 186). Menschen, welche eine hohe Konsistenz besitzen, haben offenbar „die Fähigkeit, mit einer gewissen Zähigkeit, Flexibilität und Elastizität (vgl. Hardiness und Resilienz) mehr oder minder erfolgreich auf den Stress des täglichen Lebens zu reagieren und immer wieder die eigene Mitte zu finden“ (Esch, 2012, S. 100).

2. Darstellung Ansätze Schulfach Glück/Glück als Bildungsziel

2007 begründete Fritz-Schubert in Kooperation mit anderen Kollegen das „Schulfach Glück“ an der Willy-Hellpach-Schule in Heidelberg mit dem Ziel, das Klima dort zu verbessern und den Forderungen, insbesondere der Organisationen WHO und OECD, nachzukommen. „Aufgabe war und ist es, Lebenskompetenz, Lebensfreude und Persönlichkeitsentwicklung zu fördern und diese im Schulalltag zu realisieren“ (Fritz-Schubert-Institut, 2012, über uns/Schulfach Glück).

In diesem Kapitel wird durch die Erläuterung der Grundlagenmodelle, insbesondere des FSI, PSI und Züricher-Ressourcenmodells beschrieben, wie es möglich ist, Lebenskompetenz, Lebensfreude und Persönlichkeitsentwicklung zu fördern und warum konstruktivistische Elemente hierfür eher geeignet sind. Das „Schulfach Glück“ enthält mit seinem didaktischen Konzept eher Ansätze konstruktivistischer als behavioristischer Lerntheorien.

Watson gilt als Begründer des Behaviorismus. Er machte diesen in den 1920er-Jahren zum vorherrschenden Denkansatz in der Lernpsychologie.

Psychologie nach Auffassung von Behavioristen ist, objektive Vorhersagen über die Kontrolle von Verhalten zu treffen. Der Introspektion wird im Behaviorismus eher keine Bedeutung beigemessen. Man ist bestrebt, „ein einheitliches Schema der Reaktionen von Lebewesen zu gewinnen“ (vgl. Watson, 1913, S. 158).

In konstruktivistischen Lerntheorien hingegen steht „der Lernende ganz zentral im Mittelpunkt. Es werden ihm Informationen angeboten mit dem Ziel, dass er aus den Informationen heraus selbst Probleme definiert und löst“ (vgl. Meir, o. J., S. 14). In konstruktivistischen Modellen hat die Lehrperson nicht die Aufgabe, Wissen zu vermitteln, sondern den individuellen Lernprozess zu begleiten und zu unterstützen. Lernende sollen sich mit den Lerninhalten selbstständig auseinandersetzen, deren Inhalte erschließen und Zusammenhänge entdecken. Das Wissen des Lehrenden sollte strukturiert und leicht explorierbar dargestellt werden, damit die Lernenden daraus ihr individuelles Wissen ableiten können (vgl. Edelmann, 2012, 212 ff.).

Da es bildungstheoretisch und bildungspolitisch vielfältig begründete Forderungen einer verstärkten Implementierung didaktisch-methodischer Ansätze zur Förderung selbstgesteuerten Lernens gibt, erfährt auch das psychologische Konstrukt der Selbstwirksamkeit als Lernermerkmal einen zentralen Stellenwert (vgl. Pätzold, G. & Stein K., 2007, S. 1).

Wie Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Schüler vor allem mit den Methoden des FSI-Modells erlebt werden, wird im folgenden Kapitel 2.1. erläutert. Des Weiteren wird der Einfluss von Motivationsaspekten über das bewusste Einbeziehen von positiven Emotionen über die PSI-Theorie von Kuhl und das Rubikonmodell von Heckhausen & Gollwitzer dargestellt. Beide Theorien sind integraler Bestandteil des FSI-Modells.

2.1 Differenzierte Darstellung theoretischer Bezüge

2.1.1 FSI-System

Das „Schulfach Glück“ als Unterrichtsfach wurde von Fritz-Schubert entwickelt und wird seit 2007 unterrichtet, mittlerweile an über 100 Schulen (vgl. create your life – Integration Zukunftsperspektive für Kinder e.V., 2012, S. 1).

Der Name „FSI-Modell“, welches das zentrale theoretische Grundlagenmodell des „Schulfach Glück“ darstellt, ist angelehnt an das Fritz-Schubert-Institut. Der Begriff „Glück“ ist, wie oben beschrieben, vieldeutig. Im Kontext des „Schulfach Glück“ geht es nicht um Zufallsglück, sondern um Glücksmomente und Lebenszufriedenheit, welche vermittelt werden sollen. „Glück“ als Gemütszustand ist nicht als Lerninhalt zu verstehen, sondern eher als Ergebnis des Unterrichtes.

Die Zielsetzung des „Schulfach Glück“ ist laut Lehrplan, dass Schüler durch Entdeckung ihrer vielfältigen Potenziale und der Freude an ihrem Tun eine Beziehung zum eigenen Leben aufbauen. Grundlage des Lehrplans ist die Glücksdefinition nach Aristoteles. Körper, Seele und das soziale Umfeld werden in die Betrachtungen mit einbezogen. Die Schüler sollen erfahren, dass Glück wählbar und erlernbar ist und sich im glücklichen und erfolgreichen Tun widerspiegelt. Eigenes Erleben wird durch erlebnisorientierte Methoden im Unterricht unterstützt. Es wird davon ausgegangen, dass das Glück eine Gesamtkonstruktion einzelner „Glücksbausteine“ ist, die nicht isoliert betrachtet werden dürfen, denn nur als Einheit ermöglichen sie ein lust- und freudvolles Leben (vgl. Fritz-Schubert, 2011, S. 88). Die Erkenntnisgewinnung über sich selbst, seinen Körper und seine Seele, das eigene Handeln und das Leben im sozialen Netzwerk soll sich neben der kognitiven auf der emotionalen und körperlichen Ebene vollziehen (ebd., S. 88 f.).

Es geht im „Schulfach Glück“ darum, Lernbedingungen zu unterstützen, sodass mehr Glücksmomente und hohe Lebenszufriedenheit erreicht werden können. Der Begriff „Glück“ wurde bewusst gewählt. Nach Meinung von Fritz-Schubert besitzt er Vorteile: „Glück“ ist mit positiven Emotionen assoziiert, wird von Schülern gerne angenommen, hat eine starke Außenwirkung, denn jeder kann etwas mit dem Begriff anfangen. Zudem beinhaltet er einen ganzheitlichen Ansatz.

Traditionelle soziale Netzwerke, z. B. die Familie, sind immer weniger in der Lage, Normen, Traditionen, Verhaltensweisen oder Konventionen zu vermitteln. Diese Tatsache war mit ein Grund, warum es zur Einführung des Faches kam, denn diese bilden die Grundlage eines zufriedenen und erfolgreichen Lebens. Sie stellen die Basis für eine intakte Gemeinschaft dar (vgl. Lehrplan Willy-Hellpach-Schule, o. J.).

Das „Schulfach Glück“ baut auf den Kernkompetenzen Vertrauensbildung, Wertschätzung und dem Erkennen eigener Stärken auf. Das Modul „Freude am Leben“ ist das grundständigste Modul, da vor allem Vertrauensbildung die notwendige Voraussetzung für alle weiteren Lernfortschritte ist, vor allem weil das weitere Lernen im sozialen Kontext erfahren werden soll. Im folgenden Modul „Träume und Lebensmotive“ geht es u. a. darum, vom problemorientierten hin zu einem lösungsorientierten Denken zu gelangen. Dies geschieht u. a. durch die Methode des Reframings. Die Schüler sollen für sie wichtige Motive erkennen. Im Modul „Leben bewegen“ werden verschiedene Instrumente der Selbststeuerung kennengelernt. Über „Körperarbeit“ werden bereits gelernten Kernfähigkeiten über Bewegung wiederholt und vertieft. In der Einheit „Gestaltungspotentiale nutzen“ werden Elemente der Theaterpädagogik verwendet, um die Beziehung von Körper und Emotion zu verdeutlichen und diese gezielt und situationsabhängig zu steuern. Die erworbenen Erkenntnisse und Fähigkeiten werden im Modul „Abenteuer Alltag“ in Alltagsituationen erprobt. Erst jetzt stehen den Schülern alle grundlegenden Fähigkeiten und Erfahrungen zur Verfügung, sich bewusst mit ihrem seelischen Wohlbefinden auseinanderzusetzen (vgl. FSI- Modell, Abb. I).

Die verwendeten Methoden orientieren sich an Erkenntnissen der positiven Psychologie, der Salutogenese, des systemisch-konstruktivistischen Ansatzes, Erkenntnissen aus den Neurowissenschaften und anderen wissenschaftlichen Richtungen (vgl. Fritz-Schubert, 2014/15, S. 11).

Das FSI-Modell ist eine Erweiterung das ZRM (Züricher Ressourcen Modell) und des Rubikonmodells (vgl. Fritz-Schubert, 2010, S. 137 ff.).

Die Methode des Züricher Ressourcen Modells zur Persönlichkeitsbildung und Selbststeuerung wurde von Storch und Krause entwickelt. Es basiert auf Ergebnissen von Damasio (1994) und anderen Neurowissenschaftlern. Sie gehen davon aus, dass unterhalb der Bewusstseinsebene ein emotionales Erfahrungsgedächtnis existiert. In diesem werden Gefühle und Empfindungen dauerhaft gespeichert. Nach der Theorie von Damasio fungiert das emotionale Erfahrungsgedächtnis als eine unbewusste, schnell reagierende Entscheidungs- und Überlebenshilfe. Emotionale Erfahrungen lassen einen innerhalb von Sekunden körperlich reagieren. Auf unbewusster Ebene werden Ereignisse mit „gut“, dienlich für das weitere Leben, oder „schlecht“, eher schädlich für das weitere Leben, bewertet und „markiert“. Diese Signale nennt Damasio „somatische Marker“ (soma: griech. Körper) (Storch, M. & Krause, F. 2006, S. 104 ff.). Die „somatischen Marker“ entwickeln sich insbesondere durch das „Erfahrungsgedächtnis“, d. h. vorrangig durch das implizite Lernen. Das implizite Lernen wendet sich im Gegensatz zum expliziten Lernen nicht der Kognition, sondern eher den Emotionen zu. Grundlage des impliziten Lernens bildet das von Freud entwickelte „Eisbergmodell“. Da die somatischen Marker auf reale, ebenso wie auf erdachte Szenarien reagieren, können auf der Basis von Vorstellungen Lösungsvarianten individuell bewertet werden und Handlungsalternativen entstehen. Mit dem „Züricher Ressourcen Modell“ versucht man, negative emotionale Erfahrungen und daran gekoppelte Verhaltensmuster durch positive emotionale Erfahrungszuwächse zu korrigieren (vgl. Fritz-Schubert, 2011, S. 132).

Das FSI-Modell basiert auf sechs Modulen, die folgendermaßen benannt sind: „Freude am Leben“, „Freude an der eigenen Leistung“, „Körper in Bewegung“, „Körper als Ausdrucksmittel“, „Abenteuer Alltag“ und „Seelisches Wohlbefinden“ und im Folgenden detailliert dargestellt werden.

Das Modul „Freude am Leben“ hat zum Ziel, Schüler bei ihrer Identitätsfindung zu unterstützen. Hierfür ist die Akzeptanz des „Selbst“ wichtig, da Authentizität nur durch Erkennen und Annehmen unterschiedlicher Selbstbilder entsteht. Notwendige Voraussetzung bildet die bewusste Wahrnehmung und Akzeptanz des eigenen Körpers, die Einbindung in den sozialen Kontext wie z. B. Freundschaft, Familie und Schule und Wertschätzung der eigenen persönlichen Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten (vgl. Fritz-Schubert, 2011, S. 94). Der wertschätzende Umgang ist deshalb zentrale Grundlage in diesem Modul, weil zur Zielgruppe auch Kinder und Jugendliche im Alter von 15 bis 17 Jahren zählen. Diese befinden sich in einem psychisch sensiblen und verletzlichen Alter und sollen deshalb zunächst erleben, wie eine positive Atmosphäre geschaffen werden kann und dadurch eigene Kräfte freigesetzt werden können. Weiterhin erfahren die Schüler, dass Optimismus und ein positives Selbstbild die Lebensfreude erhöhen (ebd., S. 95). Die angestrebten Lernziele werden in Rollenspielen und durch intensive Kommunikation innerhalb der Gruppe erreicht. Sie werden durch Erstellung von Wertehierarchien und Zielfindungsprozessen anhand von Beispielen emotional und körperlich erfahren (vgl. Lehrplan Willy-Hellpach-Schule, o. J.). Neben den Elementen der Wertschätzung lernen die Schüler in diesem Modul durch „positive Konnotion“ andere Sichtweisen auf Sachverhalte kennen. Das wichtigste Element der positiven Konnotion ist nach Fritz-Schubert neben der Veränderung des Blickwinkels das Erkennen der eigenen Stärken (vgl. Fritz-Schubert, 2011, S. 101). Der Ansatz von Lyubomirsky, durch Dankbarkeit gute Gefühle entstehen zu lassen, ist ebenfalls ein Teilaspekt dieses Moduls.

Die Schüler lernen in dem Modul „Freude an der eigenen Leistung“, dass schulische Anstrengung auch freudvoll sein kann. Es werden Elemente des von Knörzer entwickelten „Integrativen Mentaltrainings im Sport“ genutzt. Dieser hat in seinem Konzept eigene wissenschaftliche Erkenntnisse zu physiologischen und mentalen Voraussetzungen als Grundlage für sportliche Erfolge aufgenommen. Er vertritt die Ansicht, jede Handlung von Menschen werde immer auch von Gefühlen und Vorstellungen begleitet (vgl. Fritz-Schubert, 2011, S. 109). Die Visualisierung hilft, vor dem inneren Auge einen kompletten Handlungsverlauf entstehen zu lassen. Das Zurückrufen erfolgreicher Erlebnisse in die Erinnerung in Verbindung mit positiven Emotionen und guter Stimmungslage lässt emotional kritische Phasen leichter überwinden (ebd., S. 110). Das von Knörzer und seinem Team aus den Erfahrungen eines zweijährigen Pilotprojekts entwickelte „Heidelberger-Kompetenztraining (HKT)“ ist integraler Bestanteil des Curriculums des „Schulfach Glück“. Es geht in diesem Modul „Freude an der eigenen Leistung“ hauptsächlich um mentales Training zur Zielarbeit und der Aktivierung persönlicher Potenziale (ebd., S. 111). Grundlage für die eigene Zielbestimmung bildet das Erstellen einer eigenen Wertehierarchie. Auch geht es darum, für sich den Unterschied zwischen Haltungs- und Handlungsziel zu erkennen (ebd., S. 112 f.). Haltungsziele, die eher etwas mit grundlegenden Haltungen und Einstellungen zu Personen und Situationen, aber auch zu sich selbst zu tun haben, unterliegen in der Regel längeren Veränderungsprozessen.

Fredrickson vertritt die sogenannte „broaden und build theory“ (2002, S. 22), welche sie aus empirischen Befunden ableitet. Diese belegen ihrer Meinung nach, dass positive Emotionen das momentane Gedanken- und Handlungsrepertoire einer Person erweitern und nachhaltige Ressourcen aufbauen.

Die Bedeutung des Prinzips der „Selbstwirksamkeit“ anhand von selbst gewählten und erreichbaren Zielen soll insbesondere in diesem Modul deutlich werden (vgl. Fritz-Schubert, 2011, S. 114).

Es geht in dem Modul zudem darum, Strategien und Wege zu finden, die zuvor erlernten eigenen Stärken bewusst für die Zielerreichung zu aktivieren. Knörzer bezieht sich auf Traditionen ostasiatischer Kampf- und Bewegungskünste und nutzt zur Zielerreichung Elemente verschiedener Atemtechniken und Körperhaltungen für die Konzentrationssteigerung (ebd., S. 116).

Angelehnt an Antonovskys Überlegungen, kam Knörzer auf die Idee, Erkenntnisse der Salutogenese und des Kohärenzgefühls als Prävention gegen Blockaden und zur allgemeinen mentalen Stärkung der Schüler zu verwenden (ebd., S. 117 f.). Die Schüler sollen Sinn und Bedeutung ihres Handelns erkennen, Handlungen und Situationen verstehen, strukturieren und die bevorstehenden Aufgaben als machbare Herausforderung annehmen. Antonovsky sieht in der Sinnfindung die wichtigste Komponente zur Bildung des Kohärenzgefühls. In dieser Beziehung stimmt er mit Frankl und anderen Resilienzforschern überein (ebd., S. 118). Zudem sollen die Schüler erfahren, dass Stress als Eustress sehr motivierend sein kann. Stressfaktoren können sich durch die Veränderung des Blickwinkels oder der Einstellung minimieren (ebd., S. 119). Das Modul „Freude an der eigenen Leistung“ ist durch die Betitelung „Träume und Lebensmotive“ seit einiger Zeit abgelöst worden, da es Fritz-Schubert wichtig war, von dem Leistungsbegriff abzusehen.

In dem Modul „Der Körper in Bewegung“ geht es u. a. darum, ein bewusstes Erleben positiver Auswirkungen von Bewegungen auf die Gesundheit zu spüren. Die gesundheitsfördernden Wirkungen von Bewegung sind unbestritten. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass sich motorische und kognitive Fähigkeiten besser entwickeln können. Eine Studie des wissenschaftlichen Instituts der Ärzte Deutschlands (WIAD) weist die nachhaltigen positiven Auswirkungen im psychosozialen Bereich durch körperliche Aktivität auf. Soziale Verantwortung und Selbstverantwortung können durch praktische Handlungen und reale Situationen am besten erfahren und gelernt werden. Die Wahrnehmungen körperlicher Bewegungsmöglichkeiten und die Erfahrung der eigenen physischen Leistungsfähigkeit sind für die Entwicklung eines Selbstkonzeptes als Teil der Identitätsfindung unerlässlich (ebd., S. 120). In dieser Einheit sollen die Schüler durch Bewegung Freude und Zuversicht erfahren und Vertrauen in sich selbst gewinnen. Mögliche körperliche Trainingserfahrungen stammen aus den Bereichen Ausdauersport, Bewegung als Gruppenerlebnis wie z. B. im Klettergarten, der Kampfkunst wie z. B. Tae-Bo © oder der Stockkampfkunst. Sie werden häufig durch Musikelemente unterstützt. Die Schüler erfahren auf diese Weise, was es bedeutet, sich seinem Ziel zu nähern und an die eigenen Leistungsgrenzen zu geraten. Sie erleben, wie sich durch die volle Konzentration auf die einzelnen Übungsteile, verbunden mit dem Bemühen um ihre exakte Ausführung und in die Handlungen eintauchend, die Abläufe verselbstständigen. Zeit und Raum sollen vergessen werden und ein „Flow“, das Gefühl des starken „Strömens“, einsetzen, das „Sich-selbst-Vergessen“, wie es Csikzentmihalyi beschreibt (ebd., S. 121). Der „Flow-Zustand“ ist nach Csikzentmihalyi ein Mittelmaß zwischen Langeweile und zu großer Herausforderung, die sich z. B. in Angst äußern kann (2004, S. 107). Im Zentrum der Betrachtung steht die Stärkung der Persönlichkeit. Die Schüler sollen reales verantwortliches Handeln lernen, indem sie ihre Mitschüler z. B. beim Klettern sichern, ermutigen und Leistung anderer respektieren und anerkennen. Gleichzeitig sollen sie erleben, wie durch Bewältigung von Grenzsituationen das Selbstwertgefühl sowie Konzentration, Entschlossenheit, Willensstärke und Mut gefördert werden kann (Fritz-Schubert, 2011, S. 125).

[...]


1 Obwohl aus Gründen der Lesbarkeit die männliche Form gewählt wurde beziehen sich die Angaben auf Angehörige beider Geschlechter

Ende der Leseprobe aus 84 Seiten

Details

Titel
Die Bedeutung des Schulfachs Glück
Untertitel
Relevanz für Gesundheits- und Persönlichkeitsstärkung sowie Lernförderung
Hochschule
Medical School Hamburg  (Fachhochschule für Gesundheit und Medizin)
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
84
Katalognummer
V307696
ISBN (eBook)
9783668059122
ISBN (Buch)
9783668059139
Dateigröße
950 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Glück, Lebenszufriedenheit, Schulfach, Burnout, Lerntheorien, Bildungsziele
Arbeit zitieren
Alissa v. Neuenkirchen (Autor:in), 2015, Die Bedeutung des Schulfachs Glück, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/307696

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