Kommunikationsmuster in den Filmen des Deutschen Herbstes


Masterarbeit, 2014

134 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Deutscher Herbst
2.1 Definition Deutscher Herbst
2.2 Zusammenfassung der Geschichte der RAF

3 Die Filme des Deutschen Herbstes

4 Forschungsstand
4.1 Forschungsstand
4.2 Problembeschreibung

5 Die Stichprobe
5.1 Begründung der Stichprobe
5.2 Inhaltsangaben der Stichprobenfilme
5.2.1 Inhaltsangabe: Die bleierne Zeit
5.2.2 Inhaltsangabe: Mutter Küsters' Fahrt zum Himmel
5.2.3 Inhaltsangabe: Das zweite Erwachen der Christa Klages
5.2.4 Inhaltsangabe: Messer im Kopf

6 Muster
6.1 Bildung
6.2 Der Prozess des Sprechen-Lernens
6.2.1 Die bleierne Zeit
6.2.2 Mutter Küsters' Fahrt zum Himmel
6.2.3 Das zweite Erwachen der Christa Klages
6.2.4 Messer im Kopf
6.3 Weitere Muster

7 Die Muster im Deutschen Herbst

8 Reflexion

Literaturverzeichnis

Filmliste

Abbildungsverzeichnis

Anhang

1 Einleitung

Wenn heutzutage das Stichwort „Terrorismus“ fällt, dann denkt man in erster Linie an den internationalen Terrorismus - 9/11, al-Qaida, Selbstmordattentate, Anschläge auf Botschaften, religiös Motivierte und den Nahen Osten. Diese Assoziationen sind aber noch relativ jung. Vor etwa 36 Jahren verbanden die Bürger Westdeutschlands mit Terrorismus vor allen Dingen die Rote Armee Fraktion. Deren Mitglieder, allen voran Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof, blickten der Bevölkerung von zahlreichen Fahndungsplakaten entgegen. Die Rote Armee Fraktion, kurz RAF, ihre Mitglieder, Aktionen und Motivationen sind seit damals Schwerpunkt vieler Bücher und Aufsätze. Lange bevor die ersten Buchautoren sich aber thematisch an die RAF wagten, behandelten Regisseure den deutschen Terrorismus in ihren Spiel- und Dokumentarfilmen (vgl. Reusch 2008, S.2)

Wann haben Sie das letzte Mal einen Film aus oder über jene Zeit, der Epoche des sogenannten Deutschen Herbstes, gesehen? Obwohl im heimischen Abendprogramm immer wieder Filme über die Lebensverhältnisse und Ereignisse in der DDR in den siebziger und achtziger Jahren laufen, so kennen wohl die wenigsten ein westdeutsches Pendant. Das bedeutet allerdings nicht, dass das Thema RAF und ihr Terrorismus abgeschlossen ist - sonst hätte es wohl kaum den erst im April 2013 in den Kinos laufenden Film Das Wochenende (2012, Regie: Nina Grosse) oder die langwierigen Diskussionen um den Namen einer Kunstausstellung gegeben, die sich ebenfalls auf die RAF konzentrierte (vgl. Bisenbach 2005, S.13). Die Ausstellung lief schließlich von Januar bis März 2005 unter dem Namen „Mythos RAF“ und mit dem Untertitel „Zur Vorstellung des Terrors“ (vgl. Elsaesser 2006/2007, S.28). „Mythos“ ist tatsächlich eines der Worte, die man gerade heutzutage häufig im Zusammenhang mit der RAF und dem Deutschen Herbst hört - einige Kritiker vertreten sogar die Ansicht, dass Filme wie Der Baader Meinhof Komplex (2008, Regie: Uli Edel) (vgl. Hickethier 2010, S.198) und Baader (2002, Regie: Christopher Roth) (vgl. Ahrens 2007, S.8) oder die oben genannte Ausstellung (vgl. Seeßlen 2007, n.p.) die RAF weiter mystifizieren würden.

Warum die Filme des Deutschen Herbstes nicht ausgestrahlt werden ist nicht Thema dieser Arbeit - wenngleich die Vermutung nahe liegt, dass niemand sich nach den heutigen Nachrichten auch noch in seiner Freizeit mit dem Terrorismus im eigenen Land auseinandersetzen möchte. Außerdem tauchen, im Gegensatz zur Vergangenheit der DDR, heute kaum noch neue Informationen auf, die eine erneute Aufbereitung des Deutschen Herbstes veranlassen würden. Insofern wird das Thema wohl erst wieder 2017 präsent, wenn sich die Stammheimer Todesnacht dann zum vierzigsten Mal jährt. Eventuell hat das Publikum dann wieder die Möglichkeit, Spielbergs Oscar prämierten Film München, oder die Schimpfwörter schreiende Interpretation von Andreas Baader durch Moritz Bleibtreu in Der Baader Meinhof Komplex zu sehen und vielleicht traut sich ein Sender sogar den Episodenfilm Deutschland im Herbst auszustrahlen.

Die Themen der folgenden abendlichen Diskussionen werden sich wohl mehr der RAF selbst, den Terroristen sowie den Mythen und Legenden des Deutschen Herbstes widmen und weniger den Filmen selbst. Gerade aber auf diese möchte ich den Schwerpunkt meiner Arbeit legen. Die bisherige Analyse der formalen Elemente der Filme, wie sie im Rahmen der Medienbildung üblich ist, ist im besten Falle als dürftig zu bezeichnen, auch filmübergreifende Vergleiche gibt es kaum. Im Laufe meiner Recherchen habe ich zusätzlich immer wieder bemerkt, dass zahlreiche Autoren die historische Vergangenheit der RAF als Analyserahmen für die Filme des Deutschen Herbstes benutzen. Dieses Vorgehen widerspricht den Herangehensweisen der strukturalen Medienbildung, die stattdessen vielmehr den Film als Verständnisgrundlage für diese Zeit nutzt.

Erst im Vergleich der Filme miteinander wird deutlich, dass diese zahlreiche Gemeinsamkeiten und damit letztlich filmübergreifende Muster beinhalten. In Zuge meiner Analyse kristallisierte sich dabei schnell ein entscheidendes Merkmal heraus: Die Charaktere der Filme des Deutschen Herbstes befinden sich zu Beginn ihres Films in einer Situation, in der ihnen das Sprechen unmöglich ist und sie es infolgedessen im Laufe des Films erst erlernen müssen. Somit handelt es sich bei den hier vorgestellten Mustern nicht um typische Filmmuster nach dem Verständnis von Bordwell und Thompson (2008) - das ist allerdings nicht weiter verwunderlich, stammen die hier untersuchten Filme doch aus der Zeit des Neuen Deutschen Films, einer Epoche, die sich gerade durch ihre stilistische Diversität kennzeichnet. Stattdessen entstanden die Muster auf der Grundlage der Komparativen Analyse der Grounded Theory. Ich werde anhand vier ausgewählter Filme aus den siebziger und achtziger Jahren zum Thema Deutscher Herbst folgend dieses einzige, umfassende Element der Muster der Filme vorstellen. Dieses entscheidendste Muster dieser Arbeit, der Prozess des Sprechen-Lernens, wird von weiteren, kleineren Mustern begleitet, die diesen Prozess unterstützen oder sich selbst auf Artikulationen, Sprache u.a. beziehen. Infolgedessen werden all diese Muster im Rahmen dieser Arbeit unter der Bezeichnung „Kommunikationsmuster“ behandelt. Die Analyse des Sprechen-Lernens wird dabei ergeben, dass die Filme Bildungsprozesse beinhalten. In einem zweiten Schritt wird überprüft, was die Muster über die siebziger und achtziger Jahre verdeutlichen. Insofern besteht die Fragestellung dieser Arbeit aus zwei Teilschritten:

Welche Kommunikationsmuster beinhalten die Filme des Deutschen Herbstes der siebziger und achtziger Jahre? Inwiefern geben diese Aufschluss über jene Zeit? Im Anschluss an dieses Kapitel wird zunächst der Deutsche Herbst definiert (Kapitel 2.1) und seine wichtigsten Ereignisse kurz zusammengefasst (Kapitel 2.2). Kapitel 3 wendet sich den Filmen des Deutschen Herbstes zu, nach einer Definition (Kapitel 3.1) werden die wichtigsten Spielfilme in einer Übersicht vorgestellt (Kapitel 3.2). Im Anschluss daran wird der bisherige Forschungsstand zu den Filmen zusammengefasst (Kapitel 4.1). Dieser wird als Grundlage für eine genaue Problembeschreibung dienen, die die Ausgangslage für diese Arbeit darstellt (Kapitel 4.2). Das nächste Kapitel stellt die zugrunde liegende Stichprobe vor und begründet diese (Kapitel 5.1). Zusätzlich wird für jeden ausgewählten Film eine knappe Inhaltsangabe gegeben (Kapitel 5.2.1-5.2.4). Mit dieser Grundlage beginnt in den folgenden Kapiteln die Analyse der verschiedenen Muster. Nach einer kurzen Erläuterung des hier verwendeten Bildungsverständnisses nach Jörissen/Marotzki (2009) (Kapitel 6.1) wird im Anschluss daran der genaue Ablauf der einzelnen Filme im Zusammenhang mit dem Prozess des Sprechen-Lernens und dem daraus resultierenden Bildungsprozess präsentiert. Im nachfolgenden Kapitel werden schließlich weitere Muster vorgestellt (Kapitel 6.3). Nachfolgend wird der zweite Teil der Fragestellung beantwortet, in welchem untersucht wird, inwieweit die bis dahin erläuterten Muster Aufschluss über die siebziger und achtziger Jahre geben (Kapitel 7). Abschließend steht am Ende dieser Arbeit eine Reflexion, die nicht nur eine Zusammenfassung der Ergebnisse und einen Ausblick auf die Muster in weiteren Filmen des Deutschen Herbstes bietet, sondern sich vor allem mit der Frage beschäftigt, warum sich ausgerechnet Kommunikations- bzw. Sprachprobleme in den Filmen einer Zeit finden lassen, die wir heute als eine Zeit der Aussprache begreifen (Kapitel 8). Neben dem Literaturverzeichnis befindet sich am Ende aufgrund der zahlreichen hier erwähnten Filme auch ein Filmverzeichnis. Der Anhang enthält verschiedene selbsterstellte Grafiken, die den Prozess des Sprechen-Lernens in allen Filmen visuell darstellen.

2 Deutscher Herbst

2.1 Definition Deutscher Herbst

Bevor diese Arbeit sich den Filmen und deren Mustern zuwenden kann, stellt sich zunächst einmal die Frage, was genau der Deutsche Herbst eigentlich ist. Beide Begriffe rufen vielfältige Assoziationen hervor: „deutsch“ erinnert an deutsche Geschichte mit Weltkriegen und Deutscher Teilung ebenso wie an „deutsche Tugenden“, die deutsche Sprache, das Lied der Deutschen oder auch Berlin. Der Herbst dagegen ruft Bilder von fallenden Blättern, von kälter und kürzer werdenden Tagen sowie von den Trauertagen hervor (vgl. Verlag Neue Kritik 1997a, S.13), aber auch an bunt gefärbte Bäume in Alleen, warmen Tee und die nahende Weihnachtszeit. Insofern ist der Herbst „schön und ungenau“ (Verlag Neue Kritik 1997a, S. 13). Was ist denn aber nun der Deutsche Herbst?

Vielen, denen ich von dieser Arbeit erzählt habe, hatten noch nie zuvor etwas vom Deutschen Herbst gehört und auch in den meisten Lexika wird dieses Stichwort gar nicht aufgeführt. Der „Deutsche Herbst“ ist kein klar definierter Begriff und wird dementsprechend unterschiedlich genutzt (vgl. Pfitzenmaier 2007, S. 2). Tatsächlich nähert man sich diesem Thema am besten über die Medien - neben einem Lied mit ebenfalls passendem Titel (vgl. Verlag Neue Kritik 1997a, S.13) ist es vor allem der Film Deutschland im Herbst, der erste Einblicke in den Deutschen Herbst liefert. Dieser Film wirkt selbst ein bisschen wie ein bunter Laubhaufen: Von insgesamt zehn verschiedenen Regisseuren werden thematisch und stilistisch ganz unterschiedliche Beiträge aneinandergereiht, um letztlich diesen Episodenfilm aus dem Jahr 1978 zu bilden. Wie der Titel schon besagt, erinnert der Film durch diverse Themen, die Alexander Kluge, Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff und sieben weitere deutsche Regisseure aufgreifen, an den Deutschen Herbst: ein Interview mit Ex-RAF-Anwalt Horst Mahler, die Schweigeminute für Hanns Martin Schleyer im Stuttgarter Mercedes-Werk sowie sein Staatsbegräbnis, Verwirrung und Komplikationen durch die Nazi-Vergangenheit, das Begräbnis der RAF-Terroristen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe. Das ist der Deutsche Herbst.

Kraus, Lettenewitsch und Saekel (1997a) definieren den Deutschen Herbst wie folgt: „Der 'Deutsche Herbst', zum stehenden Begriff geworden, bezeichnet also eine Kumulation von Ereignissen im September und Oktober 1977, die den Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen staatlicher und terroristischer Gewalt in diesem Land markieren, eine Zäsur in der Geschichte der noch jungen Bundesrepublik“ (S.6). Anderswo wird er als „die politische Atmosphäre in Westdeutschland in der Zeit im September und Oktober 1977“ (Fuchs o.J., n.p.) definiert. Fest steht damit auf jeden Fall, dass der Deutsche Herbst tatsächlich grundsätzlich erst einmal einen ganz konkreten Herbst, nämlich den des Jahres 1977, beschreibt. Die vorhergegangenen Jahre sind primär durch den Konflikt zwischen der damaligen Bundesregierung unter Helmut Schmidt (Amtszeit 1974 - 1982, SPD) und der Rote Armee Fraktion geprägt. Im September und Oktober '77 erreichte die Auseinandersetzung mit den Entführungen von Hanns Martin Schleyer sowie der Lufthansa-Maschine Landshut durch die zweite Generation der RAF, die beide blutig endeten, sowie durch die Todesnacht von Stammheim ihren Höhepunkt (vgl. weiterführend Kapitel 2.2). Diese Ereignisse sind also ein weiterer zentraler Bestandteil des Deutschen Herbstes. Die zweite Definition dagegen hebt vor allem die Atmosphäre hervor und genau hier liegt meiner Ansicht nach der eigentliche Kern des Deutschen Herbstes.

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Ende der Leseprobe aus 134 Seiten

Details

Titel
Kommunikationsmuster in den Filmen des Deutschen Herbstes
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
134
Katalognummer
V308295
ISBN (eBook)
9783668069282
ISBN (Buch)
9783668069299
Dateigröße
1466 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kommunikationsmuster, filmen, deutschen, herbstes
Arbeit zitieren
Ina Draijer (Autor:in), 2014, Kommunikationsmuster in den Filmen des Deutschen Herbstes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/308295

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