Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Von der Kontingenz zur Daseinsscham
1.1 Das Geschlecht als existentielles Zeichen der ontischen Scham
1.1.1 Internalisierte Schuld ist nicht Scham
1.1.2 Die Geschlechtsscham
1.1.2.1 Die ontische Scham im Genesis-Mythos
1.1.2.2 Das Geschlecht bei Platon: Eros und Thymos
1.2 Die transzendierende Identität und die moderne Frage nach dem Selbstseinkönnen bei Kierkegaard
2. Von der Transzendenz des Selbstseinkönnens zur Immanenz des Selbstseinmüssens
2.1 Säkularismus
2.2 Von der ontischen Scham zur moralischen Scham
2.3 Der Säkularismus begünstigt das Schamempfinden
2.3.1 Das sichtbare Haben als Vorurteil des verborgenen Seins
2.3.2 Scham und der Blick des Anderen: Anerkennungsprobleme
3. Von der Öffentlichkeit zur Privatheit
3.1 Das Ideal der persönlichen Empfindung
3.2 Intimität, Narzissmus und die Pflicht zur Authentizität
3.3 Vom Raum öffentlichen Handelns zur Durchgangsstrecke
3.3.1 Intimität und Zivilisiertheit
3.3.2 Der Raum als Durchgang
4. Von der Gesellschaft zur Gemeinschaft
4.1 Statusscham: Von der Ehre zur Würde
4.2 Charismatische Beleidigungshierarchien moderner Gesellschaften
4.3 Statusgruppen sind charismatische Herrscher
4.4 Statusgruppen als fundamentalistische Gemeinschaften
5. Von der Gemeinschaft zur Vereinzelung: Virtualisierung der Lebenswelt
5.1 Immanente Transzendierung des Selbst und prometheische Scham
5.2 Kompensationsformen der Prometheischen Scham
5.2.1 Autonome Raumbewegung des Users
5.2.2 Vom Film und Fernsehen
5.2.3 Vom gemeinsamen Handeln zur gemeinsamen Flucht
6. Plädoyer statt Fazit
7. Quellenverzeichnis
Vorwort
Die vorliegende Arbeit nimmt Anstoß an der Beobachtung, dass gegenwärtig eine erstaunlich fraglose Bereitschaft zur umfangreichen Medienkonsumtion in breiten Teilen der modernen Gesellschaft entwickelt ist. Dabei werden Folgen der Individualisierung, Isolation und Virtualisierung ganzer Spektren von Lebenswelten ins Selbstverständnis der Protagonisten übernommen. Die Arbeit fragt nach den anthropologischen Hintergründen der medialen Verbiederung (vgl. Anders 1980, 116-128), als dem durch Medien gestützten und forcierten Rückzug der Menschen aus der sich leerenden Öffentlichkeit in den Raum mediengefüllter Intimsphären, aus denen dann wiederum eine virtuell konstituierte Öffentlichkeit entworfen wird, ohne begehbar im physischen Sinne zu werden. Welche anthropologischen Phänomene können die paradoxen Entwicklungen moderner Gesellschaften begründen, deren Angehörige sich nach Nähe, Wärme und persönlicher Anerkennung zu sehnen scheinen, während sie sich in eine durch Sichtbarkeit geprägte Isolation (vgl. Sennett 2004, 27) sozialen Handelns begeben, indem sie zu passiven Mitgliedern einer in einsame Individuen ausdifferenzierten Zuschauermasse mutieren? Die Ursachen dafür finden sich – laut Arbeitsthese – im Konflikt von Autonomie und Kontingenz, der im säkularen Selbstverständnis moderner Individuen unbewältigt bleibt. Die fehlende Akzeptanz der Abkünftigkeit eigenen Daseins führt zur ontischen Scham, die als dauernde Identitätsstörung auftritt. Das destabilisierte Selbst zieht sich aus Furcht vor weiteren Zurücksetzungen innerhalb öffentlicher Blick- oder kommunikativer Anerkennungsverhältnisse in ein asozial-narzisstisches Dasein zurück. Infolge dessen kommt es zur Degeneration der Öffentlichkeit zugunsten einer individualisierenden Virtualisierung von Interaktion in Bild und Ton. Die Arbeit will zeigen, dass die Stabilität gegenwärtiger Demokratien auf systemimmanenten Beschämungs-u. Beleidigungsverhältnissen fußt, die zur Entstehung einer klassenlosen Klassengesellschaft beitragen und den Wunsch nach virtueller Selbstverbergung verständlich werden lassen.[2]
1. Von der Kontingenz zur Daseinsscham
Der vom Lateinischen abstammende Begriff Kontingenz verweist auf das Verb contingere und dessen Partizip contactum. Von tangere abgeleitet können wir ihn mit berühren bzw. das Berührte übersetzen. Das Kontingent ist das, was jemand anrühren darf, was ihm „zusteht“. Im Französischen noch bedeutet contingent „zufallend“ (vgl. Kluge 2002, 524). Die Nähe zum deutschen „Zufall“ ist offensichtlich. Das Zugefallene steht demjenigen, dem es zufiel zur Verfügung. Daher verstehen wir ein „Kontingent“ heute noch als Vorrat dessen, das uns zugehört. Die menschliche Kontingenz definiere ich als Zufälligkeit der eigenen existentiellen, vorgefundenen Daseinsweise des Menschen, die sich zunächst vor allem als Bewusstsein vom Leib manifestiert. Schon im Moment seiner ersten Selbstbetrachtung greift der Mensch auf sein ihm anheimgegebenes Kontingent zurück. Seine Selbstreflexion vollzieht sich auf dem Fundament eines vorgefundenen leiblichen Materials. Dies begreift der Mensch und findet sich daher als ein kontingentes (also zugleich Berührtes als auch berührendes) Wesen vor. Unser Dasein ist wesentlich durch diese Kontingenz charakterisiert. Sie ist eng verbunden mit der Vorstellung von der Geschöpflichkeit des Menschen. Im Folgenden werde ich zu zeigen versuchen, dass die Einsicht in die eigene kontingente Abkünftigkeit zu einem Empfinden der Scham führt, weil sich der Mensch seiner Autonomie beraubt fühlt, die er als selbstreflexives Wesen zugleich performativ in Anspruch nimmt, sobald er sich als freies, selbstständiges Wesen interpretiert, verhält und betrachtet.
1.1 Das Geschlecht als existentielles Zeichen der ontischen Scham
1.1.1 Internalisierte Schuld ist nicht Scham
Scham wird in dieser Arbeit zunächst nicht als „Empfindung beim Verstoß gegen den Anstand“ (Kluge 2002, 524) vorgestellt, sondern als ontische Scham, die sich als Gefühl der Ohnmacht gegenüber dem Vorfinden der eigenen Existenz beschreiben lässt und sich in Folge dessen als Eros und Thymos manifestiert (siehe Kapitel 1.1.2.2). Scham wird weder als Schande, noch als Schuld beschrieben: „Es ist nicht das Gefühl der Schuld, sondern der Gedanke, dass Andre uns für schuldig halten oder wissen, dass wir Schuld haben, was uns das Gesicht roth macht.“ (Darwin 1872, 340) Scham ist angewiesen auf zugewiesene Schuld. Die These der Arbeit ist nun, dass wir uns lediglich in dem Sinne für schuldig halten, als dass wir als selbstbewusste Menschen ernsthaft an die eigene unbegrenzte Autonomie glauben wollen, während wir durch unser unwillkürliches (bloß vor- gefundenes) Dasein permanent eines besseren belehrt werden. Das Ideal der Autonomie konkurriert mit der Realität unserer Kontingenz. Dies beschämt uns. Scham ist eine Emotion, die als irritiertes Selbstverständnis wirksam wird.
„Ursprünglich – so Darwin – habe sich das Erröten nur hinsichtlich der persönlichen Erscheinung und in bezug auf das andere Geschlecht entwickelt. Erst sehr viel später seien dann auch moralische Ursachen zu den Gründen des Errötens hinzugetreten (ebd.: 336).“ (Neckel 1991, 43)[3]
Das bedeutet, dass Scham auch in moralischer Gestalt als Gefühl der Schande beim Verstoß gegen eine geltende Norm auftritt. Dies wird sich die Moderne zunutze machen (siehe Kapitel 4). Zunächst aber tritt sie als Ausdruck eines präaktionistischen Daseins auf, eines Daseins, das sich seiner selbst schämt, ohne bereits handelnd tätig geworden zu sein.[4] Ursache der Scham muss dabei in erster Instanz die Einsicht in das Wesen der eigenen Existenz sein, die als kontingent begriffen wird. Diese Einsicht erfolgt prototypisch über die Wahrnehmung unserer Geschlechts identität. Daher ist das Geschlecht der erste Ort, an dem sich das Schamempfinden Raum verschafft.
1.1.2 Die Geschlechtsscham
Die mittelhochdeutsche Sprache hat den Begriff Scham (damals: schame) unter anderem als euphemistische Bezeichnung für „die äußeren Geschlechtsteile“ (Paul 2002, 829) des Menschen gebraucht. Das Geschlecht liegt (präpostmodern gedacht) nicht im Machbarkeitsbereich des Individuums und entzieht sich einer vorexistentiellen Wahl. Es ist „das Gattungsmäßige“, das „schlechthin Vor-Individuelle, das der Freiheit Entzogene, das „Es“ kat´ exochen, das zum Individuum qua Individuum nicht gehört.“ (Anders 1980, 71)
1.1.2.1 Die ontische Scham im Genesis-Mythos
Das Geschlecht symbolisiert die Daseinsentblößung der menschlichen Kontingenz. Auch die Genesis berichtet davon: „Und sie waren beide nackt, der Mensch und sein Weib, und schämten sich nicht.“ (1. Mose, 2, 22 – 25.)[5] Die Identität des einen Fleisches bedarf keiner Scham, weil ein Verständnis von Autonomie noch nicht entwickelt ist. Autonomie ist als Anspruch auf Selbstbehauptung noch nicht notwendig, weil kein Selbst ausgebildet ist. Physisch bereits zu Zweien getrennt, bleibt man unter dem Dach der gemeinsamen Geschöpflichkeit miteinander wesentlich verbunden. Symbolisch bzw. psychisch hat man eine Trennung noch nicht vollzogen. Der Sündenfall bewirkt die Erkenntnis von der Dualität beider Menschen geschlechter. Das Vertrauen auf das Gemeinsame ihrer Herkunft gibt sich dabei an die Erkenntnis ihrer Differenz preis: „Da wurden ihnen beide die Augen aufgetan und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machen sich Schurze.“ (1. Mose 3, 6-7) Die Differenzerkenntnis manifestiert sich augenblicklich in einer selbstreflexiven Scham. Der andere wird als Anderer erblickt und nur als Anderer erscheint er „ nackt “. Nacktheit ist das Zeichen für die erstmals empfundene Differenz des Einzelnen im Verhältnis zum Anderen. Das führt zum selbstreflexiven Blick, der bemerkt, dass man selbst ebenso nackt ist und sich demselben Blick aussetzt, den man nun auf den anderen richtet. Scham entsteht in der Antizipation des fremden Blickes (vgl. Kapitel 2.3.2), der das eigene Dasein beäugt und mustert, aus dem Zusammenhang seiner vertrauten Richtigkeit nimmt und ihn erstmals zur Rechtfertigung zwingt: Warum bist du nackt?, ist die als Frage formulierte Anforderung an den Anderen, sich zu seinem Dasein aktiv und autonom ins Verhältnis zu setzen, sich nicht mit einer bloß hingenommenen Geschöpflichkeit zufrieden zu geben. Der Mensch rebelliert erstmals gegen seine kontingente Beschaffenheit. Er schämt sich nicht seiner sündigen Handlung, was zunächst nahe liegen würde. Der Mensch schämt sich vor dem Angesicht des Herrn, vor dem Angeblickt-Werden als das, was er wesentlich ist: nackt. Er begreift dabei seine Unterlegenheit, die in der Tatsache liegt, dass er von Gott gemacht wurde und nicht durch sich selbst. Daher schützt er die zentrale Stelle seiner Intimität (verstanden als persönliches Differenzmerkmal) und Identität (verstanden als (Selbst-)Zuschreibung einer kontinuierlichen Daseinsweise als diese Differenz). Das Geschlecht, das mit Feigenblättern verborgen wird, ist der Ort, an dem sich Gottes Willkür am wirkmächtigsten zeigt, weil er als Ort radikaler Kontingenz erfahren wird. In der zufälligen Differenz des eigenen Geschlechts zum Anderen liegt eine Unverfügbarkeit des Menschen, der darin seine Ohnmacht gegenüber der eigenen Konstitution begreift. Der Sündenfall beginnt mit einem Kontingenzschock.6
„Und Adam versteckte sich mit seinem Weibe vor dem Angesicht des Herrn unter den Bäumen im Garten. Und Gott der Herr rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? Und er sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich. Und er sprach: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist?“ (1. Mose, 3, 8-11)
Gott reagiert auf die neu entstandene Scham des Menschen: „Und Gott der Herr machte Adam und seinem Weibe Röcke von Fellen und zog sie ihnen an.“ (1. Mose, 3, 21) In der Folge schildert die Bibel die Geschichte der Schamkompensation durch die Beschreibung des Verhältnisses des Menschen zu Gott. Die Gestaltungsfähigkeit der kontingenten Herkunft des Menschen fundiert auf dessen Verbindung zu Gott. Autonomie wird dabei stets als willentliche Bindung an einen entäußerten Referenzpunkt verstanden. Dieser ist Gott. Das aufs Transzendente verwiesene Selbstkonzept des Menschen wird zur notwendigen Form seiner konsistenten Identität. Fehlt dem Menschen dieses Bewältigungskonzept, ist er dazu gezwungen, den Widerspruch zwischen dem autonomen Vollzug seiner Selbstbetrachtung und der Kontingenz der Betrachtungs bedingungen auszuhalten. Diese Bedingungen aber betreffen ihn als in die Existenz gesetztes Ganzes. Sofern der beschriebene Existenzhiatus Scham auslöst, muss die Scham ontischen Charakter haben: „Sich zu schämen ist geradezu eine existentielle Grunderfahrung, die von allen Subjekten der Gesellschaft geteilt werden kann. Die Scham gehört zum mentalen Inventar unserer Sozialisation ebenso wie zur Alltagserfahrung des erwachsenen Menschen.“ (Neckel 1991, 25) Das bezeugen Redewendungen wie „sich in Grund und Boden schämen“ oder „vor Scham im Boden versinken“ (vgl. Anders 1980, 70). Die einzig mögliche Reaktion auf Scham scheint die radikale Selbstverleugnung zu sein. Da der Wunsch der Selbstauslöschung aber nicht vollzogen wird, bleibt er als Scham bestehen. Scham gerinnt zum Zustand einer andauernden Identitätskonfusion, die handelnd verarbeitet werden muss. Neben dem jüdisch-christlichen Vorschlag eines Beziehungsaufbaus zum Schöpfer, gibt es die Möglichkeit einer Trotz-Reaktion. Die Scham wird dann zum Protest des Menschen gegen seine Unfreiheit. Dass der Versuch des Aufbegehrens zum Scheitern verurteilt ist, zeigt der Mythos vom Kugelmenschen bei Platon.
1.1.2.2 Das Geschlecht bei Platon: Eros und Thymos
Da er den Göttern in seiner Omnipotenz zu gefährlich wird, erfolgt die Schlachtung des Kugelmenschen (Symposium). Infolge dessen entstehen die voneinander getrennten Geschlechter. Die Wortwurzel „Schlacht“ ist also durchaus wörtlich zu verstehen. Die Geschlechtlichkeit des Menschen zeigt seine Hälftigkeit an. Diese Halbheit führt bei Platon zur Entstehung des Wiedervereinigungstriebs, den er als Eros bezeichnet: „So heißt nun das Verlangen und das Streben nach der Ganzheit „Eros“.“ (Platon 2004, 47; vgl. Platon 1578, 192c-193a) Sloterdijk spricht von „erwerbsorientierten Regungen“ (Sloterdijk 2011, 10.30-10.33), vom „Habenwollen“ (ebd.) als Ausdruck erotischer Energien. Sowohl bei Platon, als auch innerhalb der Genesis wird nun der menschliche Versuch, dem Willen der Götter zu entkommen als Verfallsgeschichte beschrieben. Das menschliche Selbst muss sich nun um Lösungen des entstandenen Konfliktes bemühen, indem es die empfundene Ohnmacht gegen Gott bzw. die Götter in eine gestaltungsfähige Beziehung transformiert. Die Bibel kann als eine Textsammlung solcher Beziehungsversuche gelesen werden. Innerhalb des griechischen Seelenverständnisses manifestiert sich eine solche Transzendenzbeziehung als Stolz (Thymos). Im Modus des Thymos empfindet der Mensch dadurch einen Reichtum, dass er durch die „Tatsache seiner Zugehörigkeit zum Kosmos, Mitbesitzer von allem ist; wenn auch im Modus der Anschauung.“ (ebd., 12.30-12.38) Der Kosmos, im wörtlichen Sinne verstanden als Schmuck bzw. Juwel, wird zum ästhetischen Selbstzweck der Anschauung. Jene Emotionen, die „mit dem Eigenwert einer Persönlichkeit zu tun haben“ (ebd., 8.57-9.00) nenne ich mit Sloterdijk thymotisch. Diese Emotionen sind „Selbstbehauptungsenergien“ (ebd., 9.03), die aus der Abstrahlung des kosmischen Selbstwertes auf seine Teilhaber entstehen. Ich bezeichne diese Stolzvariante als Selbstgenügsamkeit, die die Scham, die sich aus dem Empfinden der Ungenügsamkeit ergibt, bewältigt. Ein antagonistischer Kampf beider Energien muss aber unterstellt werden, da die versöhnliche Anerkennung seiner Kontingenz, vom Subjekt im Lebensverlauf immer wieder geleistet werden muss, denn sein thymotisches Selbstwertgefühl ist auf ontischer Ebene irreversibel gestört. Im jüdisch-christlichen Kontext entsteht die Vorstellung vom gottgefälligen Leben als Leistung, die jene Anerkennung sichert. Die Anerkennung ist hier noch stark an ein sich selbst auf Gott hin transzendierendes Subjekt gebunden. Die transzendierende Identität, die sich dadurch konstituiert, dass sie mittels interaktiver Kommunikation eine Sinnrichtung entwirft, die ihren Orientierungspunkt nicht immanent (in sich selbst), sondern transzendent (entäußert) setzt, verbindet das menschliche Dasein mit dessen kontingenter Abstammung. Der griechische Verarbeitungsentwurf des Thymos hat dabei gegenüber der monotheistischen Tradition den Nachteil, dass das thymotische Selbstwertgefühl der Menschen als Selbstbehauptung stark immanent gefärbt ist und durch gegenseitige Herabsetzungen destabilisiert werden kann. Durch eine Verletzung des thymotischen Selbstverständnisses entsteht dann Zorn (vgl. ebd., 14.48 – 15.35)[6]. Die Anerkennung der Kontingenz wird im Zuge des Säkularismus zunehmend in interhumanen Anerkennungsverhältnissen gesucht, die prinzipiell instabil sind. Wir werden zeigen, dass sich die Thymosvorstellung in säkularisierter Form in das moderne Immanenzdenken gerettet hat und dort ihre destruktiven Zornerweckungskräfte durch Beschämungsstrategien mobilisiert, um derart eine scheinbar klassenlos gewordene Gesellschaftsordnung hierarchisch zu distinguieren. Der Kampf um den Stolz wird sich in modernisierter Form als Kampf um den Status (vgl. Kapitel 4.1) ausdrücken. Das Scheitern dieser Transformation führt zum bedrohlichem Einsturz der transzendenten Verankerung menschlichen Daseins und löst existentielle Furcht aus, die nur dadurch bewältigt werden kann, dass man die brüchig gewordenen Verhältnisse meidet und durch einen scheinbar stabilen Selbstbezug ersetzt. Dieser wird sich in der medialen Verdopplung des narzisstisch gewordenen Selbst manifestieren. In präsäkularer aber postmetaphysischer Gestalt (vgl. Habermas 2001, 17) taucht die Frage nach der Anerkennung der Kontingenz zunächst als Frage nach dem Selbstseinkönnen des Menschen bei Kierkegaard auf.
1.2 Die transzendierende Identität und die moderne Frage nach dem Selbstseinkönnen bei Kierkegaard
Kierkegaard fragt nach der Möglichkeit des Gelingens des eigenen Lebens. Er rekurriert auf die Zufälligkeit der menschlichen Kontingenz, versucht aber die Differenz zwischen Subjekt und Schöpfer auszugleichen: „Alles, was durch seine Freiheit gesetzt ist, gehört ihm [dem Subjekt] wesentlich zu, wie zufällig es auch scheine […].“ (Kierkegaard 1960, 830) Eine gelingende Identität ist bei Kierkegaard nur religiös denkbar, denn „[indem] es sich zu sich selbst verhält und indem es es selbst sein will, gründet das Selbst durchsichtig in der Macht, die es setzte.“ (Kierkegaard 1984, 14) Im Einüben „jener Handlungsweisen, in denen er sich ohne Scham wiedererkennen kann“ (Habermas 2001, 20), konstituiert sich die Person vor Gott als die, als welche sie von diesem anerkannt werden möchte: „Kierkegaard ist davon überzeugt, dass die ethische, aus eigener Kraft hervorgebrachte Existenzform nur im Verhältnis des Gläubigen zu Gott stabilisiert werden kann.“ (ebd.) Die Krankheit zum Tode, die darin besteht „verzweifelt nicht man selbst sein [zu] wollen, oder noch niedriger: verzweifelt nicht ein Selbst sein [zu] wollen, oder am allerniedrigsten: ein anderer sein [zu] wollen als man selbst“ (Kierkegaard 1984, 51), entpuppt sich als nichts anderes als jene Scham, die ich als ontische Scham beschrieben habe. Sie ist bei Kierkegaard Ausdruck des ästhetischen bzw. ethischen Selbstverständnisses, das sich erst noch ins religiöse Daseinsstadium heben muss. Der Wendepunkt der Krankheit zum Tode zum Aufraffen ins religiöse Selbst wird von der Einsicht markiert, dass Gott als absolut Anderes nicht denkbar ist, und daher als Differenz im Selbst wirksam wird. Der Transzendenzakt findet selbst auf immanente, existentielle Weise statt. Sein Inhalt aber kann nicht reduzibel auf ein denkendes Subjekt sein ohne selbst immanent zu werden (vgl. Husserl 1950, 32)[7]. Echte Transzendenz ist auf eine Begegnung angewiesen, die gegenintentional funktioniert, also als Gabe entgegenkommt, als empfangene Gabe aber nicht auf den Geber hin transzendierbar ist.[8] Solange Sinnsetzungen im Modus des intentionalen Transzendierens erfolgen, bleiben sie fiktionale Entwürfe (vgl. Weier 1991, 65). Transzendenz meint bei Kierkegaard (im Gegensatz zu Husserl und Jaspers) das Vertrauen auf das Vor handensein einer auf die menschliche Existenz irreduziblen Wirklichkeit, die als transzendentale Macht das Vertrauen in sie ermöglichte (vgl. ebd., Kapitel II, §1-2.) Die Differenz zu Gott manifestiert sich als Verantwortung des Selbst gegen seinen Urheber im Vertrauen auf ihn:
„Wer schließlich erkennt, dass die Quelle der Verzweiflung nicht in den Umständen, sondern in den eigenen Fluchtbewegungen liegt, wird den trotzigen, aber ebenso erfolglosen Versuch unternehmen, »man selbst sein zu wollen«. Das verzweifelte Scheitern dieses letzten Kraftaktes […] bewegt den endlichen Geist zur Transzendierung seiner selbst und zur Anerkennung der Abhängigkeit von einem Anderen, worin die eigene Freiheit gründet. Diese Umkehr soll den Wendepunkt des Exerzitiums, die Überwindung des säkularisierten Selbstverständnisses der modernen Vernunft markieren.“ (Habermas 2001, 23)
Die folgende Arbeit soll nun zeigen, wie es um diesen Wendepunkt gegenwärtig bestellt ist und behauptet, dass die Anerkennung der Kontingenz innerhalb der Moderne nicht erfolgreich vollzogen wurde, da der Adressat der transzendenten Beziehung entfiel. Stattdessen hat sich eine Ablehnung der Abhängigkeit vom Schöpfer etabliert. Das führt zur Aneignung dauernder Scham, die dann entsteht, wenn die Geschöpflichkeit des Menschen nicht mehr als Grund seiner Würde, sondern als Hemmung seiner Machenschaftskraft verstanden wird. Genau dies wird die Säkularisierungsbewegung der Moderne versuchen und stattdessen ein im Medium der Virtualität verdoppeltes Selbst einführen, auf das hin sich die Transzendenzbewegung der notwendig identitätsstiftenden Selbstbetrachtung vollzieht. Dadurch soll die Illusion von der Erreichbarkeit der „causa sui“, der gottgleichen Selbstverursachung, genährt werden.
2. Von der Transzendenz des Selbstseinkönnens zur Immanenz des Selbstseinmüssens
Der Kontingenzschock des säkularen Menschen löst ein Schamgefühl aus, dessen Bewältigungsformen er mit der Bindungskraft religiöser Überzeugungen abgegeben hat. Die säkular entwickelten Bewältigungsenergien müssen ihrerseits mit dem Problem leben, dass sie ihre Plausibilität dann verlieren, wenn ihr geschichtliches Gewordenseins - und damit ihre eigenen Kontingenz – durchschaut wird. Die Scham kann im säkularen Raum nicht in der Beziehung zu einem Schöpfer aufgehoben werden, gerinnt also zur anthropologischen Bürde seiner Bewohner. Der Verlust der Identität, die auf einem stabilen Anerkennungsverhältnis zum Schöpfer bzw. Setzer oder Gott beruhte, schuf die Notwendigkeit einer neuen Identitätsform, die die Symptome der Krankheit zum Tode vom Bewusstsein der Patienten fern halten kann. Damit beginnt die Ideengeschichte der virtuellen Identität.[9]
2.1 Säkularismus
Der Zustand, „den das Subjekt am stärksten begehrt: Sich selbst begründen zu können, »causa sui» des eigenen Seins zu werden“ (Neckel 1991, 27), muss unerreicht bleiben. Die menschliche Freiheit gelangt nicht zur Vollendung, weil sie an die „Differenz von Existenz und Möglichkeit“ (ebd.) verhaftet bleibt. Der konkrete Mensch, der sich als existent vorfindet, bemerkt zugleich die unendlichen Möglichkeiten, mittels derer er auf seinen Fund handelnd reagieren kann. Er bemerkt die Differenz von faktischem und möglichem Dasein im Augenblick seiner Selbstwahrnehmung. Er sieht sich demnach zur Freiheit gezwungen (vgl. Sartre 1980, 560). Freiheit meint dabei das Treffen einer Wahl aus einem Optionsangebot. Die entsprechende Wahl konkretisiert ihre Möglichkeit zur Wirklichkeit. Damit werden alle anderen Optionen ins Nichts verworfen. Die Unterscheidung von Existenz und Potenz bemerkt die Tatsache, dass alles auch anders sein könnte und beginnt sich zu fragen, warum es nicht anders ist. Im Raum zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit entsteht der Gedanke der Idealität. Der Psychologe Erik Erikson bestätigt die sich an dieser Frage entzündende Problematik der Selbstkontingenz: „Die Scham beutet ein zunehmendes Gefühl des Kleinseins aus, das sich paradoxerweise gerade dann entwickelt, wenn das Kind stehen lernt und nun des Verhältnisses seiner eigenen Größe und Kraft zu der seiner Umgebung gewahr wird.“ (Erikson 1973, 79f.) Scham ist der Glaube an einen Abfall der Realität gegenüber der möglichen Idealität. Deshalb taucht sie im Kinde erstmals beobachtbar auf, wenn es seine eigene von seinem Willen unabhängige Leibeskonstitution in ein Verhältnis zur Kontingenz (als phänomenologische Leib-Zufälligkeit) bringen kann. Die Beispielsätze „Warum bin ich nicht größer?“ oder „Warum habe ich rote Haare?“ bringen zum Ausdruck, dass die Realität dessen, was das Kind an sich selbst wahrnimmt in Konkurrenz tritt zum Ideal dessen, was es als möglich empfindet. Das Möglichkeitsempfinden orientiert sich dabei an den Eindrücken der Umgebung, von der das Kind lernt, welche Alternativen es zu seinem eigenen Selbstsein geben könnte, sowie Adam und Eva bemerkten, dass sie auch Gott sein könnten. In der unerfüllbaren Potentialität des menschlichen Daseins drückt sich sein paradoxer Freiheitsbegriff aus:
„Ich bin dazu verurteilt, für immer jenseits meines Wesens zu existieren, jenseits der Antriebe und Anlässe meines Tuns: ich bin dazu verurteilt, frei zu sein. Das bedeutet, […], dass wir nicht die Freiheit haben, aufzuhören, frei zu sein.“ (Sartre 1980, 560)
Säkularismus bezeichnet nun nichts anderes als den Glauben an den Selbstzweck des menschlichen Daseins in seiner spezifischen Konkretion, in der faktischen Umsetzung einer, nämlich seiner Potenz. Der Glaube an den Sinn der Dinge, der ihnen stets schon innewohnt und nicht in einer in die Transzendenz weisenden Beziehung gestiftet werden muss, heißt Säkularismus. Diese Denkform verdrängt die Möglichkeit zugunsten der Wirklichkeit. Sinn dieser Säkularidee ist die Auflösung der Kluft zwischen Realität und Idealität, auf die das Schamgefühl angewiesen ist. Die Freiheit entledigt sich ihres Zwanges dadurch, dass sie nicht mehr als desorientierte und unsichere (kontingente) Wahl vollzogen werden muss, sondern sich lediglich als Selbst vollzug manifestiert, wobei das (a priori vorgefundene) Selbst zur kausalen Determination der Vollzugshandlung wird. Damit erlischt die Frage nach der Herkunft des Selbst zugunsten seiner Fest-Stellung auf sein konkretes Gewordensein. Mit Sennetts Worten formuliert ist Säkularität, „vor unserem Tode, das feste Wissen, warum die Dinge sind, wie sie sind.“ (Sennett 2004, 38) Die Gestaltung der Freiheit weicht der unhinterfragten Nutzung des Materials, das dem Selbst als Leib gegeben ist. Auf diese Weise konnte ein säkularer Begriff von Natürlichkeit entstehen. Dabei degeneriert die natürliche Ordnung der Dinge zu deren angeblichen selbstimmanenten Sinnbehauptung. Dabei orientiert sich unser existentieller Vollzug im Rückgriff auf ein Material, das zugleich als Sinnbestand auftritt. Mit dem Verlust einer transzendenten Sinn ableitung wird die Sinn stiftung zum Akt einer hermeneutischen Willkür. Leicht führt das zur Normativität des vordergründig Faktischen und die Scham entsteht überall dort, wo sich sichtbare Mängel am Subjekt offenbaren, weil die Sichtbarkeit zum Maß der Wahrnehmung von Sinn (und damit zur: Sinnes wahrnehmung) werden muss.
2.2 Von der ontischen Scham zur moralischen Scham
Eine transzendente Sinnkonzeption war möglich, solange die Ordnung der Gesellschaft als Spiegelbild einer göttlichen Ordnung verstanden wurde. Bis in die Ständegesellschaft des 17. Jahrhunderts hinein war dies in weiten Teilen des Bevölkerungsbewusstseins der Fall. Mit dem Einsetzen der Moderne wird diese Ordnung brüchig. In der Folge muss das Selbstseinkönnen „im Inneren und aus dem Inneren erzeugt werden.“ (Taylor 1993, 21) Dabei wurde das Erleben des Selbst nicht mehr in eine Ordnung transzendiert, sondern entwickelte sich zum Selbstzweck: „Das Immanente, der Augenblick, das Faktum bildeten an sich und aus sich eine Realität.“ (Sennett 2004, 38) Die fehlenden Transzendierungsprozesse führen zu einem säkularen Weltverständnis, innerhalb dessen „alles wichtig [ist], weil es wichtig sein könnte.“ (ebd.) Jedes sichtbare Objekt ist der willkürlichen Interpretation freigeben und wird daraufhin untersucht, inwieweit und wodurch es selbst seinen Sinn zu stiften vermag. Jedes sichtbare Zeichen wird zur unmittelbaren säkularen Wahrheit. Die sichtbaren Phänomene der subjektiven Identität müssen so gestaltet werden, dass sie eine Wahrheit vermitteln, die Anerkennung erwarten lässt. So entsteht die Idee des authentischen Auftretens als Folge der säkularen Identitätsvorstellung. Die Darstellung des Erscheinungsbildes wird als Ausdruck der ganzen Person bedeutsam. Es entsteht ein neues Verhältnis von Haben und Sein (vgl. Kapitel 2.3.1). Dabei wird das Haben zum überragenden Symptom des Seins.
Auch die Scham wird nicht mehr als Hinweis auf die kontingente Herkunft des Menschen begriffen, sondern vielmehr als unmittelbares Wertegefühl etabliert. Die Scham gilt nun als psychisches Instrument der individuellen Selbstsanktionierung. Dort wo Scham auftritt, muss eine Regelverletzung vorgelegen haben. Dies bereitet den Boden für ihren Einsatz als Fremdbeschämung (siehe Kapitel 4). Indem Scham einen Mangel ihres Trägers anzeigt, wird ihr Auftreten per se normativ. Wer sich schämt, schämt sich zu Recht. Insofern kann die Erzeugung von Scham bei einem Anderen, dessen Selbstverachtung auslösen bzw. dessen Scham seiner Scham. Es entwickelt sich der Wunsch das eigene Schämen deshalb zu verbergen, weil es als Indikator für das eigene moralische Versagen auftritt.
2.3 Der Säkularismus begünstigt das Schamempfinden
Das auf die Sinnimmanenz zurückgeworfene Subjekt muss seine währende Kontingenz hinnehmen, ohne sie verarbeiten zu können. So verstanden ist Scham „ eine Störung der Selbst-Identifizierung; eine „ Verstörtheit“.“ (Anders 1980, 66) Wir hatten bemerkt, dass durch die Wende von der Transzendenz zur Immanenz das Bedürfnis nicht mehr besteht, eine transzendente Beziehung zur Verarbeitung der Scham aufzubauen. Stattdessen wandelt sich der Charakter der Scham von der Ontik hin zur Moral. Die Verwindung der Scham gilt nicht mehr länger als Projekt der Identitätsstiftung. Sie tritt vielmehr nur dann auf, wenn eine Schuld vorliegt. Das hat weitreichende Konsequenzen für unsere Überlegungen. Wir wissen aus unserer Analyse der ontischen Scham, dass sich der Schambesetzte für etwas schämt, das er hat aber zu dessen Dasein er in bewusster Weise nichts beigetragen hat. Die Schuld entkoppelt sich vom Willen des Schuldigen und wird daher moralisch sinnlos aber dennoch als moralisches Phänomen zugeschrieben. Insofern kann die moderne Beschämung als irrationales Mittel der strategischen Herabwürdigung eines Subjektes wirken.
[...]
[1] Der Begriff ist dem philosophischen Hauptwerk Günther Anders´(„ Die Antiquiertheit des Menschen “, Band I, 1980) entnommen.
[2] Die Kapitelüberschriften deuten den stufenweise vollzogenen Prozesscharakter der Wirkungsgeschichte der Scham zur Gegenwart hin an. Die Formatierung der Zitate ist stets dem Original entnommen. Detaillierte bibliographische Angaben finden sich im Literaturverzeichnis. Im Fließtext werden die Quellenangaben mit Autor/Jahr/Seite abgekürzt.
[3] Die Seitenangabe des Zitates bezieht sich auf Darwin 1872.
[4] Dies wird deshalb betont, weil vor allem in der Soziologie immer wieder die These vertreten wird, dass die Scham lediglich eine Form internalisierter Schuld infolge von Normverstößen darstellt. Dagegen spricht aber, dass alle bekannten Kulturen Schamkulturen sind, während davon nicht alle das Phänomen der Schuld kennen. Norbert Elias (1977) hat die These vertreten, dass die Scham als Folge des Zivilisationsprozesses zu verstehen ist. Das Bewusstsein von Normverstößen sei in primitiven Gesellschaften durch äußere Sanktionierung gestiftet worden und sei im Zuge der Zivilisierung nach innen (in das Subjektbewusstsein) gewandert, um dort zur Scham verwandelt, aufzutreten. Schon Hans Peter Duerr (1992) hat versucht, diese These zu widerlegen. Er zeigt, dass Scham ein schon in den ältesten der bekannten Kulturen gekanntes Phänomen war.
[5] Die Bibelzitate beziehen sich auf die einheitliche Lutherübersetzung.
[6] „Zorn wird geweckt, immer dann, wenn die Erwartungen enttäuscht sind, die von diesem höheren Selbstgefühl [die Rede ist vom Stolz im thymotischen Sinn] gestellt werden an die Mitwelt, ja, wenn ein Wesen, das sich selber als reich und wertvoll empfindet, das also einen Stolz besitzt, […] wenn solche thymotischen Erwartungen an Anerkennung und an Genugtuung nicht erfüllt werden, wenn ständige Zurücksetzungen erfolgen, wenn solche Wertgefühle verletzt werden, [enttäuscht werden], dann entsteht in der ersten, unmittelbarsten Reaktion Zorn.“ (Sloterdijk 2011, 14.48 – 15.35).
[7] „Transzendenz ist ein immanenter, innerhalb des ego sich konstituierender Seinscharakter.“ (Husserl 1950, 32).
[8] Die neuere Phänomenologie um Jean-Luc Marion wird diese Gegen-Intentionalität zu denken versuchen.
[9] Der Begriff wird in engem Bezug zur Thematik analysiert, nicht im Kontext seiner komplexen Geschichte.