Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Was ist pädagogisches Handeln?
1.1 Die Ziele pädagogischen Handelns
2 Der Erziehungsbegriff der Gegenwart: Brezinka und Kron
2.1 Der Erziehungsbegriff nach Brezinka
2.2 Der Erziehungsbegriff nach Kron mit Kritik an Brezinka
3 Das Problem des päd. Handelns anhand Brezinkas Erziehungsbegriff
4 Schlussbetrachtungen
Quellenverzeichnis
Einleitung
Abgesehen von den verschiedenen Lehrplänen und Schulordnungen, welche die Bil - dungsziele des Kultusministeriums konkretisieren, gibt es für einen Pädagogen keine ein- deutigen und klaren Arbeitsanweisungen oder Verhaltensregeln. Ihre Hauptaufgaben be - stehen im pädagogischen Handeln, wobei die Arbeit immer aus den Handlungen anderer Personen resultiert und somit ihre Tätigkeiten weder als gut, noch als schlecht bezeichnet werden können. Die Pädagogen haben dabei verschiedene Auffassungen von professio- nellen pädagogischem Handeln und vertreten somit andere Meinungen, Werte und Normen. Dies liegt wohl nicht zuletzt daran, dass sich die Welt immer schneller wandelt und sich die Menschen somit auch immer schneller anpassen müssen. Wenn man an päd - agogisches Handeln denkt, verknüpft man diesen Gedanken oftmals mit Theorien der Er- ziehung. Zahlreiche Philosophen haben sich mit dem Erziehungsbegriff beschäftigt und auseinandergesetzt.
Doch stellt sich nun die Frage: Was ist pädagogisches Handeln und wie wird „richtig“ päd - agogisch gehandelt? Mit dieser Fragestellung befasst sich die nachfolgende Hausarbeit und geht dabei auf die Ziele des pädagogischem Handelns ein. Grundlage bildet hierfür der Erziehungsbegriff von Wolfgang Brezinka, ein deutsch-österreichischer Erziehungswis- senschaftler, welcher in seiner „Metatheorie der Erziehung“ drei Klassen von Theorien un- terscheidet: die Erziehungswissenschaft, die Philosophie der Erziehung und die Praktische Pädagogik.1 Nach der Definition von Brezinkas Erziehungsbegriff wird die Kritik von Kron an Brezinka dargestellt. Zum Ende soll ein aktueller Bezug hergestellt werden, welcher auf Brezinkas Erziehungsbegriffs und das pädagogische Handeln von Prange und Strobel-Ei- sele zurückgeführt werden soll.
1 Was ist pädagogisches Handeln?
Zum Anfang soll geklärt werden, was unter pädagogischem Handeln zu verstehen ist. Nach dem Pädagogen H. Giesecke bezeichnet Handeln ein „[...] bewußtes und willentli- ches menschliches Tun, das auf die Gestaltung der Wirklichkeit gerichtet ist; der Han- delnde verfolgt dabei bestimmte Ziele und hat dafür bestimmte Motive.“2 H. Giesecke un- terscheidet weiterhin mehrere Handlungsformen: das technische Handeln, welches sich auf die Veränderung natürlicher Gegebenheiten bezieht; das soziale Handeln, welches aufgrund der Veränderungen von Menschen und menschlichen Verhältnissen zu Stande kommt und dem wechselseitigen Handeln, welches sich an den Handlungen anderer ori- entiert. Für diese Hausarbeit im Seminar „Theorien und Probleme pädagogischen Han- delns“ bildet das Handlungsform des sozialen Handelns, welche von Giesecke auch als Form des pädagogischen Handelns bezeichnet wird, die Grundlage.3 Die Erziehungswis- senschaftler Prange und Strobe-Eisele verdeutlichen die Notwendigkeit dieser sozialen/pädagogischen Handlungsform in dem Sie darauf hinweisen, dass diese alle er - zieherischen Tätigkeiten beschreibt.4
Soziales Handeln ist immer ein „[...] wechselseitiges Handeln, das heißt am Handeln an - derer orientiert.“5 Aus der eben beschriebenen Wechselseitigkeit ergibt sich pädagogi- sches Verhalten also auch dann, wenn Eltern ihren Kindern zeigen, wie man eine Schleife mit den Schnürsenkeln bindet, die Zähne gründlich putzt oder Messer, Gabel und Löffel richtig benutzt.6 Es wird deutlich, dass es eine „[...] unabsehbare Zahl von Handlungen, Verhaltensweisen und Arrangements […]“ gibt, die als pädagogische Handlung bezeichnet werden können.7
Die Freiheit stellt für H. Giesecke dabei eine notwendige Bedingung für pädagogisches Handeln dar. So sollte man bei der Durchsetzung der persönlichen Handlungsziele be- denken, dass die Handlungsempfänger keine tote Materie sind und ebenfalls die Freiheit besitzen, zu handeln. Diese Möglichkeit bezeichnet Giesecke als Spielraum, welcher sich aus dem „Gegen-Handeln“ ergibt. Es wird deutlich, das es kein „richtiges“ pädagogisches Handeln gibt, da dieses den sozialen Charakter des pädagogischen Handelns ignoriert. H. Giesecke weist aus diesem Grund darauf hin, dass Pädagogen lediglich die Möglichkeit besitzen, sich angemessen zu verhalten.8
Nach H. Giesecke ist pädagogisches Handeln alles das, „[…] was - nach Meinung der El - tern - „gut ist für das Kind“.9 Dabei ist zu erwähnen, dass sich die Menschen innerhalb einer Familie mit einer anderen Menschlichkeit begegnen und aus diesem Grund andere Regeln gelten, als es in einer pädagogischen Beziehung der Fall ist. Die „Allbesorgung“ der Eltern gegenüber ihren Kindern hat einen großen Einfluss auf das Lernverhalten des Kindes. Denn mit allen „[...] Maßnahmen, Verhaltensweisen und Einrichtungen, durch die wir versuchen das Lernen der Kinder […] zu fördern, zu begrenzen, zu stützten und zu be- gleiten“10, handelt man pädagogisch. Zusammenfassend lässt sich sagen: „Wir erziehen und handeln pädagogisch, wenn wir uns ausdrücklich oder mittelbar auf das Lernen von anderen beziehen, auch dann, wenn diese Beziehung in andere Aktivitäten und Absichten eingebettet ist.“11 Dies geschieht zum Beispiel dann, wenn ein Kind aufgrund von Krank- heit Bettruhe verordnet bekommt. Neben der Genesung wird das Kind lernen, dass es ein Mindestmaß an Geduld besitzen muss, um das Unwohlsein und eventuelle Schmerzen zu ertragen. Durch die Anweisung: „Du bleibst im Bett“ handeln die Eltern nicht nur therapeu - tisch, sondern auch pädagogisch. Somit wird Handeln dann pädagogisch, wenn es sich auf das Lernen bezieht.12
1.1 Die Ziele pädagogischen Handelns
Handeln wird erst dann pädagogisch, wenn das Ziel "Lernen" heißt. Doch muss man be- achten, dass Handeln und Lernen nicht immer miteinander übereinstimmen, da sie nicht immer problemlos einhergehen, obwohl sie von der gleichen Situation ausgehen. Dies wird als pädagogische Differenz beschrieben.13 Ebenfalls ist es wichtig, die pädagogischen Handlungsziele von Früher und Heute zu unterschieden. Früher hatte man zum Ziel, die Kinder und Minderjährigen auf das Leben und die Gesellschaft vorzubereiten und negative Einflüsse von ihnen fern zu halten. Die gegenwärtigen Ziele sind hingegen, aufgrund des rapiden sozio-kulturellen Wandels, weitaus tiefgründiger. Eine klare Abgrenzung zwischen Kindern, die auf das Leben in der Gesellschaft vorbereitet werden müssen und Erwach - senen ist nicht mehr möglich. Es ist selbstverständlich geworden, dass sich Erwachsene bis ins hohe Alter bilden und weiterbilden müssen (und es oftmals sogar wollen).14 Diesen Prozess bezeichnet man als „lebenslangen Lernens“. Das Lernen wird dabei im Sinne von lebensbegleitenden Lernen verstanden und tritt somit an die Stelle von den früheren Bil - dungszeiten, die auf bestimmte Lernzeiten wie Schulabschluss, Gesellenbrief oder Hochschulzeugnis beschränkt waren.15
Folgt aus dem Lernen das Ziel pädagogischen Handelns, so muss der Mensch nach Gie - secke partikular gesehen werden, das heißt, dass nur der Mensch als lernendes Wesen zählt und andere Aspekte des Menschseins außer Acht gelassen werden.16 Demnach muss der Lernende „[…] nicht als Objekt pädagogischer Bemühungen-gar noch mit normativen Ansprüchen-sondern als Subjekt seines Lebens, seiner Bildung und seiner Persönlichkeitsentfaltung“ gesehen werden. Das Ziel des Lernens „[…] soll demnach die Gelegenheit erhalten, möglichst viele seiner Fähigkeiten in Lernprozessen zu entfalten […]“ und es soll eine volle Entfaltung des Menschseins ermöglichen.17
2 Der Erziehungsbegriff der Gegenwart: Brezinka und Kron
Der Erziehungsbegriff der Gegenwart soll folgend, anhand von zwei unterschiedliche Auffassungen, erörtert werden. Die erste Definition des Erziehungsbegriffs stammt von Wolfang Brezinka, welcher Erziehung als Beeinflussung psychischer Dispositionen sieht. Die zweite Definition stammt von Friedrich W. Kron, welcher Erziehung als symbolische In - teraktion versteht. Die beiden Pädagogen vertreten zwei verschiedene wissenschaftstheoretische Ansätze, welche im folgenden näher beleuchtet werden sollen: die Empirische Erziehungswissenschaft und die kritische Erziehungswissenschaft.18
2.1 Der Erziehungsbegriff nach Brezinka
Brezinka unterscheidet in seiner Erziehungstheorie in fünf Bestimmungen, mit denen er das erzieherische Handeln von anderen Handlungsformen abgrenzt.
[...]
1 Vgl. BBF Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung, 2013
2 Giesecke, 2003, S. 21
3 Vgl. Giesecke, 2003, S.21
4 Vgl. Prange & Strobe-Eisele, 2006, S.12
5 Giesecke, 2003, S.21
6 Vgl. Prange & Strobe-Eisele, 2006, S.12
7 Prange & Strobe-Eisele, 2006, S.12
8 Vgl Giesecke, 2003, S.22
9 Giesecke, 2003, S.23
10 Prange & Strobel-Eisele, 2006, S.13
11 Prange & Strobel-Eisele, 2006, S.13
12 Vgl. Prange & Strobel, 2006, S.13
13 Vgl. Prange & Strobel-Eisele 2006, S.14
14 Vgl. Giesecke, 2003, S. 22
15 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung
16 Vgl. Giesecke, 2003, 31
17 Giesecke, 2003, S.30
18 Vgl. Koller, 2004, S.48