In meiner Hausarbeit widme ich mich dem zweiten Teil des Nibelungenliedes, anhand dessen ich dezidiert die Racheausübung Kriemhilds in Bezug auf ihre Akkumulation von männlicher Handlungsmacht analysieren möchte. Hierbei gilt es zunächst die essentiellen Voraussetzungen darzulegen, die eine konkrete Rachehandlung realisierbar machen.
In Anbetracht der Tatsache, dass die Figur Kriemhilds als Frau im Mittelalter lediglich durch Männer handeln kann, muss sie sich deren Unterstützung bemächtigen. Unter dieser Bedingung möchte ich insbesondere die Figur des Hunnenkönigs Etzel akzentuieren, da dieser nicht nur die notwendigen Gegebenheiten für eine Rache schafft, sondern gleichwohl selbst zum Objekt des Missbrauchs wird und sich wie eine Marionette in den Fesseln seiner rachsüchtigen Gattin verfängt. Meine Arbeit soll also keine zeitliche Chronologie der 'Werkzeuge' abbilden, derer sich Kriemhild bedient, sondern zunächst gezielt zwei männliche Hilfsmittel vorstellen.
Die zweite Figur, die ich neben Etzel in meinem Beitrag vordergrundieren möchte, bildet der Markgraf Rüdeger, da sich dieser enorm gegen eine Unterstützung seiner Herrin sträubt, durch die unmittelbare Erfahrung der erheblichen Verfügungsgewalt Kriemhilds, unter Beihilfe ihres Handlangers Etzel, sich allerdings gezwungen sieht, ihren Forderungen nachzugehen. Schließlich möchte ich eine weitere Strategie Kriemhilds zur Instrumentalisierung von Männern aufgreifen, die sich simultan an viele verschiedene Personen richtet: Die Mobilisierung durch miete. Dieses Mittel möchte ich vor allem hinsichtlich seiner Effizienz ergründen.
Die Zielsetzung meiner Arbeit besteht demzufolge einerseits in der Demaskierung der notwendigen Voraussetzungen für die Akkumulation von Manpower, aber auch konkret für die Racheausübung, andererseits in der Darstellung der Suggestion Rüdegers und der Diskussion um die Strategie der „Bestechung“. Mein Interesse an der Fragestellung wurde v.a. durch die gegenwärtig fehlende Thematisierung dieses Aspekts als eigenständiges Sujet geweckt. Zwar gibt es vielerlei Werke zu übergeordneten Fragestellungen, wie beispielsweise der Rache Kriemhilds im Allgemeinen, aber keinerlei Publikationen, die sich explizit und ausschließlich auf diesen Gegenstand beziehen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Grundlagen für Kriemhilds Racheausübung
- 2.1. Recht auf Fehde
- 2.2. (Un-)gezielter Racheaufschub
- 3. Voraussetzungen für Kriemhilds Racheausübung
- 3.1. Wiederherstellung und Festigung der Macht
- 3.1.1. Heirat mit Etzel
- 3.1.2. Freigebigkeit als „Werkzeug“
- 3.1.3. Einladung der Burgunder an Etzels Hof
- 3.2. Mobilisierung Etzels
- 3.2.1. Etzel als vorbildlicher Gastgeber
- 3.2.2. Etzel als Handlanger Kriemhilds
- 4. Strategien zur Akkumulation von männlicher Handlungsmacht
- 4.1. Mobilisierung Rüdegers
- 4.1.1. Feudalgesellschaftliche Regelungen des Mittelalters
- 4.1.2. Rüdegers innerer Zwiespalt
- 4.2. Mobilisierung durch miete
- 5. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit dem zweiten Teil des Nibelungenliedes und analysiert Kriemhilds Racheausübung im Kontext ihrer Akkumulation von männlicher Handlungsmacht. Die Arbeit beleuchtet die essentiellen Voraussetzungen, die eine Rachehandlung ermöglichen, sowie die spezifischen Strategien, die Kriemhild einsetzt, um männliche Unterstützung zu gewinnen.
- Die Rolle der Blutrache im mittelalterlichen Rechtswesen und ihre Bedeutung im Nibelungenlied.
- Kriemhilds Bemühungen, die Macht und Einflussnahme von Männern zu nutzen, um ihre Rache zu ermöglichen.
- Die Figur des Hunnenkönigs Etzel als Schlüsselfigur, der sowohl die Voraussetzungen für die Rache schafft als auch zum Objekt der Manipulation durch Kriemhild wird.
- Die strategische Mobilisierung von Rüdeger und die Schwierigkeiten, die Kriemhilds Handlungsmacht für ihn mit sich bringt.
- Die Effizienz der "Bestechung" als Strategie zur Mobilisierung männlicher Unterstützung durch Kriemhild.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Hausarbeit ein und stellt die Forschungsfrage sowie die Zielsetzung dar. Sie erläutert den Fokus auf Kriemhilds Rache und ihre Strategien zur Akkumulation von männlicher Handlungsmacht. Kapitel 2 untersucht die rechtlichen Grundlagen von Blutrache im mittelalterlichen Rechtswesen und analysiert den Aspekt des Racheaufschubs im Nibelungenlied.
Kapitel 3 befasst sich mit den Voraussetzungen für Kriemhilds Racheausübung, insbesondere mit ihrer Heirat mit Etzel und der Mobilisierung seiner Unterstützung. Es werden die Herausforderungen für eine Frau im Mittelalter beleuchtet, die sich auf die Hilfe von Männern angewiesen ist.
Kapitel 4 analysiert Kriemhilds Strategien zur Mobilisierung von männlicher Handlungsmacht, indem es die Figuren des Markgrafen Rüdeger und die Strategie der "Bestechung" fokussiert. Kapitel 5 fasst die zentralen Erkenntnisse und Argumente der Arbeit zusammen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen Rache, Blutrache, Fehde, Handlungsmacht, Gender, Mittelalter, Nibelungenlied, Kriemhild, Etzel, Rüdeger, Bestechung, Manipulation.
- Quote paper
- Selina Grund (Author), 2015, Kriemhilds Akkumulation männlicher Handlungsmacht im Nibelungenlied, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309163