Fjodor M. Dostojewski: Aufzeichnungen aus einem Totenhaus. Eine Analyse anhand der Theorie von Erving Goffman


Intermediate Diploma Thesis, 2004

16 Pages, Grade: 2,0


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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2. Basisinformationen
2.1 Erving Goffman
2.1.1 Biografie
2.1.2 Asyle - Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen
2.2 Fjodor Dostojewski
2.2.1 Biografie
2.2.2 Aufzeichnungen aus einem Totenhaus

3. Analyse der Aufzeichnungen aus einem Totenhaus im Hinblick auf Erving Goffman’s Theorie zur totalen Institution
3.1 Allgemeines zu den Merkmalen der totalen Institutionen des Romans
3.1.1 Das Gefängnis
3.1.2 Das Lazarett
3.2 Vorklinische-, Klinische- und Nachklinische Phase
3.2.1 Das Gefängnis
3.2.2 Das Lazarett
3.3 Die Welt der Insassen und des Personals
3.3.1 Das Gefängnis
3.3.2 Das Lazarett
3.4 Anstaltszeremonien
3.4.1 Das Gefängnis
3.4.2 Das Lazarett
3.5 Das Unterleben der totalen Institution
3.5.1 Das Gefängnis
3.5.2 Das Lazarett

4. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

In den folgenden Ausführungen wird anhand der von Erving Goffman aufgestellten Theorie über totale Institutionen[1] der Roman „Aufzeichnungen aus einem Totenhaus“[2] von Fjodor Dostojewski analysiert. Zunächst werden sowohl die Biografien von Goffman und Dostojewski als auch die der Ausarbeitung zugrundeliegenden Bücher kurz dargestellt.

Im Hauptteil erfolgt dann eine eingehende Analyse der einzelnen Aspekte von Goffman’s Theorie, die sich im Roman wiederfinden lassen.

Die Analyse ist in verschiedene Abschnitte zu den Aspekten vorklinische-, klinische- und nachklinische Phase, die Welt der Insassen und des Personals, die Anstaltszeremonien und das Unterleben der totalen Institution gegliedert. Jeder der genannten Aspekte wird dann getrennt für das Gefängnis und das Lazarett untersucht. Der Roman Dostojewskis beschreibt allerdings die Aspekte der totalen Institution für das Gefängnis sehr viel ausführlicher als für das Lazarett.

2. Basisinformationen

2.1 Erving Goffman

2.1.1 Biografie

Erving Goffman, 1922 in Kanada geboren, 1982 gestorben, lehrte zuletzt an der Universität von Kalifornien in Berkley Soziologie. Er war insbesondere für seine Analysen der zwischenmenschlichen Beziehungen bekannt. Der Arbeitsschwerpunkt Goffman’s lag stärker auf der Beobachtung denn auf rein formalwissenschaftlichen Methoden. Er sagte selbst: „Damals wie heute glaube ich, daß jede Gruppe von Menschen – Gefangene, Primitive, Piloten oder Patienten – ein eigenes Leben entwickelt, welches sinnvoll, vernünftig und normal erscheint, sobald man es aus der Nähe betrachtet, und daß die beste Möglichkeit eine dieser Welten kennenzulernen, darin besteht, daß man sich im Zusammenleben mit den Mitgliedern den täglichen Zufällen aussetzt, die ihr Leben bestimmen.“[3]

Erving Goffman war u.a. Präsident der American Sociological Association.

2.1.2 Asyle - Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen

Sein berühmtes Buch „Asylums. Essays on the Social Situation of Mental Patients and Other Inmates” erschien 1961 zum ersten Mal. Grundlage war eine Feldstudie im St. Elisabeths Hospital, in der er das soziale Milieu der Klinikinsassen untersuchte.

Die zentrale These Goffmans ist, daß der wichtigste Faktor, der einen Patienten prägt, nicht seine Krankheit ist, sondern die Institution der er ausgeliefert ist; seine Reaktionen und Anpassungsleistungen gleichen denen der Insassen anderer totaler Institutionen, mit deren Hilfe die Gesellschaft sich funktionsfähig erhält. Es handelt sich bei einer Institution um eine totale Institution, wenn diese sich als „Wohn- und Arbeitsstätte einer Vielzahl ähnlich gestellter Individuen“[4] definieren lässt, „die für längere Zeit von der übrigen Gesellschaft abgeschnitten sind und miteinander ein abgeschlossenes, formal reglementiertes Leben führen.“[5] Totale Institutionen sind also geschlossene Welten wie z. B. Gefängnisse, Kasernen, Internate, Klöster, Altenheime, Irrenhäuser. Goffman untersucht das Leben in diesen Institutionen, besonders in den Irrenhäusern und Sanatorien; er zeigt auf, was sie aus den Insassen machen und was diese daraus machen können.

Er unterscheidet 5 Typen von totalen Institutionen:

1. Anstalten, die zur Fürsorge für Menschen eingerichtet wurden, die als unselbständig und harmlos gelten
2. Anstalten, die zur Fürsorge für Personen dienen, von denen man annimmt, dass sie nicht fähig sind für sich selbst zu sorgen und eine – wenn auch unbeabsichtigte – Gefahr für die Gemeinschaft darstellen
3. Anstalten, die dem Schutz der Gemeinschaft vor Gefahren dienen, die für beabsichtigt gehalten werden und bei denen das Wohlergehen der abgesonderten Person nicht direkt Zweck der Anstalt ist
4. Anstalten, die angeblich zum Zweck der besseren Verrichtung arbeitsähnlicher Aufgaben dienen und nur durch diese instrumentellen Gründe gerechtfertigt sind
5. Anstalten, die als Zufluchtsorte vor der Welt dienen, auch wenn sie zugleich religiöse Ausbildungsstellen sind[6]

2.2 Fjodor M. Dostojewski

2.2.1 Biografie

Fjodor Michailowitsch Dostojewski (geboren 1821, gestorben 1881) entstammte verarmtem Adel, sein Vater war Arzt. Nach dem Tod seiner Mutter ließ sich Dostojewski mit seinem Bruder in St. Petersburg nieder, wo er von 1838 bis 1843 an der Militärakademie Bauingenieurswesen studierte. 1839 wurde sein Vater auf dem heimischen Landgut durch leibeigene Bauern ermordet.

Mit der Veröffentlichung seines Debüt-Romans „Arme Leute“ 1846 wurde Dostojewski schlagartig berühmt, die zeitgenössische Kritik feierte ihn als Genie. 1847 trat er einem Kreis von Revolutionären bei; als er in deren Reihen einen später als "kriminelles Schreiben" apostrophierten Text des Literaturkritikers Wissarion Grigorijewitsch Belinskij an Nikolai Gogol vortrug, denunzierte man ihn. Er wurde von einem Militärgericht in einem Schauprozess zum Tode verurteilt. Schon auf dem Schafott angelangt, die Augen verbunden, wurde Dostojewskij von Zar Nikolaus I begnadigt. Seine Strafe wurde in vier Jahre Katorga (Zuchthaus) und weitere vier Jahre Militärdienst als einfacher Soldat umgewandelt.

Dostojewski verarbeitet in seinem autobiographischen Roman „Aufzeichnungen aus einem Totenhaus“, dessen erster Teil 1860 erscheint, die daraus resultierende Gefangenschaft in einem sibirischen Gefängnis.

2.2.2 Aufzeichnungen aus einem Totenhaus

Der junge Adlige Alexander Petrówitsch Gorjántschikoff hat sich nach der Ermordung seiner Frau selbst den Behörden gestellt. Er wird wegen Mordes zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt und in Festungshaft nach Sibirien verschickt. Nach dem Ablauf seiner Strafzeit lebt er bis zu seinem Tod in einem kleinen sibirischen Städtchen. Vermutlich aus Angst vor der Zensur beginnt Dostojewski die Handlung damit, dass ein interessierter Städter die Aufzeichnungen Alexander Petrowitsch´s in dessen Nachlass findet und veröffentlicht.

Der Leser wird durch die Schilderungen des Verurteilten mit einer völlig neuen Welt konfrontiert. Im ersten Teil schildert er die schrecklichen Bedingungen, die brutalen primitiven Menschen, die schwere Arbeit, die deprimierende Hoffnungslosigkeit ebenso detailliert wie die kleinen Anekdoten und Situationen im Häftlingsalltag. Die Aufzeichnungen werden in ihrem Fluss immer wieder durch Beschreibungen einzelner Gefangener oder deren Geschichten unterbrochen. Der erste Teil endet mit den Kapiteln über das Weihnachtsfest und die Theateraufführung.

[...]


[1] Goffman, Erving 1972

[2] Dostojewski, Fjodor M., 1908/1992,

[3] Goffman, Erving 1972, S. 7

[4] Goffman, Erving 1972, S. 11

[5] ebd.

[6] vgl., ebd., S. 16

Excerpt out of 16 pages

Details

Title
Fjodor M. Dostojewski: Aufzeichnungen aus einem Totenhaus. Eine Analyse anhand der Theorie von Erving Goffman
College
University of Trier
Course
Proseminar
Grade
2,0
Author
Year
2004
Pages
16
Catalog Number
V30917
ISBN (eBook)
9783638320757
ISBN (Book)
9783656449058
File size
493 KB
Language
German
Keywords
Fjodor, Dostojewski, Aufzeichnungen, Totenhaus, Eine, Analyse, Theorie, Erving, Goffman, Proseminar
Quote paper
Dirk Neibecker (Author), 2004, Fjodor M. Dostojewski: Aufzeichnungen aus einem Totenhaus. Eine Analyse anhand der Theorie von Erving Goffman, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30917

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