Geschlechtliche Transidentitäten in der Jugendphase. Die Bedeutung sozialer Beziehungen und mögliche Implikationen für die Soziale Arbeit


Tesis de Máster, 2015

130 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Dimensionen der heteronormativen, zweigeschlechtlichen Gesellschaft und mögliche Alternativen
1.1 Historische Annährung an die heutige Kultur der Zweigeschlechtlichkeit
1.2 Der konstruktivistische Charakter der Zweigeschlechtlichkeit und Zwangsheterosexualität
1.2.1 Kultur der Zweigeschlechtlichkeit
1.2.2 Heteronormativität und sexuelle Repression
1.2.3 Männliche Herrschaft und hegemoniale Männlichkeit
1.3 Die Bedeutung von Sozialisation zur Reproduktion der zweigeschlechtlichen Gesellschaft
1.4 Geschlecht als Existenzweise - Ohne Angst verschieden sein
1.5 Queer-Theory und die plural-queere Sichtweise
1.6 Zur Kritik an anti-biologistischen Betrachtungsweisen von Geschlechtlichkeit

2. Transidentität in der Jugendphase
2.1 Medizinisch-psychologische Aspekte von Transidentität
2.1.1 Die Pathologisierung der Transidentität als Krankheit
2.1.2 Die medizinisch-psychologische Situation Minderjähriger
2.2 Rechtliche Grundlagen einer Transition in Deutschland
2.2.1 Das Transsexuellengesetz (TSG)
2.2.2 Die rechtliche Situation Minderjähriger

3. Die Lebenswelt transidenter junger Menschen und die Bedeutung sozialer Beziehungen - eine qualitative Fallstudie
3.1 Grundlagen der qualitativen, egozentrierten Netzwerkanalyse
3.2 Visualisierung in der egozentrierten Netzwerkforschung
3.3 Darstellung des Forschungsprozesses, Feldzugang und Ablauf
3.3.1 Überlegungen zum Leifrageninterview
3.3.2 Überlegungen zur Methodik der egozentrierten Netzwerkartenzeichnung
3.4 Ergebnisse und Interpretation der Fallstudie
3.4.1 Interview und Netzwerkkartenzeichnung Trans*mann Sebastian
3.4.2 Interview und Netzwerkkartenzeichnung Trans*frau Anna
3.4.3 Interview und Netzwerkkartenzeichnung Trans*mann Hans
3.4.4 Interview und Netzwerkkartenzeichnung Trans*mann Erik
3.4.5 Interviews mit Personen aus dem Umfeld

4. Implikationen für die Soziale Arbeit - Sanktionsfreie, geschlechtliche Vielfalt

Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abstract

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit geschlechtlichen Transidentitäten in der Jugendphase. Es wird dabei der Frage nachgegangen, welche Herausforderungen sich für Trans*jugendliche, junge Trans*erwachsene sowie ihr Umfeld aus der Konstruktion einer heteronormativen, zweigeschlechtlichen Gesellschaft ergeben.

Ziel ist es, darzustellen, wie die zweigeschlechtliche Gesellschaft historisch entstanden ist, um in der Folge auf ihre konstruktiven Dimensionen und mögliche Alternativen aus Sicht der Sozialen Arbeit eingehen zu können. Hierzu werden auch die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen für Trans*personen in Deutschland erläutert, dabei insbesondere auf die Situation von Minderjährigen eingegangen und der Prozess bzw. die Bestandteile einer Transition dargestellt.

Der empirische Teil der Arbeit ist eine Fallstudie, in der qualitativ der Frage nachgegangen wird, mit welchen Herausforderungen sich junge Trans* in ihrer Lebenswelt konfrontiert sehen und welche Rolle ihre sozialen Beziehungen bei deren Bewältigung spielen.

Die Fragestellungen werden auf der Grundlage der Auswertung aktueller Fachliteratur sowie gendertheoretischer Klassiker diskutiert, da wichtige Theoretiker_innen wie beispielsweise Judith Butler, Pierre Bourdieu oder Michel Foucault schon sehr früh maßgebliche Überlegungen zu Fragestellungen der Arbeit getätigt haben und diese breit rezitiert werden. Wesentliche Erkenntnisse für mögliche Implikationen für die Soziale Arbeit ergeben sich zudem aus der Interpretation der Fallstudie.

Im Ergebnis wird deutlich, dass es nur im Sinne einer fortschrittlichen Gesellschaft wäre, von einer "Kultur der Zweigeschlechtlichkeit" zu einer "Kultur der sanktionsfreien geschlechtlichen Vielfalt" zu gelangen. Eine frühe Aufklärung über geschlechtliche und sexuelle Vielfalt erschient notwendig, um für alle Kinder und Jugendlichen gleichberechtigte Entwicklungsbedingungen sicherstellen zu können. Soziale Arbeit sollte daher in Theorie und insbesondere auch Praxis ihren Teil dazu beitragen, sanktionsfreie, geschlechtliche Vielfalt als Normalfall in der Gesellschaft zu verankern.

"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft

und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne

irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion,

politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen,

Geburt oder sonstigem Stand."

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 1 und 2

Ich danke der Rosa-Luxemburg-Stiftung für meine Förderung durch ein Vollstipendium. Ohne die Bereitschaft meiner Interviewpartner_innen, wäre die Arbeit in dieser Form nie möglich gewesen. Ich habe starke Persönlichkeiten kennen gelernt, die ihren Weg gehen werden. Für ihre Bereitschaft zur Mitwirkung und die Möglichkeit, Einblicke in ihr Leben zu erhalten, kann ich ihnen nicht genug danken. Daneben danke ich allen Freund_innen und meiner Familie, speziell Eva und Maximiliane, für ihre Unterstützung und Bestärkung während der Entstehung dieser Arbeit.

Einleitung

Die rot-grüne Landesregierung in Baden-Württemberg plante mit Amtsantritt für das Jahr 2015 einen neuen Bildungsplan für alle dortigen, allgemeinbildenden Schulen einzuführen.[1] Eine Leitperspektive ist dabei die "Bildung von Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt", unter der auch alle Formen des Zusammenlebens von Menschen altersgerecht vermittelt werden sollen, also auch geschlechtliche Aspekte. Für Kritiker_innen[2] ist dieses Ziel bis heute die "pädagogische, moralische und ideologische Umerziehung" von Kindern und "eine Überbetonung einzelner Gruppen und ihrer Interessen", zusammengefasst die "Propagierung einer neuen Sexualmoral".[3] Der Initiator der Gegen-Petition zum Bildungsplan weist daneben darauf hin, dass in den Überlegungen der Landesregierung "komplett die ethische Reflexion der negativen Begleiterscheinungen eines LSBTTIQ-Lebensstils[4] " fehle, seine Petition wurde von 192.449 Personen mitgezeichnet.[5] Nach wie vor gelten in Baden-Württemberg heute die Bildungspläne von 2004, die "Bildungsplanreform 2016" wurde um ein Jahr verschoben und die Arbeitsfassung des Bildungsplans wird aktuell an insgesamt 21 Grundschulen erprobt.[6] Es erscheint zumindest nicht abwegig, dass ein Grund für diese bisherige Nicht-Umsetzung der massive Widerstand seitens der Kritiker_innen gewesen sein dürfte.

Ines Pohlkamp (2015) weist hingegen wiederum darauf hin, dass Facebook als soziales Netzwerk in seinem englischsprachigen Auftritt seine Nutzer_innen beispielsweise mittlerweile aus über 50 unterschiedlichen, geschlechtlichen Selbstbezeichnungen auswählen lässt (ebd.: 76). Beide Beispiele zeigen, dass sich die Gesellschaft mitten in der Auseinandersetzung um Anerkennung und Akzeptanz geschlechtlicher Vielfalt befindet. Pohlkamp weist zudem darauf hin, dass "mit Blick auf geschlechter- und sexualitätssensible Pädagogik und Bildung festzuhalten [ist], dass [...] Überlegungen, die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt und/oder Identitätskritik zum Thema machten, bis heute nur wenig berücksichtigt werden" (ebd.). Wenn der Versuch einer solchen Berücksichtigung - wie in Baden-Württemberg geschehen - aber zu einem derartigen Widerstand führt, könnte der einfachere Weg - zumindest aus den Augen verantwortlicher Politiker_innen, - weiterhin die Nichtbeachtung dieser Überlegungen bleiben. Dass dies jedoch nicht im Interesse von LSBTI*-Personen als "vulnerablen Gruppen" (Kugler et al. 2015: 207) sein dürfte und auch für die Soziale Arbeit als Profession keine Option darstellt, ergibt sich schon allein aus den ethischen Grundlagen, worauf auch Gudrun Perko (2014) hinweist (ebd.: 7). Im "Code of Ethics of Social Work" werden Sozialarbeiter_innen explizit aufgefordert, sich gegen Diskriminierungen aufgrund von "Rasse, ethnischer Herkunft, Nationalität, Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität"[7] einzusetzen. Auch die Prinzipien der "International Federation of Social Work" (IFSW) lassen unter der Überschrift "Sexual Orientation and Gender Expression"[8] daran keinen Zweifel: Sozialarbeiter_innen sollen sich in allen "kulturellen und nationalen Kontexten für eine soziale Eingliederung von Lesben, Homosexuellen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen (LGBTI) (eigene Übersetzung)" einsetzen, auch wenn Geschlecht als Analysekategorie in unterschiedlichsten Dimensionen heute nach wie vor häufig ausgeblendet wird (Bereswill et al. 2010a: 7).

Grundsätzlich kann an dieser Stelle daher bereits festgehalten werden, dass "die Kategorie Geschlecht ein Unterscheidungsmerkmal von Menschen innerhalb einer Gesellschaft ist" (Czollek et al. 2009: 11) - wenn auch nicht ausschließlich.[9] Geschlecht ist dabei ein "zentrales Differenzierungs-, Strukturierungs-, Stratifikations-, und Herrschaftsprinzip" (Knapp et al. 2009: 7) und darf bei Gesellschaftsanalysen keinesfalls ausgeblendet werden (ebd.). Ferner kann auch bei diesem Thema eine Verantwortung und Zuständigkeit der Sozialen Arbeit festgehalten werden, auch und gerade weil neben dem oben aufgezeigten Beispiel einer wachsenden Normalität von geschlechtlicher Vielfalt die Realität meist noch eine andere ist. Die alltäglichen Vorstellungen, die Menschen bei der Geschlechtsthematik haben, orientieren sich an der "Unterstellung einer natürlichen und unveränderbaren Differenz zwischen Frauen und Männern, die [...] in letzter Konsequenz anatomisch begründet ist" (Bereswill et al. 2010: 143).

Friederike Schmidt et al. (2015) weisen deswegen darauf hin, dass diese Realität oft vielmehr von täglichen Angriffen aufgrund "sexueller Orientierungen und/oder geschlechtlicher Mehrfachzugehörigkeiten" (ebd.: 9) gekennzeichnet ist. Für manche LSBTI*-Personen sind diese Angriffe selbstverständlicher Teil ihres Alltags und ihrer Lebenswelt (ebd.), insbesondere auch bei Trans*personen (Czollek et al. 2009: 11). Schmidt et al. (2015) verweisen an dieser Stelle auf die viel beachtete Studie von Les Migras[10] und auch eine aktuelle Studie der Europäischen Union[11] (European Union Agency for Fundamental Rights 2014: 9) kommt zu ähnlichen Ergebnissen: Jede zweite Trans*person[12] gab in der Studie an, dass sie im Jahr vor der Befragung Opfer von Drohungen oder Beleidigungen wurde und zwei von fünf Trans*personen mussten physische Gewalterfahrungen machen. Mehr als die Hälfte der befragten Trans*personen fühlten sich zudem persönlich diskriminiert oder belästigt, weil sie als Trans* von ihrer Umwelt wahrgenommen wurden. Auch Hagemann-White (2001) weist darauf hin, dass "wer das im jeweiligen Kontext gebotene Maß 'eigengeschlechtlichen' Verhaltens nicht aufbringt, teils massive soziale Sanktionen [erleidet], Freundschaften und Liebe, den Arbeitsplatz oder ein politisches Amt verlieren [kann]" (ebd.: 194).

Gewalt meint also nicht nur physische Angriffe, sondern auch alltägliche Formen der Diskriminierung am Arbeitsplatz, in Ämtern, in der Schule oder auch in Sozialen Einrichtungen (Schmidt et al. 2015: 10). Forschungsarbeiten zu diesem Thema bewegen sich dabei zwischen den Polen "ist doch völlig selbstverständlich" im Hinblick auf die notwendige Berücksichtigung von LSBTI*-Personen, bis zu "ist doch nur ein Randphänomen", welches daher auch präventiv zur Verhinderung von Diskriminierung keine Berücksichtigung finden muss (ebd.). Die Überlegung, dass Normalisierung wie Marginalisierung dazu führen, dass eine Thematisierung von geschlechtlicher Vielfalt oft ausbleibt, erscheint dabei keinesfalls abwegig. So konstatieren die Autor_innen, dass das Thema im alltäglichen Umgang in vielen Bereichen wenig Beachtung findet (ebd.). Fachkräfte zeigen sich in der Folge in der Konfrontation mit der Thematik unsicher und es kommt zu Defiziten im Umgang mit Menschen mit unterschiedlichen geschlechtlichen Identitäten (ebd.).

LSBTI*-Lebenswelten bleiben in der Folge gesellschaftlich unsichtbar und dies führt gerade bei Jugendlichen "immer wieder zu Schwierigkeiten in ihrer sexuellen Findungsphase und Identitätsbildung" (ebd.), insbesondere wenn sich diese nicht an einem heterosexuellen Ideal orientieren möchten. Sie geben sich aus Angst vor Diskriminierungserfahrungen nicht zu erkennen und wenn doch, werden sie aufgrund der "heteronormativen Erwartungen ihrer Umgebung schnell in ihre Schranken verwiesen" (Kugler et al. 2015: 208). Kugler verweist hier auf die empirische Studie von Flaig[13], wonach 45 Prozent der befragten Personen für Transsexualität kein Verständnis hätten und sich in der Folge dann auch Jugendliche bei dem Thema nicht zu Wort melden, wenn ihnen mit einer Wahrscheinlichkeit von zwei Dritteln mit Vorurteilen begegnet wird (Nordt et al. 2014: 36). Dies kann auch die Folge einer Überforderung von Cis-Jugendlichen[14] im Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt sein, weil diese eben oft kein sichtbarer Teil ihrer Lebenswelt ist und das Thema in Schule und Jugendeinrichtungen kaum oder nur bei einem vermeintlichen "Bedarf" angesprochen wird, wenn sich beispielsweise jemand als Trans* outet. "Mit der Überschreitung der Geschlechtergrenzen und der damit verbundenen Irritation sozialer Normen müssen [aber, Anmerkung des Verfassers] nicht nur die unmittelbar Betroffenen selbst einen Umgang finden, sondern auch ihre Umwelt, d.h. Verwandte, Mitschüler*innen, Pädagog*innen, Sozialarbeiter*innen usw." (Focks 2014: 8).

Petra Focks (2014) weist hier auch darauf hin, dass sämtliche großen, repräsentativen Studien wie die Shell-Jugendstudie oder der Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung keine Auskunft über die Lebenswelt von inter*[15] -, trans*- oder genderqueeren[16] Jugendlichen geben können, da durch die "Art der Fragen und der Auswertung die implizite Annahme binärer Geschlechtsidentitäten und heteronormativer sexueller Identitäten" (ebd.: 3) vorausgesetzt wird. In den wenigen regionalen Erhebungen wird die Perspektive von Jugendlichen selbst nicht mit einbezogen und es besteht eine Forschungslücke hinsichtlich der Lebenswelt von Inter*- und Trans*jugendlichen (ebd.: 3; Kugler et al. 2015: 207). Daneben weist Focks mit Sielert und Timmermanns[17] darauf hin, dass "dekonstruktive Theorien, die Queer Theory und intersektionale Perspektiven bisher kaum in die Forschungspraxis eingegangen sind" (ebd: 4) und Forschungsbedarf zu den Lebenswelten dieser Jugendlichen besteht (ebd.: 6).

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich daher mit "Geschlechtlichen Transidentitäten in der Jugendphase, der Bedeutung sozialer Beziehungen und möglichen Implikationen für die Soziale Arbeit". Ausgehend von den dargestellten einleitenden Überlegungen soll den Fragen nachgegangen werden, welche Herausforderungen sich für Trans*jugendliche, junge Trans*erwachsene sowie ihr Umfeld aus der Konstruktion einer heteronormativen, zweigeschlechtlichen Gesellschaft ergeben (Kapitel 1). Hierzu soll zunächst historisch die Entstehung dieser zweigeschlechtlichen Gesellschaft umrissen, die konstruktiven Dimensionen dargestellt und Alternativen aufgezeigt werden, da sich konstruktivistische Ansätze aus den Sozialwissenschaften kritisch gegen jene Erklärungsmodelle wenden, die meist naiv auf stereotypes Alltagswissen zur Erklärung von Geschlecht zurückgreifen (Degele 2008:79).

Dabei verfolgt diese Arbeit nicht den Anspruch, alle Theorien umfassend und vollständig darzustellen, vielmehr möchte ich jene Aspekte herausgreifen, die im Hinblick auf die Fragestellung der Arbeit als relevant erscheinen. Ich werde auf unterschiedliche Theoretiker_innen eingehen und mich bei den Alternativen insbesondere auf Überlegungen der Gender/Queer-Theories beziehen. Dass hier Aspekte auch zu kurz kommen oder nur angeschnitten werden können, erscheint dabei unvermeidbar.

Im Weiteren werde ich die rechtlichen Rahmenbedingungen für Trans*personen in Deutschland erläutern, dabei auch auf die Situation von Minderjährigen eingehen und den Prozess bzw. die Bestandteile einer Transition - also den Übergang von einem in ein anderes Geschlecht - umreißen (Kapitel 2). Der empirische Teil der Arbeit ist eine Fallstudie, in der qualitativ der Frage nachgegangen wird, mit welchen Herausforderungen sich junge Trans* in ihrer Lebenswelt konfrontiert sehen und welche Rolle ihre sozialen Beziehungen bei deren Bewältigung spielen. Neben einer vorzunehmenden Interpretation der Forschungsergebnisse werden hier auch der Aufbau der Fallstudie sowie grundsätzliche Überlegungen zur Methodik visuelle Netzwerkforschung angesprochen. Hierzu habe ich Leitfrageninterviews mit vier jungen Trans*personen, der Mutter eines Trans*jungen und der Schwester einer jungen Trans*frau geführt, sowie von den Trans*personen selbst Netzwerkkartenzeichnungen zu ihren sozialen Beziehungen erstellen lassen (Kapitel 3).

Abschließend möchte ich noch auf mögliche Implikationen für die (Jugend)Sozialarbeit hinsichtlich a) der Arbeit mit "betroffenen" jungen Menschen und ihren Angehörigen, b) auf gewalt- bzw. ausgrenzungspräventive Aspekte in der Arbeit mit (Cis-)Jugendlichen, um so zu einer gesellschaftlichen Normalisierung geschlechtlicher Vielfalt beitragen zu können, sowie c) auf Aus- und Fortbildungsaspekte im Hinblick auf Fachkräfte in der Sozialen Arbeit, eingehen (Kapitel 4). Die Arbeit wird abschließend mit einem zusammenfassenden Fazit beendet.

1. Die Dimensionen der heteronormativen, zweigeschlechtlichen Gesellschaft und mögliche Alternativen

Wie bereits erwähnt, soll es in diesem Kapitel um die Entstehung der heteronormativen, zweigeschlechtlichen Gesellschaft gehen. Dabei muss geklärt werden, warum jene vermeintlichen Selbstverständlichkeiten und Normalitäten, die in unserer Gesellschaft mit Geschlecht verbunden werden, letztendlich nur das Ergebnis einer vergleichsweise aufwändigen Anpassungsleistung sind. Sie sind keine biologisch begründbare Tatsache, sondern ein Ergebnis "sozialer (und damit machtvoller) und historischer (und damit wandelbarer) Herstellungsprozesse" (Stuve et al. 2012: 29). Ich werde dabei insbesondere auch auf die Vorstellungen von Judith Butler, Carol Hagemann-White, Pierre Bourdieu, Michel Foucault und Andrea Maihofer eingehen und in Konsequenz auf das queer-pluralistische Modell als Alternative verweisen, wie es unter anderem von Gudrun Perko vertreten wird. Ferner erscheint es dabei notwendig, auch die Kritik an konstruktivistischen Modellen einzubeziehen, da es durchaus Meinungen gibt, die die "natürlich" begründete dichotome Geschlechtertrennung als korrekte, nicht angreifbare biologistische Tatsache ansehen.

Geschlecht dient in modernen Industriegesellschaften und vielen anderen auch als Grundlage für einen zentralen Code, nach dem sich Interaktion und soziale Strukturen aufbauen (Garfinkel 1977: 1). Die heutige Vorstellung, es gäbe nur zwei Geschlechter - das männliche einerseits und das weibliche andererseits, also Männer und Frauen - ist dabei aber eine "im wahrsten Sinne des Wortes moderne Idee" (Stuve et al. 2012: 29), eine "moderne Fiktion mit realen Folgen" (Engel 2008: 49). Sie erscheint allerdings in der heutigen Zeit, die geprägt ist von zunehmender Pluralisierung der Lebensentwürfe, einer hohen Leistungsbereitschaft des Individuums, einem hohen Maß an eingeforderter Flexibilität und mit all den damit einhergehenden Momenten der Verunsicherung für den einzelnen Menschen, wieder verstärkt an Attraktivität zu gewinnen. Die zweigeschlechtliche Vorstellung erscheint als Grundtatsache, die nicht weiter zu hinterfragen ist (Gildemeister et al. 1995: 201).

So weisen Stuve und Debus (2012) darauf hin, dass die "Naturalisierung eines Geschlechterunterschieds gerade recht kommt, scheint sie wenigstens letzte Gewissheit zu versprechen, auf die Menschen zurückgreifen können, um sich ihre eigene Situation und ggf. damit verbundene Unsicherheiten zu erklären, derer man sich eigentlich bereits entledigt zu haben glaubte" (ebd.: 28). Bereits im allgegenwärtigen Reden von "Mädchen und Jungen" ist diese Unterscheidung in zwei Geschlechter erkennbar, fortgeführt in nach "Männern" und "Frauen" getrennten Toiletten oder etwa die immer wieder nötige zwanghafte Selbsteinteilung in "m" oder "w" bei diversen Akten der deutschen Bürokratie.

Geschlecht scheint eine essentielle Rolle zu spielen: Mit der Geburt eines Menschen, wird dieser bereits in die zweigeschlechtliche Gesellschaft hinein geboren, es richten sich entsprechende Erwartungen seitens der Eltern auf ihr Kind, verbunden mit adäquaten Vorstellungen von geschlechtsangemessenem Verhalten (Trautner 2006: 103). Geboren zu werden hat für ein Kind bereits ab diesem Moment geschlechtliche Konsequenzen: Von Spielzeug über Kleidung, Umgang, Verhalten, Erwartungen bis hin zu einer "richtigen" Berufswahl (ebd). Moderne westliche Gesellschaften sind geprägt von dieser "Kultur der Zweigeschlechtlichkeit" (Stuve et al. 2012: 29), die aber gerade für die Menschen extrem eingrenzend sein kann, die diese Normen der Eindeutigkeit und Unabänderbarkeit nicht erfüllen können oder wollen, wie beispielsweise Trans*frauen und Trans*männer. Sie wirkt aber auch gleichermaßen "eingrenzend für die, die zu (vermeintlich) eindeutigen Jungen und Mädchen werden und denen damit bestimmte Verhaltensweisen, Begehren und Interessen erschwert werden" (ebd.). Die Autor_innen verweisen darauf, dass die "Kultur der Zweigeschlechtlichkeit" eine enorme, individuelle Leistung abverlangt, sich gut anpassen zu können - und zwar gleichermaßen von allen Menschen -, insbesondere eine "Einheit" von Körpergeschlecht, Geschlechtsidentität und heterosexuellem Begehren erwartet wird, die aber grundsätzlich keinem Automatismus Folge leistet (ebd.: 31; Göth et al. 2014: 6).

Die Dimensionen der Geschlechtlichkeit eines Menschen müssen folglich mitnichten im Sinne einer "heterozentristischen Sichtweise" (Göth et al. 2014: 11) miteinander harmonieren. Nur in dieser unhinterfragten Sichtweise - die ,wie dargestellt, das gängige, "normale" Alltagsverständis der meisten Menschen sein dürfte - wird eine vermeintliche Einheit der folgenden vier Dimensionen angenommen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abb.1: Dimensionen der Geschlechtlichkeit. Göth et al 2014: 11, adaptiert nach Fiedler 2004[18] ; Eckloff 2012[19] )

Die Geschlechtlichkeit bzw. das Geschlecht eines Menschen setzt sich folglich aus mehreren Aspekten zusammen, die sich nur mit viel Anstrengung und teilweise hohem Leidensdruck einer heteronormativen, zweigeschlechtlichen Vorstellung unterwerfen lassen. Wenn diese Logik und die daraus resultierenden Erwartungshaltungen nicht erfüllt werden, es also zu Abweichungen von der Norm in einer der Dimensionen kommt, entsteht zunächst Irritation (ebd.), die aber nicht selten zu Sanktion, Ablehnung oder Gewalt führt (Stuve et al. 2014: 32). Dabei ist festzuhalten, dass zwar die "Geschlechterrolle" am offensichtlichsten von soziokulturellen Verhaltensweisen beeinflusst, sprich "gemacht" wird, sich allerdings auch die "Geschlechtsidentität" von Geburt an stark geprägt durch gesellschaftliche Normen und an sozialen Bedingungen orientierend entwickelt (Göth et al. 2014: 12). Bei dem Aspekt der "sexuellen Orientierung" weisen die Verfassser_innen zu Recht darauf hin, dass seine Begrifflichkeiten nicht nur im System der Zweigeschlechtlichkeit verhaftet sind, sondern gerade auch die Möglichkeit "einer sexuellen Orientierung, die sich über die zwei Geschlechter hinaus auf Menschen zwischen den Geschlechtern bezieht, mit ihnen nicht abgebildet werden" (ebd.: 7).

Im weiteren Verlauf der Arbeit werde ich noch darauf eingehen, dass selbst das "biologische Geschlecht" aus der Sicht des "diskurstheoretischen Dekonstruktivismus"[20] (Degele 2008: 15f), wie ihn vor allem Judith Butler vertritt, als konstruiert angenommen werden kann - so es denn überhaupt als autarke Eigenheit gesehen wird. Die eingangs angesprochenen Autor_innen lassen sich hier auch jeweils unterschiedlichen Richtungen zuordnen. Sich nicht einseitig einzuschränken scheint mir aus einer sozialpädagogischen Perspektive sowohl für die Analyse des gesellschaftlichen IST-Zustandes, seiner Gewordenheit als auch hinsichtlich möglicher Alternativen zielführend, zumal sich auch die unterschiedlichen Autor_innen gegenseitig nicht in allen Punkten zustimmen bzw. Recht geben. Auf diese Überlegung verweist auch Degele, wenn sie betont, dass sich die unterschiedlichen Theorieperspektiven zwar - so dies gewollt wird - gegenseitig ausschließend lesen lassen, ein pragmatischer, gegenstandbezogener Zugang allerdings gleichermaßen möglich erscheint (Degele 2008: 19).

Zusammengefasst scheint Geschlecht aus mehreren Dimensionen zu bestehen, die zwar jeweils für einzelne Personen stimmig sein können, dies aber aus der vorherrschenden, gesellschaftlichen, dichotomen Sichtweise keinesfalls sein müssen. Es kann bei Normabweichungen von Menschen folglich zu Sanktionen kommen, die bis hin zu physischer Gewalt reichen können (Butler 2002: 6). Bevor auf die unterschiedlichen konstruktivistischen Sichtweisen eingegangen wird, scheint aber eine historische Betrachtung der Thematik sinnvoll, da die bisher dargestellten Sachverhalte - die als "Normalität" in das Alltagsverständnis der meisten Menschen Eingang gefunden haben - keinesfalls schon immer diesen Selbstverständlichkeitsanspruch hatten.

1.1 Historische Annährung an die heutige Kultur der Zweigeschlechtlichkeit

Die Kenntnis davon, dass die "Naturalisierung von Geschlecht und der Geschlechterverhältnisse" (Degele 2008: 60) historischen Ursprungs sind, ist heute - wie erwähnt - keine Selbstverständlichkeit, da das Alltagswissen von Menschen meist ein anderes ist. Die berechtigte Frage, die sich auch Nina Degele stellt, ist daher, wie es so weit gekommen ist und warum die Kultur der Zweigeschlechtlichkeit meist unhinterfragt bleibt - mit allen daraus resultierenden Konsequenzen.

Gildemeister (2008) verweist darauf, dass dieser Wandel im 18. Jahrhundert stattfand (ebd.: 14), und in dieser Zeit nicht nur Mütterlichkeit erstmals als wichtige Eigenschaft zur Reproduktion betont wurde, sondern auch "physiologisch diagnostizierte Unterschiede zwischen Männern und Frauen als natürlich und die Geschlechterhierarchie als anatomischer Sachverhalt" (Degele 2008: 60) angesehen wurden. Bis weit hinein in das 18. Jahrhundert gab es auch Konzepte von Geschlecht, die beispielsweise die Auffassung vertraten, dass "Weiblichkeit und Männlichkeit unterschiedliche Ausprägungen eines Geschlechts seien" (Mogge-Grotjahn 2004: 85). Das "Ein-Geschlecht-Modell" war zuvor seit der Antike die weit verbreitete Vorstellung, auch wenn deren Bestandteile wie beispielsweise die Vorstellung einer "Vagina als nach innen gestülpter Penis" (Maihofer 1995: 29) heute nur noch wenig plausibel erscheint. Mit Hausen[21] verweist Degele darauf, dass mit den Veränderungen dieser Vorstellung auch die Zuschreibung bestimmter Verhaltensweisen und Eigenschaften an die "beiden" Geschlechter einherging, die als Kombination von Biologie, Bestimmung aus der Natur und insbesondere als Wesensmerkmal eines jeden Menschen gesehen wurde (Degele 2008: 60). Insbesondere für Frauen bedeuteten diese Neuerungen die Einführung einer strengen Verhaltensreglementierung und eine rigide Kleiderordnung zur Darstellung des Geschlechts nach außen (Maihofer 1995: 31). Die Folge war die Etablierung sogenannter "Geschlechtercharaktere" (Degele 2008: 60), also die Annahme, dass den jeweiligen Geschlechtern unveränderbare Wesensmerkmale inne wohnen, aus denen sich alle weiteren Funktionen innerhalb einer Gesellschaft ergeben (ebd.).

Die Gründe sind für die meisten Autor_innen dabei offensichtlich: Die Industrialisierung und die in Entstehung begriffene kapitalistisch-bürgerliche Gesellschaft machten eine Verschiebung der Geschlechterverhältnisse und die Etablierung einer eindeutigen, zweigeschlechtlichen Gesellschaft mit klar festgelegten Funktionen für die darin genehmigten Geschlechter Mann und Frau nötig (ebd.). So spricht Krüger (2007) davon, dass die Geschlechterungleichheit tief in der Organisation der Reproduktionsarbeit dieses kapitalistischen Gesellschaftssystems verankert sei (ebd.: 187). Es ging dabei aber nicht nur um Verhaltensweisen oder Eigenschaften, auch Ausdrucksformen, Kleidung oder Schönheitsideale wurden geschlechtsstereotyp neu zugewiesen (Ehlert 2012: 23). Kohlmorgen (2007) stellt fest, dass "der kapitalistische Akkumulationsprozess seit seiner Entstehung nicht in Lage [ist], die Arbeitskräfte aus sich selbst heraus zu reproduzieren, so dass er auf unbezahlte Reproduktionsarbeit angewiesen ist" (ebd.: 167). Voß (2014) geht daneben darauf ein, dass sich die Normierungen im Kontext des aufkommenden Kapitalismus im Hinblick auf Geschlecht und Sexualität, analog auch bei der Einordnung von Menschen nach Rasse und Klasse finden und sich hinsichtlich der kapitalistisch gesellschaftlichen Verhältnisse gleichermaßen als hoch produktiv erweisen (ebd.: 92). Er spricht daher von "geschlechtlicher Zurichtung im Kapitalismus" (ebd.: 90). Im Hinblick auf Sexualität weist auch Foucault (1983) darauf hin, dass nach "Jahrhunderten offenen Umgangs und freien Ausdrucks" (ebd.: 13) der bürgerlichen Ordnung die Repression "in Fleisch und Blut übergangen ist" (ebd.), weil alte Formen mit der allgemeinen und intensiven Arbeitsordnung dieser Zeit unvereinbar wurden und Geschlechtlichkeit nur soweit toleriert wurde, wie sie in die kapitalistische Verwertungslogik integrierbar war (ebd.: 12).

Das Modell "Familie" wurde auf die gesamte Gesellschaft übertragen und sowohl für natürlich als auch unveränderlich erklärt (Kohlmorgen 2007: 167). "Der auf Kosten der Frau geschlossene 'Sozialstaatskompromiss' zwischen Arbeiterbewegung und Bürgertum, basiert auf Normierungen von Geschlechterdifferenzen, in denen die Geschlechtsrollen Ernährer/Hausfrau und die entsprechenden Vorstellungen von Arbeitsteilung im Mittelpunkt stehen" (Knapp 2009a: 45). Die Notwendigkeit eines zweigeschlechtlichen Systems und die damit verbundene Trennung von männlicher, bezahlter Erwerbsarbeit einerseits und weiblicher, unbezahlter Reproduktionsarbeit andererseits kann demnach als "konstitutives und strukturell tragendes Prinzip des Kapitalismus bezeichnet werden"[22] (Kohlmorgen 2007: 167). Für die Sexualität bedeutete dies analog die Konstruktion einer "natürlichen Sexualität", in deren Folge Abweichungen als "geschlechtliche Entartungserscheinungen pathologisiert" und als Gefahr für Gesundheit und Moral sanktioniert werden konnten (Bührmann et al. 2015: 619). Foucault spricht deswegen auch von "Einpflanzung der Perversionen" (Foucault 1983: 41) und davon, dass beispielsweise auch die Selbstbefriedigung von Kindern "wie eine Seuche bekämpft wurde" (ebd: 46). Bis heute lässt sich dieser Paradigmenwechsel beispielsweise an der Praxis der strafrechtlichen Würdigung von Inzest nachvollziehen.[23] Sexualität sollte ausschließlich ökonomisch nützlich und politisch konservativ vollzogen werden (ebd.: 41).

Es ging historisch also weniger um Menschen und deren Bedürfnisse bzw. Begehren, sondern vielmehr um die Anforderungen des Kapitals: "Nicht neue anatomische Fakten, sondern neue politische 'Erfordernisse', die Benachteiligung von Frauen in der Aufklärung anders zu begründen, steuerten diesen Paradigmenwechsel" (Hirschauer 1996: 246). Die Annahme einer Ähnlichkeit wurde verändert zu Gunsten einer natürlich begründeten "fundamentalen Differenz" (Maihofer 1995: 22) der Geschlechter, wobei in beiden Vorstellungen der Mann als normativer Maßstab fungiert, an dem die Frau gemessen wird - von zunächst weniger vollkommen zu absolut verschieden (ebd.). Das Wesentliche dabei war, dass Frauen eine besondere Wesensbestimmung erhielten und über die Reproduktionsfunktion neu definiert wurden (ebd.: 26).

Im Mittelpunkt stand dabei also neben den dargestellten kapitalistischen Notwendigkeiten auch die zunehmende Entwicklung der Wissenschaften über den Menschen und dabei, so Degele (2008), "vor allem einer weiblichen Sonderanthropologie" (ebd.: 61). Mit diesem Aufstieg der Anatomie waren essentielle Veränderungen verbunden: Der Unterschied zwischen Mann und Frau wurde nun am ganzen Körper begründbar, nicht mehr wie zuvor "nur" an zunächst neutralen (sichtbaren) Geschlechtsmerkmalen oder Geschlechtsorganen. Daneben wurde vor allem aber eine psychische Unterscheidung etabliert (Degele 2008: 61), die immerhin bis weit in das 20. Jahrhundert hinein eigene pathologische Begrifflichkeiten kannte, wie beispielsweise "weibliche Hysterie"[24]. Die Erfindung dieser Geschlechterdichotomie war immer auch eine prophylaktische Abwehr von weiblichen Emanzipationsgedanken durch Männer, um Bestrebungen von Frauen an gesellschaftliche Machtpositionen zu gelangen nach Möglichkeit von Anfang an zu unterbinden (ebd.: 62). Der Ausschluss von Frauen aus dem öffentlichen Leben wurde mit der Erfindung zweier Geschlechter begründbar und damit eine neue soziale Ordnung etabliert (Maihofer 1995: 32). Eine Überlegung, die nach den bisherigen Darstellungen keinesfalls abwegig erscheint, da gesellschaftliche Machtpositionen in der kapitalistischen Gesellschaft ja bis heute in der Regel keine "weiblichen" sind.

Dass diese vermeintlichen Selbstverständlichkeiten keinesfalls in dieser Form sein müssen, sondern ein gemachtes, "historisches, gesellschaftliches Produkt" (Maihofer 1995: 19) sind, ist heute faktisch nicht (mehr) Teil des Alltagswissens von Menschen. Dass sich daraus insbesondere auch Probleme für Trans*personen ergeben können, wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch deutlich werden. Wetterer (2010) verweist hier auch auf Erkenntnisse aus der Kulturanthropologie, also darauf, dass der Blick auf andere Gesellschaften unsere Kultur der Zweigeschlechtlichkeit sehr deutlich als Kultur entlarven und weder "Resultat göttlicher Schöpfung" (Gildemeister et al. 1995: 201), noch "Bestandteil von Natur" (ebd.), sondern, in Anlehnung an Garfinkel[25], lediglich "moral facts" (Wetterer 2010: 127) sind. Auch diverse Studien[26] zeigen, dass nicht alle Gesellschaften nur zwei Geschlechter kennen bzw. historisch betrachtet kannten und eine Zuordnung zu darin existierenden Geschlechtern weder unbedingt ein Leben lang Gültigkeit besitzen muss, noch Genitalien den Ausschlag dafür geben müssen (ebd.: 130). So zeigen Initiationsriten anderer Kulturen beispielsweise, dass "Geschlecht anderenorts [erst] kollektiv inszeniert und vollzogen werden muss, um 'wirklich' und sozial verbindlich zu werden"(ebd.) - eine Darstellung von Geschlecht, die in unserer Gesellschaft in dieser Form faktisch nur noch Trans*personen als bewusste Erfahrung machen.

Im weiteren Verlauf der Arbeit wird unter anderem bei der Darstellung von Andrea Maihofers Überlegungen zu "Geschlecht als Existenzweise" (Maihofer 1995), aber auch bei den anderen Theoretiker_innen des Dekonstruktivismus noch näher darauf eingegangen, welche Folgen sich daraus ergeben, dass Geschlecht eine "historisch bestimmte Denk-, Gefühls- und Körperpraxis" (ebd.: 18) ist und welche Herausforderungen dies gerade auch für Trans*personen bedeutet. Zunächst kann aber festgehalten werden, dass insbesondere die Etablierung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft während der Industrialisierung und die damit verbundene Zurichtung der Menschen in dieser, dazu beigetragen haben, dass wir heute in einer heteronormativen "Kultur der Zweigeschlechtlichkeit" leben (müssen) und Ausbrüche aus dieser damals wie heute mit Herausforderungen behaftet sind. Eine Distanzierung von der biologischen Konzeption der Zweigeschlechtlichkeit erscheint heute nach dem Alltagsverständnis deshalb oft so, als seien Geschlechter nicht wirklich und somit irreal (Hirschauer 1996: 240). Im Weiteren soll daher mit dem Verweis auf unterschiedliche konstruktivistische Sichtweisen und Theoretiker_innen der vermeintliche Selbstverständlichkeitsanspruch der heteronormativen, zweigeschlechtlichen Gesellschaft näher untersucht und auch auf daraus resultierende Konsequenzen insbesondere für Trans*personen eingegangen werden.

1.2 Der konstruktivistische Charakter der Zweigeschlechtlichkeit und Zwangsheterosexualität

Bei der Untersuchung des konstruktivistischen Charakters ist es nahezu unvermeidlich, sich insbesondere mit den Überlegungen von Judith Butler zu beschäftigen, da sie mit ihrer These der "Performativität von Geschlechtsidentität" und ihrer Kritik an Heteronormativität[27] und Zweigeschlechtlichkeit breite Beachtung findet und daneben auch weit rezipiert wird (von Redecker 2011: 141).[28] Zentral dabei ist, dass Butlers Thesen auch so (miss)verstanden werden können, dass auch das biologische Geschlecht als konstruiert angenommen werden kann. Diese These ist dabei für feministische Kritik anfällig, da damit kollektive, frauliche Identität als vermeintliche Grundlage des Feminismus in Frage gestellt wird (ebd.). Der Zwang zur Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität wird in ihren Analysen den Subjekten nicht mehr von außen auferlegt - beispielsweise durch patriarchale Gewalt - sondern auch durch die Subjekte selbst erst hergestellt (Klapeer 2015: 36). Damit einher geht die Gefahr, dies so (miss) zu verstehen, dass eine "Schuld" für geschlechtliche Diskriminierung und deren Aufrechterhaltung allein bei Individuen zu verorten ist, und damit neoliberaler Individualisierung Vorschub geleistet wird. Zentral ist nicht nur für Butler daher die Frage, wie die binäre Beziehung zwischen "Männern" und "Frauen", die "innere Stabilität dieser Termini" (Butler 1991: 8), aber auch regulative Normen (Knapp 2009a: 28) entstehen und aufrecht erhalten werden und auch wie diese Geschlechterkategorien, die die Geschlechter-Hierarchie und Zwangsheterosexualität stützen, dabei gestört werden können (ebd.). Auch Bourdieu (1998) fragt nach den Gründen, warum die bestehende Ordnung mit ihren Herr schaftsverhältnissen, Privilegien, Ungerechtigkeiten und unerträglichen Lebensbedingungen so häufig als "akzeptabel und sogar natürlich erscheint" (ebd.: 7). Daneben beschäftigt Butler aber auch die Frage, wie diese bestehenden Verhältnisse dynamischer gedacht werden könnten und damit die "Verlustspur der Subjekte" (Stuve et al. 2011: 35) verhindert wird (Butler 1995: 261).

1.2.1 Kultur der Zweigeschlechtlichkeit

Analog zu den bereits dargestellten "Dimensionen von Geschlechtlichkeit" sind für Butler innerhalb der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit das (Körper)"Geschlecht", die "Geschlechtsidentität" und das "Begehren" von Menschen grundlegende Kategorien. Diese Identitätskategorien sind jeweils Teil einer "heterosexuellen Matrix" und dabei ein Effekt von "Institutionen, Verfahrensweisen und Diskursen mit vielfältigen und diffusen Ursprungsorten" (Butler 1991: 9) und nicht "Ursprung und Ursache" (ebd.). Die Kohärenzanforderung der heterosexuellen Matrix und diese nach außen darstellen zu können, also die Notwendigkeit, dass die drei Kategorien miteinander insbesondere für außenstehende Dritte - und damit nicht unbedingt für einen selbst - harmonieren, stellt Menschen vor vielfältige Herausforderungen. Sie sind aber "Grundbedingung gleichberechtigter Interaktion mit anderen Subjekten" in unserer Gesellschaft (Stuve et al. 2012: 31) und setzen deswegen gerade Trans*personen unter Druck. Bei diesen muss diese Kohärenz, also die nach außen sichtbare Harmonie von Geschlechtsidentität und Körpergeschlecht bzw. seinen Merkmalen, erst erreicht werden.

Butler bezeichnet ein Verständnis von Geschlechtlichkeit, das die vermeintlich selbstverständliche Existenz von zwei und nur zwei Geschlechtern kennt und die sich jeweils aufeinander beziehen, als "Geschlechter-Fabeln (gender fabels)" (Butler 1991: 12), die diese Selbstverständlichkeit erst etablieren und gesellschaftlich auch erst als eine solche erscheinen lassen (ebd.). Die Identitätskategorien, die Geschlechtlichkeit ausmachen, sind für sie folglich "diskursiv konstruierte Identitäten" und die Geschlechtsidentität (bestehend aus den oben aufgezählten Kategorien) eines jeden Menschen lässt sich folglich auch nicht "aus den politischen und kulturellen Vernetzungen herauslösen, in denen sie ständig hervorgebracht und aufrechterhalten wird" (ebd.: 18). Insofern kann bereits an dieser Stelle deutlich werden, dass Geschlecht und seine Dimensionen sehr wohl real sind, trotz ihres eindeutig imaginären Charakters. Für Butler mag Geschlechtsidentität eine kulturelle Konstruktion unabhängig von biologischer Bestimmtheit sein, dennoch ist sie dadurch nicht weniger wirkmächtig, insbesondere für Menschen, die davon abweichen.[29]

Dies würde nämlich auch ein Verständnis von "Kultur" voraussetzen, in denen Menschen als Handlunsgträger_innen prinzipiell variable Geschlechtsidentitäten annehmen können (ebd.: 25) und dies kann für unsere Gesellschaft durchaus in Frage gestellt werden. Butler argumentiert hier mit Simone de Beauvoir[30], dass an Stelle einer biologischen Vorbestimmtheit von Geschlecht, die "Kultur an Stelle der Biologie die Rolle des Schicksals" angenommen hat und unter diesem Aspekt "das Geschlecht (sex) definitionsgemäß immer schon Geschlechtsidentität (gender) gewesen sei" (ebd.: 26), da der Zwang zur Kategorisierung und Einordnung innerhalb der heterosexuellen Matrix noch nie von anatomischen Merkmalen (beispielsweise Penis oder Vagina) ausgegangen sei (ebd.). Dennoch kann aber von einer Materialisierung von Geschlecht gesprochen werden, wobei Materie allerdings nicht als Ort der Oberfläche gedacht werden darf, sondern als ein Prozess der Werdung von Geschlecht (Engel 2008: 52), verfestigt durch "hegemoniale Diskurse" (ebd.: 53). Es geht also nicht etwa darum, die Existenz des Körpers oder seiner Teile in Frage zu stellen, sondern vielmehr darum, wie soziale Verhältnisse in diesen eingeschrieben werden und wir "im wahrsten Sinne des Wortes unsere Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit 'verkörpern'" (Mogge-Grotjahn 2004: 82). Identität wird im Übrigen auch von de Beauvoir keinesfalls in Frage gestellt, lediglich, "dass niemand mit einer Geschlechtsidentität zur Welt kommt" (Butler 1991: 166f).

Die bewusste Trennung von "sex" (Körpergeschlecht) und "gender" (Geschlechtsidentität), um die Formel "Biologie ist Schicksal" durch den Feminismus überhaupt erstmals anfechtbar zu machen (ebd.: 22; Degele 2008: 100), könnte deswegen bis heute - aus einer gesellschaftlichen Perspektive - nicht wirklich abschließend funktional gewesen sein: Geschlecht ist dennoch eine Strukturkategorie innerhalb der Gesellschaft geblieben (Mogge-Grotjahn 2004: 84). Die Bedeutung für die Theoriebildung der 1970er Jahre keinesfalls in Frage stellend (Degele 2008: 67), erscheint die Trennung von "sex" und "gender" also wenig funktional, um die Kultur der Zweigeschlechtlichkeit zu kritisieren, wenngleich sie dennoch bedeutsam war, um biologistische Begründungen erstmals zu hinterfragen (Ehlert 2012: 23). Individuell stehen in Sachen Geschlechtsidentität nicht "prinzipiell alle und jede Möglichkeiten offen, sondern die Schranken der Analyse [verweisen] auf die Grenzen einer diskursiv bedingten Erfahrung" (Butler 1991: 27).

Somit ist für Butler die zwanghafte Einschränkung von Geschlecht darin begründet, was die Sprache einer Kultur als mögliche Geschlechtsidentitäten innerhalb ihres Vorstellungshorizontes zulässt und was eben nicht (ebd.). Dies bedeutet, ob es beispielsweise zulässig und akzeptiert ist, einen Menschen als "Frau" anzusprechen und damit auch als solche zu verstehen, auch wenn dieser Mensch Bart trägt, kurze Haare und eine tiefe Stimme besitzt, oder ob sich dieser erst mühsam den gängigen kulturellen und damit auch sprachlichen Anforderungen in Bezug auf seine Person anpassen muss? In jeder "Kultur der Zweigeschlechtlichkeit" würde hier in den meisten Fällen Irritation des Gegenübers entstehen, da eine Einordung in die gängigen kulturellen Kategorien kaum möglich erscheint. Dies gefährdet mit Butlers Worten die "Intelligibilität eines Menschen" (Butler 1991, S. 38), d.h. seine Lesbarkeit oder auch Erkennbarkeit und verkompliziert oder verunmöglicht schlimmstenfalls Interaktion mit Dritten (Stuve et al. 2012: 31). Daraus können dann wiederum Verluste oder persönliche Probleme für Betroffene erwachsen (ebd.: 32), unter anderem für Trans*personen.

Butler verweist in ihren Überlegungen im Weiteren auch darauf, dass schon in den akzeptierten Konstellationen vielfältige Geschlechtsidentitäten konstruiert werden, also beispielsweise "Frau" als homogene Kategorie eigentlich nicht existent ist und Geschlechtsidentität deswegen letztendlich einen komplexen Sachverhalt darstellt, dessen "Totalität ständig aufgeschoben ist, d.h. sie ist an keinem gegebenen Zeitpunkt das, was sie ist" (Butler 1991: 36). Dies bedeutet aber nicht, dass der Begriff "Frau" nicht mehr gebraucht werden soll, gerade im Hinblick auf Ungleichheitsaspekte. Die Nutzung sollte vielmehr mit dem Hinterfragen von Ausschlüssen einhergehen, die damit verbunden sind (Butler 1995: 303).[31] Insofern kann festgehalten werden, dass es auch analog bei vermeintlichen "Abweichungen von der Norm" wenig zielführend erscheint, alle Menschen zu vereinheitlichen: Auch eine wie auch immer "typische" Trans* oder homosexuelle Geschlechtsidentität dürfte damit ebenso wenig existent sein und entsprechende Zuschreibungen sollten unterlassen werden, zumindest müssen auch hier Ausschlüsse mitgedacht werden. Der Gehalt von (Geschlechts)Identitäten ist daher nicht nur nach Butler grundsätzlich schwer mit Begriffen zu füllen, weil daraus oft erneut Widerstände, Gegenerklärungen und Weigerungen erwachsen können (Butler 1995: 302: Gruber et al. 2001:19).

Dennoch ist auch in normabweichenden Kontexten ein Annehmen von Vorstellungen zu beobachten, die relativ eindeutig der "Kultur der Zweigeschlechtlichkeit" entspringen, wie beispielsweise "eingetragene Partnerschaften" als legitime Form der Partnerschaft zwischen gleichgeschlechtlichen Menschen analog zur Ehe in heterosexuellen Partnerschaften. Für Butler ist dieses Konstrukt nichts Anderes als die "Heterosexualisierung der Homosexualität" (Butler 1995: 309). Dieser Wunsch des Anpassens an vermeintlich legitime Formen der zweigeschlechtlichen Gesellschaft und ihrer Normen lässt sich auch bei dem Wunsch nach einer geschlechtsanpassenden Operation bei Trans*personen beobachten, um abschließend als "richtige Frau" bzw. "richtiger Mann" (selbst)wahrgenommen werden zu können. Auch Studien zu Trans*personen belegen, dass diese sich erst als Männer oder Frauen fühlen, wenn sie als solche "durchgehen" (Degele 2008:106), also wenn ihr "doing gender"[32] funktional geworden ist. Ich werde am Ende meiner Arbeit noch näher darauf eingehen, dass dieses Bedürfnis selbstverständlich legitim ist, aber auch die Hintergründe von der Sozialen Arbeit mit gedacht und bearbeitet gehören, also nicht vergessen werden dürfen.[33]

Das "Wahrheitsregime des Sexes" (Butler 1995: 321) ist nicht nur für Butler dabei durch und durch heterosexistisch. Damit muss nach der Darstellung der Kritik an der zweigeschlechtlichen Gesellschaft auch auf die damit zwanghaft verbundene "Heteronormativität" eingegangen werden und die damit einhergehende - eingangs erwähnte - "Verlustspur des Subjektes". Neben Butler, die sich dabei unter anderem auf Freud bezieht, sollen im Folgenden auch Foucaults Überlegungen hierzu berücksichtigt werden.

1.2.2 Heteronormativität und sexuelle Repression

Bei ihrer Kritik an der Heteronormativität - als elementarem Bestandteil der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit - stellt Butler die Frage, inwiefern geschlechtlich bestimmte Identität ein Effekt einer regulierenden Praxis ist, "die als Zwangsheterosexualität identifiziert werden kann ?" (Butler 1991: 39). Klapeer (2015) argumentiert hier in Anschluss an Foucault (1983) und Rubin[34], dass Heteronormativität zwar ein "sexuelles Ordnungssystem" (ebd.: 28) ist, welches aber nicht nur das Sexuelle reguliert, sondern Auswirkungen in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen aufweist, dort eingeschrieben und reproduziert wird - beispielsweise in der Familie, dem Staat oder der Ökonomie (ebd). Bezugnehmend auf Warner[35] stellt Butler sogar fest, dass in unserer Kultur und aufgrund dieser Einschreibungen und des reproduktiven Charakters von Heteronormativität "humanity" gleichbedeutend mit "herterosexuality" gedacht und verwendet wird (ebd.) Die oft unreflektierte, automatisierte Behauptung, heterosexuell und/oder "Mann" bzw. "Frau" zu sein, ist für Butler (1991) dabei Teil einer fragwürdigen Ontologie - also dem Verständnis über das "Sein" bzw. das "was bin ich" - in ihren Worten "symptomatisch für die Metaphysik der Substanz" (ebd.: 44). Dies verleitet zu der Schlussfolgerung, dass jemand eine Geschlechtsidentität ist, kraft des anatomischen Geschlechts, "dessen hervorstechendstes Merkmal das sexuelle Begehren ist" (ebd.). Dies geschieht aber vielmehr aufgrund von "Performativität"[36] (Butler 1995: 325): Über eine theatralische, sprachlich darstellende Leistung nach außen wird Geschlecht erst hervorgebracht (ebd). Butler beschreibt hier in ihrer Analyse "normalisierende Wiederholungen von Anrufungen" (Groß 2008: 48), also Akte der sprachlichen Zuweisung des Geschlechts, zunächst durch den Arzt ("Es ist ein Mädchen/Junge!") und im weiteren Leben durch alle anderen Dritten (ebd.).

Durch eine solche Vorstellung, ein Geschlecht zu sein, benötigt die innere Kohärenz von Geschlechtsidentitäten - gleichermaßen bei "Frau" oder "Mann" - ein in sich gefestigtes und gegensätzlich zueinander ausgerichtetes, heterosexuelles System (Butler 1991: 45). In der Folge erscheinen Geschlechter als Pole, die über "nicht-das-Andere" definiert werden, wodurch ein System von Zwangsheterosexualität produziert wird (ebd.: 46). Durch die (Selbst)Vergewisserung der Andersheit wird die eigene Normalität konstruiert: "Das, was intelligibel ist, wird durch Abgrenzung von dem, was eben nicht intelligibel ist, geschaffen" (Villa 2004[37]: 237, zit. nach Groß 2008: 56). Damit verbunden ist selbstredend der Wunsch, in dieses binäre System zu passen. Dies lässt sich gerade bei Trans*personen, die ja auch in einer Kultur der Zweigeschlechtlichkeit leben (müssen), häufig beobachten: Abweichungen, also beispielsweise homosexuell und Trans* zu sein, bedürfen einer ungleich größeren Darstellungs- und Erklärungspraxis, als als Trans*frau Männer zu begehren bzw. als Trans*mann Frauen. Ein davon abweichendes Begehren würde einem Aspekt von Kohärenz ja auch erneut widersprechen: Der Übereinstimmung von Körpergeschlecht und Begehren. Butler verweist hier auf Foucault, nachdem dieses Regulativ eine Sexualität unterdrückt, die mit den "Hegemonien der Heterosexualität, der Fortpflanzung und des medizinisch-juristischen Diskurses bricht" (ebd.: 41).

Laut Foucault (1983) ist Sexualität dabei - wie bereits angedeutet - von Reproduktion dominiert und alles, was weder "auf Zeugung gerichtet, noch von ihr überformt ist, hat weder Heimat noch Gesetz [...]. Es wird gleichzeitig gejagt, verleugnet und zum Schweigen gebracht" (ebd.: 11), was von ihm deswegen auch scharf kritisiert wird (ebd.). Dabei sind Veränderungen dieses Systems nur auf einem langen Weg möglich und können kaum durch "einzelne Kündigungen" (ebd.: 17) oder durch die Praktizierung auf "Inseln" (ebd.: 12) - Foucault nennt hier beispielsweise Bordelle - gelingen. Diese Repressionshypothese ist bei Foucault in seiner Analyse zentral, in der er - ähnlich wie Butler - auch der Sprache eine wichtige Bedeutung zuspricht: Einerseits hat über die Jahrhunderte eine "unerbittliche Säuberung des zugelassenen Vokabulars stattgefunden" (ebd.: 23) und aus dem Wunsch heraus begründet, Jugendliche zu schützen, ist ein Bewusstsein ständiger Gefahr beim Sprechen über Sexualität immanent geworden (ebd.: 36). Andererseits ist die sog. "Diskursivierung des Sexes" allgegenwärtig, begründet durch die christliche Seelsorge und deren Notwendigkeit "Buße" zu leisten bzw. zu "beichten" (ebd.). Dies alles geschieht dabei auf einer rein sprachlichen Ebene, weniger auf der von Handlungen. Umgangssprachlich könnte hier von "verklemmt sein" gesprochen werden, oder - um ein Beispiel zu nennen - auf den sexualisierten Witz am Mittagstisch verwiesen werden, über dessen "perverse" Inhalte zwar einhellig gelacht wird, diese aber in der Regel kein Bestandteil der eigenen Sexualität sind, sondern vielmehr Ausdruck einer "negativen Emotionalität" (Stuve et al. 2011: 36): Um den Verlust erträglicher zu gestalten, der mit solchen Verboten - wie von Foucault dargestellt - einhergeht, ist die Konsequenz oft der Aufbau einer solchen negativen Emotionalität (ebd.). Diese trifft in Form von physischer und psychischer Gewalt all die Menschen, die solche Verbote nicht beachten müssen (ebd.), also beispielsweise das Lächerlichmachen von Jungen, die Kleider tragen wollen/dürfen. Das zulassen und Fördern solcher Irritationen ist für Butler wiederum auch das probate Mittel, um die Kultur der Zweigeschlechtlichkeit und ihre Heteronormativität in Frage zu stellen (Butler 1991: 182f).

Butler (1991) geht daneben in ihren Überlegungen auch auf den Freudschen Ödipuskomplex ein, der zunächst "sowohl 'positiv' (gleichgeschlechtliche Identifizierung) als auch 'negativ' (gegengeschlechtliche Identifizierung)" (ebd.: 97) abgeschlossen werden kann. Das bestehende Inzestverbot regelt bzw. reguliert allerdings die Sexualität und schafft so die heterosexuelle Matrix: "Das Tabu gegen die Homosexualität schafft erst die 'Anlagen', die den Ödipuskomplex ermöglichen. Das kleine Mädchen oder der kleine Junge, die beide mit inzestuösen Absichten in das Ödipaltrauma eintreten, sind immer schon Verboten unterworfen, die sich in verschiedene sexuelle Richtungen 'ausrichten'" (ebd.: 102). Butler macht hier deutlich, dass die Anlagen nach Freud schon immer vielmehr Effekte eines Gesetzes sind, das als "internalisiertes [Gesetz, Anmerkung d. Verf.] die diskrete geschlechtlich bestimmte Identität und die Heterosexualität hervorbringt und reguliert" (ebd.). Auf diese Weise werden eine Vielfalt von Ersatzbegehren und Identitäten als Konsequenz geschaffen (ebd.: 119) und die "Verlustspur des Subjektes" beginnt, da diese Verwerfungen und Ausschlüsse auch davon gekennzeichnet sind, Wünsche, Eigenschaften und insbesondere Begehren als falsch bzw. "nicht richtig" zu verwerfen und in der Folge eine "richtige Geschlechtsidentität" repräsentieren zu können (Stuve et al. 2011: 35).

Diese richtige Geschlechtsidentität beinhaltet die bereits dargestellte Kohärenz von Körpergeschlecht und Geschlechtsidentität, aber insbesondere auch gegengeschlechtliches Begehren (ebd.). Heterosexualität erscheint folglich als Verdrängung von Bi- und Homosexualität, als eine "mühsame Konstruktion" (Butler 1991: 120). Butler verneint an dieser Stelle unter Verweis auf die "Tagebücher der Herculine Barbin" auch Foucaults damit einhergehende Vorstellung, dass es eine freie Sexualität vor der Einschränkungen der Kategorie "sexus" gegeben haben könnte (ebd.: 148). Das Wesentliche sei auch bei Foucault, welche "gesellschaftlichen Verfahren und Konventionen diese Form von Sexualität hervorbringen" (ebd.), also die bereits dargestellten Genehmigungen und Verbote.

Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass Heteronormativität - analog zur Zweigeschlechtlichkeit - das Ergebnis gesellschaftlicher Normalisierungsprozesse ist. Die Beteiligten müssen sich dessen dabei nicht unbedingt bewusst sein und neben den Menschen selbst sind diese Normalisierungsprozesse auch in gesellschaftlichen Strukturen verankert (Degele 2008: 88ff). Dabei wirkt Heteronormativität zwar komplexitätsreduktiv, da Begehren nur auf das gegenteilige Geschlecht ausgerichtet ist, dennoch ist die heterosexuelle Logik letztendlich "eines der einschränkendsten, psychologischen Instrumente des Heterosexismus überhaupt" (Butler 1995: 328) und schafft in der Folge die dargestellte Verlustspur des Subjekts. Die Kultur der heteronormativen Zweigeschlechtlichkeit und die Notwendigkeit ihrer Reproduktion ist, neben all den dargestellten Aspekten, aber auch eine Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung männlicher Herrschaft über Weiblichkeit bzw. untergeordneter Männlichkeit. Dabei scheinen insbesondere die Erkenntnisse der "kritischen Männerforschung"[38] für diese Arbeit Relevanz zu besitzen.

1.2.3 Männliche Herrschaft und hegemoniale Männlichkeit

Die bisher dargestellten Entwicklungen und Überlegungen zur Kultur der Zweigeschlechtlichkeit führen grundsätzlich zu der Erkenntnis, dass auch Männer ein Geschlecht haben (Maihofer 2006: 69). Nicht als solche geboren, sondern zu Männern gemacht, haben sie die Aufgabe, auch zu solchen zu werden (ebd). Wirkmächtig und Maßstab ist dabei die Norm der "hegemonialen Männlichkeit", die auch als Bestandteil der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit begriffen werden muss.[39] Sie geht auf den Hegemoniebegriff des Mitbegründers der kommunistischen Partei Italiens, Antonio Gramsci, zurück (Ehlert 2012: 18). Für diesen war kapitalistische Herrschaft durch eine konsensuale Verinnerlichung von Werten und Normen begründet, hergestellt und vermittelt durch Institutionen wie Schule und Kirche, aber auch Massenmedien (ebd.). Es kann daher auch von einer Geschlechtsdarstellung durch andauernde und allgegenwärtige Visualisierung im Alltag gesprochen werden (Hirschauer 1996: 247). Analog zu Gramscis Überlegungen wird auch hegemoniale Männlichkeit weniger durch Zwang und Gewalt abgesichert, sondern durch Anerkennung von Werten und Normen durch Frauen und Männer (Ehlert 2012: 18). Maihofer (2006) macht in Anschluss an Bourdieu aber auch deutlich, dass Männer dabei Disziplinierungen und Normierungen unterworfen werden, "deren Zwänge und Leid viele zunehmend die herrschenden Vorstellungen von Männlichkeit in Frage stellen lassen" (ebd.: 69). Dies erscheint kaum verwunderlich, wenn bedacht wird, dass hegemoniale Männlichkeit zwar als Norm begriffen wird, diese Männlichkeit aber nicht die gesellschaftliche Mehrheit repräsentiert (Czollek et al. 2009: 28): Sie wird vielmehr durch die soziale Praxis einer gesellschaftlichen Elite konstruiert (Meuser 2006: 169).

Für Bourdieu (1998) wiederum funktioniert diese Ordnung "wie eine gigantische symbolische Maschine zur Ratifizierung der männlichen Herrschaft, auf der sie gründet" (ebd.: 21). Bestandteil dieser Maschinerie sind die bereits - auch historisch - ausgeführten geschlechtsspezifischen Tätigkeiten, Arbeitsteilungen und Konstruktionen von Körperlichkeiten und Geschlecht (ebd.). Der Motor dieser Maschinerie ist für ihn dabei eine sich entwickelnde "Liebe zum eigenen Schicksal (Amor fati)" (Bourdieu 1997: 187). Als Ursache sieht er eine kollektive "Vergesellschaftung des Biologischen" und eine "Biologisierung des Gesellschaftlichen" (Bourdieu 1998: 11) in den Körpern und Köpfen von Männern und Frauen. Das heißt, Geschlecht selbst muss in der Folge als "vergeschlechtlichter Habitus" (ebd.) begriffen werden, wobei der männliche Habitus mit der Vorstellung verbunden ist, über die Frau erhaben zu sein (Stuve et al.: 40). Daraus folgt wiederum, dass diese männlich dominierte Ordnung in den Akteuren auch real präsent ist, als "systematisches Schemata der Wahrnehmung, des Denkens und des Handelns" (Bourdieu 1998: 20). Rendtorff (2006) stellt diese Ordnung anhand einer Beschreibung von Genitalien sehr treffend dar: Schon durch die Bezeichnung des weiblichen Genitals als "Scheide" - bereits als Kleinkind durch die Eltern, -geraten Vulva und Klitoris gegenüber der Vagina in ein Hintertreffen "und der Penis des Mannes wird zu einem 'siegreichen Organ', die Vagina zu einem 'Loch' in doppelter Bedeutung: dem Ein- oder Zugang und dem Zeichen der Abwesenheit (des Penis), eines Fehlens" (ebd.: 97). Die männliche Ordnung und damit auch das Konzept der hegemonialen Männlichkeit sind somit Teil von - auch unbewussten- Wahrnehmungs- und Bewertungslogiken von und durch Menschen (ebd.: 14). Damit ist zwar noch nicht gesagt, wie sich ein Subjekt dazu verhält oder ob eine Bewertung überhaupt stattfindet, aber in Konsequenz erscheint zumindest der vermeintlich selbstverständliche Charakter besser verständlich.

Ohne in dieser Arbeit umfassend auf das Konzept der hegemonialen Männlichkeit eingehen zu können,[40] kann von dieser die komplizenhafte, marginalisierte und untergeordnete Männlichkeit abgegrenzt werden (Meuser 2006: 165). Dies können beispielsweise homosexuelle oder Trans*männer sein, aber auch Männer, die aufgrund anderer Aspekte wie Klasse oder Ethnie nicht Teil dieser Hegemonie sein können, diese zumindest teilweise aber auch gern verkörpern würden. Hinsichtlich einer abgrenzbaren Zuordnung verweist Meuser in diesem Zusammenhang auf eine bestimmte Begriffsunschärfe, wie sie bei der Geschlechterthematik allgegenwärtig zu bestehen scheint (ebd.). Nicht-hegemoniale Männlichkeiten sind wiederum oft geprägt von Diskriminierungs- und/oder Gewalterfahrungen, wenn sie nicht mindestens als Mitläufer versuchen, die Norm zu erreichen. Will, kann oder darf "Mann" nicht Teil der Norm sein, ist Mann vielfach gesellschaftlich sofort Teil der marginalisierten oder untergeordneten Männlichkeit.[41] Bourdieu (1997) bezeichnet dies als die "ernsten Spiele des Wettbewerbs unter Männern" (ebd.: 203).

Die heteronormative Kultur der Zweigeschlechtlichkeit bringt folglich multiple Männlichkeiten hervor, wobei nach Conell[42] dabei Körperbau, ökonomische Lage, institutionelle Geschichte oder auch persönliche und familiäre Beziehungen eine Rolle spielen (Czollek et al. 2009: 28). Dabei weisen die Autor_innen explizit darauf hin, dass innerhalb einer solchen Kultur folglich auch "niemand frei [ist], sich einfach irgendeine Genderrolle anzueignen" (ebd.), also aus dieser Sicht nicht Individuum, sondern Kultur als veränderungsbedürftig begriffen werden muss. Festzuhalten ist dabei aber auch, dass sich bei aller Unterschiedlichkeit Männer dennoch Privilegien wie Zugänge zum Arbeitsmarkt oder zu Bildung untereinander teilen (Czollek et al. 2009: 28). Dabei sind sie nach einer androzentristischen[43], heteronormativen Sichtweise - als Teil der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit - über Weiblichkeit dominant, gleich welcher Kategorie von Männlichkeit sie jeweils selbst zugeordnet werden können (ebd.: 29), was für Meuser (2006) "die wichtigste Achse der Macht" ist (ebd.: 164). Hegemoniale Männlichkeit erschöpft sich also nicht in einer Machtlogik von Männern gegenüber Frauen, sondern beinhaltet dezidiert auch Macht von Männern über andere (untergeordnete) Männer (ebd.: 169).

Zusammengefasst lässt sich bisher festhalten, dass "Geschlechtsidentitäten weder wahr noch falsch, weder wirklich noch scheinbar, weder ursprünglich noch abgeleitet sein [können]" (Butler 1991: 208). Es gibt insgesamt eigentlich viele Geschlechtsidentitäten und nicht nur eine "weibliche" oder "die männliche", in einer Kultur der Zweigeschlechtlichkeit erscheinen allerdings dennoch nur wenige als zulässig. Geschlecht ist dabei trotz seines konstruierten, grundsätzlich imaginären Charakters dennoch wirkmächtig in den einzelnen Subjekten. Hier müssen die unterschiedlichen Kategorien kohärent sein und insbesondere das Begehren sollte heterosexuell ausgerichtet sein, um als "echter" Mann oder "richtige" Frau innerhalb einer Kultur der Zweigeschlechtlichkeit bestehen zu können und nicht als abweichend aufzufallen/ausgegrenzt zu werden. Dabei kommt dem Aspekt der Sprache in unserer Kultur wesentliche Bedeutung zu. Die Auflösung des Zwangscharakters der Heterosexualität, führt allerdings auch in Butlers Überlegungen zu einem Zusammenbruch der gängigen Vorstellung von Geschlechtsidentität als solche. Ob dies kulturell überhaupt vorstellbar ist, ist auch laut Butler eine nach wie vor ungeklärte Frage (ebd.: 204f).

Bis hier sollte auch deutlich geworden sein, dass die Kategorie Geschlecht unter anderem dazu dient, "Entwertungen, Ausschlüsse oder Vereinnahmungen entlang normativer Kriterien 'angemessener' Vergeschlechtlichungen oder Körper(ungen) auszusprechen" (Engel 2002: 11). Dabei konnte auch dargestellt werden, dass über die sexuelle Orientierung unter anderem die Hierarchisierung von Körperpraktiken, Begehrensausrichtungen und Beziehungsformen um eine Norm (naturalisierte Heterosexualität) herum organisiert und Abweichungen gesellschaftlich über Sprache und Verhalten sanktioniert werden (ebd.). Dabei beruht diese Ordnung elementar auf der "Norm der Stabilität und Kohärenz zweier eindeutig geschiedener, aber aufeinander bezogener Geschlechter" (ebd.) und einem heteronormativen Begehren. Insbesondere die bisher dargestellten diskurstheoretischen Überlegungen und die herausgearbeitete Bedeutung der Sprache haben allerdings auch Überlegungen zur geschlechtsspezifischen Sozialisation in Frage gestellt (Ehlert 2012: 27). Da Sozialisation bzw. Selbstsozialisation von Menschen bei der Thematik der Geschlechtlichkeit aber aus einer sozialpädagogischen Sichtweise dennoch eine gewichtige Rolle spielt - Lebensraum als auch Subjekt und sein Umfeld gleichermaßen bedeutsam sind - soll auf diesen Aspekt im folgenden Kapitel noch näher eingegangen werden.

1.3 Die Bedeutung von Sozialisation zur Reproduktion der zweigeschlechtlichen Gesellschaft

Die Reproduktion der zweigeschlechtlichen Gesellschaft erfolgt nicht unabhängig von Aspekten der menschlichen Sozialisation. Geschlechtsspezifische Sozialisation umfasst dabei vielfältige Dimensionen, wie den Umgang mit Emotionen wie Freude, Wut, Glück, Hass oder Angst, aber auch die Entwicklung eines Körperbewusstseins, die Internalisierung von Werten und Normen und die Identifikation mit Bezugspersonen (Mogge-Grotjahn 2004: 82). Im Laufe des Sozialisationsprozesses entsteht dabei eine "Ich-Identität", wobei die bisher dargestellten Aspekte zur Geschlechtlichkeit eine bedeutsame Dimension dieses Ichs darstellen (ebd.). Gerade die Interaktion in der eigenen Familie, in einer Partnerschaft, in sozialen Gruppen oder im schulischen wie beruflichen Umfeld wirken dabei auf das Subjekt ein. Der Prozess der Aneignung von Geschlechtlichkeit vollzieht sich dabei in all den dargestellten Dimensionen (ebd.: 93). Die Interaktion ist wiederum oft geprägt von geschlechtsstereotypen Vorstellungen, die sich bei allen Personen finden lassen, die bei der Sozialisation von - zunächst - Kindern bedeutsam sind (Trautner 2006: 110). Dies sind beispielsweise die Eltern, Erzieher_innen in Kindertageseinrichtungen, Lehrer_innen oder die Peergroups (ebd.). Dazu gehört dann beispielsweise die geschlechtsstereotype Verteilung beziehungsweise das Verfügbarmachen von Spielsachen (Hagemann-White 1984: 60), oder dass Jungen oft energischer angefasst werden oder anderen Hobbys als Mädchen nachgehen dürfen (ebd.: 16), also unterschiedlich behandelt werden und in Konsequenz auch selbst handeln wollen.

Dabei wird in einer zweigeschlechtlichen Denkweise unterschiedliches Verhalten bei Jungen und Mädchen von Anfang an unterstützt und sie erfahren darauf durch ihre Umwelt positive wie negative Reaktionen (ebd.: 109). Das Spiel von Lob und Tadel bei normgerechtem, kindlichem Verhalten ist also immanenter Teil des Alltags von Kindern und später Jugendlichen (ebd.: 60). Neben unmittelbarem Zwang erfolgt dies auch über ein Zusammenspiel von "Erpressung und Bestechung" (Stuve et al. 2012: 34): Durch schichtspezifisch korrektes, den Geschlechter-Anforderungen entsprechendes Verhalten gilt ein Kind beispielsweise als erwachsen und wird auch so gelobt ("Bist ja schon ein großer Junge!"). Neben der damit verbundenen Bedürfnisbefriedigung (beispielsweise nicht mehr als Kleinkind gesehen zu werden), "ergibt sich [daraus] unter Umständen [auch] eine neue und besondere Nähe zum gleichgeschlechtlichen Elternteil" (ebd.). Selbst wenn dies so nicht geschieht und Eltern oder insbesondere auch pädagogische Fachkräfte solches vermeiden, kommt es dennoch dazu, dass Kinder trotzdem stereotype Geschlechtsrollen beispielsweise über Kleidung, allgemeine Farbwahl oder Interessen nach außen hin darstellen, bis sie sich "subtilere Unterscheidungsweisen angeeignet haben" (Stuve et al.: 2012: 34). Dabei kommt diesen Stereotypen - auch im weiteren Verlauf des Lebens - insofern Bedeutung zu, dass auch sie in der Bewältigung des Alltags dazu dienen "die Komplexität der Welt in überschaubare Einheiten zu reduzieren" (Alfermann 2001: 30). Vielfalt kann auf diese Weise wiederum jedoch kaum abgebildet werden.

Carol Hagemann-White (1984) greift bei der Beantwortung dieses Phänomens den Begriff der "kognitiven Sozialisation" (ebd.: 84) auf. Das heißt, dass Kinder, "nachdem sie die eigene Geschlechtszugehörigkeit erkannt haben, sich selbst in Richtung auf geschlechtstypische Eigenschaften sozialisieren" (ebd.). Der Grund hierfür ist der kindliche Wunsch nach Belohnung und Anerkennung verbunden mit der Tatsache, dass die dargestellte Kultur der Zweigeschlechtlichkeit für Kinder zunächst extrem schwer zu verstehen ist (Stuve et al. 2012: 34). Kinder begreifen aber dennoch sehr schnell, dass es von elementarer Bedeutung ist, korrekt nach "Mann" und "Frau" zu unterscheiden, selbst als solche erkannt zu werden und dies nicht zu können, "peinlich" ist und in der Regel unmittelbar korrigiert wird (ebd.). Die Leistung, die Kinder in den ersten sechs Lebensjahren hierfür erbringen müssen, erscheint enorm (Hagemann-White 1984: 82f):

- Neben dem Wissen, selbst Junge oder Mädchen zu sein, muss dies auch für alle anderen Menschen erkannt werden;
- Gleiches gilt für bestimmte Merkmale im Auftreten und Verhalten Dritter, für Eigennamen und Funktionen (beispielsweise "Vater"), die Geschlechtszugehörigkeiten von Menschen anzeigen;
- Als wesentlicher Unterschied müssen die Genitalien erkannt werden, insbesondere der Penis (den ein Junge hat und ein Mädchen nie bekommen kann);
- Dass Geschlecht unveränderbar ist und man selbst niemals eine andere Geschlechtszugehörigkeit haben kann, als jetzt (ebd.).

Über die Interaktion mit den ersten Bezugspersonen lernen Kinder dies in der Regel bereits in den ersten Lebensjahren und strukturieren danach auch ihre Umwelt (Mogge-Grotjahn 2004: 93). In der Folge wäre es dann Aufgabe externen Bildungseinrichtung, Kindern die Chance zu geben, das zu lernen, "was sie nicht schon von zu Hause aus wissen oder können" (Hagemann-White 1984: 44).[44]

Nach der Kindheit und ihren Mechanismen und Herausforderungen in Bezug auf die Kultur der Zweigeschlechtlichkeit, ist auch die Jugendphase von geschlechtlichen Herausforderungen geprägt. In der Soziologie wird diese Phase mit "der Bewältigung wichtiger Entwicklungsaufgaben und der allmählichen Übernahme der an den Erwachsenen-Status geknüpften Rechte und Pflichten" (Mogge-Grotjahn 2004: 94) verbunden. Das in der Kindheit mühsam erarbeitete Konzept von Geschlechtlichkeit verändert sich und muss mit den aufkommenden Wünschen nach einer eigenen Sexualität und entsprechenden sexuellen Orientierungen in Einklang gebracht werden (ebd.).[45] Hier empfangen Jugendliche geschlechtsspezifisch oft sehr unterschiedliche Eindrücke und Botschaften von ihrer Umwelt, wie beispielsweise vermittelte Idealbilder von Weiblichkeit und Männlichkeit in den Medien (ebd.). Dass diese Phase dann für Trans*jugendliche mitunter doppelten Stress bedeuten kann, wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch deutlich werden, insbesondere wenn die Erkenntnis, Trans* zu sein, nicht schon in der Kindheit klar war. Für Cis-Jugendliche hingegen scheint mit dem Übergang von der Adoleszenz in das Erwachsenenalter in der Regel eine "relativ stabile Ich-Identität als Frau oder Mann" (ebd.: 96) und eine Vergewisserung über die sexuelle Orientierung erreicht zu sein (ebd.).[46] Hier sei allerdings darauf hingewiesen, dass auch Sozialisation als lebenslanger Prozess begriffen werden muss, und auch die "Ich-Identität" gerade keine statische Größe darstellt, die einmal erworben zu jeder Zeit kongruent bleibt (ebd.). Analog zu Buttler sieht auch Hagemann-White in der Sozialisation von Menschen eine "Verwischung von zuvor vorhandenen Orientierungsmöglichkeiten" (ebd.: 83), also dass auch durch Sozialisation mögliche Orientierungen als falsch verworfen werden.

Festgehalten werden kann daher, dass der eigentlich imaginäre Charakter von Geschlechtlichkeit - wie ihn unter anderem Butler vertritt - über die Sozialisation eines Menschen wirkmächtige Realität wird. Die dargestellten Sozialisationsmechanismen sollten daher nicht isoliert betrachtet werden, sondern in Verbindung mit den zuvor dargestellten Überlegungen (Trautner 2006: 117). Bei der Frage nach der Bedeutung von Geschlecht im Kontext von Sozialisation erscheint insbesondere relevant, welche theoretischen Erwägungen, welche Theoriebezüge und welches Menschenbild auf einer sehr grundlegenden Ebene als überzeugend eingeschätzt werden (Rendtorff 2006: 89). Aus einer sozialpädagogischen Perspektive gilt es daher, diese dargestellten Machtmechanismen nicht nur zu verstehen und zu analysieren, sondern auch Alternativen aufzuzeigen. Geschlecht verliert ja trotz seines imaginären, performativen Charakters nach wie vor nicht an Bedeutung (Knapp 2009a: 38) und wird absehbar auch "Klassifikationskategorie" (ebd.: 18) bleiben, der Menschen zugeordnet werden. Andrea Maihofers Überlegungen zu Geschlecht als Existenzweise lassen dabei die Möglichkeit durchblicken, diese Klassifikationskategorien auch im Sinne vulnerabler Gruppen wie Trans*personen abzuändern. Ihre Konzeption von einem "Geschlecht als Existenzweise" erscheint daneben als wertvolle Verbindung von - unter anderem - diskurstheoretischen und soziologischen Überlegungen zur Werdung von Geschlecht, auf die im Anschluss auch die plural-queere Sichtweise noch Bezug nimmt.

1.4 Geschlecht als Existenzweise - Ohne Angst verschieden sein

Die bisher abgebildeten Überlegungen bringen Andrea Maihofer (1995) zu dem Ergebnis, dass "Geschlecht als Existenzweise" zu betrachten ist (ebd.) und "die Zweigeschlechtlichkeit als eine wirkmächtige Realität, die zugleich als ein historisches Projekt der Moderne zu verstehen ist" (Stuve et al. 2012; 39). Damit wird sowohl die Bedeutung sprachlicher Herstellung und damit der imaginäre Charakter als auch die Realitätswerdung von Geschlecht berücksichtigt. So kann - mit dem Verweis auf Butler - Geschlechtlichkeit in allen Dimensionen letztendlich zwar als konstruiert verstanden werden, aber die materielle Grundlage des Körpers ist dennoch auch eine "materielle Realität" (Maihofer 1995: 41). Maihofer geht es dabei auch um eine Problematisierung der Anforderung, sich einer der beiden legitimen geschlechtlichen Existenzweisen unterordnen zu müssen, anstatt - in Anschluss an Adorno und in seiner Minima moralia auch so formuliert (Maihofer 2013: 28) - "ohne Angst verschieden sein" zu können (Grisard 2013: 11). Es geht ihr um die vielleicht utopische Vision, die bestehende "Gesellschafts- und Geschlechterordnung zu überwinden und ein menschliches Zusammenleben als zugleich verschieden und gleich zu ermöglichen" (Maihofer 1995: 12). Insofern ist es Maihofer wichtig, danach zu fragen, wie es sein kann "daß wir gegenwärtig als 'Frauen' und 'Männer' existieren, ohne dabei in einen Biologismus oder Essentialismus zu verfallen oder Körperlichkeit und Geschlechtlichkeit konstruktivistisch aufzulösen" (ebd.: 16).

Wesentlich erscheint dabei die Trennung zwischen dem "biologisch-anatomischen Geschlechtskörper" und dem "sozialen Geschlecht" (ebd.: 19): In der heteronormativen Kultur der Zweigeschlechtlichkeit erhalten zunächst völlig neutrale, anatomische Merkmale (ebd.: 71) von Menschen plötzlich Bedeutung (ebd.: 41). Dass ein Organ zu einem geschlechtlichen Zeichen wird, ist dabei eindeutig als gesellschaftliche Handlung zu begreifen - ein wie auch immer begründbarer Kausalzusammenhang zwischen Geschlechtsnormen und Geschlechtskörper ist schlicht und einfach zunächst willkürlich (ebd.: 29). In der Folge sind heute soziale Frauen und Männer auch Individuen weiblichen oder männlichen Geschlechts und Individuen nicht mehr weiblichen oder männlichen Geschlechts, weil sie soziale Frauen oder Männer sind (ebd.: 38).

Wie bereits angedeutet, ist auch Maihofer der Auffassung, dass Butler keineswegs für die Zerstörung von Mann und Frau als Kategorie eintritt (ebd.: 45), sie sieht bei ihr aber durchaus Blickverluste hinsichtlich der "Dimension des Realen" (ebd.: 46), die dann problematisch werden - aus meiner Sicht insbesondere auch für die Soziale Arbeit - wenn Butlers Kernaussagen "ontologisch verabsolutiert" (ebd.: 47) werden. Das heißt, eine Ideologisierung stattfindet und zweifellsohne nötige Veränderungen daraus folgend wenig behutsam umgesetzt werden würden: Dem Imaginären der Realität folgt zwangsweise in unserer aktuell existenten, heteronormativen Kultur der Zweigeschlechtlichkeit auch die Realität des Imaginären (Maihofer 1995: 51f). Dies sollte keinesfalls bei der Bearbeitung außer acht gelassen werden. Für Maihofer geht diese Realität des Imaginären dann oft auch mit einem "Identitätszwang" (ebd.: 44) einher, also der vermeintlichen Notwendigkeit ein Geschlecht in allen Dimensionen darstellen zu müssen, "dem sich Transsexuelle[47] (aber nicht diese allein) häufig bis zur körperlichen (Selbst)Verstümmelung ausgesetzt sehen" (ebd.).[48] Erfahrungen mit Trans*personen zeigen hier eine fundamentale Nichtübereinstimmung zwischen Körpergeschlecht und Geschlechtsidentität auf (ebd.: 54) und für viele ist eine geschlechtsangleichende Operationen elementar wichtiger Abschluss ihrer Transition.[49] Die Materialität des geschlechtlichen Körpers sollte daher keinesfalls aus dem Blick geraten (ebd.: 74). Dass dies dann auch nach den bisherigen Darstellungen gut als "Dilemma" bezeichnet werden kann, welches sich aus der binären Struktur des Denkens ergibt, sollte klar geworden sein (ebd.).

Die binären Strukturen sind aber auch die"Schwierigkeit bei dem Versuch einer Neubestimmung der Kategorie Geschlecht" (ebd.). Maihofer macht an dieser Stelle sehr deutlich, dass alle Versuche einer Neubestimmung von Geschlecht in den "Dichotomien zwischen Natur-Kultur, Körper-Geist, Materie-Bewußtsein befangen [bleiben] und dementsprechend dazu [neigen], den Begriff des Geschlechts in die eine oder andere Richtung zu verengen" (ebd.: 76), sprich Geschlecht als Fiktion vs. biologistisch begründbare Tatsache zu begreifen. Die einzige Chance wird von ihr im "'Aushalten' des Dilemmas und in der Formulierung eines Begriffs von 'Geschlecht' auf dieser Basis [gesehen]" (ebd.: 76f):

- Geschlecht und die damit verbundenen dichotomen Trennungen werden als historisch entstandene, gesellschaftlich-kulturelle Praktik gesehen und als Effekt des modernen heterosexuellen Geschlechterdiskurses verstanden;
- Es wird festgehalten, dass das Dilemma existent ist und es (noch) keine Begrifflichkeit jenseits davon gibt;
- Die Frage der Bedeutung von Natur wird daraus folgend "theoriepragmatisch" ausgeklammert;
- Die Auffassung, Geschlecht als gesellschaftliches Phänomen bzw. gesellschaftlich konstruiert zu begreifen, stellt keine ontologische Aussage, sondern eine theoriepragmatische Entscheidung dar.

In der Folge kann Geschlecht als "Existenzweise" begriffen werden, die sich aus vier Überlegungen zusammen setzt und nur ein nicht biologistischer und nicht essentialistischer Begriff von Geschlecht sein kann (ebd.: 84f):

- Geschlecht wird auch als materiell existent begriffen und nicht als bloßes Bewusstseinsphänomen;
- Geschlecht wird auch als Effekt von beständigen Darstellungen und Wahrnehmungen verstanden;
- Geschlecht wird aber auch als identitätsstiftend begriffen, als psychisches Phänomen, das sowohl historisch wie überhaupt gesellschaftlich-kulturell materialisiert, aber ohne eine natürliche (biologistische) Basis ist.

Geschlechtlichkeit ist somit als "begriffliche Balance zwischen Natur und Kultur, Körper und Geist, Materie und Bewusstsein" (ebd.:85) sowie als "komplexe Verbindung verschiedener historisch entstandener Denk- und Gefühlsweisen, Körperpraxen und Körperformen sowie gesellschaftlicher Verhältnisse und Institutionen" (ebd.) zu verstehen, eine "Art und Weise zu existieren [Hervorhebung im Original]"(ebd.). In der Folge erscheint es nachvollziehbar, dass hieraus Menschen mit komplexen, in sich widersprüchlichen geschlechtlichen und Ich-Identitäten erwachsen (Grisard 2013: 14).

Insbesondere für Überlegungen zur Praxis der Sozialen Arbeit im weiteren Fortgang dieser Arbeit würde es auch wenig zielführend sein, Jugendliche auf ein verengendes Bewusstsein von Geschlechtlichkeit hinsichtlich eines konstruktivistischen Charakters zu "trimmen": Jugendliche weisen in der Regel ohnehin ein bereits verengtes Bewusstsein in Richtung biologistische Begründbarkeit von Geschlechtlichkeit auf. Dieses durch ein anderes zu ersetzten erscheint daher nicht sinnvoll, vielmehr sollte sanktionsfreie, geschlechtliche Vielfalt der zentrale Handlungsstrang sein. Geschlecht und Geschlechtsdifferenzen erscheinen dabei als Effekte sozialer Konstruktionsprozesse zur Reproduktion und Legitimation männlicher Herrschaft und nicht als deren unabänderliche Grundlage (Maihofer 2013: 35). Damit einher geht daher meines Erachtens auch die unbedingte Notwendigkeit, weiterhin politisch auf eine echte Gleichberechtigung zwischen den Kategorien "Mann" und "Frau" zu insistieren, denn "die Kategorie der 'Geschlechterdifferenz' ist als analytische und deskriptive Kategorie" (Maihofer 2013: 38) so lange nötig, wie diese in soziale und mentale Strukturen eingeschrieben wird (ebd.). In der Praxis der Sozialen Arbeit sollten daneben aber unbedingt auch die dargestellten konstruktivistischen Aspekte berücksichtigt werden, da sich Geschlechterverhältnisse ja nicht nur in gesellschaftlichen Strukturen reproduzieren, sondern - wie dargestellt - auch in den Individuen selbst. Gerät dies aus dem Blick, würde dies nach Maihofer die Kultur der Zweigeschlechtlichkeit nicht in der nötigen Breite erfassen. (Maihofer 2013: 39). Ohne an dieser Stelle bereits zu viel vorwegnehmen zu wollen, ist auch ein Wissen über und die Beschäftigung mit den bisher dargestellten Herleitungen und Überlegungen bei Fachkräften selbst nötig, gerade im Hinblick auf die Berücksichtigung von Transidentität und damit verbundene Herausforderungen. Diese Herausforderungen sind auch nur aufgrund der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit und der damit verbundenen Verengung von Geschlecht überhaupt existent und werden im Weiteren, unter anderem bei der Analyse der Fallstudie, noch eindrücklich verdeutlicht werden.

Gerade die Erkenntnisse der Queer-Theories und darin die plural-queere Sichtweise schaffen es dabei, die bisherigen Überlegungen zu berücksichtigen und statt "Integration als Minderheit" innerhalb der Gesellschaft, die "normalisierten oder naturalisierten Funktionsweisen der hegemonial-heteronormativen Ordnung in Frage zu stellen" (Engel 2013: 70) und dabei auch die teils schmerzhaften und willkürlichen Grenzziehungen beim Thema Geschlechtlichkeit zu untergraben (ebd.). Im Anschluss an Maihofer soll daher im Weiteren noch die Queer-Theory und dabei insbesondere die plural-queere Sichtweise als mögliche alternative Betrachtungsart von Geschlechtlichkeit in der Gesellschaft dargestellt werden. Dies erscheint auch deswegen nötig, weil "Theorien der Sozialen Arbeit Queer Studies noch nicht umfassend einbezogen [haben]" (Czollek et al. 2009: 33) und daneben auch Maihofer selbst der Queer-Theory eine wichtige Bedeutung zuspricht (Maihofer 2006: 72).

1.5 Queer-Theory und die plural-queere Sichtweise

Zunächst muss in diesem Zusammenhang angemerkt werden, dass der Begriff "queer" ursprünglich als Schimpfwort in den USA gegen alle Personen Verwendung fand, die den bisher beschriebenen Normen innerhalb der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit nicht entsprechen konnten oder wollten (Perko 2014: 8). Homosexuelle Aktivist_innen machten sich den Begriff allerdings ab den 1990er Jahren als positive Selbstbezeichnung (Queer Politics) und als Denkrichtung (Queer Theory bzw. Queer Studies) immer mehr zu eigen (Czollek et al. 2009: 33). Heute wird er faktisch affirmativ, also gegenteilig und damit nicht länger als Schimpfwort verwendet (Perko 2014: 8).

Die "Queer-Theory" als wissenschaftliche Forschung gibt es dabei seit 1991 und geht laut Perko auf die italienisch-amerikanische Literaturwissenschaftlerin Teresa de Lauretis[50] zurück (ebd.). Die Begrifflichkeit sollte die Möglichkeit implizieren, "kategoriale und identitätspolitische Einschränkungen zu überschreiten" (ebd.). Queer-Studies grenzten sich damit auch zunächst von den älteren "Gender-Studies" insofern ab, dass berücksichtigt wurde, dass es nicht zwei, sondern viele Geschlechter gibt und eben nicht nur "Mann" und "Frau" (Czollek et al. 2009: 33). "Gemeint sind damit intersexuelle Menschen, Transsexuelle, Transgender, Lesben, Schwule etc."(ebd.). Degele macht aber auch deutlich, dass es nach dem aktuellen Stand der Forschung und dem Anspruch beider Disziplinen heute kaum mehr zielführend erscheint, sie als abgrenzbar gegenüber zu stellen (Degele 2008: 11): "Zwar haben sie sich aus unterschiedlichen historischen Zusammenhängen [...] entwickelt. Dennoch gibt es so deutliche inhaltliche und personelle Überschneidungen [...], dass es wenig Sinn macht, die [...] gesetzten Themenschwerpunkte gegeneinander auszuspielen" (ebd.).

Daneben weisen Autor_innen übereinstimmend auf das "Problem" hin, dass es aufgrund der angerissenen historischen Eigenheiten, verbunden mit der heutigen Praxis der Begriffsverwendung, nur sehr schwer bis unmöglich ist, "queer" als Begriff ins Deutsche zu übersetzen bzw. klassisch zu "definieren" (Perko 2014: 8, 2005: 16; Czollek et al. 2009: 34). Übereinstimmend wird hier bestenfalls ein "Gegen-die-Norm-Sein" als Näherungswert vorgeschlagen (ebd.), besser erscheint jedoch, auf die Inhalte als Disziplin zu verweisen: Queer steht für eine Politik der Sichtbarmachung abweichender Lebensarten, einhergehend mit der Kritik an Heteronormativität und Zweigeschlechtlichkeit, aber auch an homosexuellen Identitätsmodellen und den von ihnen produzierten Ausschlüssen (Perko 2014: 8). Damit kritisiert die Queer-Theory explizit die Kultur der Zweigeschlechtlichkeit und die damit verbundenen Nachteile und Herausforderungen für Trans*personen.

Ohne in dieser Arbeit auf alle Einzelheiten eingehen zu können, gibt es innerhalb der Queer-Theory wiederum drei unterschiedliche Richtungen oder Varianten: Die (feministisch)lesbisch-schwul queere Richtung, die lesbisch-bi-schwul-transgender queere Richtung und die plural-queere Richtung (Czolek et al. 2009: 34). Gerade eine queer-pluralistische Sichtweise scheint hierbei aus Sicht der Sozialen Arbeit - und damit auch für den weiteren Verlauf dieser Arbeit - am passendsten zu sein. Die folgende Tabelle verdeutlicht, dass mit dieser ziemlich übereinstimmend jene Sachverhalte in den Blick genommen werden, die in den bisherigen Kapiteln als - unter anderem für Trans*personen - nachteilig dargestellt wurden. Daneben werden aber auch Alternativen vorgeschlagen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abb.2: Kritikdimensionen der plural-queeren Sichtweise und mögliche Ansätze und Alternativen. Czollek et al 2009: 37)

Plural-queere Ansätze zeichnen sich nach Perko insbesondere dadurch aus, in der Praxis keine abschottenden einzelnen "Wir-Gruppen" zu generieren und in der Theorie auf Ausschlusslogiken[51] zu verzichten und daneben einem demokratischen Gesellschaftsentwurf das Wort zu reden, "der sich für die gegenseitige Anerkennung von Pluralität ausspricht"(Perko 2005: 8). Ein weniger weit reichendes Verständnis von queer wird beispielsweise auch immer wieder von Trans*initiativen kritisiert (Groß 2008: 46). Pluralität meint dabei aber keinesfalls Beliebigkeit, sondern die Anerkennung einer Vielfalt von menschlichen Lebensweisen und damit verbundenen Geschlechtsidentitäten (Perko 2005: 8). Damit einher geht ebenfalls die Abgrenzung von "intendierten Identitätslogiken" (ebd.), das heißt homogenen Ordnungen zum Nutzen einer und Nachteil einer anderen Gruppe innerhalb von Gesellschaften (ebd.). "Im Bezug auf diese Entwürfe sind Instrumentarien und Prämissen wie der Dialog, das dialogische Prinzip und der Perspektivwechsel ebenso zentral wie Menschenrechte und Gerechtigkeit aus queerer Sichtweise" (ebd.: 10). Eine Vorstellung, die auch mit dem eingangs dargestellten Berufsethos der Sozialen Arbeit gut übereinstimmt. Zusammengefasst lässt sich sich die Bedeutung der queer-pluralen Sichtweise als Alternative wie folgt umschreiben (Perko 2015: 10ff):

- Sex/Gender erscheinen als soziale und kulturelle Konstrukte. Heterosexualität als von Menschen hergestellte Kategorie, d.h. als nicht naturgegeben. Herkömmliche Rollennormativität wird gebrochen und Herrschaftsverhältnisse werden in Frage gestellt. Daraus resultiert die Forderung nach politischer Gleichheit für Menschen in ihren unterschiedlichen Seins- und Daseinsformen, ohne Differenzen auszulöschen und ohne deren politisch-ethische Bewertung vorzunehmen;
- Das Subjekt wird in seiner Unabgeschlossenheit und seinen vielschichtigen Dimensionen beschrieben. Dabei zeigen sich die Kategorien Geschlecht, Hautfarbe, Kultur, Rollen, Ethnizität, Gemeinschaften usw. nicht nur als Identitätsmix, sondern führen zu einer Aufhebung vermeintlich natürlicher Identitäten und zu Konzepten wie Trans-, Cross, Nicht-Identität etc. Dabei wird der Blick auf eine mit Identitäten operierende Ordnung und Kritik gegen alle vermeintlich natürlichen Identitäten und (Gruppen)identitätspolitiken gerichtet;

Die plural-queere Sichtweise berücksichtigt aber neben diesen Aspekten noch einen weiteren wichtigen Punkt: Die Vermeidung von "hegemonialen, eine neoliberale Umstrukturierung forcierenden Allianzen" (Engel 2013: 71) und geht damit neben Geschlecht noch auf weitere Dimensionen von Diskriminierung ein. Gerade dies scheint nämlich auch kaum im Interesse diverser vulnerabler Gruppen zu sein, wenn queere Politik einzig mit einem "entpolitisierten Feiern von Differenz als Pluralität und kulturelles Kapital" (ebd.) gleichgesetzt und damit insbesondere auch einer Kommerzialisierung unterworfen wird. Das Ergebnis dieses Diskurses - "Kommerz vs. politischer Anspruch" - ist beispielsweise jährlich auf dem Christopher-Street-Day in Berlin zu beobachten, wo deswegen zuletzt 2014 zwei Umzüge stattfanden.[52]

Festgehalten werden kann daher, dass es der Grundgedanke von queer war und ist, "vielfältige Differenzen von Menschen anzuerkennen"(Perko 2014: 8). Im Zentrum einer pluralen Sichtweise steht die Vielfalt von menschlichem Sein und damit auch von Geschlechtlichkeit und den dargestellten Dimensionen (ebd). Da dies explizit auch Trans*personen mit einschließt und die Soziale Arbeit daneben ohnehin auch intersektionale Aspekte als eine weitere Dimension ihrer Arbeit zu berücksichtigen hat, erscheint die plural-queere Sichtweise innerhalb der Queer-Theory als passend und zielführend. Bei den weiteren pädagogischen und professionstheoretischen Überlegungen - insbesondere im letzten Kapitel - soll diese daher entsprechend berücksichtigt werden, auch wenn Perko darauf verweist, dass die plurale Form in ihrer praktischen Umsetzung am schwierigsten erscheint, "weil sie die jeweiligen (Gruppen)Identitätsmarkierungen aufs Äußerste in Frage stellt, fließende Übergänge und Uneindeutigkeiten bestehen lässt und darüber hinaus keine Existenzform, keine Lebensweise und Selbstdefinition als unmöglich annimmt" (Perko 2005: 21).

Nachdem in den bisherigen Kapiteln die Entstehung und die Funktion der heteronormativen, zweigeschlechtlichen Gesellschaft umrissen und mit der Vorstellung von "Geschlecht als Existenzweise" und - darauf aufbauend - der plural-queeren Sichtweise innerhalb der Queer-Theory auch alternative Vorstellungen aufgezeigt wurden, soll nun abschließend für das erste Kapitel noch auf die biologistische Sichtweise von Geschlecht eingegangen werden.

1.6 Zur Kritik an anti-biologistischen Betrachtungsweisen von Geschlechtlichkeit

Auf durchaus berechtigte Einwände, wie beispielsweise die Überlegung Maihofers hinsichtlich eines Blickverlustes bei Butler, wurde bereits eingegangen. Solche Anmerkungen erscheinen auch aus der Sicht der Sozialen Arbeit sinnvoll, weil sie im Interesse der zu unterstützenden vulnerablen Gruppen und im Einklang mit dem dargestellten Berufsethos stehen. Aktivist_innen, Wissenschaftler_innen, Menschen, die den bisher dargestellten Überlegungen und Darstellungen folgend eine sanktionsfreie Vielfalt von Lebensformen propagieren, sehen sich aber zunehmend extremen Anfeindungen aus ganz anderen Richtungen ausgesetzt.[53] So beispielsweise anlässlich der bereits in der Einleitung dargestellten Debatte um den Bildungsplan in Baden-Württemberg. Im wissenschaftlichen Sektor kommt - neben auch dort nicht unüblichen, persönlichen Anfeindungen[54] - immer wieder auch der Vorwurf einer prinzipiellen Unwissenschaftlichkeit hinzu (Frey et al. 2013: 6).

Die Protagonist_innen in dieser - oft fernab jeglicher wissenschaftlichen Kultur geführten - Debatte reichen dabei von ultra-konservativen, christlichen Fundamentalist_innen (ebd.: 13)[55], Akteur_innen der "neuen Männerrechtsbewegung"[56] bis hin zu bekannten Faschist_innen und Rechtspopulist_innen (ebd.: 17f), die bei Aktionen in der Öffentlichkeit auch kaum Berührungsängste kennen.[57] Eine gewichtige Rolle spielen aber auch - in ihren jeweiligen (meist naturwissenschaftlichen) Fachbereichen angesehene - Personen mit professoralem Titel[58], die für eine vermeintlich wissenschaftliche Unterfütterung biologistischer Thesen, also der unabänderlichen, natürlichen (göttlichen) Vorbestimmtheit von Geschlecht, für die Szene auch essentiell wichtig erscheinen: Sie treten samt ihrem Titel auf Kongressen, bei Podiumsdiskussionen[59] oder Demonstrationen auf, wo das breite Spektrum dann durchaus "gemeinsam marschiert, obwohl getrennt argumentiert".[60]

Die Organisation erfolgt dabei meist unter gemeinsamen Labels oder in Vereinsstrukturen[61], wie beispielsweise den "Besorgten Eltern", wobei die "Demos für alle" letztendlich eine geschickt getarnte Taktik der rechtspopulistischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) sind.[62] Die Organisator_innen wehren sich nach eigener Darstellung allgemein gegen eine "Frühsexualisierung in Kitas, Kindergärten und Schulen"[63] und sehen beispielsweise im Gender-Begriff die "Zerstörung des Wertefundaments unserer Gesellschaft.[64] Die Wurzel dieser Entwicklung ist für die Kritiker_innen die Diktatur des Relativismus: "Wenn eine Kultur übereinkommt, daß es nicht möglich ist, das Gute und das Wahre zu erkennen, um daran das Handeln ihrer Mitglieder zu orientieren, dann ist der Kulturverfall unausweichlich."[65] Damit ist nichts anderes gemeint, als die heteronormative Kultur der Zweigeschlechtlichkeit weiterhin als "Leitkultur" zu verstehen und alle anderen (Lebens)Formen dem Gegenteil von "Gut und Wahr" zuzurechnen und entsprechend damit zu verfahren - nichts anderes als verklausulierte Trans*- und Homophobie. Dies mag nur ein Beispiel einer Gruppierung sein, die in dieser Debatte auftritt und ihre jeweilige Kritik kann sich in Form und Radikalität auch unterscheiden. Die Gemeinsamkeiten sind jedoch meist polemische Texte "bar jeden wissenschaftlichen Anspruchs verfasst" (Frey et al. 2013: 6), die von "zum Teil sehr unterschiedlichen Weltanschauungen geprägt sind" (ebd.: 20). Der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit in Richtung von Autor_innen, die auch in dieser Arbeit zitiert sind, fällt dabei allerdings auf die Absender_innen zurück: Das redundant zitierte Werk des Journalisten Volker Zastrow[66] verzichtet beispielsweise gänzlich auf Literaturangaben und die allgemein zu Grunde gelegte Empiriekritik zeugt von teils bemerkenswerter Ahnungslosigkeit hinsichtlich vor allem qualitativer Forschung in den sozialwissenschaftlichen Disziplinen (Dausein 2006: 20).[67] "Gegner_innen von Genderforschung werden ihren eigenen Forderungen nach 'Wahrheit' und Ideologiefreiheit' offensichtlich nicht gerecht" (Köhnen 2013: 75).

Grundsätzlich wird bei der Kritik auch unter dem Oberbegriff "Genderismus" alles zusammengefasst, was mit Konzepten zum Thema Geschlecht, Geschlechterforschung, Gleichstellungspolitik oder Gleichstellungsstrategien zu tun hat" (Frey 2013: 28). Aus pädagogischen oder gesellschaftlichen - wie dargestellt teilweise sehr unterschiedlichen und in sich oft auch widersprüchlichen - Überlegungen und Sichtweisen, wird eine Ideologie geformt, die es zu bekämpfen gilt. Judith Butler dient dabei als Kronzeugin, deren Werke die Zerstörung von Identität zum Ziel hätten. Eine solche Interpretation - die vielleicht auch absichtlich so vorgenommen wird - ist allerdings kaum geeignet, die Inhalte Butlers korrekt zu erfassen (Knapp 2009a: 28), sondern scheint vielmehr "untergründige Rezeptionsverweigerung" (Hagemann-White 2001: 184) zu sein. Auch der Vorwurf, das Konzept des "Gender-Mainstreams"[68] - als Leitbild für öffentliche Verwaltungseinrichtungen - fuße auf den (tatsächlich fragwürdigen) Menschenversuchen des Psychiaters John Money, erweist sich dabei als nicht haltbar (Frey 2013: 29f): "Wenn dieser heute zitiert wird, dann allenfalls kritisch" (ebd.: 33). Scheele weist allerdings auf den nachvollziehbaren Grund dieser Ideologiekonstruktion hin: So wird eine weitaus größere Schlagkraft vermutet, als würden die Kritiker_innen der dargestellten Überlegungen lediglich den Vorwurf eines Irrtums oder einer falschen These postulieren (Scheele 2013: 40). "Der unspezifische Ideologie-Vorwurf soll Gender Studies als nicht reflexionswürdig abstempeln und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit politisch Unerwünschtem erübrigen" (Scheele 2013: 41).

Die insgesamt durch und durch biologistische Logik der Kritiker_innen und damit einhergehende wissenschaftliche Begründungsversuche sind in anderen Bereichen mittlerweile nicht nur hinterfragt, sondern überwunden: Hautfarben sind beispielsweise genauso körperliche Merkmale wie ein Penis oder eine Klitoris. Daraus Eigenschaften oder Charaktermerkmale von Menschen selbstverständlich abzuleiten oder daran eine Hierarchisierung vorzunehmen, wird völlig zurecht und breit konsensual als Rassismus bezeichnet. Beim Geschlecht von Menschen geschieht bis heute mit einer völligen Selbstverständlichkeit aber noch viel zu oft genau dies (Gildemeister et al. 2008: 11f). Auch "biologistische Geschlechtsbestimmungen [sind aber] weder eindeutig, noch widerspruchsfrei" (Wetterer 2010: 130). Naturwissenschaften - wie beispielsweise die Biologie - sind selbst vorgeprägt durch die "Kultur der Zweigeschlechtlichkeit" und daher keinesfalls "neutral" in ihren Ansichten bzw. in ihrem Blick auf den menschlichen Körper (Gildemeister et al. 2008: 16). Nach der Haltlosigkeit der "Affenperspektive"[69] (Hagemann-White 1984: 18) erweisen sich auch neuere neurowissenschaftlich-biologistische Begründungen als kaum haltbar, sondern vielmehr als "zirkelhafte Kausalbeziehung" (Bourdieu 2005: 23), d.h. sie beziehen sich zwar redundant aufeinander, dies aber ohne wissenschaftlichen oder gesellschaftlichen Mehrwert.[70] Da insbesondere die dargestellte plural-queere Sichtweise von Geschlechtlichkeit an Stelle der heteronormativen Kultur der Zweigeschlechtlichkeit keinesfalls eine andere "Norm" setzen möchte, der sich Menschen zu unterwerfen haben, sondern sanktionsfreie Vielfalt von allen Lebensformen propagiert, kann damit auch die Hauptkritik von Gegner_innen als substanzlos zurückgewiesen werden: Die Etablierung von Genderismus als totalitäres Gesellschaftsmodell. "Queere-Theorien im plural-queeren Sinn fordern keine 'authentischen Echtheiten' oder 'echte Authentizitäten' ein" (Perko 2005: 35) und verzichten damit auf eine Normierung von Menschen. Versucht werden kann an dieser Stelle daher bestenfalls, Missverständnisse[71] auszuräumen, sofern sich Kritiker_innen hierfür überhaupt zugänglich zeigen.

Nachdem damit auch auf die Kritiker_innen hinreichend eingegangen wurde und sich ihr Verständnis als wenig sinnvoll für eine (jede) wissenschaftliche Arbeit erwiesen hat, wird dieses im weiteren Verlauf auch nicht weiter aktiv berücksichtigt. Die Existenz von nur zwei Geschlechtern mag an das gängige Alltagsverständis vieler Menschen anknüpfen, "richtig" oder im Sinne von davon ausgeschlossenen Gruppen ist es deswegen keinesfalls und damit in dieser Arbeit auch nicht unterstützenswert. Ebenfalls wurden bis hier die relevantesten Aspekte der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit, ihre Zwänge, Restriktionen und Ausschlüsse für Trans*personen, sowie gesellschaftliche Alternativen aufgezeigt und diskutiert.

Die kritische Auseinandersetzung mit den bisher aufgezeigten Aspekten der dichotomen Geschlechterordnung und ihre Berücksichtigung in der Praxis der Sozialen Arbeit erscheint als gute Möglichkeit, "den auf Trans*menschen lastenden Druck, ein möglichst perfektes Passing zu erreichen, erheblich [zu] vermindern" (Rauchfleisch 2014: 86). Herausforderungen für Trans*personen ergeben sich allerdings nicht nur aufgrund ihrer "Abweichung" von der vermeintlichen Normalität der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit, sondern auch durch die rechtliche und medizinische Situation an sich. Im folgenden Kapitel soll es daher nun um Transidentität in der Jugendphase gehen, also um die Lebenswelt von Trans*personen und die Herausforderungen, mit denen sie sich konfrontiert sehen. Dabei sollen nicht nur medizinische Aspekte und rechtliche Grundlagen dargestellt werden, sondern auch der Prozess einer Transition umrissen und für die daran anschließende Fallstudie insgesamt relevante Aspekte aufgezeigt werden.

2. Transidentität in der Jugendphase

Die dargestellte dichotome Geschlechterordnung wird spätestens dann auch im Alltagswissen von Menschen in Frage gestellt, wenn sich in ihrem Umfeld eine Trans*person als solche "outet": Der bisher selbstverständlich einem bestimmten Geschlecht innerhalb der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit zugeordnete Mensch offenbart seinem Umfeld, das andere Geschlecht zu sein beziehungsweise sein zu wollen, das er eigentlich auch schon immer war. Die Reaktion des Umfelds bei einem Outing kann dabei das gesamte Spektrum der menschlichen Gefühlswelt umfassen: Von völliger Akzeptanz bis gewalttätiger Ablehnung. Welche Erfahrungen Trans*personen dabei machen können, wird bei der Fallstudie noch näher dargestellt werden.

Die Häufigkeit von Transidentität liegt dabei nach aktuellsten Schätzungen zwischen 1:1000 (Trans*frauen) und 1:2000 (Trans*männer), also einer - entgegen der vielleicht alltäglichen Wahrnehmung - vergleichsweise großen Gruppe von Menschen (Rauchfleisch 2014: 16). Ob ein Outing als Trans*person dabei bereits in Kindheit oder Jugend vollzogen und auch dem Umfeld kommuniziert wird, ist stark von der Einstellung dieses Umfelds abhängig (ebd.: 20). Da sich heute aber immer mehr Kinder und Jugendliche outen (ebd.), erscheint die Thematik spätestens dadurch auch für die Jugendarbeit (alltagspraktisch) an Relevanz zu gewinnen. Die Jugendphase, wie sie für diese Arbeit verstanden wird, endet dabei auch nicht mit Erreichen des achtzehnten Lebensjahrs, sondern orientiert sich an der Zuständigkeit der Jugendarbeit. Diese schließt nach §7 (1) Nr. 4 SGB VIII neben minderjährigen Jugendlichen auch junge Menschen bis siebenundzwanzig Jahren mit ein, Angebote der Jugendarbeit können folglich auch von dieser Altersgruppe mit wahrgenommen werden.

Unabhängig vom Alter wird ein Outing als Trans* bei uns im Regelfall mit "Transsexualität" bezeichnet (Degele 2008: 167). Wie bereits angedeutet, erscheint dieser Begriff mittlerweile allerdings als veraltet, da er nur auf einen Aspekt der Geschlechtlichkeit abzielt, nämlich die Sexualität. Degele (2008) weist daher auch zu Recht darauf hin, dass es heute auch hier bei uns üblicher ist, den aus dem Amerikanischen stammenden Begriff "Transgender" zu benutzen: "Eine Ablehnung des Geburtsgeschlechts, die nicht notwendig mit dem Wunsch einher geht, den Körper medizinisch zu verändern" (ebd.: 167). Rauchfleisch (2014) argumentiert wohl auch deswegen, dass der passendste Begriff für ihn "Transidentität" ist, der zunehmend auch unter Fachleuten Verwendung findet (ebd.: 14). Er trifft für ihn das Wesen von Trans*personen, da es ihnen nicht um eine sexuelle Orientierung oder wie sie ihre Sexualität leben, sondern vielmehr um ihre Identität geht (ebd.). Dieser Vorstellung folgend, erscheint es auch aus Sicht der Sozialen Arbeit zielführend, von Transidentität zu sprechen. Nicht nur, weil dieser Begriff das größte Spektrum von Möglichkeiten einschließt, sondern auch dem selbst gesetzten Vielfaltsanspruch am ehesten gerecht werden kann. Transsexualität wird daneben auch immer noch mit "Krankheit" in Verbindung gebracht, Transidentität hingegen meint ein nichtpathologisches Empfinden (Rauchfleisch 2014: 14) Dabei sollten Selbstdefinitionen allerdings alle zulässig bleiben, da es letztendlich auf den Wunsch jeder einzelnen Trans*person ankommt, wie sie von Dritten bezeichnet werden möchte. Transidente selbst bezeichnen sich wiederum oft als Trans*mann oder Trans*frau, was ebenfalls den jeweiligen Zustand der Identität bezeichnet, also sich als Mann oder Frau zu fühlen, unabhängig von körperlichen, anatomischen Merkmalen (ebd.). Die dargestellte Kultur der Zweigeschlechtlichkeit suggeriert dabei in jedem Fall, dass ein Geschlechterwechsel nur unter Aufrechterhaltung der dargestellten binären Ordnung möglich ist: "Auch Transsexuelle folgen der Vorstellung einer 'Natur der Zweigeschlechtlichkeit': sie sind sich ihrer eigenen Geschlechtszughörigkeit sicher." (Gildemeister 2010: 139).

Auch wenn eine einheitliche Pathologisierung zwischenzeitlich sogar teilweise in Allianzen zwischen Betroffenen und Fachleuten kritisiert wird, erscheint es dennoch nötig, zunächst auf die medizinischen Aspekte von Transidentität einzugehen. Dabei sollen lediglich die Aspekte herausgegriffen werden, die für diese Arbeit als relevant erscheinen. Daher soll weitestgehend auf längere medizinische Beschreibungen und Fachausdrücke verzichtet werden. Die medizinische Betrachtung erscheint insbesondere deswegen nötig, weil bisher nur eine ritualisierte Begutachtung durch Ärtz_innen und Psycholog_innen - bei entsprechenden Voraussetzungen - die Übernahme von Operationskosten und eventuell nötiger, lebenslanger hormoneller Behandlung durch Krankenkassen in Deutschland garantiert. (Degele 2008: 167).

2.1 Medizinisch-psychologische Aspekte von Transidentität

Rauchfleisch (2014) verweist in diesem Zusammenhang zunächst darauf, dass lange nicht alle Trans*personen eine operative Angleichung der inneren und äußeren Organe vornehmen lassen möchten (ebd.: 21): "Während für die Einen geschlechtsangleichende Operationen ein Segen sind und angestrebt werden, werden diese von Anderen als Verstümmelung angesehen und abgelehnt".[72] Bezogen auf Green et al.[73] macht er deutlich, dass lediglich 43 bis 50 Prozent der Trans*personen eine "chirurgische Angleichung an das andere Geschlecht suchen" (ebd.: 16). Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005[74] spricht von 20 bis 30 Prozent, die keine Operation anstreben und damit die so genannte "kleine Lösung" als für sich ausreichend erachten. Obwohl sich die medizinischen Voraussetzungen für solche geschlechtsangleichenden Operationen (GAOP)[75] seit der ersten im Jahr 1952 also erheblich verbessert zu haben scheinen, wünschen sich dennoch noch lange nicht alle Trans*personen auch eine Angleichung von anatomischen Merkmalen ihres Körpers (ebd.: 17). Das Spektrum bzw. die Bandbreite scheint also sehr groß zu sein und wird heute auch weitestgehend so von Mediziner_innen, Psycholog_innen oder Richter_innen akzeptiert (ebd.: 16). Ein Grund für diese Akzeptanz könnte die weltweit schwankende Qualität der unterschiedlichen Einrichtungen sein (ebd.: 17). In Deutschland dürften die Gründe bei entsprechenden Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts liegen,[76] aber auch die möglichen Nebenwirkungen könnten eine Rolle spielen: Deren Spektrum reicht von Fistelbildung bis hin zu einem Verlust der Phalloplastik bei Trans*männern bzw. einer Verengung und Verkürzung der neu gebildeten Scheide (Neovagina) bei Trans*frauen, auch wenn diese extremen Nebenwirkungen als "sehr selten" beschrieben werden.[77] Bereits die möglichen Nebenwirkungen der Hormontherapie (beispielsweise Herzinfarkt, Schlaganfall, Bluthochdruck oder Leberschäden)[78] verdeutlichen, dass sich Trans*personen bestimmt nicht leichtfertig einer solchen Behandlung unterziehen und ihr Wunsch nach einer individuellen Transition daher um so mehr akzeptiert werden sollte.

2.1.1 Die Pathologisierung der Transidentität als Krankheit

Trotz dieser Verbesserungen hinsichtlich der Qualität bei GAOPs, dem Wissen über psychologische Befindlichkeiten von Trans*personen oder auch kleinen Verbesserungen bei der Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft (Rauchfleisch 2014: 17), wird Transidentität unter Fachleuten heute immer noch als Krankheit betrachtet (ebd.). Die "Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme" (ICD-10) sieht Transidentität beispielsweise aktuell nach wie vor als "Transsexualismus" (F64.0) innerhalb der Gruppe der "Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen" (F60-F69):[79] "Der Wunsch, als Angehöriger des anderen Geschlechtes zu leben und anerkannt zu werden. Dieser geht meist mit Unbehagen oder dem Gefühl der Nichtzugehörigkeit zum eigenen anatomischen Geschlecht einher. Es besteht der Wunsch nach chirurgischer und hormoneller Behandlung, um den eigenen Körper dem bevorzugten Geschlecht soweit wie möglich anzugleichen." Rauchfleisch (2014) verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass bisher einzig der DSM-5[80] (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen)[81] nicht mehr mit dem Begriff der "Geschlechtsidentitätsstörung" operiert, sondern von einer "Genderdysphorie" (Geschlechtsdysphorie) spricht (Rauchfleisch 2014: 18). Damit wird zwar immer noch eine psychische Störung diagnostiziert, allerding nicht mehr die Identität von Trans*personen als solche pathologisiert (ebd.). Vielmehr geht es mit dieser kleinen Änderung nun um das "Leiden an der Geschlechtsinkongruenz" (ebd.). Dies erscheint zwar nur als kleine Abwandlung, dürfte aber durchaus im Sinne von Trans*personen sein, auch wenn das Merkmal "Leid" erneut fremdbestimmten Charakter hat: Leid dürfte dabei weniger die mangelnde Übereinstimmung hervorrufen, sondern vielmehr die Begleiterscheinungen, die in unserer Gesellschaft damit einher gehen. So beispielsweise die Offenlegung intimster Sachverhalte gegenüber Dritten (Gutachtern, Medizinern, Richtern etc.) verbunden mit einem redundanten Erklärungs- und Rechtfertigungszwang oder erlebte Diskriminierungserfahrungen.

Diagnostiziert wird eine solche Geschlechtsdysphorie, wenn zwei Kriterien zusammen treffen (ebd.):

1. "Eine deutliche Nichtübereinstimmung zwischen der erlebten und zum Ausdruck gebrachten Geschlechtsidentität und dem zugewiesenen Geschlecht von mindestens 6 Monaten Dauer.
2. Eine Verknüpfung dieses Zustands mit einem klinisch relevanten Leiden oder einer Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen oder dessen Eintreten mit einer deutlich erhöhten Wahrscheinlichkeit. " (ebd.).

Die ersten Anzeichen einer solchen Diagnose lassen sich dabei durchaus bereits während der Kindheit feststellen, in einigen Fällen ab dem zweiten Lebensjahr, meistens aber weit vor der Pubertät (Fiedler 2014: 77), womit sich auch das Outing zunehmend von der Jugendphase in Richtung Kindheit verschieben könnte (ebd.: 79).

Die oben aufgeführten, vereinheitlichten Definitionen laufen dabei aber immer Gefahr, Trans*personen als eine Gruppe aufzufassen und folglich auch nur einen Persönlichkeitstyp anzunehmen. "Wir müssen uns im Gegensatz zu einer solchen Auffassung heute aber darüber klar sein, dass es bei Trans*menschen völlig unterschiedliche Verläufe und Persönlichkeitsausformungen gibt" (Rauchfleisch 2014: 20). Folglich sollte gerade auch für die Soziale Arbeit eine jeweils individuell ausgerichtete Unterstützung angezeigt sein, da diese im Regelfall ja auch auf solche Vereinheitlichungen verzichten kann und dies deswegen auch sollte.

Nach Fiedler (2014) hat sich bei einer Transition zwischenzeitlich ein "zeitlich gestuftes, prozesshaftes diagnostisch therapeutisches Vorgehen durchgesetzt", dessen Fortgang von den Trans*personen selbst bestimmt wird, sprich vor jeder Phase auch gestoppt werden kann (ebd.: 82). Dabei ist jedoch anzumerken, dass gerade der so genannte "Alltagstest", der auch von Trans*personen selbst als Zumutung erlebt werden kann[82], keinesfalls obligatorisch Teil einer Transition sein muss (Rauchfleisch 2014:33). Wenn sich eine Person dafür entscheidet, geht es einerseits um ein Ausprobieren, ob und wie der Wechsel der Geschlechterrolle möglich ist, andererseits darum, wie die Umwelt auf diesen Wechsel reagiert (ebd.). Dies kann hilfreich für Trans*personen sein, es sollte aber auch hier letztendlich eine individuelle Entscheidung bleiben, ob ein Mensch solch einen Test durchführen möchte oder nicht (ebd.: 32). Bei der Beratung sollten dann wiederum die Motive der Entscheidung in den Vordergrund gerückt werden (ebd.), wobei eine solche Vorstellung auch den Standards of Care entspricht (WPATH 2012). Die Realität ist aber dennoch meistens die, dass ein mindestens dreimonatiger Alltagstest von vielen Psycholog_innen bzw. Ärtz_innen als obligatorisch bzw. Voraussetzung für eine Hormontherapie betrachtet wird (Fiedler 2014: 83). Dabei sollte diese dann wiederum mindestens einjährig erfolgt sein, bevor chirurgische Veränderungen angestrebt werden (ebd.). Es gibt in diesem Zusammenhang aber dennoch keine"allgemein verbindlichen Behandlungsrichtlinien" (Rauchfleisch 2014: 28). Fachpersonen orientieren sich zwar offensichtlich an ähnlichen Standards,[83] diese werden aber kontinuierlich weiterentwickelt, so dass letztendlich eine fehlende Verbindlichkeit allgegenwärtig zu sein scheint (ebd.; Fiedler 2014: 82). Dies kann zwar ein Nachteil sein -beispielsweise bei vermeintlich obligatorischen Behandlungsschritten oder Zeitdimensionen - bietet aber auch eine große Chance (Rauchfleisch 2014: 28): Die eines "individuellen Vorgehens, das sich an den Wünschen des betreffenden Trans*menschen orientiert und ihn nicht in ein Raster einordnet, das ihm nicht entspricht" (ebd.).

Deutlich wird dabei aber auch immer mehr, dass es offensichtlich auch sehr auf das Menschenbild bzw. die Sichtweise von Fachpersonen ankommt, ob die Transition eher fremd- oder selbstbestimmt durch Betroffene wahrgenommen wird, da ein Einbeziehen der Trans*personen selbst offensichtlich keinem Automatismus folgt. Angesichts dieses Zustandes erscheint es folglich nur schwer möglich, ein verbindliches Schema des Ablaufs einer Transition zu schildern. Es soll daher der Hinweis auf die "psychologischen und medizinischen Behandlungsmöglichkeiten der Geschlechtsdysphorie" nach der "World Professional Association for Transgender Health" (WPATH 2012) genügen. Hiernach stehen Trans*personen die folgenden Möglichkeiten zur Verfügung:

- "Änderung des Ausdrucks ihrer Geschlechtlichkeit und Wechsel der Geschlechtsrolle (das kann bedeuten, in manchen oder in allen Bereichen in einer Geschlechtsrolle zu leben, die der eigenen Geschlechtsidentität entspricht);

- Hormontherapie zur Feminisierung oder Maskulinisierung des Körpers;

- Chirurgische Interventionen, um die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale zu verändern (z. B. Brustbereich, äußere und/oder innere Genitalien, Gesichtsformen, Körperkonturen);

- Psychotherapie (Einzel-, Paar-, Familien oder Gruppentherapie), um das Geschlechtsidentitätserleben, die Geschlechtsrolle, und den Ausdruck der Geschlechtlichkeit zu ergründen, negative Auswirkungen von Geschlechtsdysphorie und Stigmatisierung auf die psychische Gesundheit zu thematisieren, Verringerung von internalisierter Transphobie, Förderung von sozialer und peer-group Unterstützung, Verbesserung der Körperbildes oder Förderung der Belastbarkeit" (WPATH 2012: 12).

Im weiteren Verlauf der Arbeit möchte ich den bisherigen Überlegungen folgend so weit wie möglich Pathologisierungen vermeiden und Transidentität - im Sinne der dargelegten Ausführungen in den vorangegangen Kapiteln - als "'normale' Variante der Geschlechtsidentität" (Rauchfleisch 2014: 25) verstehen, da nur so "ein echter Zugang zu transsexuellen Frauen und Männern [gelingen kann]" (ebd.: 8). Rauchfleisch weist so beispielsweise auch darauf hin, dass eine traditionelle "Begutachtung" von Trans*personen für ihn mittlerweile obsolet erscheint und der beschriebene Alltagstest für viele Personen oft "unzumutbar" ist - sofern er nicht von diesen gewünscht und somit freiwillig ist (Rauchfleisch 2014: 13). Die gesamte pathologisierende Vereinheitlichung ist für ihn insgesamt in ihrer praktizierten Form überholt (ebd.: 7), nicht nur weil seine Klient_innen eine "große psychische Stabilität aufweisen" (ebd.): Damit würde für ihn vor allem "die extreme Fremdbestimmung, der Trans*personen ausgesetzt sind, zumindest ein Stück weit abgebaut" (ebd.) werden.

Wichtig ist dabei festzuhalten, dass die aktuelle medizinisch-psychologische Diagnostik insgesamt selbst innerhalb der dargestellten Kultur der Zweigeschlechtlichkeit gefangen scheint - auch hier wird selbstverständlich wieder von nur zwei Geschlechtern ausgegangen: "Das Verständnis von Transsexualität als 'besondere Form der Geschlechtsidentitätsstörung' dient zuerst der Legitimierung der binären Ordnung" (Degele 2008: 180): Trans*personen lehnen sich gegen diese Ordnung auf, um sie dann im Wunsch eines Wechsels in das eine andere, richtige Geschlecht zu bestätigen - aus "Furcht vor geschlechtlicher Heimatlosigkeit" (ebd.). Diese Sichtweise erscheint nach den bisherigen Darstellungen keinesfalls abwegig, setzt "Heimat" innerhalb der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit, "Eindeutigkeit" ja zwingend voraus. Allerdings darf daraus keinesfalls eine "Nicht-Unterstützung" von Trans*personen gefolgert werden: Der Wunsch, dem "richtigen" Geschlecht angehören zu wollen, ist real, gleiches gilt für den Leidensdruck, bis dieser Zustand erreicht ist. Damit sind Trans*personen in jedem Fall aus Sicht der Sozialen Arbeit zu unterstützen. Für diese dürfte die allgemeine Pathologisierung der Transidentität "Fluch" als auch "Segen" zugleich sein: Nur eine Klassifikation als behandlungsbedürftige Krankheit bzw. Störung kann in Deutschland aktuell die Kostenübernahme durch die Krankenkassen ermöglichen und dürfte damit zumindest in einer finanziellen Dimension ein Vorteil für viele Trans*personen sein (Fiedler 2014: 77).

Allerdings scheinen sich auch hier Krankenkassen gerne aus der "Verantwortung stehlen zu wollen" und verneinen beispielsweise einen existierenden Leidensdruck, um keine Kosten übernehmen zu müssen.[84] Dabei macht auch der MDS (Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen) aus Sicht der Sozialen Arbeit keine gute Figur. Rauchfleisch weist hier mit Franzen und Sauer[85] sowie Güldenring[86] darauf hin, dass die zuletzt 2009 vom MDS als verbindlich herausgegebenen Begutachtungsrichtlinien ohne eine Befragung von Sexualmediziner_innen oder gar Trans*organisationen erstellt wurden (Rauchfleisch 20114: 159). Sie lassen in ihrer aktuellen Form vielleicht auch deswegen kaum Spielraum für eine individuelle Behandlung offen (ebd.) und stehen damit auch im Widerspruch zu den internationalen Standards, die - wie angemerkt - auch menschenrechtliche Überlegungen berücksichtigen.

Dass "Pathologisierungskritik vs. Kostenübernahme" grundsätzlich ein Dilemma darstellt, ist dabei gut nachvollziehbar: "Ob es um die Kostenübernahme für Hormone, für eine Epilationsbehandlung, für Haarersatz, für genitalangleichende Operationen oder anderes geht, für jeden Schritt werden Anträge, Atteste, Bescheinigungen, ärztliche Stellungnahmen bis hin zu Gutachten erforderlich. [...] - ein aufzehrender Prozess" (ebd.: 163). Dass diese negativen Erfahrungen keine Seltenheit sind, wird auch noch die Analyse der Fallstudie zeigen. Psychologische Unterstützung ist selbstredend auf dem Weg einer Transition wichtig und nötig, allerdings erscheint das dargestellte medizinische Abhängigkeitsverhältnis von Trans*personen in seiner aktuellen Form doch überholt zu sein und dies nicht nur aus einem menschenrechtlichen Blickwinkel. Zudem ist das "Labyrinth" (Rauchfleisch 2014: 157) aus Recht, Medizin, Krankenkassen und Kostenträgern, durch das sich Trans*personen bei einem Geschlechterwechsel bewegen müssen, derart verschachtelt und kompliziert, dass damit sogar Expert_innen teilweise Probleme haben (ebd.). In Bezug auf die Altendorfer Empfehlungen (Haupt 2011) heißt es beispielsweise bei trans-health hierzu: "Man muss transsexuelle Menschen nicht für gestört erklären, um sie medizinisch begleiten und betreuen zu dürfen."[87] Insofern dürften an dieser Stelle insbesondere die behandelnden Fachpersonen selbst gefragt sein, sich ein modernes Verständnis über Diagnose und Begleitung zu eigen zu machen, Vorgaben in diesem Sinn zu verändern und diese bis dahin kreativ im Sinne von Trans*personen auszulegen.

2.1.2 Die medizinisch-psychologische Situation Minderjähriger

Minderjährige werden "je nach Land und Gender-Klinik unterschiedlich behandelt" (Rauchfleisch 2014: 16), sind sich ihrer Sache dabei aber nicht weniger sicher als erwachsene Trans*personen (ebd.: 89). "Sie äußern geradezu ein Befremden darüber, dass die Erwachsenen in dieser für sie selbst selbstverständlich erscheinenden Situation Probleme sehen" (ebd.). Sie drücken dabei insbesondere den Wunsch aus, die Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale[88] zu verhindern, da deren Wirkung im Widerspruch zur erlebten und ausgedrückten Geschlechtsidentität steht (ebd.: 19). In Europa, darunter auch in Deutschland, wird von Fachleuten empfohlen, die Pubertät mit Medikamenten zu blockieren, damit Zeit gewonnen werden kann und dadurch Trans*jugendliche später bei der Transition besser mitbestimmen können (ebd.: 90). Diese pubertätsblockierenden Mittel werden im Regelfall bis zum 16. Lebensjahr gegeben und im Anschluss wird mit allen Beteiligten das weitere Vorgehen besprochen (ebd.: 111).

Damit ist auch die Vorstellung verbunden, dass im Zweifelsfall die Pubertät auf diesem Weg einfach nur später "nachgeholt" werden kann. In meinen Augen scheint dies einerseits wenig nachvollziehbar, wenn doch auch Jugendliche oder bereits Kinder völlig von ihrer Transidentität überzeugt scheinen und so ein evtl. vorhandener Leidensdruck unnötig aufrecht erhalten werden würde. Anderseits mag es aber auch nachvollziehbar sein, dass irreversible Folgen (die bereits durch die Hormontherapie verursacht werden können) besser von älteren Trans*personen selbst und nicht von deren Eltern allein verantwortet werden (Degele 2008: 169). Auch Bager et al. (2015) verweisen darauf, dass eine frühe Behandlung einerseits den Leidensdruck lindern und dadurch speziell die oft als "schmerzlich empfundene Ausprägung der Geschlechtsmerkmale unterbunden werden [kann]" (ebd.: 130). Andererseits sollte aber auch das Risiko einer Fehldiagnose nicht außer Acht gelassen werden (ebd.). Die umfassend diskutierte Frage, ob bereits Kindern gegengeschlechtliche Hormone verabreicht werden sollten, muss auf diesem Weg, d.h. durch die Verabreichung pubertätsverzögernder Medikamente, jedenfalls nicht zwangsweise beantwortet werden (Rauchfleisch 2014: 111) und erscheint wohl auch deswegen als vertretbar. Neben dieser möglichen vorangestellten Hormongabe zur Pubertätsverzögerung läuft die Behandlung Minderjähriger allerdings - gerade bei einem guten Verhältnis zu Erziehungsberechtigten - nahezu anlog zu Volljährigen ab. Auf die rechtlichen Aspekte speziell für Trans*jugendliche, wird im weiteren Verlauf noch näher eingegangen.

Medizinisch relevant ist allerdings, dass Maßnahmen, die zur Sterilität eines_r Minderjährigen führen - wie die GAOP - nach §1631c BGB unzulässig sind und erst mit Erreichen der Volljährigkeit durchgeführt werden dürfen. Bager et al. (2015) weisen mit Bosinski[89] daneben darauf hin, dass die zitierten Kriterien und damit die Diagnose des ICD-10 erst bei Erwachsenen gestellt werden kann (ebd.: 130). "Bei Minderjährigen können nur 'Geschlechtsidentitätsstörungen' (ICD 10 F 64.2) oder eine 'sexuelle Reifungskrise' (ICD 10 F 66.0) anhand pathologischer Kriterien diagnostiziert werden" (ebd.) womit in dieser Altersgruppe Trans* sein zumindest nach dem ICD-10 offiziell nicht existiert. Die praktischen Auswirkungen im Bezug auf eine Unterstützung durch eine_n Psycholg_in bis zum Erreichen der Volljährigkeit dürften dadurch allerdings kaum negativ im Sinne minderjähriger Trans*personen sein, solange die Behandlungskosten der Ärtz_innen oder Psycholog_innen abgerechnet werden können.

Ob Minderjährige allerdings wiederum eigenständig Behandlungsverträge mit Krankenhäusern abschließen dürfen, ist nach wie vor ungeklärt (ebd.). Relevant wird diese Frage ab dem Moment, in dem die Akzeptanz und Unterstützung durch Eltern nicht gegeben ist, eine minderjährige Trans*personen aber eine Behandlung wünscht (ebd). Grundsätzlich kann eine minderjährige Person zwar in eine medizinische Heilbehandlung einwilligen, hierzu muss sie aber die "geistige und sittliche Reife"(ebd.: 131) haben, um "die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs und seine Gestaltung" (ebd.) beurteilen zu können.[90] Dies zu entscheiden ist wiederum Aufgabe der Medizin und bestimmt keine einfache, da es hierzu schlicht keine gesetzlichen Regelungen oder einheitliche Rechtsprechungen gibt und sich Forderungen zur Rechtssicherheit im Sinne aller Beteiligter bisher nicht durchgesetzt haben (ebd.). Auf Möglichkeiten, die sich bei anhaltenden Konflikten zwischen Eltern und minderjährigen Trans*personen aus Sicht der Sozialen Arbeit dennoch ergeben, wird noch näher eingegangen.[91]

Im Weiteren sollen daher nun, auf diese medizinischen Darstellungen aufbauend, die rechtlichen Voraussetzungen einer Transition in Deutschland näher umrissen werden. Dabei werde ich nicht nur das Transsexuellengesetz an sich und seine Veränderungen erläutern, sondern auch auf Meinungen von Fachleuten und Trans*organisationen verweisen und dabei speziell auf die Situation Minderjähriger eingehen.

2.2 Rechtliche Grundlagen einer Transition in Deutschland

In Deutschland ist die rechtliche Grundlage der Transition das Transsexuellengesetz (TSG). Dieses eröffnet Menschen die Möglichkeit, ihr zugewiesenes Geburtsgeschlecht zu ändern (Degele 2008: 166): "Unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen werden der Vorname und der Personenstand geändert - Regisseurin des Verfahrens ist die Medizin"(ebd.).[92] In der Jugendphase von Menschen können neben dem TSG auch noch weitere rechtliche Regelungen eine gewichtige Rolle spielen, unter anderem das elterliche Sorgerecht.[93] Zunächst erscheint es aber sinnvoll, näher auf TSG selbst einzugehen, auch weil dieses in den letzten Jahren immer wieder geändert wurde und von Trans*organisationen wie Fachleuten auch in der aktuellen Form für seine Mängel teils massiv kritisiert wird: "Von queerer Vielfältigkeit und Selbstentscheidung, nicht ein für alle Mal an eine Lebensform gebunden zu sein, ist nicht die Rede" (Perko 2005: 39).

2.2.1 Das Transsexuellengesetz (TSG)

Das Transsexuellengesetz ("Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen") hatte in den ersten Jahren nach seiner Verabschiedung 1980 international Vorbildcharakter (Degele 2008: 168). Trans*personen wurde damit erstmals eine juristische Grundlage für den Geschlechterwechsel eröffnet (ebd.): "Der Erhalt eines adäquaten Vornamens und der dazu passenden Geschlechtszugehörigkeit wird verbrieftes Recht und soll Transsexuellen die Eingliederung in die Gesellschaft ermöglichen" (ebd.). Dabei waren in dieser ursprünglichen Version noch ein hormoneller, chirurgischer und sozialer Geschlechterwechsel Voraussetzung für die Änderung amtlicher Papiere (ebd.). Diese Vorstellungen schlossen nicht nur ein, dass Trans*personen ohne eine solche Änderung nicht Teil der Gesellschaft waren - was eigenständig zu diskutieren wäre -, sondern machten auch unter anderem eine GAOP zwingend zu einer Voraussetzung für eine Personenstandsänderung, also der amtlichen Änderung des Geschlechts. Zwischenzeitlich wurden diverse Regelungen des ursprünglichen TSG durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) allerdings für verfassungswidrig erklärt, darunter der Zwang zu einer GAOP, worauf ich im Weiteren noch näher eingehen werde.

Das TSG regelt in seinem ersten Abschnitt die Änderung des Vornamens und im zweiten die der Geschlechtszugehörigkeit. Ersteres wird als so genannte "kleine", letzteres als "große Lösung" bezeichnet (Degele 2008: 168).

In § 1 TSG heißt es hierzu aktuell:[94]

(1) Die Vornamen einer Person sind auf ihren Antrag vom Gericht zu ändern, wenn

1. sie sich auf Grund ihrer transsexuellen Prägung nicht mehr dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen Geschlecht, sondern dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet und seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben,

2. mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sich ihr Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird, und

3. sie a) Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist,

b) als Staatenloser oder heimatloser Ausländer ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat,

c) als Asylberechtigter oder ausländischer Flüchtling ihren Wohnsitz im Inland hat oder

d) als Ausländer, dessen Heimatrecht keine diesem Gesetz vergleichbare Regelung kennt,

aa) ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt oder

bb) eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich dauerhaft rechtmäßig im Inland aufhält.

(2) In dem Antrag sind die Vornamen anzugeben, die der Antragsteller künftig führen will.

In § 8 TSG heißt es aktuell nach wie vor:

(1) Auf Antrag einer Person, die sich auf Grund ihrer transsexuellen Prägung nicht mehr dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen, sondern dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet und die seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben, ist vom Gericht festzustellen, daß sie als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, wenn sie

1. die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 erfüllt,
2. (weggefallen)
3. dauernd fortpflanzungsunfähig ist und
4. sich einem ihre äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff unterzogen hat, durch den eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts erreicht worden ist.

(2) In dem Antrag sind die Vornamen anzugeben, die der Antragsteller künftig führen will; dies ist nicht erforderlich, wenn seine Vornamen bereits auf Grund von § 1 geändert worden sind.

Dieser in § 8 (1) Nr. 4 TSG vorgesehene Zwang zur Operation erscheint nicht nur angesichts der dargestellten möglichen Nebenwirkungen, sondern auch ganz grundsätzlich im Widerspruch zum Grundgesetz (GG) und zu den Menschenrechten,[95] was im Weitesten[96] so auch vom Bundesverfassungsgericht gesehen wurde:

- § 8 (1) Nr. 3 und 4 TSG sind mit Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG nach einem Urteil des BVerfG vom 11.01.2011 (BVerfGE 1 BvR 3295/07)[97] nicht vereinbar. Sie verstoßen damit gegen die Menschenwürde, das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung sind beide Nummern nicht anwendbar.

Sowohl die andauernde Fortpflanzungsunfähigkeit als auch eine GAOP sind seit dieser Entscheidung des BVerfG keine Voraussetzung mehr für eine Personenstandsänderung, was die aktuell wichtigste gesetzliche Verbesserung für Trans*personen sein dürfte. Warum beispielsweise Trans*männer keine Kinder bekommen sollten oder schwere Operationen Voraussetzung für bürokratische Verwaltungsverfahren sein müssen, erscheint kaum nachvollziehbar. In einem Gesetzentwurf des Bundesministeriums des Inneren zur Reform des Transsexuellenrechts (BTDrucks 16/13157, S.1) vom 07. April 2009 heißt es allerdings hierzu - der Logik der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit folgend -, dass auf die Voraussetzung der dauernden Fortpflanzungsunfähigkeit "grundsätzlich nicht verzichtet werden [könne]. Die vom Geschlecht abhängige Zuordnung im Zusammenleben der Gesellschaft solle gewahrt werden; insbesondere müsse ausgeschlossen werden, dass rechtlich dem männlichen Geschlecht zugehörige Personen Kinder gebären und rechtlich dem weiblichen Geschlecht zugehörige Personen Kinder zeugen" (BVerfGE 1 BvR 3295/07: Z. 25). Sollte der Gesetzgeber bei einer künftigen überfälligen Reform tatsächlich weiterhin diesen Standpunkt vertreten, würde solches offensichtlich im Widerspruch zu dem Urteil des BVerfG stehen - abgesehen von der grundsätzlich bemerkenswerten Logik, die durch ein solches Statement deutlich wird.

Das BVerfG hob daneben in mehreren weiteren Urteilen Regelungen der §§ 1, 7 und 8 TSG in seiner ursprünglichen Version[98] auf, die heute - zumindest teilweise - so auch gar nicht mehr Teil des oben zitierten Gesetzestextes sind. Da die Entscheidungen aber im Sinne von Trans*personen sein dürften, sollen sie im Folgenden umrissen werden:

- Ursprünglich war in beiden Paragraphen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 und in §1 Abs. 1 Nr. 1, der sich wiederum auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 bezieht) eine Altersgrenze von 25 Jahren für die Vornamens- und Geschlechtsänderung vorgesehen. Nach dem Urteil des BVerfG vom 16.03.1982 (BVerfGE 1 BvR 938/81)[99] verstößt dies allerdings gegen Art. 3 (1) GG, also gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Hätte eine solche Regelung auch heute noch Bestand, wäre die Situation gerade für junge Trans*personen vermutlich deutlich schlechter einzuschätzen. Eine Altersgrenze von 25 Jahren und damit sieben Jahre über die der Volljährigkeit festzulegen, erscheint schlicht willkürlich. Wohl auch deswegen wurde diese Regelung so vergleichsweise kurz nach der Einführung des TSG wieder aufgehoben. Dennoch gibt es bisher keinen gesetzlichen Mechanismus, der es Minderjährigen ermöglichen würde, ein Verfahren eigenständig ohne den Willen der Sorgeberechtigten durchzuführen (Bager et al. 2015: 133).

- In § 8 (1) Nr. 2 TSG war ursprünglich als eine Voraussetzung vorgesehen, dass Trans*personen für die große Lösung nicht verheiratet sein dürfen. Dieser "Scheidungszwang" ist nach einem Urteil des BVerfG vom 27.05.2008 (BVerfGE 1 BvL 10/05)[100] aber mit Art. 2 Abs.1 i.V.m. Art. 1 Abs.1 und Art. 6 Abs. 1 GG nicht vereinbar, weil so verheirateten Trans*personen die Personenstandsänderung verwehrt bleibt. Mit dem Gesetz zur Änderung des TSG von 2009 wurde § 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG daher aufgehoben.[101]

Auch diese Änderung dürfte im Sinne von Trans*personen sein. Dies aber nicht nur, weil auch Trans*personen verheiratet sein können und in dieser Ehe verbleiben möchten, sondern auch weil Scheidungen eine bestimmte Zeitdimension umfassen. In dieser Zeit wäre die Transition ohne dieses Urteil faktisch unterbrochen. Aktuell ist auch die große Lösung damit jedenfalls nicht mehr abhängig vom bürokratischen Merkmal "ledig".

- In §7 (1) Nr. 3 TSG ist wiederum vorgesehen, dass auch die Vornamensänderung (kleine Lösung) unwirksam wird, wenn Trans*personen eine Ehe schließen. Diese Regelung verletzt nach einem Urteil des BVerfG vom 06.12.2005 (BVerfGE 1 BvL 3/03)[102] das von Art.2 Abs.1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Namensrecht eines "homosexuell orientierten Transsexuellen sowie sein Recht auf Schutz seiner Intimsphäre [...]" (BVerfGE 1 BvL 3/03). Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung ist diese Regelung daher nicht anwendbar.

Analog zur vorangegangen Schilderung zeugt auch diese Regelung davon, dass das TSG insgesamt einigermaßen deutlich in der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit gefangen bleibt: Der Name eines Menschen muss selbstverständlich mit seinem Geschlecht in Einklang stehen und gerade bei der Eheschließung darf nur ein männlicher Name (männliches Geschlecht) einen weiblichen Namen (weibliches Geschlecht) "heiraten", homosexuelles Begehren ist hier nicht vorgesehen.[103] Zur Begründung der beanstandeten Regelung führte die Bundesregierung nämlich tatsächlich aus, dass durch den Heiratswunsch die "betroffene Person sich wieder dem in ihrem Geburtseintrag angegeben Geschlecht zugehörig fühlt (vgl. BTDrucks 8/2947 S. 14)"( BVerfGE 1 BvL 3/03: Nr. 22) und damit die Namensänderung ja keinen Bestand mehr haben muss. Insofern ist es zu begrüßen, dass das BVerfG mit seiner Entscheidung auch solches Denken zumindest in Ansätzen in Frage gestellt hat.

- §1 (1) Nr. 1 TSG verstößt in seiner Urfassung nach einem Beschluss des BVerfG vom 18.07.2006 (BVerfGE 1 BvL1/04)[104] auch gegen das Gleichbehandlungsgebot und gegen das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit ( Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG), soweit der Paragraph "ausländische Transsexuelle, die sich regelmäßig und nicht nur vorübergehend in Deutschland aufhalten, von der Antragsberechtigung zur Änderung des Vornamens und zur Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 TSG ausnimmt" und sofern in ihrem Heimatland keine analogen Regelungen vorgesehen sind (BVerfGE 1 BvL1/04). Der Gesetzgeber wurde ferner verpflichtet, bis zum 20.07. 2007 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu schaffen. Dies wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Passgesetzes (BGBl. S.1570)[105] und den aktuellen Regelungen in §1 (1) Nr. 3 b) bis d) TSG auch entsprechend umgesetzt.

Seit dieser Entscheidung ist das TSG auch grundsätzlich auf staatenlose Personen oder Ausländer_innen in Deutschland anwendbar. Damit einher geht allerdings bis heute nicht die Einsicht, dass Trans*personen in anderen Ländern - wie bereits einleitend in dieser Arbeit dargestellt - massiven Diskriminierungen ausgesetzt sind. Zuletzt wurde beispielsweise die geplante Abschiebung einer 24 jährigen Roma Trans*frau nach Bosnien-Herzegowina (ein so genanntes "sichereres Herkunftsland"[106] ) von Aktivist_innen verhindert, da diese dort wegen ihres Trans*-Seins nicht nur vergewaltigt wurde, sondern immer wieder auch andere physische und psychische Gewalterfahrungen machen musste.[107] Gerade auch in dieser Frage scheint folglich in der deutschen Gesetzgebung noch Potential für Verbesserungen vorhanden zu sein, da eine einfache Deklarierung eines Herkunftsstaates als "sicher" scheinbar nicht den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten nach Art. 16a (2) GG sicherstellt, zumindest nicht für alle Personengruppen.

Zwar hat das BVerfG mit seinen Entscheidungen in den letzten 25 Jahren offensichtlich Verbesserungen im Sinne von Trans*personen erreichen können, allerdings sehen gerade Trans*organisationen nach wie vor massive Mängel in der Gesetzgebung. So hat der "Bundesweite Arbeitskreis TSG Reform"[108] 2012 ein umfassendes "Forderungspapier zur Reform des Transsexuellenrechts"[109] vorgelegt, dessen Forderungen im Folgenden noch kurz dargestellt werden sollen:

1. "Verwirklichung
des
Selbstbestimmungsrechtes
von
Trans*‐Personen
durch Abschaffung
der
Begutachtung
und
des
gerichtlichen
Verfahrens
(derzeit geregelt
in
§
4
Abs.
3
in
Verbindung
mit
§
1
Abs.
1
Nrn.
1
und
2 TSG);

2. Aufhebung
des
TSG
als
Sondergesetz
und
Integration
notwendiger
Regelungen
in
bestehendes
Recht;

3. Anstelle
des
gerichtlichen
Verfahrens
Änderung
des
Vornamens
und
des
Personenstandes
auf
Antrag
bei
der
für
das
Personenstandswesen
zuständigen
Behörde;

4. Ausbau
des
Offenbarungsverbots;
Einbeziehung
in
das
Ordnungswidrigkeitenrecht, d.h. sich nicht zwangsweise outen zu müssen;

5. Rechtliche
Absicherung
der
Leistungspflicht
der
Krankenkassen". (Fußnote 109)

Es scheint also noch lange nicht so zu sein, dass das das TSG bzw. die Gesetzgebung in Deutschland eine allumfassend positive Unterstützung für Trans*personen bietet. Gerade der Begutachtungszwang wird dabei immer wieder massiv kritisiert, auch von Fachpersonen, die darin einen Grund für die oft schwierige psychologische und soziale Situation von Trans*personen sehen (Rauchfleisch 2014: 161): "In die Praxis umgesetzt hat dieses Gesetz für die psychische Gesundheit und persönliche Entwicklung von Trans*menschen verheerende Folgen. Es hat krankheitsfördernden und entwicklungshemmenden Einfluss auf die jeweiligen Lebensphasen der Antragsteller_innen, also eine zusätzliche, eine juristisch konstruierte, aber längst vermeidbare Belastung [...]" (ebd.). Die Forderungen des Arbeitskreises erscheinen daher nachvollziehbar und würden mit dazu beitragen, Trans* als Teil einer Vielfalt im Sinne der dargestellten, plural-queeren Sichtweise zu verstehen. Umso weniger ist es verständlich, dass diese bisher kaum auf Reaktionen des Gesetzgebers gestoßen sind. Einzig zwei Parteien haben bisher moderne Reformvorschläge im Bundestag hierzu eingebracht: Die Fraktion Bündnis90/DIE Grünen mit ihrem Gesetzentwurf vom 16. Juni 2010[110] und die Fraktion Die LINKE mit ihrem Gesetzentwurf vom 25. Mai 2011,[111] die beide umfassende Verbesserungen im Sinne von Trans*personen vorgesehen hätten, aufgrund des Oppositionsstatus und den damit verbunden üblichen Umgangsweisen aber keine Mehrheit fanden.

Es kann daher festgehalten werden, das auch das TSG der Logik der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit unterworfen zu sein scheint: "Eine Person muss im Alltag etwas 'tun', sie muss Sachverständige, auf deren Gutachten das Gericht seine Entscheidung [...] stützt, gewinnen. Sie muss sich [...] um ein überzeugendes Auftreten bemühen und damit ihre geschlechtliche Herkunft zu verschleiern versuchen" (Degele 2008: 173). Dies scheint Trans*männern auch einfacher zu gelingen als Trans*frauen (ebd.: 174), da beispielsweise eine tiefe Stimme bei Trans*frauen im Gegensatz zu Trans*männern, nur bedingt durch Hormone veränderbar ist. Wenn es - wie dargestellt - aber ohnehin kein "Echt" gibt, und Geschlechter grundsätzlich durch ein "Tun" erst hergestellt werden, ist die schwierige Anstrengung, ein vermeintliches "Echt" zu imitieren, offensichtlich nur durch die Kultur der Zweigeschlechtlichkeit begründbar (ebd). Der Wunsch von Trans*männern und Trans*frauen, das "richtige" Geschlecht haben zu wollen ist deswegen dennoch real, die Ursache erscheint aber deutlich als konstruiert.

Nach der Darstellung dieser, für alle Trans*personen in Deutschland gleichermaßen gültigen Regelungen des TSG, soll im Weiteren noch auf die zusätzlich relevanten Gesetzestexte bei Minderjährigen eingegangen werden. Hierbei spielen neben dem TSG und seinen Regelungen insbesondere das Selbstbestimmungsrecht Minderjähriger, das Elternrecht, die elterliche Sorge und der staatliche Schutzauftrag eine Rolle, wie noch gezeigt werden wird.

2.2.2 Die rechtliche Situation Minderjähriger

Bager et al. (2015) weisen in diesem Kontext darauf hin, dass das Selbstbestimmungsrecht Minderjähriger nicht nur ein wichtiger Teil der Menschenrechte ist, sondern über unterschiedliche Persönlichkeitsbereiche in Deutschland auch als Teil der Verfassung angesehen werden kann (ebd.: 120). Sie verweisen mit Jarass[112] darauf, dass es in der deutschen Verfassung zwar kein eigenständiges Selbstbestimmungsrecht von Minderjährigen gibt, dies allerdings deswegen, weil Kinder und Jugendliche grundsätzlich Rechtssubjekte und damit Träger_innen eigener Grundrechte sind (ebd.), eine gesonderte Ausweisung also gar nicht nötig ist.[113]

Dies bedeutet, dass auch Minderjährige in Bezug auf die Menschenwürde und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht "grundrechtsmündig" sind (ebd.). "Letzteres wurde durch den Bundesgerichtshof (BGH) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aus dem Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit in Verbindung mit der unveräußerlichen Menschenwürde entwickelt" (ebd.).[114] In der Folge schützt das Persönlichkeitsrecht auch den Sexualbereich von Kindern und Jugendlichen, dem nicht nur die sexuelle Selbstbestimmung (Schutz vor Übergriffen, Recht auf Sexualität etc.) zugeordnet ist, sondern auch die Herausbildung einer eigenen sexuellen Identität (ebd):

- "So schützt Art 2 . Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG mit der näheren persönlichen Lebensphäre auch den intimen Sexualbereich des Menschen, der die sexuelle Selbstbestimmung und damit auch das Finden und Erkennen der eigenen geschlechtlichen Identität sowie der eigenen sexuellen Orientierung umfasst."[115]

Mit Rothärmel[116] weisen die Autor_innen im Weiteren folglich darauf hin, dass damit auch der Wunsch nach körperlicher Veränderung einhergehen kann, wie beispielsweise eine Annäherung an die als richtig empfundenen und im Einklang mit der gefühlten Identität stehenden Geschlechtsmerkmale (ebd.). Auch solche Wünsche müssen "im Bereich der Intimsphäre vom Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfasst sein" (ebd.). Insofern kann Minderjährigen nur schwerlich die sexuelle Selbstbestimmung abgesprochen werden, nur weil sie noch nicht volljährig sind oder vermeintlich Elternrecht oder elterliche Sorge und damit eine Meinung der Eltern dem entgegen stehen. Bager et al. (2015) verweisen in diesem Zusammenhang nämlich auch darauf, dass das Elternrecht zwar Eltern vor staatlichen Eingriffen durch den Staat schützt, sich aber nicht gegen Kinder richtet und zudem durch das Kindeswohl begrenzt ist (ebd.: 121). Mit Coester-Waltjen[117] argumentieren sie, dass das BVerfG die Bezeichnung "Elternverantwortung" an Stelle von "Elternrecht" eigentlich zutreffender findet (ebd.) und sich diese Verantwortung insbesondere auch darauf erstreckt, einen hilfsbedürftigen Menschen dabei zu unterstützen, sich zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit zu entwickeln (ebd.). Insoweit haben auch die elterliche Sorge und damit "alle Handlungen mit rechtlicher Außenwirkung für das Kind" (ebd.) nach den §§ 1616ff. BGB zum Wohl des Kindes zu erfolgen, das heißt, beispielsweise auch die Vornamenänderung nach dem TSG oder zivilrechtliche Verträge[118], wie Behandlungsverträge mit Ärzt_innen und Krankenhäusern (ebd.: 122) müssen im Sinne des Kindes erfolgen.

Allerdings wird grundsätzlich gesetzlich nicht vorgegeben, ab wann oder unter welchen Umständen eine minderjährige Person ohne die Zustimmung der Eltern in eine ärztliche Behandlung einwilligen kann, "die zivilrechtlichen Regelungen zur Geschäftsfähigkeit finden hier keine Anwendung" (ebd.).[119] Mit Huber[120] verweisen die Autor_innen darauf, dass bei der Ausübung der elterlichen Sorge zunehmend auf die Selbstbestimmungs- und Selbstverantwortungsfähigkeit des Kindes zu achten ist und nicht über "dessen Kopf hinweg entschieden werden soll" (ebd.). Analog zu den Regelungen hinsichtlich Glaubensbekenntnissen nach § 5 RelKEerG oder Einwilligung in eine Adoption nach §§ 1746 Abs. 1 und 1750 Abs. 3 BGB, wo in beiden Fällen Minderjährige bereits mit 14 Jahren eigenständig handeln können (ebd.), erscheint eine solche Regelung auch für ein Verfahren nach dem TSG angemessen. Dies gilt insbesondere, da ja sowohl für Vornamens-, als auch Geschlechtsänderung keine medizinischen Voraussetzungen (Hormonmedikation, GAOP) mehr nötig sind. Warum sollte eine Person ab 14 Jahren zwar eigenverantwortlich aus einer Kirche austreten oder einer Adoption zustimmen können, aber nicht selbstbestimmt über Vorname und Geschlecht entscheiden und nicht auch notfalls deswegen alleine eine_n Psycholg_in aufsuchen oder ein Verfahren nach dem TSG beantragen dürfen? Nach den bisherigen Ausführungen erscheint dies keinesfalls selbstverständlich so sein zu müssen.

Das dargestellte Elternrecht und die elterliche Sorge werden noch um den staatlichen Schutzauftrag ergänzt, da der Staat nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG bezüglich des Kindeswohls ein Wächteramt bekleidet (ebd.: 123), das heißt "es besteht allein zum Wohl des Kindes, muss sich daher immer an diesem orientieren und wird durch dieses legitimiert" (ebd.). Mit Coester-Waltjen weisen Bager et al. (1015) erneut darauf hin, dass der Staat das Elternrecht zwar so weit wie möglich bei allen getroffenen Maßnahmen zu berücksichtigen hat, dies aber nur, solange auch das Kindeswohl sichergestellt ist (ebd.). Für Trans*kinder und Trans*jugendliche lässt sich damit festhalten, dass eine Unterbindung oder Unterdrückung einer Transidentität beispielsweise durch Erziehungsberechtigte auch eine Kindeswohlgefährdung nach §1666 BGB darstellen und in der Folge damit auch die elterliche Sorge teilweise oder vollständig entzogen werden kann. Hierzu wäre ein entsprechendes Verfahren nach §8a SGB VIII nötig, dessen Einleitung auch eindeutig im Handlungsbereich der Sozialen Arbeit zu verorten ist.

Rauchfleisch (2014) macht allerdings deutlich, dass auch bei Trans*personen im Hinblick auf deren soziale Beziehungen gerade die Familienangehörigen eine zentrale Rolle spielen (ebd.: 71): Mit Metzger[121] weist er darauf hin, dass "ein akzeptierendes und unterstützendes soziales Umfeld, speziell durch die Familie, als größte Ressource in der Transition bezeichnet werden kann" (ebd.: 74). Insofern sollte das vorrangige Ziel der sozialen Arbeit zunächst die Erreichung einer Akzeptanz durch die Erziehungsberechtigten sein, um eine Entziehung des Sorgerechts und damit einen teilweisen oder vollständigen Beziehungsabbruch von Eltern und Kind zu vermeiden. Ein Outing kann für Eltern zunächst nämlich wie ein Schock wirken (ebd.: 72). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Signale der Kinder nicht ernst genommen wurden oder eine Trans*identität den elterlichen Vorstellungsraum übersteigt (ebd.: 73). Gerade bekannte Bezugspersonen müssten die Persönlichkeit des bekannten Menschen aber "nur noch" um die Facette Trans* erweitern, was offensichtlich nicht einfach ist und daher aus Sicht der Sozialen Arbeit unterstützt werden sollte. Im Falle einer Kindeswohlgefährdung sollten die Fachpersonen der Sozialen Arbeit dann aber auch parteiisch im Sinne der Trans*jugendlichen agieren und vor entsprechenden Schritten nicht zurückschrecken, auch wenn gerichtliche Verfahren im Ausgang ungewiss sind.

Damit sollten der Transitionsprozess und damit verbundene psychologisch-medizinische als auch rechtliche Aspekte hinreichend dargestellt worden sein. Festgehalten werden kann auch im Rechtskontext, dass " das geltende Geschlechtermodell nicht nur auf Zweigeschlechtlichkeit, sondern auch auf Übereinstimmung von Körpergeschlecht und Geschlechtsidentität fixiert [ist]" (Bager et al. 2015: 134). Dass dies die ohnehin schwierige Situation von Trans*personen nicht unbedingt erleichtert, sollte dabei deutlich geworden sein. Zuvor wurden bereits die Kultur der Zweigeschlechtlichkeit, ihre Entstehung, ihre Auswirkungen und mit der queer-pluralen Sichtweise eine mögliche Alternative dargestellt und auch die Kritik daran konnte diskutiert und verworfen werden. Im Weiteren soll nun darauf aufbauend mittels einer qualitativen Fallstudie die konkrete Lebenswelt junger, transidenter Menschen näher beleuchtet werden.

3. Die Lebenswelt transidenter junger Menschen und die Bedeutung sozialer Beziehungen - eine qualitative Fallstudie

Wie bereits angedeutet, sind Bezugspersonen, die eine Transidentität akzeptieren und Trans*personen - gerade auch Trans*jugendliche - auf ihrem Weg unterstützen, für diese von großer Bedeutung (Rauchfleisch 2014: 74): Deren Selbstverständnis und der Prozess der Transition werden "wesentlich durch die Haltung (mit)bestimmt, die ihnen gegenüber wichtige Bezugspersonen einnehmen"(ebd.). Dies dürfte neben der engeren Familie auch gleichermaßen für Partner_innen, den Freundeskreis oder das kollegiale Umfeld gelten, sofern dort für die Trans*person wichtige Bezugspersonen verortet sind. Ablehnendes Verhalten Trans*personen gegenüber wird von diesen nachvollziehbar als verletzend und als Missachtung ihrer Gefühle empfunden, gleichermaßen wirken Akzeptanz und Unterstützung entsprechend positiv. Daneben sind soziale Beziehungen ein wichtiger Faktor für die Identitätsentwicklung eines Menschen (Straus et al. 2010b: 201). Straus (2010b) weist hier unter Verweis auf Theoretiker_innen wie G.H. Mead, Ervin Goffmann und insbesondere den Psychoanalytiker Erikson darauf hin, dass gerade Jugendliche zur Formung eines ICHs auf soziale Beziehungen angewiesen sind und die Identitätsentwicklung auch im späteren Leben nicht abgeschlossen ist, sondern ein Leben lang anhält (ebd.: 202): "Ob es will oder nicht, das Subjekt muss verstärkt in seiner alltäglichen Identitätsarbeit offene Konstruktionsleistungen vollbringen. Die alltägliche Identitätsarbeit vollzieht sich dabei in einem, in der Regel aktiv gelebten sozialen Netzwerk" (ebd.). Somit erscheint Identität als Ergebnis einer starken Wechselwirkung zwischen Individuen und ihrer Umgebung und entsteht nicht völlig unabhängig davon, allein aus einem Subjekt heraus (Rauchfleisch 2014: 86).

Dabei geht Rauchfleisch (2014) im Bezug auf die Familie darauf ein, dass sich alle Familienmitglieder in vergleichsweise kurzer Zeit mit den gleichen Sachverhalten beschäftigen müssen wie die Trans*person selbst, und dies in der Folge auch als Teil der Person akzeptieren müssen (ebd.. 75). Auch dies dürfte analog für alle anderen Bezugspersonen von transidenten Menschen gelten. Ein Outing wird dabei auch, unabhängig vom Geschlecht der Trans*person selbst, von Vätern und Brüdern schlechter angenommen als von Müttern oder Schwestern (ebd.). Ob sich daraus grundsätzlich folgern lässt, dass "Männer" ein Outing schlechter aufnehmen können als "Frauen", wird ein Aspekt bei der Untersuchung der Fallstudie sein. Allerdings werden heteronormative, patriarchale Männlichkeitsbilder - und damit auch Homo- und Trans*phobie (ebd.) - bei Männern unter anderem ja durch das "Spiel des Wettbewerbs" immer wieder und sehr früh internalisiert und könnten in der Folge stärker als bei Frauen ausgeprägt sein.[122]

Im Weiteren soll es jetzt um die konkrete Lebenswelt von vier jungen Trans*personen gehen. Hierzu wurden diese und auch die Mutter eines Trans*jungen und die Schwester einer Trans*frau mittels Leitfadeninterviews befragt. Die Trans*personen zeichneten daneben jeweils eine Netzwerkkartenzeichnung ihrer für sie bedeutsamen sozialen Beziehungen. Im Folgenden soll aber nicht nur die Fallstudie analysiert werden, zuvor ist auch die Darstellung der Methodik der qualitativen und visuellen Netzwerkforschung nötig sowie eine Beschreibung des Forschungssettings und den damit verbundenen Herausforderungen.

3.1 Grundlagen der qualitativen, egozentrierten Netzwerkanalyse

Die sozialen Beziehungen von Menschen lassen sich sehr gut mit Methoden der Netzwerkforschung darstellen und interpretieren: Im Allgemeinen geht es dabei um die "Darstellung von Strukturen von Netzwerken und ihrer Dynamik sowie um ihre Funktion für die soziale Integration" (Hollstein 2006: 11), wobei der Blick oft auf die Gesamtheit der sozialen Beziehungen eines Netzwerks gerichtet ist (ebd.: 13). Dabei können verschiedene Fragen eine Rolle spielen, wie beispielsweise welche Typen von Beziehungen sich entwickeln, wie diese entstehen, ob es Zusammenhänge gibt oder ob soziale Beziehungen eine Eigendynamik besitzen (May 2013: 45). Für die Soziale Arbeit können sich daraus wiederum "in einem Theorieumfeld mittlerer Reichweite" (ebd.: 48) vieldimensionale Erkenntnisse hinsichtlich der Klärung dieser Fragen ergeben, dies sowohl auf der Mikro- als auch der Mesoebene (ebd.), da Netzwerkforschung genau zwischen diesen beiden Polen angesiedelt ist (Hollstein 2006: 11). Klassische Netzwerkforschung geht dabei in der Regel über eine individuelle Sicht hinaus und beleuchtet die Struktur von Beziehungen einer Vielzahl von Subjekten, also beispielsweise, wie ein Firmennetzwerk aufgebaut ist, wie die Rollen der einzelnen Mitglieder darin aussehen und ob dieses Firmennetzwerk wiederum mit anderen Netzwerken verbunden ist (Hollstein 2006: 13). Die Vielfalt der Landkarte der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung lässt sich grundsätzlich wie folgt darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abb. 3: Landkarte der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung. Weyer 2011: 51)

Über eine Vielzahl von erhobenen Daten können so auch mathematische Berechnungen zu dem Netzwerk angestellt werden. Es geht damit also vor allem um die formale Struktur, also zum Beispiel um die Größe des Netzwerkes an sich, die Häufigkeit des Kontaktes oder die Distanzen zwischen den unterschiedlichen Netzwerkmitgliedern (Hollstein 2006: 14). Solche "systematischen, standardisierten und auf Vergleichbarkeit abzielende Abfragen" (Hollstein 2010: 464) sind nicht nur mit großem Erhebungsaufwand verbunden, sie können auch nur sehr allgemeine Beziehungsmuster abfragen (ebd.) und laufen grundsätzlich Gefahr, "mit einem hohen methodischen Aufwand künstliche Welten zu produzieren (Mayr-Kleffel 2010: 357). Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt daher bei der Ergänzung solcher Netzwerkkonzepte um qualitative Aspekte. Diese können wiederum die funktionalen und inhaltlichen Aspekte einer Beziehung abbilden (Hollstein 2010: 464), also beispielsweise die Bedeutung sozialer Beziehungen für Trans*personen bei der Bewältigung von Herausforderungen in Bezug auf ihre Transition. Formale Strukturen des Netzwerks nehmen im konkreten Forschungssetting dieser Arbeit daher nur eine nachrangige Bedeutung ein.

Hollstein (2010) weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass qualitative Methoden und Netzwerkanalyse dennoch kein Widerspruch sein müssen, die Methodik der Netzwerkanalyse also keinesfalls nur der quantitativen Forschung vorbehalten ist (ebd.), sondern beide "durchaus konstruktiv und mit Gewinn für die Netzwerkforschung genutzt werden können" (ebd.). Unter qualitativ können dabei alle Methoden und Verfahren der empirischen Sozialforschung verstanden werden, "welche auf den Nachvollzug von Sinn und von Sinnbezügen oder, mit anderen Worten, auf 'methodisch kontrolliertes Fremdverstehen' gerichtet sind" (Hollstein 2010: 459). Daraus ergeben sich für die Erhebung und Auswertung zwei methodische Prinzipien (ebd.):

1. Bei der Erhebung sollten offene Verfahren eingesetzt werden, das heißt solche, bei denen ein_e Interviewpartner_in in der Entfaltung der eigenen Gedanken möglichst gering eingeschränkt wird (ebd.), also beispielsweise unstrukturierte oder teilstrukturierte Interviews und offene Fragen (Hollstein 2010: 462);

2. Bei der Auswertung sollten wiederum interpretative Verfahren zum Einsatz kommen, das heißt solche, die alle Äußerungen (Handlungen, verbale Äußerungen, Zeichnungen etc.) hinsichtlich der Handlungskontexte, Bedeutungszusammenhänge und Sinnbezüge im Bezug auf die Fragestellung interpretieren können (ebd.).

Bedeutsam bei der Auswertung beziehungsweise Analyse der Fallstudie ist dann allerdings auch, welche Art von "Sinn" als wesentlich erscheint. Die qualitative Sozialforschung kennt hier mehrere Richtungen (Hollstein 2006: 17):[123] So interessiert sich die Ethnomethodologie weniger für die thematischen Sinninhalte, sondern mehr für das "Wie" einer Handlung und die Regeln der Kommunikation, beispielsweise in bestimmten Milieus oder Strukturen (ebd.). Die Objektive Hermeneutik unterscheidet zwischen subjektiv-intentionalem und unbewusstem Sinn (ebd.) und die Narrationsanalyse ist insbesondere auf die Erfahrungen von Handlungen ausgerichtet und deren formale Strukturen (ebd.). Der so genannten Phänomenologie geht es wiederum hauptsächlich gerade um die subjektiven Sinnwelten von Akteur_innen (ebd). Bei allen Richtungen ist die Offenheit für den Gegenstand relevant, was bedeutet, das eigene Vorverständnis über die Untersuchung nicht als wahr anzunehmen, sondern als vorläufig zu betrachten und in der Erhebung Instrumente zu nutzen, die einen möglichst "breiten Datenstrom erfassen können" (ebd: 18). Die angesprochenen Interviewfragen sollten beispielsweise so gestaltet sein, dass den Interviewpartner_innen viel Spielraum gelassen wird, so dass sich deren Ausführungen ungehindert - an eigenen Bedeutungsdimensionen orientiert - entfalten können. Ich werde bei der Darstellung des konkreten Forschungssettings dieser Arbeit nochmals darauf zurückkommen.

Gerade qualitative Erhebungs- und Auswertungsverfahren können die Untersuchung sozialer Netzwerke "substanziell bereichern" (Hollstein 2010: 459). Ziel sollte dabei sein, eine strukturelle mit einer funktionalen Analyse der Netzwerkleistung zu verbinden, also beispielsweise mit Unterstützungsleistungen in unterschiedlichsten Kontexten (Straus 2010a: 534). Meist sind dabei Fragestellungen Gegenstand der Forschung, über die wenig bekannt ist, weil sie neu oder unerforscht sind oder es handelt sich um eine qualitative Voruntersuchung, an die sich eine umfassende quantitative Studie anschließen kann (Hollstein 2010: 460). Methodisch wird dabei meist sehr unterschiedlich vorgegangen: Von Expert_innengesprächen und narrativen Interviews über unterschiedliche Typen von Netzwerkkarten zu verschiedenen Formen der Visualisierung. (Hollstein 2006: 14). Solche "weichen Zugänge" (Hollstein 2010: 464) sind dabei oft die einzige Möglichkeit, Zugang zu Informationen vulnerabler Gruppen, wie beispielsweise Trans*personen zu erhalten (ebd). Im Vergleich zu standardisierten Fragebögen bieten dabei gering strukturierte Interviews am ehesten den Charakter einer "normalen" zwischenmenschlichen Kommunikation und können damit zu einer entspannten und offenen Gesprächsatmosphäre beitragen (ebd.). Ein qualitatives Verfahren der Netzwerkanalyse bietet sich daneben im Hinblick auf die Zielgruppe dieser Arbeit auch deswegen an, da ein solches besonders nah an den individuellen Akteur_innen ansetzt und sie mit ihren Wahrnehmungen, Deutungen und Relevanzsetzungen auch zu Wort kommen lässt (Hollstein 2010: 461). Außerdem sind qualitative Methoden besonders gut geeignet, um diese "unterschlagenen Wirklichkeiten" (Bereswill et al. 2010: 148) explorieren zu können Dies ist zumindest ein Aspekt, der scheinbar in bisherigen Erhebungen zu dem Thema Trans*- wie bereits dargestellt - nur wenig beachtet wurde. Auf diese Weise sollte sich ein Erkenntnisgewinn hinsichtlich der individuellen Lebenswelt der jeweiligen Trans*personen, ihrer Herausforderungen und der Bedeutung ihrer sozialen Beziehungen als "soziales Kapital" gut abbilden lassen.

Der Begriff des "sozialen Kapitals" geht dabei in seinem Ursprung auf Pierre Bourdieu (1983) und seine Ungleichheitssforschung zurück (Mayr-Kleffel 2010: 352). Allgemein ist in der klassischen Netzwerkanalyse darunter ein Aspekt der Sozialstruktur von Menschen zu verstehen, "der individuellen oder korporativen Akteuren breitere Handlungsmöglichkeiten eröffnet und z.B. die Koordination ihrer Handlungsabsichten zu kollektiven Aktionen erleichtert" (Jansen 1999: 22). Hierbei kann es dann beispielsweise aber auch um die Positionierung einer Person innerhalb eines Firmennetzwerkes gehen, die dazu geeignet ist, schneller (als Andere) an Informationen zu gelangen, um so beruflich erfolgreicher zu sein (Aufstiegschancen etc.). In anderen Fällen kann es bei sozialem Kapital um Positionen gehen, die bei Arbeitslosigkeit den schnellen Wiedereinstieg erleichtern, weil freie Stellen schnell an die suchende Person informell weitergeleitet werden. Bourdieu (1983) selbst definiert Sozialkapital als "die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen Kennens oder Anerkennens verbunden sind; oder, anders ausgedrückt, es handelt sich dabei um Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruhen" (ebd.: 6). Im Vergleich zu beispielsweise ökonomischem Kapital ist soziales Kapital also nicht unmittelbar im "Besitz" einer Person, sondern ist von Beziehungen zu anderen Akteur_innen in einem Netzwerk abhängig (Jansen 1999: 22). Einerseits geht es darum, welches soziale Kapital Subjekte aus ihrem Netzwerk beziehen können, andererseits darum, ob und wenn ja wie dies strategisch beeinflusst werden kann (ebd.). Mit Coleman[124], Burt[125] und Portes/Sensenbrenner[126] weist Jansen (1999) auf die wesentlichen Grundlagen sozialen Kapitals im Bezug auf Netzwerkanalysen hin (ebd.):

1. Sozialkapital als Familien und Gruppensolidaritäten in relativ abgeschlossenen Strukturen. Diese werden in der Netzwerkforschung als so genannte "strong ties" bezeichnet, also starke, enge und häufige Beziehungen (ebd.);

2. Informationskanäle als weitere Art von Sozialkapital, auf die insbesondere Granovetter[127] mit seiner Theorie der "Stärke der schwachen Beziehungen" ("weak ties") hinweist: Wer sich in Gesellschaften oder Netzwerken so positioniert, dass sich daraus ein Informationsvorsprung durch die Ausschöpfung verschiedenster (informeller) Quellen ergibt, dem eröffnen sich "positive Gelegenheiten" (ebd.).

3. Strukturelle Autonomie als weitere Basis sozialen Kapitals: Eine Person besitzt strukturelle Autonomie, wenn diese beispielsweise als Verbindungsglied zweier voneinander abhängiger Netzwerken fungiert und damit als sogenannter "Cutpoint" diese "strukturellen Löcher" überbrücken kann (ebd.; Mayr-Kleffel 2010: 352).[128]

4. Vertrauen in die Geltung universalitischer sozialer Normen als soziales Kapital einer Gesellschaft nach Coleman, da dadurch Verhaltenssicherheit im Umgang mit Menschen unterschiedlicher Nähe und Distanz erreicht wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abb. 4: Mögliche visuelle Abbildung von strukturellen Löchern und "weak ties": Ego vermittelt zwischen seinem Netzwerk und Netzwerk A und B. Jansen et al. 2011: 77, nach Burt 1992: 27)

Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt aufgrund der untersuchten Thematik bei den Familien- und Gruppensolidaritäten, die anderen Punkte sind für die Analyse der Fallstudie daher auch weniger relevant. Mayr-Kleffel (2010) weist im Zusammenhang mit dem Wohlbefinden von Menschen auch darauf hin, dass sich soziales Kapital als besonders erklärungskräftig durch die "subjektiv empfundene Integration in ein persönliches Netzwerk [erweist], auf dessen Hilfe man vertraut und das Zugang zu außerfamilialen, reziprozitätsorientierten [also auf Gegenseitigkeit beruhenden, Anmerk. des Verfassers], eher heterogenen sozialen Beziehungen" ermöglicht (ebd.: 352). Persönliche Netzwerke scheinen daher in erster Linie Hilfsnetzwerke zu sein, wenn es nur um das persönliche Wohlbefinden und weniger um ein konkretes Problem geht.

Gerade persönliche Beziehungen von Menschen lassen sich dabei besonders gut in sogenannten "egozentrierten" Netzwerken erfassen und darstellen (Hollstein et al. 2013: 122). Dabei steht im Unterschied zu den erwähnten komplexen Netzwerken - von beispielsweise Firmen - eine Person im Zentrum der Aufmerksamkeit (ebd.). Grundsätzlich versteht man unter solchen egozentrierten Netzwerken "die Beziehung einer fokalen Person (Ego) zu anderen Personen (Alteri), mit denen sie in einem direkten Kontakt steht" (Wolf 2010: 471), weswegen auch von einem persönlichen Netzwerk gesprochen werden kann (ebd.). "Das Interesse gilt dabei den subjektiven Bedeutungen, die den Netzwerkakteuren zugeschrieben werden, sowie der Interpretation ihrer Beziehungen" (Schönhuth 2013a: 60). Die jeweiligen Einzelpersonen sind dabei nicht selten die einzigen Informationsquellen ihrer sozialen Beziehungen (ebd). Dennoch kann bei der Erhebung, solange es um das "Kernnetzwerk der engen Beziehungen geht, von einer befriedigenden Zuverlässigkeit und Gültigkeit ausgegangen werden"(ebd.. 474), auch wenn nur Ego selbst die Informationsquelle ist. Klassischerweise bestehen Instrumente zur Erhebung egozentrierter Netzwerke aus drei Teilen (ebd.):

1. Stimuli, mit denen nach Kontaktpersonen gefragt werden kann, dies sind beispielsweise klassische Namensgeneratoren, beispielsweise mit der Frage: "Hin und wieder besprechen die meisten Leute wichtige Angelegenheiten mit anderen. Wenn Sie an die letzten sechs Monate zurückdenken: Mit wem haben Sie über Dinge gesprochen, die Ihnen wichtig waren?" (ebd). Daneben ist aber auch die Frage nach subjektiven Bedeutungszuschreibungen eine gängige Methodik (Straus 2010a: 533);
2. Der Frage nach Eigenschaften der genannten Kontaktpersonen wie Art der Beziehung zwischen befragter und Kontaktperson (sogenannte Namensinterpretatoren);
3. Fragen nach den Beziehungen der Alteri untereinander, die auch als Fragen zur Dichte bezeichnet werden (Wolf 2010: 471).

In diesem Zusammenhang verweist Straus (2010a) auch darauf, dass es grundsätzlich keine "beste" Fragemöglichkeit zur Generierung eines egozentrierten Netzwerks gibt (ebd.: 533). Im Gegensatz zu den klassischen, fest formulierten Namensgeneratoren liefert die Frage nach der Wichtigkeit allerdings gerade für qualitative Settings den "gewünschten Grad subjektiver Offenheit" (ebd.). Analog dazu verweist Hollstein darauf, dass es sich bei einem solchen Vorgehen um "ein sehr offenes Verfahren zur Bestimmung von Netzwerkmitgliedern handelt" (Hollstein 2006: 19), da eine Differenzierung nur nach dem Grad der emotionalen Verbundenheit erfolgt und der Stimulus "Wichtigkeit" einzig auf das Relevanzsystem der Interviewpartner_innen abzielt (ebd.). Auch Noack et al. (2013) haben sich in ihrer Studie "Raumpioniere im Stadtquartier" gegen klassische Namensgeneratoren entscheiden, da diese insbesondere bei der Erhebung "relationaler Daten" Verwendung finden (ebd.: 90), das heißt dort, wo üblicherweise auch Datenmatrizen generiert werden sollen. Daneben erscheint eine festgelegte zeitliche Beschränkung - wie dies nahezu alle klassischen Namensgeneratoren vornehmen - nicht immer sinnvoll (ebd.). Diesen Überlegungen folgend habe ich bei der vorliegende Fallstudie daher auf die Nutzung klassischer Namensgeneratoren ebenfalls verzichtet und stattdessen eine "komplexe Generatorfrage" (von der Lippe et al 2013: 142) genutzt, wie im Weiteren noch dargestellt wird.

Es soll aber zunächst um die grundsätzliche Bedeutung der Visualisierung in der Netzwerkforschung gehen, um im Anschluss näher auf die Methodik der ego-zentrierten Netzwerkkarte - und damit insgesamt auch auf Aufbau, Darstellung und Analyse der Fallstudie - eingehen zu können.

3.2 Visualisierung in der egozentrierten Netzwerkforschung

In der Netzwerkanalyse hat die Visualisierung schon immer eine wichtige Bedeutung: So arbeitete beispielsweise der Begründer der Soziometrie, Jakob Moreno, mit visuellen Methoden und analysierte mittels Soziogrammen soziale Selektionsprozesse (Schönhuth et al 2013b: 10). Durch visuelle Techniken können einerseits komplexe Netzwerkstrukturen bei der Präsentation quantitativ erhobener Daten besser dargestellt werden als durch reine Datenmatrizen (ebd.). Aber auch bei der qualitativen Sozialforschung können Visualisierungen beispielsweise im Nachgang zu narrativen Interviews das Verständnis der Transkription positiv beeinflussen (Straus 2013: 36).

Im Hinblick auf diese Arbeit lassen visuelle Techniken allerdings insbesondere durch die Einbindung in den qualitativen Forschungsprozess einen positiven Mehrwert erwarten: Die Interviewpartner_innen werden dadurch zu Produzent_innen ihrer eigenen Netzwerkkarte, wodurch im Anschluss an das Leitfrageninterview unter Umständen auch noch zuvor vergessene Aspekte im Bezug auf die Transition hervortreten und so auch artikuliert werden können (Schönhuth et al 2013b: 10). Die Zeichnung der Netzwerkkarte gibt so nicht nur einen Einblick in das Netzwerk bedeutsamer Personen der Interviewpartner_innen und ihre subjektive Bedeutung, sie kann zudem als Narrationsgenerator wirken, also zusätzlich erzählungsgenerierend (ebd.) und als kognitive Stütze fungieren (ebd.: 20): "Über den Schritt der Visualisierung öffnet sich der Fokus von der Erkenntnisproduktion ausschließlich durch den Wissenschaftler hin zur Option einer breiten aktiven Partizipation der Forschungsteilnehmer im Forschungsprozess" (ebd.: 10). Im Hinblick auf die Zielgruppe dieser Arbeit kann sich so in der Wahrnehmung des Forschungsprozesses durch die Interviewpartner_innen zudem auch ein anderer Charakter ergeben, als sie diesen vielleicht aus Erfahrungen in Gesprächen mit Psychiater_innen, Gutachter_innen oder vor Gericht kennen: Weniger - wie bereits dargestellt - fremdbestimmt, sondern vielmehr selbstbestimmt.

Neben Netzwerkzeichnungen, die sich durch keinerlei gemachte Vorgaben durch den/die Forscher_in kategorisieren lassen, sind Netzwerkkarten eine gängige Visualisierungsform (ebd.: 18): Diese sind durch unterschiedlich starke Strukturierungen und Standardisierungen geprägt. So kann beispielsweise durch konzentrische Kreise eine visuelle Vorgabe gemacht werden, auf subjektive Relevanzsetzungen wie "wichtig" oder "unwichtig" kann dabei aber auch verzichtet werden (ebd.). Bei der Zeichnung einer solchen Netzwerkkarte gibt es vielfältige Ansätze, die grundsätzlich zwischen den Polen "offener Ansatz" und "standardisierter Ansatz" angesiedelt sind, wie die folgende Graphik verdeutlicht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abb. 5: Elemente der Visuellen Netzwerkforschung im Forschungsprozess. Schönhuth et al. 2013b: 17).

Die Unterschiede zeigen sich dabei in zweierlei Hinsicht: Der Spielraum der Interviewpartner_innen bei der Kartengestaltung variiert in Abhängigkeit von den gemachten Vorgaben und von diesen hängt wiederum die Vergleichbarkeit von Zeichnungen unterschiedlicher Personen ab (Hollstein et al. 2013: 122). Dabei dient die Visualisierung in der quantitativen Sozialforschung auch als Hilfsmedium, so können sich bei der Zeichnung beispielsweise Erzählungen über das Zustandekommen einer Beziehung ergeben (Hollstein et al. 2013: 122). Neben der Stärke der Vorstrukturierung unterscheidet Straus (2010a) grundsätzlich zwischen vier Formen von Netzwerkkarten, wobei die ersten drei Varianten alle unterschiedlich stark standardisiert sein können (ebd.: 528):

1. Egozentrierte Netzwerkkarten, die mit einem Modell konzentrischer Kreise arbeiten, die um das mittig platzierte EGO angeordnet sind und je nach Entfernung zur Mitte unterschiedliche Bedeutungen haben beziehungsweise Übergänge zu unterschiedlichen Bedeutungen markieren können (ebd.);
2. Nicht egozentrierte Netzwerkkarten, über die Interviewpartner_innen die Möglichkeit haben, sich und ihr Netzwerk über unterschiedliche Symbole, aber ohne Zentrierung des EGO darzustellen (ebd.);
3. Lagevarianten als Unterform der nicht egozentrierten Variante. "Hier wird auf einer Art Spielfläche das Netzwerk mit Hilfe von Gegenständen visualisiert" (ebd.);
4. Freie Zeichnungen ohne irgendwelche Vorgaben (ebd.. 529). Auch bei völlig freien Zeichnungen wird das EGO aber regelmäßig mittig platziert und wichtige Personen darum herum gezeichnet (Straus 2013: 45).[129]

Auch Straus weist explizit darauf hin, dass eine Sichtung dieser unterschiedlichen Varianten der Einbettung der Netzwerkkartenzeichnung in ein Interview innerhalb des Forschungsprozesses ergibt, dass die Narration dadurch grundsätzlich nicht gestört wird, sondern zusätzlich eigene narrative Impulse davon ausgehen können (Straus 2013: 41). Die Zeichnung mittels konzentrischer Kreise (Variante 1) nach Kahn/Antonucci[130] ist dabei die vermutlich bekannteste und verbreiteteste Methode (Schönhuth 2013a: 62): Den Interviewpartner_innen wird dabei ein Medium (meist Papier) vorgelegt, auf dem im Regelfall drei konzentrische Kreise um die Mitte - die mit ICH bezeichnet ist - angeordnet sind (Straus 2013: 41). Es gibt aber auch Varianten mit bis zu sieben Kreisen und unterschiedlicher Anzahl von Sektoren, abhängig vom jeweiligen Forschungssetting (ebd.: 124). Im Anschluss wird darum gebeten, die Initialen von Bezugspersonen darin einzutragen (ebd.: 122).

Die Alteri können je nach genutztem Medium unterschiedlich markiert werden und erscheinen als "Knoten": Die Techniken reichen von der erwähnten klassischen Papiervariante (geringe Korrekturmöglichkeit durch die befragte Person), über deutlich korrekturfreundlichere Methoden wie Stecknadeln auf einer Korkplatte und Sektoreneinteilung mittels Bindfaden (ebd.: 124) bis hin zu computergestützten Erhebungsverfahren mit Hilfe von Programmen wie "VennMaker"[131].

Die Möglichkeiten der Erhebungsmethode sind also sehr breit und dürften meist von Überlegungen im Bezug auf Fragestellung, Umgebungssetting und insbesondere Zielgruppe abhängig sein. Im Weiteren soll daher nun auf das konkrete Forschungssetting, den Ablauf der Fallstudie und deren Ergebnisse eingegangen werden.

3.3 Darstellung des Forschungsprozesses, Feldzugang und Ablauf

Die Kontaktaufnahme zu möglichen Interviewpartner_innen erfolgte im Oktober und November 2015. Der Feldzugang war dabei deutlich einfacher, als zunächst vermutet. Mit Unterstützung des Sekretariats der Fakultät Sozialwissenschaften wurde zunächst am 07.10.2014 eine Email an alle Studierenden der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm verschickt. Außerdem wurden von mir am gleichen Datum bayernweit Trans*organisationen angeschrieben und auf diesem Weg ebenfalls um Unterstützung und um Vermittlung zu interessierten Interviewpartner_innen gebeten. Der Wortlaut der verschickten Email an die Studierenden lautete:

Liebe Mitstudierende,

Für meine Abschlussarbeit (Masterthesis) bin ich auf der Suche nach Interviewpartner_innen zum Thema "Transidentität/Transsexualität in der Jugendphase" (Arbeitstitel). Betreut werden wird die Arbeit von Prof. Dr. Renate Bitzan, die die Professur für "Gender und Diversity" innehat und ja auch an der Leitung des gleichnamigen Kompetenzzentrums hier an der TH beteiligt ist.

Im empirischen Teil meiner Arbeit möchte ich Personen (und im Idealfall eine/n ihrer Angehörigen wie beispielsweise Geschwister oder Mutter/Vater) dazu interviewen, wie eine solche Veränderung als Jugendliche_r bzw. in diesem Zeitabschnitt erlebt wurde, mit welchen Problemen und Herausforderungen sie konfrontiert waren und welche Beziehungen für sie dabei eine Rolle gespielt haben. Ziel der Arbeit ist es unter anderem, herauszufinden, ob und wenn ja wie die (Jugend)Sozialarbeit als mögliche Anlaufstelle bei der Thematik unterstützend agieren könnte.

Die Interviewpartner_innen müssen sich dabei nicht aktuell in dieser Phase ihres Lebens befinden, also nicht mehr zwangsweise gerade Jugendliche_r sein, sie sollten ihre Entscheidung aber zu dieser Zeit getroffen haben.

Ein solches Interview würde ca. eine bis maximal zwei Stunden dauern und soll im Zeitraum Dezember 2014 - Januar 2015 durchgeführt werden. Ort und Uhrzeit sind dabei völlig flexibel, gerne auch abends oder am Wochenende. Das Interview wird aufgezeichnet, im Anschluss verschriftlicht (transkribiert) und soweit anonymisiert, dass keine Rückschlüsse mehr auf die Person möglich sind. Die Audioaufzeichnung des Interviews wird nach der Transkription aus Datenschutzgründen vernichtet ( gelöscht nach der sog. "Gutmann-Methode").

Solltest Du dich selbst angesprochen fühlen oder Personen kennen, würde ich mich über eine Rückmeldung und die Bereitschaft, für ein Interview zur Verfügung zu stehen, sehr freuen. Sehr gerne kann diese Anfrage auch an mögliche Interviewpartner_innen weiter geleitet werden.

Für Rückfragen stehe ich immer gerne zur Verfügung.

Die Trans*organisationen wurden jeweils individuell und persönlich angeschrieben. Deren Resonanz fiel dabei vergleichsweise schlecht aus, von vielen kam bedauerlicherweise keine Rückmeldung, einzig ein Jugendzentrum in München wollte die Information zu meiner Fallstudie an Jugendliche weitergeben, allerdings ohne Ergebnis. Auf die Rundmail an der Hochschule selbst meldeten sich allerdings mehrere Mitstudierende, die in ihrem näheren Freundes- beziehungsweise Bekanntenkreis Trans*personen kennen und sicherten die Weiterleitung meines Anliegens zu. Aus dieser Quelle erschlossen sich letztendlich drei Interviewpartner_innen. Einen weiteren Trans*jungen kannte ich persönlich aus einem zeitlich begrenzten Angebot der offenen Jugendarbeit, bei dem ich als Fachkraft eingesetzt war. Außerdem konnte mit der Mutter eines Trans*jungen und der Schwester einer Trans*frau ein ergänzendes Leifrageninterview realisiert werden. Leider ergab sich bei zwei Interviewpartner_innen keine Möglichkeit, zusätzlich jemanden aus ihrem Umfeld zu interviewen, so dass die Fallstudie damit aus insgesamt sechs Leitfrageninterviews und vier Netzwerkkartenzeichnungen besteht.

Die Leitfrageninterviews und die daran anschließenden Netzwerkkartenzeichnungen konnten damit mit vier Interviewpartner_innen im Zeitraum Dezember 2014 bis Januar 2015 durchgeführt werden. Die Interviews fanden dabei fast alle in Vier-Augen Gesprächen statt, einzig bei dem Interview mit dem minderjährigen Trans*jungen "Erik" war dessen Mutter mit anwesend, die im Nachgang an Erik auch selbst interviewt wurde. Dabei hatte ich zu keiner Zeit den Eindruck, dass das Antwortverhalten dadurch verzerrend beeinflusst wurde, auch wenn Noack et al. (2013) auf diese Gefahr bei der Anwesenheit Dritter hinweisen (ebd.: 93). Die Schwester von "Anna" wurde - auf ihren Vorschlag hin - zudem mit dem Kommunikationsprogramm "Skype" via Internetverbindung interviewt, da diese außerhalb von Bayern studiert und damit ein persönliches Treffen nur schwer möglich gewesen wäre.

3.3.1 Überlegungen zum Leifrageninterview

Das Leitfrageninterview zielt mit seiner Gestaltung auf das Erleben des Transitionsprozesses im Alltag ab, insbesondere im Hinblick auf die dargestellte Kultur der Zweigeschlechtlichkeit, und die rechtliche wie medizinische Situation in Deutschland und wie dies von den Interviewpartner_innen erlebt wird/wurde.

Der Wortlaut der Leitfrageninterviews für die Trans*interviewpartner_innen lautete:

1. Ich möchte dich bitten, zunächst etwas über dich und deine Familie zu erzählen. Wo bist du aufgewachsen, wie hast du das dort erlebt?

2. Wann hast du gemerkt, dass bei dir etwas "anders ist"? Gab es einen besonderen Anlass/Moment? Kannst du mir davon erzählen?

3. Mit wem hast du als erstes darüber gesprochen, wie hast du das erlebt?

4. Wie ging es dann weiter? Gab es Probleme/Schwierigkeiten, von denen du mir erzählen kannst?

5. Hast du schon einmal Diskriminierungserfahrungen gemacht? Möchtest du mir davon erzählen? Wie bist du damit umgegangen? Mit wem hast du darüber gesprochen?

6. Welche Eigenschaften zeichnen für dich dein Geschlecht aus? (Was macht es für dich aus, als Frau/Mann zu leben?)

7. Welche Bedeutung haben für dich körperliche Geschlechtsmerkmale/Genitalien?

Der Wortlaut des Leitfrageninterviews für Personen aus dem Umfeld der Trans*personen lautete:

1. Ich möchte Sie bitten, zunächst etwas über sich, Ihre familiäre und berufliche Situation zu erzählen.
2. Gab es bereits vor der Verbalisierung des Trans* Seins Anzeichen, Momente, Situationen, aus denen eine Unzufriedenheit mit dem vermeintlich richtigen Geschlecht von Kind/Schwester/Bruder/Freund_in hervorging? Wie haben Sie/Du darauf reagiert? Können Sie/Du mir davon erzählen?
3. Wie haben Sie/Du das "Outing" erlebt, wie haben Sie darauf reagiert? Haben Sie mit jemandem darüber gesprochen?
4. Können Sie mir erzählen, wie Ihr Verhältnis zu Kind/Schwester/Bruder/Freund_in heute ist? Hat sich etwas zu früher geändert?
5. Haben Sie sich bei dem Thema Trans* Sein Beratung gesucht? Welcher Art? Wie war die Qualität der Beratung? Ich möchte Sie bitten, darüber zu erzählen.
6. Welche Formen der Unterstützung bei dem Thema würden Sie sich wünschen? Können Sie Ihre Vorstellungen/Ideen dazu erzählen?

Mit den Interviewpartner_innen wurde vorab geklärt, ob für diese das "Du" in Ordnung ist. Daneben wurde nach der Thematisierung in der Email nochmals auf relevante Datenschutzaspekte eingegangen, um bei den Interviewpartner_innen keine eventuell vorhandene Unsicherheit bestehen zu lassen. So wurde diesen zugesichert, dass bei der Transkription der Interviews eine entsprechende Anonymisierung vorgenommen wird, durch die keine Rückschlüsse mehr auf ihre Person durch Dritte möglich sind. Die dargestellten Fragen des Leitfrageninterviews mussten dabei nicht bei allen Interviewpartner_innen in der aufgezählten Reihenfolge gestellt werden, da diese nach der Eingangsfrage oft von sich aus auf alle relevanten Aspekte eingingen, die die Fragen abdeckten.

Die Zielrichtung des Leitfrageninterviews lässt sich durch eine Zeichnung meines Erachtens deswegen kaum abbilden, da es dabei in erster Linie um ein subjektives Erleben geht, und weniger um unterstützende soziale Beziehungen. Die daran anschließende Netzwerkkartenzeichnung wiederum zielt auf die bedeutsamen sozialen Beziehungen der Interviewpartner_innen ab. In der Zusammenschau erhoffte ich mir bei der Analyse ein Gesamtbild über die Lebenswelt der befragten Trans*personen, insbesondere zu der Frage, mit welchen Problemen und Herausforderungen sie sich konfrontiert sehen und welche sozialen Beziehungen als besonders wichtig oder weniger wichtig erscheinen. Darunter sollte dann auch betrachtet werden, ob es Unterschiede hinsichtlich bestimmter Aspekte wie Geschlecht gibt oder ob durch die Transition Veränderungen bei den sozialen Beziehungen stattgefunden haben.

3.3.2 Überlegungen zur Methodik der egozentrierten Netzwerkartenzeichnung

Analog zu einer Studie zu "Transnationaler Sozialer Unterstützung" von ghanaischen Remigrant_innen (Oliver 2013) entschied ich mich dafür, die Netzwerkkartenzeichung an das Leitfrageninterview hintenanzustellen. Dies ist der Überlegung geschuldet, dass das Leitfrageninterview zunächst auf die Trans*biographie der Interviewpartner_innen (in der besagten Studie auf die Migrationsbiographie) abzielt, um im Anschluss auf deren soziale Beziehungen fokussieren zu können (in der Studie ging es um das jeweilige transnationale Beziehungsnetzwerk).

Der in dieser Arbeit gewählte Ansatz der egozentrierten Netzwerkkarte ist mit seiner Strukturierung und Standardisierung dabei am unteren Ende der oben dargestellten Möglichkeiten[132] angesiedelt, um so auch eine Vergleichbarkeit zwischen den Interviewpartner_innen sicherstellen zu können. Standardisierung bedeutet für die vorliegende Fallstudie, dass visuelle Bereiche und eindeutige Merkmalsausprägungen für die Interviewpartner_innen vorgegeben wurden: Auf einem DIN A3 Whiteboard wurden konzentrische Kreis um das mittig platzierte Ego mittels wasserfestem Edding aufgezeichnet. Dabei war die Auswahl der Größe des Whiteboards insbesondere der Überlegung geschuldet, in jedem Fall genug Platz für das Einzeichnen der Alteri zur Verfügung zu stellen, da zu kleine Arbeitsflächen schnell zu genau diesem Problem für die Interviewpartner_innen führen können (Hollstein et al. 2013: 132). Die Fläche wurde ferner in gleich große Sektoren unterteilt, die mit "Familie", "Freunde" und "Bekannte/Sonstige" beschrieben wurden. Die Kreise unterteilen die Sektoren dabei in "sehr wichtig", "wichtig" und "noch wichtig":

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abb. 6: Beispiel einer Netzwerkkartenzeichnung aus der Fallstudie).

Analog zu einer Studie von Manfred Hintermair[133] zur Rolle von Unterstützungsnetzwerken von Eltern hörgeschädigter Kinder, auf die sich Straus (2013) in seinen Ausführungen bezieht, sollten die Interviewpartner_innen zudem mit einem grünen Pfeil in Richtung mittig platziertes EGO ausdrücken, mit welchen Personen innerhalb ihres Netzwerkes sie dezidiert über die Trans*thematik sprechen, jenseits von den jeweiligen Bedeutungsbeimessungen. In wieder anderen Farben sollten zudem Personen eingezeichnet werden, die aufgrund der Trans*thematik heute nicht mehr Teil des Netzwerkes sind, obwohl sie einmal bedeutsam waren, oder welche Personen deswegen neu hinzugekommen sind.

Grundsätzlich orientiert sich der visuelle Aufbau der Netzwerkkarte in meiner Fallstudie an der Studie von von der Lippe/Gaede (2013) an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg zur Konstitution personaler Netzwerke:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abb.7: Im Vergleich zur eigenen Fallstudie hier die genutzte Netzwerkkarte in der zitierten Studie. Von der Lippe et al. 2013: 144).

Auf computergestützte Erhebungsinstrumente zu Erstellung der Netzwerkkarte wurde dabei aus mehreren Gründen verzichtet. Zum einen war durch die möglichen unterschiedlichen Umgebungssettings nicht klar, ob eine problemlose Nutzung technischen Equipments realisiert werden konnte: Der Ort der Interviews wurde den Interviewpartner_innen nicht vorgegeben, es sollte lediglich wegen der Audioaufzeichnung von der Umgebungslautstärke her nicht zu laut, für sie gut erreichbar und in ihren Augen für das Interview akzeptabel sein. In der Folge entschieden sich allerdings alle Interviewpartner_innen für den Vorschlag, das Interview an der Technischen Hochschule Nürnberg durchzuführen. Durch die Nutzungsmöglichkeit der Räumlichkeiten der hochschulweiten Studierendenvertretung konnte dabei - trotz Hochschulumgebung - auch ein wenig steriles, privates Setting sicher gestellt werden ("Wohnzimmeratmosphäre"). Zum anderen verweisen Hollstein et al. (2013) auch darauf, dass gerade bei sensiblen Themengebieten die Nutzung computergestützter Erhebungsinstrumente bei Interviewpartner_innen zu mehr Ängsten hinsichtlich der Anonymität führen als analoge Erhebungsformen (ebd.: 134). Insbesondere Absagen oder Abbrüche des Interviews aus solchen Überlegungen heraus wollte ich in jedem Fall vermeiden und entschied mich daher für ein transportables Whiteboard als Medium. Durch die Nutzung unterschiedlicher Whiteboardmarker (wasserfest und wasserlöslich) konnte damit auch eine gute Möglichkeit der Wiederverwendung des Mediums und der Korrekturfreundlichkeit für die Interviewpartner_innen sicher gestellt werden. Grundsätzlich scheint auch die Haptik bei nicht digitalen Erhebungsformen für viele Befragte generell einfacher verständlich und handhabbarer zu sein als bei der Nutzung digitaler Karten (Schönhuth 2013a: 71).

Die Interviewpartner_innen wurden im Anschluss an das dargestellte Leitfrageninterview daher gebeten, ihre für sie aktuell bedeutsamen Alteri mit einem wasserlöslichen Whiteboardmarker der Farbe Schwarz in ihre Netzwerkkarte auf das Whiteboard einzuzeichnen. Die an alle Trans*personen gestellte Eingangsfrage hierzu lautete:

"Ich möchte dich jetzt bitten, in diese Karte die Menschen einzuzeichnen, die für dich wichtig/bedeutsam sind. Ich habe hierzu verschiedene Stifte und ein Whiteboard mitgebracht. Das in der Mitte bist du. Um dich herum sind drei Bereiche. Die Personen, die für dich bedeutsam sind, zeichnest du bitte als Kreis ein und schreibst in die Mitte die Anfangsbuchstaben ihres Namens. Ich möchte dich zunächst bitten, alle Personen einfach einzuzeichnen und nur zu sagen, für wen das Kürzel im Kreis steht."

Nachdem die Interviewpartner_innen mit dem Einzeichnen der ihnen wichtigen Alteri nach eigener Aussage fertig waren, wurden sie gebeten, Personen mit einem roten Whiteboardmaker zu markieren, die explizit aufgrund der Trans*thematik heute Teil ihrer Netzwerkkarte sind.

"Sind wegen des Trans* Seins im Vergleich zu davor, neue Personen hinzu gekommen, die in der Karte stehen? Ich möchte dich bitte, diese mit Rot zu markieren."

Im Anschluss wurden die Interviewpartner_innen gebeten, mögliche Personen in ihrer Netzwerkkarte zu ergänzen (blauer Whiteboardmaker), die zwar früher für sie bedeutsam waren, aber explizit wegen ihres Trans* Seins heute nicht mehr Teil des Netzwerks sind.

"Gab es Personen, die wegen des Trans* Sein nicht mehr in der Karte stehen, aber mal wichtig waren? Ich möchte dich bitten, sie in den äußersten Bereich der Sektoren noch in Blau einzuzeichnen."

Danach sollten die Interviewpartner_innen noch die wichtigen sozialen Beziehungen mit einem grünen Pfeil in Richtung Ego markieren, mit denen explizit über die Trans*thematik gesprochen wird.

"Welche Personen auf der Karte unterstützen dich beim Trans* sein? Mit wem redest du über dieses Thema? Ich möchte dich bitten, bei diesen einen grünen Pfeil in deine Richtung zu ergänzen."

Abschließend wurde noch eine Frage zu einem Vernetzungsaspekt gestellt, bei dem auch die Soziale Arbeit entsprechend unterstützend agieren könnte.

"Kennen sich die Personen in deiner Netzwerkkarte untereinander? Wenn nicht, gäbe es von Dir aus den Wunsch, dass sie sich kennen und gemeinsam über das Thema gesprochen werden kann?"

Die Häufigkeiten der Kontakte, Entfernungen zum Wohnort oder ob der Kontakt hauptsächlich virtuellen oder physischen Charakter hat, wurden dabei nicht standardisiert abgefragt. Solche Aspekte kommen daher nur vor, wenn diese von den Interviewpartner_innen auch als relevant aufgefasst und damit explizit artikuliert wurden, was zumindest teilweise auch so der Fall war. Für die subjektive Eigenschaft "bedeutsam" im Hinblick auf die Transidentität spielen diese Merkmale in meinen Augen auch eine eher untergeordnete Rolle, da es ja um die subjektive Bedeutungsbeimessung der Qualität der sozialen Beziehungen durch die Trans*personen hinsichtlich ihrer Transidentität geht und diese unabhängig von solchen Merkmalen erfolgen sollte. Insofern habe ich mich in dieser Frage für eine Komplexitätsreduktion entschieden.

Im Weiteren sollen jetzt die Ergebnisse der Leitfrageninterviews und der Netzwerkkartenzeichnungen hinsichtlich möglicher Probleme und Herausforderungen dargestellt, im Hinblick auf bisherige Darstellungen interpretiert und die Bedeutung sozialer Beziehungen dabei analysiert werden.

3.4 Ergebnisse und Interpretation der Fallstudie

Hierzu erscheint es zielführend, zunächst auf jede_n einzelnen Interviewpartner_in einzugehen, um im Anschluss mögliche Übereinstimmungen benennen zu können. Bezugnehmend auf die Mechanismen der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit sollen die Leitfrageninterviews insbesondere auf die folgenden Merkmale hin untersucht werden, nach denen auch exemplarisch Abschnitte aus den Interviews aufgegriffen werden:

1. Probleme/Herausforderungen im Alltag, bedingt durch ein offensichtliches oder subtiles "Anderssein" beziehungsweise das Leben eine falschen Geschlechts und der subjektive Umgang damit;

2. Probleme/Herausforderungen, bedingt durch den Transitionsprozess selbst, also durch Erfahrungen mit Ärzt_innen, Psychiater_innen, Behörden etc. und der subjektive Umgang damit;

3. Wie soziale Beziehungen dabei in Erscheinung treten, welche Personen benannt werden und welche Rolle diese dabei einnehmen;

Dabei wird bei allen Interviewpartner_innen eingangs die Netzwerkkartenzeichung abgebildet, um bei der Nennung von Personen auch auf deren Positionen hinweisen zu können. Namen, Orte und Ereignisse wurden entsprechend anonymisiert, sofern sie Rückschlüsse auf die Interviewpartner_innen zulassen. Die Seiten und Zeilenangaben bei Zitaten aus den Interviews beziehen sich dabei immer auf die jeweiligen Seiten und Zeilennummerierung der jeweiligen Interviews.

3.4.1 Interview und Netzwerkkartenzeichnung Trans*mann Sebastian

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abb. 8: Netzwerkkartenzeichung von Sebastian mit Legende der jeweiligen Sektoren).

Trans*mann Sebastian[134] ist zum Zeitpunkt des Interviews 22 Jahre alt und verheiratet mit seiner Ehefrau [M], mit der er vor der Heirat bereits in einer mehrjährigen, zunächst lesbischen Beziehung zusammen war. Sebastian kleidet sich bereits im Kindergartenalter als Junge, verhält sich jungenhaft und hat kurze Haare (S.1, Z.17). Für Sebastian ist nach eigener Aussage schon immer klar, auf jeden Fall eine Frau haben zu wollen, alles andere ist für ihn völlig unnatürlich (S.3, Z.24). Dabei sind auch klassische, stereotyp bedeutsame Merkmale, wie beispielsweise große Brüste, für ihn nicht unangenehm.

"Da habe ich dann wieder etwas Respekt gehabt von den Jungs, weil ich eben die mit den besten Brüsten hatte. Und sie haben alle gefragt, ja mach mal ein Video und ja, ne lass mal, das ist jetzt nicht so unbedingt so mein Ziel. Ich war halt immer so der maskuline Part und habe mich immer relativ wohl gefühlt." (S.4, Z. 17)

Bereits im Grundschulalter sucht er hauptsächlich den Kontakt zu Jungen und integriert sich in eine sonst reine Jungengruppe (S.1, Z.29), auch wenn er in dieser bereits erste Gewalterfahrungen machen muss. Hier wird auch das beschriebene Spiel des Wettbewerbs sehr deutlich.

"Wir haben dann immer fangen gespielt und der letzte war halt immer, wurde immer geschubst im Kreis halt so, weil er eben verloren hat. Leider war halt eben immer ich meistens der, der verloren hat und ja, irgendwann war es halt einfach nicht mehr nur schubsen, wo dann halt, wenn man hingefallen ist, wurde dann halt auch mal nachgetreten, wo ich mir dann auch gedacht habe, ja Jungs, alles klar" (S.12, Z.21).

Die Jungengruppe, aber auch andere beschimpfen ihn aufgrund seines Auftretens auch immer wieder als "Zwitter" und meinen, dass er sich doch umoperieren lassen soll. Auch wenn Sebastian in diesem Alter damit noch wenig "anfangen" kann, verletzt es ihn (S.12, Z.11).

Trotz dieser Erfahrungen scheint sehr früh ein subtiles Gefühl der Zugehörigkeit zum männlichen Geschlecht vorzuliegen, beziehungsweise der Wunsch, von diesem auch irgendwo als Junge akzeptiert zu werden, ohne dass Sebastian für diesen Zeitpunkt bereits ein solches Bewusstsein beschreibt. Er fühlt sich aber beispielsweise mit Beginn des Sportunterrichts in der Mädchenumkleide auch unwohl, wobei hier sowohl Begehren als auch Identität eine Rolle spielen können.

" Es wurde dann so, dass die Mädchen und Jungs im Sport getrennt wurden und ja, das war dann der erste so: "Oh Gott, ich bin mit so vielen nackten, halb nackten Mädels in einem Raum!". Ich habe mich da gar nicht wohl gefühlt, hab mir eher gedacht: "Könnt ich nicht lieber zu den Jungs?`" (S.2, Z.14).

Mit Beginn der Pubertät findet sich Sebastian zunächst damit ab, weiblich zu sein.

" [...] dann habe ich mich irgendwie dann, sagen wir mal abgefunden dass es halt doch irgendwo weiblich ist. Habe dann angefangen so Sport-BHs zu tragen und zwar die Kleidung ist immer so eher so im Jungs-Stil geblieben, aber alles andere war halt so ja ok, ich bin halt jetzt <ursprünglicher Mädchenname> und habe es dann einfach so sein lassen" (S.2. Z.22).

Eine Identifikation mit dem weiblichen Geschlecht gelingt ihm allerdings dennoch nicht (S.2, Z.36). Insgesamt scheint Sebastians "Lesbisch-Sein" auch eine Art Schutzfunktion gewesen zu sein, um sein Auftreten und seine Erscheinung in der Schulzeit nach außen hin plausibel zu machen und zu legitimieren.

"Ich habe mich dann irgendwann einfach als Lesbe hingestellt und dann war der Käs im Großen und Ganzen eigentlich gegessen. Ich meine, dann hast du zwar von den Größeren zwar noch irgendwas mitbekommen so ja, "igitt, schau mal, eine Lesbe!" und "Muschilecken" und so. Da habe ich mir dann gedacht, sie sollen mich einfach in Ruhe lassen, meinetwegen bin ich auch ein Einzelgänger und stehe alleine im Schulhof, das ist mir scheißegal, aber lasst mich einfach in Ruhe" (S.12, Z.30).

In Sebastians Augen scheint "Lesbisch-Sein" in der Gesellschaft auch eher akzeptiert zu sein, als seinen Körper durch Operationen anzupassen, was er "krass und traurig" findet (S.13, Z.6), auch wenn er Diskriminierungserfahrungen von Lesben nicht verneint (S.11, Z.45). Vor der Beziehung zu seiner heutigen Ehefrau hat Sebastian noch als Frau zwei weitere, lesbische Beziehungen, die für ihn allerdings wenig befriedigend sind (S.3, Z.31). Bereits hier wird deutlich, dass Sebastian verlässliche Beziehungen für sich als wichtig erachtet. So kommt es auch mit der Mutter [M] noch als Minderjähriger zu Konflikten, weil diese in seinen Augen zu offene Beziehungen führt.

"Bin dann auch so mit fünfzehn oder sechzehn bin ich dann zu meinem Vater gezogen, weil es mit meiner Mutter gar nicht mehr geklappt hat weil die einfach zu viel Ein- und Auslauf, Ein- und Ausgang hatte und das hat mir einfach nicht gepasst und habe mich nur noch mit ihr gestritten." (S.3, Z.2).

Die Meinung zur Mutter verbessert sich erst dann etwas, als diese kein Problem mit seiner ersten lesbischen Beziehung artikuliert, nachdem er und seine Freundin beim Küssen auf der Straße von einer Freundin der Mutter gesehen werden (S.3, Z.42). Aufgrund der aus unterschiedlichen Gründen schwierigen Beziehung zu seinen Eltern hält sich Sebastian oft bei seiner Großmutter [B] auf, die für ihn eine sehr große Bedeutung hat (S.1, Z. 41). Auch wenn er mit ihr nicht über die Trans*thematik spricht, scheint sie zusammen mit seiner jetzigen Ehefrau und seinen zwei besten Freunden [C und K], die Sebastian mit im Sektor "Familie" einzeichnet, eine der wichtigsten sozialen Beziehungen zu sein. Die beiden Freude [C und K] lernt Sebastian über sein Outing auf Facebook kennen.

"Wo ich mich da, weil ich habe halt auf Facebook, habe ich einen Text geschrieben, der war so lang, also war einmal Bildschirm voll und hab mich da eben bei meinen Freunden auch geoutet, weil ich habe keinen Bock zu jedem einzeln hinzugehen und des da jedem zu erklären und dann hat jeder so blöde Fragen" (S.16, Z.24).

Sie treffen sich an den Wochenenden regelmäßig zum gemeinsamen Essen (S.17, Z.9). Zusammen mit seiner Ehefrau sind [C und K] auch die Personen, mit denen sich Sebastian über die Trans*thematik unterhält. Da [C] seine Transition bereits abgeschlossen hat, ist er für Sebastian bei derartigen Fragen und Sorgen ein wichtiger Ansprechpartner.

"Mit [C] kann ich drüber reden, wie er Schmerzen verkraftet hat oder was er für Schmerzen hatte, weil er eben, der ist jetzt fertig, mein Neid" (S.19, Z.32).

Die Eltern [M und P] werden entsprechend weiter außerhalb in seiner Netzwerkkarte verortet (S.20, Z.17), zur Mutter scheint Sebastian heute ein deutlich besseres Verhältnis zu haben als zum Vater (S.20, Z.19). Die Beziehung zum kleinen Bruder [M] gestaltet sich zunächst schwierig, da dieser bei seiner Geburt Sebastian die Aufmerksamkeit der Eltern nimmt, verbessert sich mit der Zeit dann aber immer mehr (S.2, Z.8).

Das Bewusstsein, Trans*mann zu sein, entwickelt sich bei Sebastian ungefähr mit 20 Jahren, nachdem er in einer sehr schwierigen Phase seines Lebens einen Monat Ungewissheit über seinen gesundheitlichen Zustand hat (S.5, Z.19). Die erste Person mit der er darüber spricht, ist ein Arbeitskollege, da Sebastian nicht weiß, wie er mit seiner Ehefrau Steffi [M] darüber reden soll und den Wunsch nach einem neutralen Gesprächspartner hat (S.14, Z.4). In dieser Zeit stößt er auf den Youtubekanal "Transkrauts", deren Videos er begeistert konsumiert wodurch und für ihn immer deutlicher wird, keine Lesbe zu sein, sondern dass ihm dies vielmehr von außen zugeschrieben wurde (S.11, Z. 39).

"Habe mir dann diese Videos angeschaut und dann bin ich auf Balian Buschbaum gekommen und volle Bandbreite an Transsexualität und Transidentität und dachte mir so: "Ok, wo kommt das denn alles her und warum habe ich das irgendwo nie irgendwie gelesen oder mitbekommen?" Ich habe mich dann wirklich eigentlich so dann gesehen, dass ich nicht eine Lesbe bin, weil ich mich ja dann so irgendwo in den Zug habe rein schubsen lassen, sondern dass ich halt einfach ein Trans*mann bin, der auf Frauen steht, ganz normal. Und dachte ich mir so, ok, warum, habe ich das nicht schon früher gesehen, das hätte mir glaube ich einiges irgendwie erspart an persönlichen Rätseln" (S.6. Z.21).

In der Folge experimentiert Sebastian mit unterschiedlichen Hilfsmitteln, bindet sich beispielweise die Brüste ab, bestellt sich spezielle Unterwäsche und entwickelt so - noch im Geheimen - sein Selbstbild (S.6, Z.42), ohne seiner damaligen Partnerin und heutigen Ehefrau etwas davon zu erzählen, woran die Beziehung auch fast zerbricht und vermutlich nur durch eine gemeinsame Therapie heute noch Bestand hat (S.7, Z.14). Auch Rauchfleisch (2014) geht darauf ein, dass solche Gespräche mit Partner_innen für die Krisenbewältigung essentiell sein können (S. 80). In dieser Zeit hält sich Sebastian auch wieder zwei Tage bei der Großmutter [B] auf (S.7, Z.39). Die damalige und auch seine erste Therapeutin [R] ist für Sebastian heute zudem einer von drei Knoten, die er im Sektor Freunde einzeichnet. Sie war bis zu seinem 21. Lebensjahr seine Kinder- und Jugendpsychotherapeutin (S.10, Z.28).

"Die [R], das ist meine erste Therapeutin mit der bin ich jetzt privat eher unterwegs, weil ich jetzt die Therapie ja jetzt bei ihr beendet habe, durch das Gutachten haben wir gesagt, ok das ist jetzt dann der Cut und jetzt sehen wir uns jetzt nur noch privat, also nicht mehr irgendwie mit therapeutischen Anlässen" (S.15, Z.36)

Neben [R] verortet Sebastian im Sektor Freunde noch [H], über die auch mein Kontakt zu Sebastian ermöglicht wurde, und daneben seine Trans*mann-Gruppe [TM], die einerseits über WhatsApp funktioniert, andererseits gibt es auch Gruppentreffen (S.18, Z.5). Bei solchen spricht er auch lieber über sich und sein Trans* Sein als in WhatsApp.

Sebastians Frau scheint seine Identität als Trans*mann heute erfolgreich akzeptiert zu haben, er beschreibt ihre Beziehung als sehr positiv (S.7, Z.42), und scheint sehr glücklich mit ihr zusammen zu sein.

"Dann kam ich eben die Treppe runter, da wir oben und unten in der Wohnung haben, kam ich eben die Treppe runter, hat sie gesagt, dass ein Brief vom Gericht gekommen ist. Dann schaue ich da drauf und dann steht da Herr Sebastian R. drauf, "Ja Fick dich, der Scheiß ist endlich durch!" Steffi wollte dann wissen, was los ist und ich so: "Siehst du den Briefkopf, da steht Sebastian und Herr, es ist offiziell!" und dann ist sie erstmal angesprungen gekommen und, ja, das sind dann eben so die Sachen, die ich auch mit ihr teilen kann [...]" (S.20, Z.12).

Sebastian ist es extrem wichtig, als Mann gelesen zu werden (S.8, Z.28). Dies schließt körperliche Veränderungen durch die Hormontherapie (S.8, Z.12), also beispielsweise Haarwuchs im Gesicht und eine tiefe Stimme (S.8, Z.12) ebenso ein, wie die Namens- und Personenstandsänderung.

"[...]und dass ich überall Sebastian genannt werde und Herr auch und das war mir schon sehr, sehr wichtig, dass endlich dieses Herr überall ist. Das ist bis jetzt noch nicht überall drauf, es steht oft noch falsch drauf und du denkst dir so: "Leute, was checkt ihr nicht?" (S.10, Z.3).

Diese Bedeutungszumessung wird auch im Bezug auf eine Schilderung des Leiters seiner Trans*manngruppe [TM] deutlich, der für Sebastian kein gutes Vorbild für einen Trans*mann ist.

"Wenn ich da aber einen Gruppenleiter habe, der ok, er ist jetzt nicht gerade der schlankeste und so und ist auch alles gar kein Problem, aber dann zieht man halt wenigstens ein T-Shirt oder einen Pullover an, da wo man nicht wirklich alles sieht, weil der hat halt natürlich auch noch etwas größere Brüste noch und zieht, weiß nicht. Das ist halt für mich so ein Ding der Unmöglichkeit, wenn ich jemanden habe und mich selbst als Trans*mann oder auch als Mann sehe, dann möchte ich natürlich auch nicht, dass man nicht meine Brüste sieht, sondern dass ich eben als Mann gleich wahrgenommen werde. Also auch wenn man irgendwie sagt, ich lebe offen, aber trotzdem will man ja irgendwo Mann sein, weil sonst geht man ja den Weg nicht" (S.17. Z.30).

Sebastian scheint also relativ klare Vorstellungen darüber zu haben, wie man sich als Trans*mann zu verhalten und nach außen hin darzustellen hat, um auch ein Mann sein zu können. Dass diese Vorstellungen auch von den dargestellten gesellschaftlichen Normalitäten mitgeprägt sind, wird dabei offensichtlich. Er macht auch deutlich, dass für ihn das Aussehen und das "wie man rüber kommt" essentiell für das "Mann-Sein" sind (S.14, Z.16). So beschreibt er sich als Frau noch als relativ schüchtern (S.14, Z.20), was sich jetzt, seit er auch als Mann auftreten kann und so gelesen wird, komplett anders ist (S.14, Z.25).

Sebastians Erfahrungen mit Gutachter_innen und allgemein pathologisierenden Zusammenhängen können als eher negativ beschrieben werden. Immer wieder für weitere Schritte der Transition länger als nötig warten zu müssen und auf Gutachter_innen angewiesen zu sein, wird von Sebastian als extrem belastend beschrieben. Weil er schon als Mann gelesen wird, auf Paketen und Post aber noch sein Frauennamen steht, kommt es beispielsweise zu Zwangsoutings bei der Post, weil sich Sebastian dort redundant erklären muss (S.9, Z.20). Er muss insgesamt acht Monate auf die Personenstandsänderung warten, weil ein Gutachter erst dann seine Arbeit zu Ende bringt, als Sebastian Hilfe vom Gericht erbittet.

"Ich habe dann auch mal beim Gericht angerufen, die haben mir dann auch ihre Unterstützung angeboten, die haben dann auch mal bei ihm angerufen, was denn jetzt mit dem Gutachten ist und sie hätten das doch jetzt gerne mal. Und drauf hat er dann halt wirklich erst mal reagiert und wenn man dann erstmal Gewalt androht, dann wollt er halt eben doch" (S.9, Z.35).

Auch die für weitere Schritte benötigten Gutachten, unter anderem über den erfolgreich bestandenen Alltagstest, werden von ihm als Belastung empfunden (S.10. Z.22), auch weil Hormone und gegengeschlechtliche Geschlechtsorgane scheinbar oft nicht gut harmonieren und dies zudem auch psychisch zu Problemen führen kann.

"[...] dass ich doch die Operationen schon brauche, weil ich halt einfach mit dem ganzen Zeug was ich jetzt noch alles dran habe und drin habe merke, dass es mir nicht gut geht. Also ich merke das vor allem wenn ich nach der Woche, ich hatte sieben Tage jetzt gearbeitet und ich hatte gestern so einen scheiß Tag und wenn ich dann nach Hause komme und ich sehe ja, schön, da sind noch Brüste dran oder da ist noch keine Beule in meiner Hose oder des ist eigentlich noch beiläufig, mir wäre das Oben erstmal wichtiger. Und wenn ich das dann auch noch merke, dann zieht mich das auch nochmal runter, weil ich mir denke, schön, dass könnte auch schon weg sein" (S.10, Z.32).

Auch seine Erfahrungen mit dem MDK sind umfassend negativ, die Frage, welche Gutachten wann und wie verlangt werden, scheint wenig einheitlich und verlässlich gehandhabt zu werden, dadurch wird seine Transition immer wieder ausgebremst (S.11, Z.20). Sebastian bestätigt damit auch in diesem Punkt Darstellungen der vorherigen Kapitel.

Sebastian hat auf Trans* bezogen bisher keine negativen, persönlichen Erfahrungen gemacht , sondern nach eigener Aussage viel Zuspruch bekommen (S.12, Z.40). Dies steht zwar teilweise im Widerspruch zu seinen oben dargestellten anderen Aussagen, bezieht sich aber unter Umständen auf physische Gewalterfahrungen, die er im Bezug auf die Zeit nach seinem Outing als Trans* nirgends beschreibt. Auch in seiner Netzwerkkarte sind aufgrund der Trans*thematik keine Personen herausgefallen, auch wenn ihn dies persönlich überrascht hat (S.18, Z.20).

Die Frage nach einem Vernetzungswunsch aller eingezeichneter Alteri, beispielsweise durch ein gemeinsames Treffen, verneint Sebastian sehr explizit, da er dadurch fürchtet, nicht mehr abschalten zu können, wenn alle Personen seiner Netzwerkkarte alles wissen und er beispielweise in der Arbeit ein anderes Verhalten zeigt als zu Hause (S.19, Z.5).

3.4.2 Interview und Netzwerkkartenzeichnung Trans*frau Anna

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abb. 9: Netzwerkkartenzeichung von Anna mit Legende der jeweiligen Sektoren).

Trans*frau Anna[135] ist zum Zeitpunkt des Interviews 27 Jahre alt und lebt in einer festen Beziehung mit ihrem Freund [S]. Ein subtiles Gefühl, anders zu sein, beschreibt Anna als für sie wichtige und frühe Erfahrung.

"Also ich habe ziemlich früh gemerkt, dass ich anders bin als andere. Das war, glaube ich, eine der entscheidenderen Erfahrungen, dieses Gefühl nicht normal zu sein, nicht Teil dieses Ganzen zu sein, das Menschen immer bilden, als Gruppe. Das war ziemlich prävalent und ziemlich früh " (S.1, Z.19).

Sie geht auch auf ein Erlebnis in der Kindergartenzeit ein, bei dem sie das Gefühl hat, einfach nicht zu den Anderen dazuzugehören, ohne dies damals schon konkretisieren zu können. Auch bei Anna wird dabei deutlich, dass in der Kindheit scheinbar oft unklar ist, warum diese subtile Gefühl einer "Andersartigkeit" vorhanden ist.

"Jedenfalls, ich hab irgendwie dieses Gefühl so, dass ich nicht dazugehören werde, dass die einfach nicht so sind wie ich. Das war damals. Dann eine meiner frühsten Erinnerungen, dass ich irgendwie auf dem Boden liege und mir darüber Gedanken mache, das sich manche Dinge einfach nicht mit Worten ausdrücken lassen und mir bei dem Gedanken ziemlich unbehaglich zu Mute wird und ich nicht sagen kann, warum" (S.2, Z.22).

Auch die Pubertätsphase wird von ihr analog als problematisch benannt, obwohl sie zu dieser Zeit ebenfalls noch nicht weiß, aus welchen Gründen (S.1, Z.28). Sie spricht hier davon, dass ihre Wahrnehmung davon geprägt ist, dass sich Jungen völlig klar für Mädchen interessieren und man als Junge ganz klar eine Freundin haben möchte und auch ein Interesse an Feminismus vielmehr ein Interesse an Frauen ausdrückt (S.5, Z.21). Die Kultur der Zweigeschlechtlichkeit und die gesellschaftlich vermittelten Normalitätsvorstellungen werden an dieser Stelle erneut deutlich.

Nach der Grundschule besucht Anna das Gymnasium. Gegen Ende der Schulzeit beschäftigt sie sich immer mehr mit dem Thema Feminismus, da sie insbesondere der Aspekt der Feminität und selbst feminine Rollen zu haben fasziniert (S.1, Z.32). Durch die Beschäftigung mit dieser Thematik lernt sie auch ihre Freundinnen [L] und [M2] kennen. Insgesamt scheinen Kindheit und Schulzeit bei Anna durch einen permanenten Rechtfertigungszwang geprägt zu sein, da Anna nach eigener Aussage für ihr Verhalten die äußere Rechtfertigung gefehlt hat (S.2, Z.8). Erst gegen Ende der Schulzeit hat Anna in ihrem damaligen Freundeskreis vage Andeutungen in Richtung Trans*sein fallen lassen, Personen in ihrem Freundeskreis wussten, dass sie wahrscheinlich transsexuell ist, ohne dass sich Anna aber bereits offiziell geoutet hatte (S.2, Z.6).

Über ihr frühes, subtiles Gefühl des Unwohlseins spricht Anna zunächst mit ihren Eltern [I und L], die von ihr im Sektor Familie auch als einzige unter "sehr wichtig" eingeordnet werden. Die Eltern von Anna haben beide eine Behinderung (S.3, Z.26) und daher vermutet Anna zunächst auch, dass Anfeindungen oder Probleme mit ihr als Person auf den Status der Eltern zurückzuführen sind.

"Ich dachte halt, dass die Leute ein Problem mit mir hätten wegen meinen Eltern, dass ich halt deswegen ausgegrenzt würde. Was mich daran ein Stück weit auch bestätigt hat war eben, dass meine Schwester entsprechende Erfahrungen auch durchgemacht hat" (S.3, Z.29).

Außer dem Rat sich anzupassen können ihr die Eltern allerdings keine konkrete Hilfe geben (S.4, Z.1) ), auch von angesprochenen Lehrkräften bekommt sie nur wenig hilfreiche Standardantworten zu hören (S.4, Z.7). In der Folge begegnet Anna, offiziell noch als Mann, Aggressionen ihr gegenüber oft auch mit Gewalt (S.4, Z.3). Durch die Beschäftigung mit dem Thema Feminismus beginnt Anna im Alter von sechzehn, siebzehn Jahren bestehende Vorteile als Mann innerhalb der Gesellschaft - wie sie es ausdrückt - zu dekonstruieren.

"Ich habe dann eben so versucht, meine Vorteile zu dekonstruieren bis ich halt zu dem Punkt gekommen bin, dass ich mich teilweise gefragt habe, was so der Unterschied zwischen Frauen und Männern ist, also so konkret gesehen. Dass mir stellenweise auch von zu Hause vermittelt wird, dass es eigentlich keinen großen gäbe, ich war auch lange Zeit ziemlich unfähig so Gender unterschiedlich wahrzunehmen. Das auf der anderen Seite eben dieses ständige damit bombardiert werden, dass diese Unterschiede voll stark wären und so halt, den ganzen Mädchenquatsch. In der Weise habe ich mich eben mit Feminismus beschäftigt, an irgendeinem Punkt habe ich so gemeint, weißt du was, du hast Vorteile du musst jetzt deine Vorteile los werden [...]" (S.5, Z.36).

Anna schlüpft in der Folge, nach wie vor offiziell als Mann, mit Hilfe des Online-Computer Rollenspiels "World of Warcraft" (WoW) in unterschiedliche Frauen- und Mädchenrollen.

"Wenn du Vorteile selber abbekommst und sie gegen dich gerichtet sind, dann fängst du vielleicht an zu begreifen oder dann fängt dein Gehirn vielleicht auf einer Ebene an zu begreifen, dass diese Vorteile weggehören" (S.6, Z.5).

Sie negiert dabei das Spielprinzip nach eigener Aussage vollständig, es geht ihr nicht darum, Monster zu bekämpfen, sondern vielmehr als Mädchen oder Frau den Alltag zu erleben, um eine möglichst detaillierte Darstellung weiblicher Charaktere (S.6, Z.41). Sogar Freunde, die ebenfalls WoW spielen, haben deswegen keine Lust, dies zusammen mit Anna zu machen (S.7, Z.2). Es scheint Anna auf diese Weise möglich zu sein, eine Realität zu konstruieren und zu leben, in der sie sich auch in weiblichen Rollen wohlfühlt. Irgendwann geht es ihr auch nur noch darum, irgendetwas spielen zu können, Hauptsache als Frauencharakter (S.7, Z.18). Sie wird durch diese erlebte Faszination nach eigener Aussage süchtig und verbringt rund ein Jahr viel Zeit vor dem PC (S.6, Z.18).

"Es war, halt so, ich habe mich in der Schule gefragt, wann ich wieder spielen kann. Ich habe mich im, ich habe mich teilweise wo anders gefragt, wann ich wieder spielen kann. Ich habe irgendwie, selbst wenn ich mit Freunden war, mich gefragt, wann ich wieder spielen kann" (S.6, Z.42).

Hier wird deutlich, dass Anna eine gewisse Affinität zum Medium Computer und Rollenspielen besitzt. Große Teile ihres Freundeskreises rekrutieren sich auch aus diesem Milieu: Ihr aktueller Partner [S], ihre Freunde [H2], [M], [F] und [L], aber auch die Bekannten [S2], [B], [S3] und [S4] lernt sie dort kennen. Dieses Milieu ist für die Trans*thematik in Annas Augen auch grundsätzlich sehr offen (S.12, Z.45).

Das Bewusstsein, Trans*frau zu sein, entwickelt Anna auch abschließend in dieser Phase ihres Lebens. In dieser Zeit, als sie exzessiv WoW spielt, konsumiert sie - altersspezifisch nicht unüblich- auch pornographische Videos, in denen auch Trans*frauen mitspielen.

"Da waren halt irgendwelche Trans*frauen dabei, eben pre-OP. Ich bin zufällig über den Artikel gestoßen und dann war da irgendwie so ein Kategorie zu Transgender und so. Da stand dann ungefähr alles, was ich wissen wollte und danach war ich dann erstmal komplett baff. [...]Weil ich nicht gedacht hätte, dass es akzeptiert ist" (S.7, Z.28).

Dabei wird auch eine gewisse Enttäuschung offensichtlich, dass bei ihr niemand auf solche Anzeichen geachtet oder gar eingegriffen hat, ihre Transidentität also lange Zeit unklar blieb und nicht erkannt wurde.

"Ich hätte gedacht, dass wenn es sowas gibt, dass Leute da früher darauf achten als irgendwie Pubertät, Adoleszenz, Erwachsenalter und dann halt irgendwie frühzeitig eingreifen und dass das auch Leute hätten sehen müssen. Das war halt auch das, was mich lange Zeit so vollkommen verwirrt hat, dass ich halt damals nicht begriffen habe, dass es halt so nicht funktioniert" (S.7, Z.41).

An die Schulzeit schließt sich bei Anna der Zivildienst an, in dem sie sich zwar schon klar ist, Trans* zu sein, aus Rücksicht auf die Kinder und deren Normalitätsvorstellungen, den Transitionsprozess aber noch nicht beginnen möchte (S.8, Z.31). Sie plant, ihre Rolle als Mann im Zivildienst noch zu Ende zu spielen und im Anschluss mit der Transition zu beginnen. Diese wird von Anna als "ewige Odyssee" (S.8, Z.34) beschrieben, verbunden mit andauernden Belastungsmomenten, Diskriminierungserfahrungen und persönlichen Enttäuschungen durch Fachpersonal.

"[...] davor war es halt irgendwie diese Kindheitsvorstellung, du gehst zum Arzt, du sagst, dir fehlt etwas, Arzt schaut dich an, Arzt untersucht dich, Arzt verschreibt dir ein Heilmittel oder du sagst halt was dir fehlt, Psychologe gibt gute Ratschläge und danach versucht man es gemeinsam und dann geht ein bisschen was. Ich sage, ich habe ein Problem, dann werde ich erstmal ausgelacht, dann werde ich erstmal angegriffen, dazwischen vergehen ewige Monate von Wartezeit, keine Sau fühlt sich zuständig und wenn ich dann endlich in die Verlegenheit komme, endlich mal mit Leuten zu reden, dann zweifeln die irgendwie an meiner Ernsthaftigkeit oder eben daran, dass ich das wirklich machen sollte. Es war halt so ein ziemlicher Kulturschock, weil von Ärzten erwartet man eigentlich, dass sie helfen und nicht dass sie einen, ja, fertig machen" (S.8, Z.13).

Insgesamt durchläuft Anna Behandlungen bei drei verschieden Psycholog_innen, bis sie mit ca. 22 Jahren bei der vierten Psychologin die Hilfe bekommt, die sie benötigt. Die Erfahrungen bis zu diesem Punkt beschriebt Anna durchweg negativ, geprägt von Wartezeiten, Nicht- Zuständigkeiten oder auch Negierungen ihrer Transidentität.

"Die haben mir dann gesagt, also die haben erstmal versucht, mich davon abzubringen, meiner Meinung nach auch ziemlich hart: "Ok, Sie sind transsexuell, glaube ich Ihnen erstmal nicht. Wenn Sie es doch sind, dann, falls Sie die Operation überleben, dann können Sie sich irgendwie darauf einstellen, dass Sie wahrscheinlich nie wieder irgendwie richtig Sex haben werden und dass Sie wahrscheinlich auch, wird es auch so sein, dass Leute Sie nicht wirklich als Frau sehen." Wo ich mir so dachte, ok ja, willst du sehen, wie verzweifelt ich bin oder worum geht es dir? Es war halt einfach beängstigend" (S.8, Z.40).

Anna wird mit - in ihren Augen - unverschämten Fragebögen über ihre Familie konfrontiert (S.9, Z.6) und überlegt sich nach diesen Erfahrungen bei dem ersten Psychologen sogar, sich ihre Hormone über fragwürdige Kanäle zu organisieren, was sie allerdings wieder verwirft (S. 8, Z. 12). Obwohl Annas zweite Psychologin selber Trans*frau ist, findet sie auch dort nicht die nötige Unterstützung, da ihr ein längerer Prozess in Aussicht gestellt wird, bis sie Hormone bekommen kann und zunächst behutsam mit dem Alltagstest begonnen werden soll (S.9, Z.30). Sie bezeichnet diesen als "Scharade", in der völlig stereotype Rollenbilder verlangt würden, die dann von Dritten in der Gesellschaft auch als Frau gelesen werden können.

"Stellenweise hat das einfach auch einen ziemlich starken Zwangscharakter. Wenn man dann so eine Ansage bekommt und die Erfahrung von anderen Trans*frauen hat und irgendwie dann gefragt wird, was man halt so gerne anzieht oder so, das ist keine normale Frage mehr. Es gibt jetzt nur noch eine Antwort, das mädchenhafteste Dress, dass du dir vorstellen kannst, zusammen mit Nagellack, logisch, was auch sonst! Oder die Antwort halt, von der man denkt, dass sie vielleicht realistischer wäre, aber trotzdem genau in dieses Bild passt" (S.10, Z.24).

Auch bei Annas Schilderungen wird hier deutlich, dass der eigentlich gar nicht obligatorische einjährige Alltagstest von Trans*personen als extreme Belastung empfunden werden kann (S.8, Z.31), wobei ein "Zurechtfinden" im sozialen Umfeld oft nicht das größte Problem zu sein scheint.

"Was ich halt einfach nur wollte war, dass diese ständigen Schmerzen einfach nur aufhören. Mir war halt einfach auch bewusst, dass das nicht nur ein soziales Phänomen ist, also ich habe es jetzt noch. Also ich fühle mich jetzt noch schlecht, wenn mir Gynokadin ausgeht. Einen falschen Hormonspiegel zu haben fühlt sich einfach absolut scheiße an. Vor allem wenn es noch ein Testosteronspiegel ist, der halt dafür sorgt, dass man - so empfinde ich zumindest - Gedanken hat, die man nicht haben will, dass man auf irgend eine Weise von irgendeiner Aggression und einem Drive eingenommen wird, der sich absolut irreal anfühlt. Dass man einfach nicht klarkommt, es fühlt sich einfach so an, als würde man permanent vom eigenen Körper vergiftet und unter Drogen gesetzt werden, das ist ziemlich schwierig zu beschreiben, wenn man es selber nicht hat" (S.9, Z.41).

Auch beim dritten Psychologen erhält Anna keine Hilfe, auch von diesem fühlt sie sich nicht verstanden und zudem mit fragwürdigen weiblichen Rollenbildern konfrontiert (S.11, Z.5). Erst durch Zufall bekommt Anna Kontakt zu einer Expertin, die ihr "Zeiten als Frau" großzügig anrechnet und nach relativ kurzer Zeit auch Hormone verschreibt.

"Von einem Tag auf den anderen war dieser ganze Druck weg. Es war nicht mehr so irgendwie, jeden Morgen aufwachen, jeden Morgen in den Spiegel schauen, jeden Morgen irgendwie, irgendwie welche neuen Barthaare sich gebildet haben, wie das Gesicht männlicher geworden ist oder was man sonst teilweise so macht" (S.12, Z.5).

Durch ihr Trans*sein hat Anna nach eigener Aussage keine Diskriminierungserfahrungen machen müssen, zumindest nicht in ihrem persönlichen Milieu (S.12, Z.28). Allerdings beschreibt Anna Momente, in denen bei Beziehungsproblemen ihr Status als Trans*frau auch gegen sie benutzt wird oder die Dynamik, dass Männer sie zuerst "anmachen", nach der Schilderung des Trans*seins dann aber wiederum extrem auf Abstand gehen (S.13, Z.18). Seit dem Ende ihrer Schulzeit hat Anna keine eigenen Gewalterfahrungen machen müssen, auf eine ebenfalls transidente Bekannte von ihr wurde allerdings eine Messerattacke durchgeführt (S.13, Z.10). Hier wird deutlich, dass sich Trans*personen in Deutschland teilweise auch massiven Angriffen ausgesetzt sehen, das Spektrum von Diskriminierungserfahrungen insgesamt sehr vielfältig ist und bereits sehr früh beginnen kann, auch wenn kein offensichtlicher Grund vorliegt, wie bei den Erfahrungen in Annas Schulzeit.

"[...]auch in der Schule ziemliche Anfeindungen erlebt. Eben dieses scheinbar Willkürliche, dass irgendjemand kommt und sagt, er hat Probleme mit mir und das Problem besteht dann darin, dass ich da bin letzten Endes, weil egal was ich tue, es ist halt ein Problem" (S.2, Z.34).

Anna ist in ihren Augen deswegen eine Frau, weil ihre Vorlieben in unserer Gesellschaft als weiblich bezeichnet werden, sie sieht dies als sozial konstruiert an (S.14, Z.23). Dieses vergleichsweise hohe Abstraktionsniveau könnte in ihrem geisteswissenschaftlichen Studium und ihrer Beschäftigung mit Feminismus begründet sein. Trotzdem sind ihr körperliche Geschlechtsmerkmale wichtig, aus sehr pragmatischen Gründen, um bei Dritten keine Irritationen auszulösen.

" Da Dinge, die halt nicht am richtigen Platz sind, irgendwie halt Irritationen auslösen. [...] Mal ganz offen, warum sollte man auf Sex verzichten? Also der Punkt ist halt der, wenn ich Sex haben will, will ich Spaß haben und nicht Irritationen und vor allem nicht Irritationen plus Leid. Insofern, ja, 'happy little fun button'" (S.14, Z.40).

Hier wird erneut deutlich, dass es nur schwer möglich erscheint, sich der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit in jedem Aspekt zu entziehen. Anna geht davon aus, dass auch in der Öffentlichkeit (Sauna, Umkleide) bei einem "Mischkörper" die Grenze der Toleranz bei sehr vielen Menschen überschritten wäre (S.20, Z.2). Zumindest ein Aspekt zum Entschluss eine GAOP machen zu lassen, die bei Anna abgeschlossen ist, scheint also auch ein gewisser Druck zu sein, einen passenden Körper zur Geschlechtsidentität zu besitzen.

Knapp die Hälfte von Annas Freundes- und Bekanntenkreis ist aufgrund der Trans*thematik heute Teil ihrer Netzwerkkarte und damit neu hinzugekommen, davon sind wiederum fünf Personen aktuelle oder ehemalige Beziehungen unterschiedlicher Länge [S, H2, A1,S2 und T]. Analog zu Trans*mann Sebastian redet auch Anna nur mit sehr wenigen Personen über die Trans*thematik an sich, neben ihrem aktuellen Partner [S] mit ihrer Freundin [M2], die ebenfalls Trans*frau ist. Ohne dies explizit einzuzeichnen, redet sie auch teilweise noch mit [H1] und [A2] über die Thematik (S.19, Z.7). Anna hätte auch nichts dagegen, wenn sich die Personen ihrer Netzwerkkarte untereinander austauschen. Ein sehr wichtiges Anliegen ist es Anna aber dennoch nicht und würde einen solchen Austausch auch eher selbst organisieren(S. 19, Z.32). Sie verneint dies aber als einzige nicht so kategorisch wie allen anderen Interviewpartner_innen.

3.4.3 Interview und Netzwerkkartenzeichnung Trans*mann Hans

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abb. 10: Netzwerkkartenzeichung von Hans mit Legende der jeweiligen Sektoren).

Trans*mann Hans[136] ist zum Zeitpunkt des Interviews 18 Jahre alt, seit rund einem Jahr in einer Beziehung mit seiner festen Freundin [KK] und lebt aktuell beim Vater [AG]. In seiner Kindheit wohnt Hans zunächst bei seiner Mutter [LP], zieht aber mit neun Jahren aufgrund eines Alkoholproblems der Mutter zum Vater [AG] (S.1, Z.17). Damit ist auch ein Wohnortwechsel aus einer eher ländlichen Region in eine größere Stadt verbunden. Nach der Grundschule besucht Hans dort das Gymnasium, aktuell wiederholt er die elfte Klasse (S.1, Z.21).

Hans wollte bereits als Siebenjähriger mit einem Jungennamen angesprochen werden und kleidet sich bereits zu dieser Zeit wie ein Junge (S.1, Z.27). Ein Gefühl der Andersartigkeit ist für ihn damit zunächst allerdings nicht verbunden, er fühlt sich als Junge, ohne Wissen über das Thema Transidentität zu besitzen.

"Aber da hatte ich jetzt nicht das Gefühl, dass was nicht stimmt, das war eigentlich eher so normal eigentlich, also dass ich mich halt als Junge gegeben habe" (S.1, Z.28).

Seine Eltern versuchen in seiner der Kindheit und Jugend nie, Hans durch entsprechende Kleidung oder Verhaltensbeeinflussung weiblicher erscheinen zu lassen. Mit Übergang auf das Gymnasium wird Hans' Erscheinungsbild als Junge von Mitschüler_innen zunehmend als komisch wahrgenommen, worauf er sich zunächst an die Erwartungen anpasst und sich weiblicher gibt, um mehr wie die anderen Mädchen zu sein (S.1, Z.40). Mit fünfzehn Jahren outet sich Hans schließlich als lesbisch, wodurch er wieder sein bevorzugtes Auftreten ohne Rechtfertigungszwänge praktizieren kann.

" Mit fünfzehn, als ich dann halt mich als lesbisch geoutet habe, da war das dann, da habe ich mich dann auch freier gefühlt, mich wieder mehr wie ein Junge zu kleiden und das war dann, also ich musste das dann nicht mehr so erklären, weil alle wussten. Also der Grund, dass ich lesbisch bin, war schon Grund genug eigentlich, dass ich wie ein Junge aussehe so (S.1, Z.41).

Auch hier wird erneut die Logik der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit sichtbar, in der männlich gekleidete Frauen offensichtlich oft nur lesbisch sein können, weil alles andere nicht "passt". Zu dieser Zeit erfährt Hans von der Existenz der Transsexualität und entwickelt selbst das Bewusstsein, transsexuell zu sein (S.2, Z.5). Er spricht als erstes mit seinen zwei - zu dieser Zeit - besten Freundinnen darüber und informiert im Anschluss seine Partnerin [KK], dann Mutter [LP], Vater [AG] und weitere Verwandte. Bei denen, die er nicht so häufig sieht, ist er bisher auch noch nicht geoutet. Bei seiner Mutter outet er sich via Telefonanruf, die die Information gut aufnimmt.

"Also die war jetzt auch nicht so geschockt, weil ich mich ja mit sieben schon immer wie ein Junge gegeben hab und für die war das dann auch kein Problem, das war im April 2014" (S.2, Z.22).

Wenn Anzeichen bereits in der Kindheit von Angehörigen bemerkt und akzeptiert werden, scheint ein späteres Outing bei diesen entsprechend mit größerer Akzeptanz aufgenommen zu werden. Seine Mutter ist die einzige Person im Sektor Familie, mit der Hans explizit über die Trans*thematik spricht. Auch seine feste Freundin [KK] wird von ihm hier nicht genannt, für diese möchte er ein normaler, fester Freund sein:

"Ne, also als ich mich jetzt geoutet habe, war es kein Problem und sie akzeptiert es auch und es ist jetzt kein Problem, aber ich rede trotzdem nicht so gern mit ihr darüber, weil... Ich möchte eigentlich eher so, ich möchte das nicht immer wieder aufgreifen das Thema, das ist für sie so nervig wird vielleicht, das ich Trans* bin. Sondern eher, also ich möchte eher ein normaler Freund halt für sie sein, also fester Freund" (S.7, Z.13).

Dies kann daran liegen, dass Hans' Transition noch nicht sehr weit fortgeschritten ist, bisher keine Belastungen durch Ärtz_innen oder Psycholog_innen aufgetreten sind oder die Beziehung mit knapp einem Jahr noch nicht die Dauer und Intensität erreicht hat, wie bei den bisher dargestellten Interviewpartner_innen. Vielleicht deswegen übernimmt bisher vor allem seine Mutter die Rolle einer Partner_in, zusammen mit seiner Lehrerin [IF], seinem Psychologen [PS] und Personen seines engsten Freundeskreises in den anderen Sektoren.

Mit seinem Vater spricht Hans persönlich, auch dieser reagiert nicht negativ auf das Outing, zeigt sich allerdings besorgt im Hinblick auf medizinische Behandlungen und scheint trotz der artikulierten Akzeptanz ein Problem mit der Tatsache zu haben.

"Also der akzeptiert das schon, ich werde jetzt nicht verstoßen, aber er unterstützt mich jetzt nicht so sehr" (S.2, Z.34).

Sein Vater [AG] scheint insbesondere ein Problem damit zu haben, Hans mit seinem richtigen Namen anzusprechen, wobei der Vater zumindest teilweise reflektierter auf die Kritik an diesem Verhalten reagiert (S.3, Z.10) als die Stiefmutter [HL]. Der Vater geht auch zu Beginn der Hormontherapie mit Hans zum Arzt (S.3, Z.26). Die Stiefmutter wird wiederum in seiner Netzwerkkarte entsprechend als einzige ganz außen im Sektor Familie eingezeichnet.

"Meine Stiefmutter, der habe ich es erst vor zwei drei Monaten gesagt, mein Vater hat schon davor mit ihr gesprochen, aber persönlich habe ich es ihr erst später gesagt. Die ist eigentlich genau wie mein Vater, die nennt mich auch noch bei meinem alten Namen und sagt eigentlich auch gar nichts darüber und ignoriert es auch eher und schreibt auch in den Kalender bei meinem Geburtstag noch meinen alten Namen rein und so" (S.2, Z.36).

Hans hofft, dass die Akzeptanz des Namens mit den erwarteten körperlichen Veränderungen durch die Hormontherapie noch zunehmen wird und möchte dies dann auch ausdrücklicher einfordern als bisher (S.3, Z.19). Seine Mutter nennt ihn seit dem Outing bei seinem richtigen Namen (S.3, Z.20) und scheint daher deutlich weniger Probleme damit zu haben, als der Vater und dessen Lebensgefährtin, die ihm sein Trans* sein schlicht nicht glauben will (S.2, Z.45). Da Hans' Vater diese Vorbehalte hat, scheint sein Onkel [WP] eine sehr wichtige Bezugsperson für Hans geworden zu sein, auch wenn er nicht explizit über die Trans*thematik mit ihm spricht.

" Also mit meinem Onkel, da rede ich jetzt nicht, also wenn ich Gesprächsbedarf habe, rede ich jetzt nicht extra mit ihm, der ist nur so, der unterstützt mich halt und gibt mir so Mut und so" (S.6, Z.43).

Hans musste bisher keine Gewalterfahrungen machen und auch allgemeine Diskriminierungserfahrungen summieren sich auf - in Hans' Augen - weniger schlimme Zwischenfälle.

"Also in der Schule sind manchmal welche aus den, also so Fünft-, Sechsklässler, die tuscheln dann in Gruppen und dann höre ich das schon, wenn ich vorbeilaufe, dass die dann so sagen, dass das ein Mädchen ist. Ja, aber, manche rufen mir auch, also in der Schule. Einmal war das, dass mir jemand "du Lesbe!" oder so hinterher gerufen hat, aber sonst eigentlich gar nichts" (S.3, Z.42).

Hans hat zwar kein Idealbild von einem Mann, Merkmale wie eine tiefe Stimme oder Bartwuchs gehören für ihn aber dazu, um sich auch als Mann fühlen zu können (S.4, Z.10), entsprechend fällt es ihm aktuell auch noch schwer, sich selbst als Mann zu sehen, wenn er sich im Spiegel betrachtet. Grundsätzlich äußert sich Hans allerdings sehr aufgeschlossen dazu, wann ein Mann auch ein Mann sein darf:

"Also eine Person, die aussieht wie eine Frau oder vielleicht auch Brüste hat und sich aber als Mann bezeichnet, würde ich trotzdem als Mann sehen, eigentlich, solange die Person sagt, dass sie der Mann ist. Ja" (S.4, Z14).

Entsprechend dieser Einstellung möchte er zwar bei seiner Transition alle Operationen durchlaufen, artikuliert aber auch keine große Eile in der Notwendigkeit der Durchführung. Für die Mastektomie möchte er bis nach seinem Abitur warten, für alle weiteren Eingriffe bis nach seiner Ausbildung (S.4, Z.38). Auch Hans ist dabei die Mastektomie besonders wichtig, weil er sich durch ihr Fehlen am meisten in der Öffentlichkeit eingeschränkt sieht.

"Also die Mastektomie ist für mich schon sehr wichtig, auch, weil ich bin ja in manchen schon ein wenig eingeschränkt, zum Beispiel Schwimmbad. Kann ich jetzt nicht wirklich gehen. [...]Es fängt schon bei der Kabine an, wo ich mich umziehe. Aber dann auch dass ich, also ich wüsste nicht, was ich da jetzt anziehen soll" (S.5, Z.3).

Hier wird erneut deutlich, das Trans*personen gerade in der Öffentlichkeit an Orten, an denen nach zwei Geschlechtern getrennt wird, große Unsicherheiten erleben können und in der Folge diese Orte meiden, bis auch nach außen hin Eindeutigkeit hergestellt ist.

Bei Hans sind bisher keine wichtigen Bezugspersonen aufgrund der Trans*thematik aus seiner Netzwerkkarte heraus gefallen.

3.4.4 Interview und Netzwerkkartenzeichnung Trans*mann Erik

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abb.11: Netzwerkkartenzeichung von Erik mit Legende der jeweiligen Sektoren).

Trans*mann Erik[137] ist zum Zeitpunkt des Interviews 17 Jahre alt und wohnt bei seiner Mutter [Mi]. Er geht in seiner Kindheit zuerst auf die Hauptschule und besucht heute - nach erfolgreichem Realschulabschluss - die elfte Klasse einer weiterführenden Schule (S.1, Z.46). Er ist seit rund einem Jahr im Freundes- und teilweise Bekanntenkreis geoutet. Die letzte Einschulung wird von Erik bereits zu Beginn des Interviews als unproblematisch beschrieben.

"Das hat auch gut mit der Anmeldung geklappt, weil die Sekretärinnen haben auch gesagt, dass sie öfter Schüler haben, also eben Transidente mit Namensänderung und sie sich auch auskennen. Die haben dann auch immer schon so einen Zeugnisvordruck vom Zeugnis und das war auch schon alles auf meinen Namen und alles und hat auch gut geklappt" (S.2, Z.1).

Bereits seit seiner frühen Kindheit denkt Erik, dass er ein biologischer Junge ist.

"Also, am Anfang dachte ich schon auch, dass ich ein biologischer Junge bin und dass das halt noch alles wächst und so. Später habe ich dann auch gemerkt, dass ich anders bin, ja ich wusste das eigentlich schon immer" (S.1, Z.19).

In der Grundschule fällt Mitschüler_innen zwar auf, dass bei Erik etwas nicht stimmt und er wird redundant nach den Gründen für sein Verhalten gefragt (S.1, Z.23). Erik kann mit diesen Fragen zu dieser Zeit aber noch wenig anfangen, auch bei ihm besteht das Problem, dass er zunächst nicht weiß, was mit ihm los ist.

"Ich weiß nicht, so bis drei hab ich das geglaubt oder vier, dass das noch alles so wird. Also ich wusst halt schon, dass ich anders bin, aber ich konnte es nicht genau einordnen, weil ich mich jetzt nicht mit dem Mädchen so identifiziert habe, dass ich jetzt so eines bin" (S.2, Z.20).

Damit einher geht bei ihm der tiefe Wunsch, auch einen anderen Körper zu haben, was er sich bereits mit neun Jahren bei einer Stadtführung auch so wünscht (S.2, Z.26). Vor seinem dreizehnten Lebensjahr wusste Erik nicht, dass es andere Menschen wie ihn oder eine Lösung für sein Problem gibt.

" Ich wusste halt immer nicht, dass es sowas auch bei Anderen gibt. Ich habe gedacht, ich bin der Einzige. Ich habe gedacht, dass das schon irgendwie wieder weg geht und so" (S.1, Z.37).

Ende 2013 outet sich Erik mit einem persönlichen Brief bei seiner Mutter, die sein Outing gut aufnimmt.[138] Er erhält zunächst Hormonblocker und zum Zeitpunkt des Interviews seit rund zwei Monaten Testosteron. Außer dummen Sprüchen vor dem Outing musste Erik bisher keine Diskriminierungserfahrungen machen (S.3, Z.6), auch seine Netzwerkarte zeigt keine größeren Veränderungen. Außer zwei Bekannten [An, Be], die Erik über eine jährliche Trans*freizeit kennt, sind keine weiteren Personen in seiner Netzwerkkarte hinzu gekommen.

Über die Trans*thematik an sich spricht Erik zuerst mit seiner Mutter [Mi], seinem Bruder [Ti] und einer Person aus seinem Freundeskreis [Le], gerade dann, wenn es ihm nicht gut geht. Allgemein redet er aber mit seinem kompletten engsten Freundeskreis [Da, Le, An, Lu, Ma, Vi] sowie mit drei Personen aus seiner Familie [Mi, Ti, Si] darüber. Erik scheint dabei insgesamt stark zu differenzieren, wer überhaupt etwas von seinem Trans*sein wissen soll und wer nicht. In seiner aktuellen Schulklasse (S.3, Z.21) und auch in den vielfältigen Jugendorganisationen, in denen er Mitglied ist, kennen ihn Gleichaltrige meist nur als Erik. Wenn er dort bei Einzelpersonen geoutet ist, hat er dies in einem persönlichen Gespräch getan (S.8, Z47). Auch seine Großeltern wissen zwar beispielsweise Bescheid, er möchte aber aus Verständnisgründen nicht groß mit ihnen über das Thema sprechen, auch wenn sie sich bemüht zeigen.

"Dann meine Großeltern muss ich jetzt nicht unbedingt drüber reden, weil die das halt, die akzeptieren das, aber die verstehen des halt nicht so ganz wie das funktioniert alles, weil die halt ziemlich alt sind. [...] Also, reden mich schon mit meinem neuen Namen an so die Oma, die eine teilweise nicht so, aber mein Opa hat sich sogar einen Zettel mit dem Namen aufgeschrieben, weil er sich den immer nicht merken konnte" (S.9, Z.8).

Erik verneint daher insgesamt auch die Frage nach einem Vernetzungswunsch sehr explizit.

"Ne, weil da weiß es ja keiner, und ich finde, die geht das auch nicht so an. Weil, ja das geht die Leute ja nichts an. Ich mein, Leute rennen ja auch nicht durch die Klasse und erzählen jetzt ihre ganzen Sachen" (S.8, Z.42).

Für ein Mann-Sein ist es Erik wichtig, sich damit zu identifizieren (S. 3, Z.34). Er sieht keine typischen Eigenschaften bei Männern und Frauen und lehnt auch damit verbundene Klischees ab.

"Ich denke, die Eigenschaften haben überhaupt nichts mit dem Geschlecht zu tun. [...], aber so richtig Eigenschaften, würde ich jetzt keinem der Geschlechter zuordnen. Es gibt ja vielleicht auch mehrere, es gibt ja auch Leute, die sich keinen zuordnen oder beiden" (S. 3, Z.39).

An dieser Stelle wird deutlich, dass sich Erik sehr intensiv mit der Thematik auseinander gesetzt zu haben scheint, auch was die körperlichen Geschlechtsmerkmale anbelangt. So möchte er zwar auch in jedem Fall die Mastektomie durchführen lassen, was aber weitere Operationen anbelangt, argumentiert Erik sehr reflektiert und abwägend.

"Also den Aufbau, da bin ich mir nicht sicher, also wenn man jetzt wüsste, dass es keine Komplikationen gibt, dann schon. Aber es gibt ja so viele Sachen,[...]. Aber auch Fisteln, Infektionen, die haben ja zwanzig OPs und ich weiß nicht, ob sich das so wirklich lohnt. Ich hab von vielen gehört, dass denen auch der "Klit-Pin" reicht und die wollten vorher alle unbedingt den Aufbau, ich denke, das kann man vorher nicht so unbedingt sagen" (S.4, Z.35).

Erik zeichnet in seiner Netzwerkkarte eine Person ein, zu der er heute wegen der Trans*thematik keinen Kontakt mehr hat, seinen Cousin [Ka]. Dieser hat ihm bei seinem Geburtstag als einzige Person in der Familie neben seinem richtigen Namen auch mit dem ehemaligen Mädchennamen gratuliert, was von Erik als respektlos und unverschämt beschrieben wird (S.7, Z.36) und weshalb er den Kontakt abgebrochen hat. Auch hier wird wieder deutlich, dass für Trans*personen die Namens- und Personenstandsänderung extrem wichtig zu sein scheint und eine Nicht-Berücksichtigung bis zum Kontaktabbruch reichen kann.

Seine Freundinnen [Sa, Sas und Sof] sind Freundschaften aus der Kindheit. Diese Personen sind Erik zwar nach wie vor wichtig, sie unternehmen zum Zeitpunkt des Interviews aber keine gemeinsamen Aktivitäten mehr, auch wenn Erik dem nicht abgeneigt wäre. Zu seinem Verhältnis zum Vater [Ma] erzählt Erik selbst nichts, allerdings geht aus dem Interview mit Eriks Mutter hervor, dass es nicht das beste ist. Er ist auch eine von zwei Personen aus der Familie, die von Erik ganz außen verortet werden.

Neben den Erfahrungen, Problemen, Herausforderungen und für sie wichtigen sozialen Beziehungen, der vier bisher dargestellten Trans*personen, konnte mit zwei Angehörigen ein eigenes, ergänzendes Leitfrageninterview geführt werden: Mit der Mutter von Trans*mann Erik und mit Julia, der Schwester von Trans*frau Anna. Diese sollen nun im Weiteren gemeinsam betrachtet werden.

3.4.5 Interviews mit Personen aus dem Umfeld

Eriks Mutter hat ihren Sohn schon immer als Jungen wahrgenommen. Versuche, ihn weiblicher anzuziehen oder Wünsche, vermeintlich weibliches Verhalten zu zeigen, werden von Ihr zwar geäußert, dies aber weder vehement noch redundant (S.1, Z.15). Das Outing selbst erlebt die Mutter daher fast als Erleichterung und ist davon auch wenig überrascht (S.1, Z. 31). Es wird aber als deutlich emotionaler beschrieben als in Eriks Erzählung.

"Ja, dass du halt so geweint hast und gesagt hast, dass ich dir versprechen soll, dass ich ihn noch lieb hab. Hat er wirklich Angst gehabt und ich war fast erleichtert, wie ich des gelesen hab, weil ich gedacht hatte: "Um Gottes willen, was kommt jetzt?" Ja, also auch in der Schule dann, die Lehrer, wie wir dann um ein Gespräch gebeten haben, die haben sich also auch eine Woche lang den Kopf zerbrochen. Haben gedacht, was weiß ich, Krebs oder sonst was. Die waren also auch fast erleichtert. Das ganze Outing hab ich als extrem positiv erlebt, aber wir hatten keinen Gegenwind" (S.1, Z.31).

Hier wird deutlich, dass ein Outing für die Trans*personen in der Jugendphase eine extreme Belastungssituation sein kann, verbunden mit Ängsten, die aus einer Furcht vor Zuneigungsverlust der für sie wichtigen Personen resultieren. Für die Mutter selbst ist die Situation dann wiederum aus anderen Gründen belastend, unter anderem aus Sorge um mögliche gesundheitlichen Konsequenzen.

"Für mich war es natürlich schon heftig, das Ganze. Das können Sie sich vorstellen. Nicht die Tatsache DASS, weil das Kind ist ja das gleiche geblieben, auch vom Charakter her. Ja, aber was mir dann auch einfach auch Sorgen macht, was auf ihn zukommt: Leben lang Hormone, Operationen. Und was mir sehr zu schaffen gemacht hat war, dass er sich mir nicht eher geöffnet hat, weil er hat ja gesagt, eigentlich wusst er es, seit er 12 Jahre alt ist" (S.1, Z.38).

Das Outing selbst scheint bei Angehörigen weniger emotional belastend zu sein, als die Frage, warum eine Öffnung oder ein Sprechen darüber nicht früher stattgefunden hat. Auch hier werden erneut Befürchtungen deutlich, die aus dem gesellschaftlichen Umgang mit der Thematik resultieren und aufgrund der gültigen Regeln und Normen innerhalb der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit Bestand haben.

"Aber das hat er mir dann auch so erklärt. Weil wir hatten schon immer ein sehr, sehr gutes Verhältnis.[...] Er hat einfach gesagt, er hatte Angst, dass dieses gute Verhältnis dadurch gestört wird oder so. Weil ich schon gesagt hab: "Kind, warum hast du mir das nicht eher erzählt?" Weil das ist ja schon heftig, sowas so lang mit sich rumzuschleppen" (S.2, Z.7)

Annas Schwester Julia[139] berichtet davon, dass es ihr sehr angenehm war, dass das Thema Transsexualität erst nach der Schulzeit der Schwester aufkommt. Für sie ist es zu dieser Zeit noch störend und ein Tabuthema.

"Damals hat mich das total gestört, weil ich war dann auch selber so in dieser Abi-Zeit und ich, ja, es war mir halt einfach sehr unangenehm. Einfach weil es so ein Tabuthema auch irgendwie war und weil ich auch selber damals noch nicht so wirklich damit zurecht gekommen bin.[...] Aber damals war es halt für mich einfach noch so ein Prozess, wo ich mir das selber erst noch so bewusst machen musste. [...] Ich mein, wir wurden zwar immer relativ tolerant erzogen, aber halt einfach so die Vorstellung, ich hatte jetzt zwanzig Jahre lang einen Bruder und plötzlich habe ich jetzt irgendwie eine Schwester, das war schon nicht einfach für mich" (S.1, Z.37).

Auch heute kann Julia noch nicht völlig offen damit umgehen, beispielsweise wenn sie neue Leute trifft und die Frage nach Geschwistern im Raum steht, ist eine Unsicherheit vorhanden, ob sie Bruder oder Schwester sagen soll (S.2, Z.4). Im Gegensatz zu Eriks Mutter werden Verhaltensauffälligkeiten in der frühen Jugendphase bei ihrer Schwester auch nicht mit einem Unbehagen mit dem eigenen Geschlecht assoziiert, sondern mit typisch männlichem Cliquenverhalten, das zu dieser Zeit bei ihrer Schwester nicht ungewöhnlich ist.

"Es gab da auch so eine Situation, wo eben damals mein Bruder noch sich einen Bikini von mir genommen hat, um damit halt zu duschen, also das haben wir halt auch so aufgenommen, einfach so in der typischen Jackass-Manier aber eher. [...]Aber ich hab das halt auch nicht so auf das Thema gemünzt, dass sie halt irgendwie sich als Mann unwohl fühlt. Also dass es damit halt irgendwie zusammenhängt" (S.2, Z.33).

Zwar hat Julia häufiger den Eindruck, dass ein subtiles Problem im Raum steht, ohne dies aber in Richtung Transidentität deuten zu können (S.3. Z.1). Auch im Bezug auf die Eltern erzählt Annas Schwester, dass diese das Outing selbst gut aufnehmen, sich in der Folge aber dennoch - analog zu Eriks Mutter - große Sorgen machen.

"Also ich hatte das Gefühl, dass es für meine Eltern schon sehr schwierig war oder vielleicht auch immer noch ist. Also, dass sie sich einfach ganz, ganz viel Sorgen gemacht haben da in der Zeit. Also mein Vater ist auch Sozialarbeiter. Also meine Eltern haben auch ganz viel versucht, das irgendwie zu verstehen oder halt irgendwie gedacht, das ist irgendwie ein anderes Problem oder dass da halt irgendetwas falsch gelaufen ist und so. Es hat auch eine Weile gedauert, bis es dann auch wirklich etabliert war, dass sie halt dann Anna genannt wird von allen. Für mich war das am Anfang auch schwer (S.3, Z.39).

Für Julia kommt hinzu, dass sich ihre Schwester zwar die Haare wachsen lässt, sich ansonsten aber wenig klischeehaft weiblich verhält, also keine entsprechende Kleidung trägt oder sich schminkt (S. 4, Z.4).[140]

"Vielleicht war das auch irgendwie nochmal so, so ein bisschen schwieriger dann halt, das so wirklich so fest zumachen, dass sie das halt auch wirklich ernst meint. Ich denke, meine Eltern akzeptieren das jetzt mittlerweile und kommen auch irgendwie damit zurecht, aber es war schon schwierig am Anfang, für alle" (S.4, Z.4).

Sowohl Julia als auch Eriks Mutter informieren sich beide nach dem Outing über das Thema Transidentität. Julia liest eine Biographie einer Trans*frau, hat aber bis heute das Gefühl, sich nicht ausreichend mit dem Thema auseinander gesetzt zu haben (S.4, Z.19). Eriks Mutter wird von ihrem Sohn umfassend über das Thema und entsprechende Seiten im Internet informiert (S.2, Z.27) und tauscht sich in Facebook-Gruppen mit anderen Angehörigen aus (S.4, Z.19). Tatsächliche Beschäftigung mit und Wissensaneignung zu dem Thema findet bei beiden erst nach dem Outing statt.

Über Diskriminierungserfahrungen berichten ebenfalls beide Angehörige gleichermaßen. Auch wenn Eriks Psychologin seine Transition in den Augen seiner Mutter gut organisiert, verwendet sie oft die falschen Pronomen und muss verbessert werden (S.3, Z.4). Daneben berichtet Eriks Mutter ebenfalls über den Vorfall mit Eriks Cousin, dessen Verhalten auch von ihr nicht akzeptiert wird.

"Ja und dann, wie er dann schon erzählt hat, dass sein Cousin, der ihm falsch zum Geburtstag gratuliert hat, danach habe ich mich dann noch dezent mit meiner Schwägerin in die Haare gekriegt und seitdem auch nicht mehr von ihr gehört. Das ist mir aber auch egal. Weil sie dann auch so: " Haha..." Zehn Monate nach dem Outing kommen sie dann daher: "Ja...und das wäre alles so schwierig!" Hab ich gesagt: "ja, sag mal, geht es dir noch ganz gut?" (S.4, Z.47).

Julia wiederum musste beispielsweise unmittelbar nach der GAOP ihrer Schwester, als diese bei ihr zu Besuch war, Beleidigungen durch Männer im öffentlichen Raum erleben (S. 4, Z.44) oder in einem Nachbardorf ihres Wohnorts Schmähungen über ihre Schwester in einer Kneipe mit anhören. Dort scheint sie aus ihrer heutigen Sicht auch nicht korrekt darauf reagiert zu haben.

"Dass er sich dann halt einfach wahnsinnig darüber echauffiert über, über dieses Thema und sich halt auch so lustig gemacht hat vor vielen anderen, die halt irgendwie um ihn rum standen. Also das hab ich mitbekommen. Das war eine ziemliche scheiß Situation. Also, wobei ich da heute wahrscheinlich auch anders reagieren würde, aber damals war ich auch selber noch so damit beschäftigt. Also damals hat es mich einfach nur betrübt gemacht und also heute würde ich da auch sagen, ja, oder würde den vielleicht auch zur Rede stellen dann eher. Ja aber damals ging das halt einfach nicht. (S.4, Z.36).

Bei der Frage nach möglicher Unterstützung hätte Julia sich in der Zeit nach dem Outing ihrer Schwester insbesondere leicht zugängliche Quellen zu dem Thema gewünscht. Eriks Mutter wiederum thematisiert finanzielle Anforderungen, die mit der Transition einher gehen (S.3, Z.44). In diesem Kontext kritisiert sie auch deutlich das Verhalten von Eriks Vater, dem "Erzeuger" (S.3, Z.45). Da an Eriks Wohnort oder in der näheren Umgebung kein_e Spezialist_in für Minderjährige ansässig ist, müssen diese weite Fahrtwege auf sich nehmen, um eine entsprechende Versorgung zu erhalten. Diese und diverse andere Kosten müssen von ihnen selbst getragen werden, werden also nicht von der Krankenkasse übernommen (S.4, Z.6). Hier hätte Eriks Mutter gerne entsprechende Unterstützung.

Trotz der vielen unterschiedlichen geschilderten Erlebnisse und Erfahrungen aller Interviewpartner_innen, lassen sich insgesamt dennoch einige Gemeinsamkeiten feststellen. Zunächst scheint immer wenig Wissen zum Thema Transidentität vorhanden zu sein, die Existenz des Phänomens ist bei allen Beteiligten in Kindheit und Jugend oft unbekannt. Gerade auch daraus resultieren Probleme, wie ein später Beginn der Transition, subtile Gefühle der Andersartigkeit in Kindheit und Jugend und fehlende frühe Unterstützung durch Angehörige und Freund_innen. Das grundsätzlich kaum vorhandene Wissen zu der Thematik innerhalb der Gesellschaft führt daher mit zu den dargestellten Unsicherheiten, Ängsten, Belastungen und Diskriminierungserfahrungen bei Betroffenen und ihren Angehörigen.

Auch Focks (2014) kommt bei ihrer Expert_innen-Studie zu einem ganz ähnlichen Ergebnis: "Trans* und Inter* Jugendliche merken in der Regel früh, dass sie nicht der Norm entsprechen. Es gibt Normkonflikte und sie müssen häufig erstmal einen Namen dafür finden, wie sie sich fühlen und suchen nach Identität" (ebd.: 8). Da geschlechtliche Identitäten in unserer Gesellschaft - wie dargestellt - eine wichtige Rolle spielen, ergeben sich für diese Jugendlichen gerade in der vulnerablen Jugendphase oft Probleme (Schwimmbad, Umkleide, Toiletten etc.), von denen auch die Interviewpartner_innen berichten. Zu einem identischen Ergebnis kommt auch die Studie der Europäischen Union (2014): " In an effort to escape these experiences, trans persons avoid expressing their gender identity an stay away from places where the fear assault, threat or harassment simply because they are trans. This realy deprives them of their right to praticipate equally in society and of several fundamental rights [...]" (ebd.. 98). Negative Pathologisierungserfahrungen sind dabei ebenfalls nach wie vor keine Seltenheit. Durch diese entstehen zusätzliche, überflüssige Belastungsmomente, die durch eine Ausrichtung des gesamten Transitionsprozesses im Sinne von Trans*personen deutlich verringert werden könnten.

Positiv anzumerken ist, dass es bei allen Interviewpartner_innen aufgrund ihrer Transidentität nicht zu größeren Abwendungen im Freundeskreis oder in der Familie gekommen ist. Bei vielen sind neue Personen dazu gekommen, die heute wichtige soziale Beziehungen für die Interviewpartner_innen darstellen, auf lange Freundschaften hat die Trans*thematik keine negativen Auswirkungen. Offensichtlich kann es für Trans*personen zudem bedeutsam sein, auch andere Trans*personen im engsten Freundeskreis zu haben, mit denen dann die Möglichkeit besteht, über die Thematik zu reden. Wichtige Bezugspersonen scheinen insbesondere im familiären Umfeld zu liegen, später spielen aber auch die Partner_innen eine wichtige Rolle.

Der Transitionsprozess ist zwar erst einmal für Trans*personen selbst aus den unterschiedlichsten dargestellten Gründen belastend, aber letztendlich wäre allen damit konfrontierten Personen geholfen, wenn bei der Thematik der Transidentität ein anderer gesellschaftlicher Umgang gepflegt werden würde. Solange aber Vielfalt nicht Normalität ist, werden die geschilderten Erfahrungen weiterhin die Normalität sein.

In der Folge sollen daher - auf die bisherigen Kapitel aufbauend - abschließend noch mögliche Implikationen für die Soziale Arbeit umrissen werden, die sich aus den dargestellten Erfahrungen der Interviewpartner_innen und den zuvor diskutierten Normalitäten innerhalb der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit ergeben können. Dabei soll die queer-plurale Sichtweise als Alternative entsprechend für die Soziale Arbeit berücksichtigt werden, da sie - wie dargestellt - ein zielführendes Konzept auch für diese sein könnte.

4. Implikationen für die Soziale Arbeit - Sanktionsfreie, geschlechtliche Vielfalt

Die beschriebenen Sachverhalte verdeutlichen, dass sich Soziale Arbeit stärker mit der LSBTI*-Thematik beschäftigen sollte, als dies bisher der Fall ist. Dabei wird in Theorie und Praxis zu selten reflektiert, welche Vorstellungen von weiblich und männlich die Soziale Arbeit prägen und wie diese selbst dazu beiträgt, die Kultur der Zweigeschlechtlichkeit zu reproduzieren (Ehlert 2012: 5). Geschlecht ist dabei eine Konfliktkategorie, keine abgeschlossene Entwicklungsleistung (ebd.: 30). Dies müsste verstärkt auch Gegenstand der Sozialen Arbeit werden, um Verbesserungen - nicht nur im Sinne von Trans*personen - nachhaltig ermöglichen zu können. Heute sollte nicht mehr naiv zwischen Jungen und Mädchen im Sinne von Eigenschaftszuschreibungen differenziert werden oder von klar abgrenzbaren Frauen- und Männerrollen gesprochen werden (ebd.). Vielmehr gilt es im Sinne aller, "TransRäume" (Pohlkamp 2010: 37) zu schaffen, in denen eine sanktionsfreie, geschlechtliche Vielfalt gelebt werden kann.

TransRäume bedeuten dabei "Orte für alle Geschlechter, einschließlich der Intersexen, Transgender, Transsexuellen etc. sowie für homosexuelle, bisexuelle und heterosexuelle Reproduktions- und Rezeptionspraxen" (ebd.). An solchen Orten könnte dann Platz sein für Begegnungen jenseits von Eindeutigkeiten, um so auch mittelfristig zu einer gesellschaftlichen Veränderung im Sinne des politischen Mandats der Sozialen Arbeit beitragen zu können. Schmidt et al. (2015) verweisen in diesem Kontext darauf, dass die in den Arbeitsfeldern gern proklamierte Normalität von Vielfalt oft nur eine scheinbare ist (ebd.. 11). Toleranzbekundungen stehen oftmals im Widerspruch zu einer konkreten Handlungspraxis, in der das Spektrum von Vorbehalten bis hin zu Abwertungen reicht (ebd.). "Vor diesem Hintergrund, aber auch im Hinblick auf die Komplexität sozialer Wirklichkeit sind Pädagog_innen herausgefordert, Selbstverständlichkeiten von Geschlechter- und Begehrensnormen zu hinterfragen und sich zugleich dafür zu engagieren, dass Vielfalt auch gelebte und sichtbare Realität wird" (ebd.). Ähnlich weist Pohlkamp (2015) darauf hin, dass Fachkräfte oft nicht in der Lage sind, "normativitätskritisch zu arbeiten" (ebd.: 79).

Soziale Arbeit könnte daher im Sinne einer tatsächlichen sanktionsfreien, geschlechtlichen Vielfalt in meinen Augen in den folgenden beiden Bereichen tätig werden beziehungsweise könnte ihr eigenes Selbstverständnis dort überarbeiten:

1. Soziale Arbeit sollte bei der Ausbildung von Fachkräften (Erzieher_innen, Sozialarbeiter_innen) einen breiten Wissenstand generieren und in Lehre und Curriculum den dargestellten Sachverhalten eine größere Bedeutung zugestehen, als dies bisher der Fall ist.

2. In der Praxis der Sozialen Arbeit sollte aus einer "Betroffenenperspektive" gedacht, konzeptioniert und agiert werden. Einerseits in der (präventiven) Arbeit mit CIS-Jugendlichen in den Einrichtungen der (Jugend)Sozialarbeit, andererseits bei möglichen Beratungssettings von Eltern und LSBTI*Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst.

Hier liegt der Schwerpunkt auf einer Wissensvermittlung. Czollek et al. (2009) benennen beispielsweise auf der Grundlage der Sichtung des Curriculum an unterschiedlichen (Fach-)Hochschulen verschiedene sinnvolle Lehrinhalte und damit verbundene Lernziele[141], die aus meiner Sicht allerdings nicht nur optional eingebunden sein sollten (ebd):

- Wissensvermittlung in feministischer Theorie, Gender-, Queertheorien und kritischer Männerforschung;
- Geschichte der Frauenbewegung, Schwulen- und Lesbenbewegung und Queer Politics;
- Geschichte der Sexualität und Grundlagen der Identitätsentwicklung;
- "Best Practice" Beispiele aus der Praxis.

Kugler et al. (2015) verweisen hier darauf, dass "Fachkräfte zu diesem Themenfeld nicht ausgebildet sind und auch die derzeitigen Studierenden und zukünftigen Pädagog_innen noch immer nicht zu den spezifischen Belangen von LGBT-Jugendlichen und Kindern aus Regenbogenfamilien und für entsprechenden pädagogischen Handlungsbedarf geschult werden" (ebd.: 213). Gerade LSBTI*-Jugendliche benötigen aber Unterstützung sowie Räume zur Selbstfindung und Persönlichkeitsentfaltung (ebd.: 210), auch wenn diese nicht nur Schwierigkeiten erleben: "Zu ihrem Leben gehören auch positive Erfahrungen und Erlebnisse, wie Verliebtsein, gute und enge Freundschaften, [...] Begegnungen mit für ihr Leben wichtigen Menschen [...]." (ebd.), wie auch die Fallstudie in dieser Arbeit zeigen konnte.

Czollek et al. (2009) verweisen wiederum auf die analytischen Herausforderungen für die Soziale Arbeit und ihre einzelnen Fachkräfte, die es in Studium und Praxis - im Sinne einer gendergerechten Ausrichtung - zu bearbeiten gilt (ebd.: 43):

- "Was ist eine geschlechterspezifische Sozialisation?
- Welche Normen und Werte (z.B. Heteronormativität) bestimmen unsere Gesellschaft?
- Wie geschieht die Konstruktion der Geschlechter?
- Welche geschlechterspezifischen Verteilungen von Ressourcen sind in der Sozialen Arbeit vorhanden?

- Inwieweit sind Macht- und Herrschaftsstrukturen genderspezifisch?
- Welche Geschlechtsstereotypen gibt es?
- Was meint Intersektionalität [...]?" (ebd.).

Dabei ist dieses Wissen nicht nur theoretischer Natur, sondern sollte auch in entsprechenden Trainings vermittelt und erworben und in der Folge in den Praxisfeldern angewandt werden (ebd.) - und dies nicht nur während des Studiums beziehungsweise der Ausbildung.

Daneben erscheint es aber auch nötig zu sein, Räume zu schaffen, in denen die (angehenden) Fachkräfte und Professor_innen beziehungsweise Ausbilder_innen die eigene internalisierte Kultur der Zweigeschlechtlichkeit reflektieren können, um diese nicht selbst in ihrer eigenen Arbeit zu reproduzieren. Dies erscheint hinsichtlich Vielfalt und Geschlecht deswegen von Bedeutung, da pädagogische Praxis nicht nur durch Wissen, Aus- oder Fortbildung geprägt und strukturiert ist (Schmidt et. al. 2015a: 225). Internalisierte Handlungen, Wertvorstellungen, unhinterfragte Selbstverständlichkeiten oder Erfahrungen spielen gleichermaßen eine bedeutsame Rolle (ebd.). Wenn die eigenen Vorstellungen von geschlechtlicher Vielfalt unreflektiert bleiben, werden schlimmstenfalls Bedarfe und Handlungsoptionen nicht erkannt oder schlicht ignoriert (ebd.: 238). Nötige selbstreflexive Dimensionen können daher unter anderem die folgenden Punkte sein (Kugler et al. 2015: 44):

- "Wie sind meine eigenen kulturellen Werte, Normen,...?
- Wie zeigt sich meine eigene Geschlechterrolle?
- Wie praktiziere ich selbst Doing Gender?
- Wo und wie handle ich im Sinne des Undoing Gender?" (ebd.)

Dies geschieht auch in der Lehre nur selten systematisch: Nach Bereswill et al. (2010a) wird beispielsweise in Studien und Forschungskontexten die Geschlechterperspektive oft ausgeblendet und nur als Spezialwissen oder Frauenthema behandelt (ebd.: 9). Der nötige Platz für Reflexion allein für sich gesehen ist aber auch nicht ausreichend. Vielmehr gilt es, in der Folge erkannte Unterstellungen zu Geschlechterdifferenzen "systematisch zu irritieren" (Bereswill et al. 2010: 146) und in der eigenen Praxis auch folgerichtig zurückzunehmen (ebd.), beispielsweise in Vorlesungen, Seminaren bei Anforderung an Hausarbeiten (Berücksichtigung der Thematik, sprachliche Formulierungen etc.) oder in der eigenen Forschung.

Gerade bei der Beratung von Eltern scheint es nach wie vor an Unterstützungsangeboten zu fehlen, obwohl Expert_innen "einhellig auf die Wichtigkeit der elterlichen Akzeptanz und Unterstützung" (Focks 2014: 16) in der Jugendphase verweisen. Auch die Ergebnisse der Fallstudie in dieser Arbeit zeigen analog unter anderem die Bedeutung der elterlicher Unterstützung im Transitionsprozess, gerade bei Minderjährigen. In diesem Zusammenhang reicht es meiner Meinung nach auch nicht aus, auf die wenigen Transgenderberatungsstellen der meist größeren Städte zu zeigen, wie sie in Nürnberg beispielsweise allein vom SchwuLesbischen Zentrum "Fliederlich e.V." angeboten wird.[142] Vielmehr scheint es zielführend zu sein, die Thematik in die grundständige Erziehungsberatung der kommunalen Fachstellen zu integrieren und entsprechende "integrierte Beratungsstellen" zu schaffen, so sie noch nicht existieren (Weller 2014: 94).[143] Sinnvoll wäre daneben auch, wenn diese Beratungsstellen nicht nur offen für Eltern sind, sondern Beratungsangebote für die gesamte Familie vorhalten.

Kugler et al. (2015) stellen unter Bezugnahme auf die Studie des Sozialreferats der Stadt München[144] zudem dar, dass es in der Kinder- und Jugendhilfe bisher so gut wie keine Angebote für schwule, lesbische oder trans* Jugendliche gibt, diese in der Öffentlichkeitsarbeit der meisten Einrichtungen inexistent sind und die oft schwierigen Lebenssituationen dieser Zielgruppe daher stärker fokussiert werden müssten (ebd.: 213). So erscheint es beispielsweise im Kontext erzieherischer Hilfen angezeigt, dass Angebote nicht ausschließlich vom Gewaltdiskurs überlagert werden, sondern auch die Förderung selbstbestimmter Sexualität und geschlechtlicher Identität zum Thema gemacht wird (Linke 2015: 95).

Daneben sollten im Bereich der Jugendarbeit nicht ausschließlich die kommunalen Träger aktiv werden. Die bayerischen Jugendorganisationen, die über den Bayerischen Jugendring organisiert sind und zu dessen Aufgaben auch die Ausbildung von ehrenamtlichen Jugendleiter_innen gehört, könnten entsprechende Inhalte zur LSBTI*-Thematik in ihre "Juleica-Schulungen" einbinden.[145] Kurzfristig könnte beispielsweise - beginnend mit einer Fachtagung zur Thematik - ein entsprechendes Themenjahr innerhalb der Jugendarbeit gestartet werden mit dem mittelfristigen Ziel, bestehende Konzepte zu überarbeiten, geschlechtliche Vielfalt dauerhaft zu implementieren und dauerhafte Beratungsangebote aufzubauen.[146] Gleiches gilt für die Schulsozialarbeit. Auch im schulischen Umfeld werden verstärkt Sozialarbeiter_innen eingesetzt und nicht nur aus den Ergebnissen der Fallstudie geht hervor, dass Schule oft ein Ort für unterschiedlichste Diskriminierungen sein kann. "Je mehr Schüler_innen über sexuelle Identität wissen, desto mehr positive Einstellungen haben sie gegenüber Vielfalt und desto solidarischer verhalten sie sich gegenüber Lesben und Schwulen. Schwule, lesbische, bisexuelle, und trans* Jugendliche, aber auch gleichgeschlechtliche Lebensweisen im Allgemeinen sind meist nicht sichtbar im (Schul-)Alltag" (Kempe-Schälicke 2015: 242). Hier könnten Schulsozialarbeiter_innen entsprechend ansetzen, gerade dann, wenn sich Lehrkräfte hinter einer solchen fehlenden Sichtbarkeit verstecken (ebd.).

Auch im speziellen Themenfeld der geschlechtsreflektierenden Mädchen- und Jungenarbeit innerhalb der Jugendarbeit ist Trans* bisher ebenfalls kaum Thema (Pohlkamp 2010: 5).[147] Pohlkamp plädiert daher nachvollziehbar für eine Integration von TransRäumen und -Themen als eigenständiges Wissensgebiet in der Mädchen- und Jungenarbeit, neben der Auseinandersetzung mit genuinen geschlechtlichen Mädchen- und Jungen-Wissenskomplexen (ebd.: 55). Hierzu müssten dann entsprechend bestehende Konzepte überarbeitet und Anknüpfungspunkte geschaffen werden (ebd.). Grundlagen könnten die queer-plurale Sichtweise, aber auch die nicht-heteronormative Sexualpädagogik, feministische Perspektiven oder die kritische Männerforschung sein (ebd.: 53). Insgesamt sollte das Ziel sanktionsfreie, geschlechtliche Vielfalt sein, verbunden mit einer Stereotypenreduktion (Eckes: 186). Diese müsste nicht nur negative Merkmalszuschreibungen thematisieren, sondern insbesondere auch darauf eingehen, dass beispielsweise stereotype Wertschätzungen von Geschlechtern sexistisch sind, generalisieren oder biologisieren und daher ebenfalls nicht zu unterstützen sind (ebd.).

Im Sinne einer Irritation von Geschlechtsstereotypen könnten Sozialarbeiter_innen in der Jugendarbeit beispielweise auch konkret absprechen, wer welche Rolle übernimmt, um stereotype Vorstellungen der jungen Klient_innen bewusst zu irritieren (Czollek et al. 2009: 23). Ein solches Vorgehen und entsprechende konzeptionelle Überlegungen zeichnen unter anderem gendergerechte Soziale Arbeit aus (ebd.). Neben dieser Variation von Genderrollen und dadurch ausgelösten Irritationen sollten zudem keine stereotypen Geschlechtsattribute durch die Fachkräfte zugeschrieben werden, beispielsweise "Können mir mal zwei starke Jungen beim Tragen helfen?" oder ähnliche Aussagen. Gerade wenn Teams gemischtgeschlechtlich arbeiten, bietet es sich an, entsprechend gegenteilige Funktionen in der Anleitung von Übungen einzunehmen und bei entsprechenden Verbalisierungen nicht nur auf die geäußerten Irritationen einzugehen, sondern auch passende, kleinere Übungen zum Genderkomplex anbieten zu können (ebd).[148] Die Trans*thematik in Einrichtungen und Institutionen der Jugendarbeit und -hilfe nicht mitzudenken oder zu thematisieren, begründet aus einer bloßen, vermeintlichen Abwesenheit heraus, erscheint dabei jedenfalls überholt zu sein und Theorie wie Praxis sollten entsprechend ergänzt und optimiert werden.

Insgesamt orientiert sich nach Pohlkamp (2015) damit eine queer-dekonstruktive Pädagogik der Vielfalt im Kontext von Geschlecht und Sexualität an drei zentralen Punkten (ebd.: 82ff):

1. Wissensvielfalt;

2. Identitätskritik als Infragestellung gängiger sozialer Zugehörigkeitskategorien und des hetero-hegemonialen Alltagsdenkens;

3. Balance zwischen Wahrnehmung struktureller Realitäten und Möglichkeiten der Anknüpfung "egalitärer Utopien" innerhalb der Lebenswelt von Klient_innen (ebd.).

In jedem Fall sollte die Thematik in ihren vielfältigen Dimensionen stärker ins Auge gefasst werden, als dies bisher der Fall zu sein scheint.

Fazit

Beginnend mit einleitenden Überlegungen zum Thema der Arbeit konnte zunächst der konstruktivistische Charakter der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit dargestellt werden. Dabei wurde Judith Butlers Fokus auf den schon immer vorhandenen Konstruktionscharakter der heterosexuellen Matrix für den weiteren Verlauf der Arbeit und als deren Grundlage fruchtbar gemacht. Hierbei darf - trotz des unstrittig konstruktiven Charakters - die Wirkmächtigkeit der heterosexuellen Matrix in der Realität auch durch die Soziale Arbeit keinesfalls unterschlagen werden. Ferner konnte gezeigt werden, dass Heteronormativität, männliche Herrschaft, hegemoniale Männlichkeit und stereotype Sozialisation zwar unterschiedliche Dimensionen der Kultur der Zweigeschlechtlichkeit sind, aber alle gleichermaßen zu deren Reproduktion beitragen. Ausgehend von Andrea Maihofers Überlegungen zu "Geschlecht als Existenzweise" wurde mit der queer-pluralen Sichtweise innerhalb der Queer-Theory dann eine theoretische Denkrichtung als Alternative aufgezeigt, die gerade auch für die Soziale Arbeit eine gute theoretische Grundlage für ihre praktische Arbeit bieten könnte. Dabei wurde auch den Vertreter_innen einer biologistischen Sichtweise auf Geschlecht unter Verweis auf einschlägige Quellen nicht nur widersprochen, ihre einzig auf dem Alltagsverständnis von Geschlecht beruhenden Überzeugungen konnten für den weiteren Fortgang der Arbeit als ideologisch überformt verworfen werden.

Im weiteren Verlauf wurde mit der Darstellung von medizinisch-psychologischen Aspekten und rechtlichen Grundlagen, unter besonderer Berücksichtigung der Situation von Minderjährigen, auf die oft schwierige Situation von Trans*personen in Deutschland verwiesen. Dabei wurde aufgezeigt, dass trotz punktueller Veränderungen der letzten Jahre, vielfältige Verbesserungsoptionen im Sinne von Trans*personen möglich und notwendig erscheinen. In der Folge konnte dann auf die Lebenswelt transidenter junger Menschen und auf die Bedeutung ihrer sozialen Beziehungen eingegangen werden, da diese im Prozess der Transition für Trans*personen eine wichtige, unterstützende Funktion einnehmen. Nach einer Vorstellung der theoretischen Grundlagen, dem Forschungsprozess, Feldzugang und Ablauf wurden die Ergebnisse und Interpretationen der Leitfrageninterviews und Netzwerkkartenzeichungen meiner Fallstudie dargestellt. Durch diese war es möglich, einen Einblick in den Alltag junger Trans*personen zu erhalten. Daneben konnten dadurch zuvor getätigte Überlegungen hinsichtlich möglicher Herausforderungen für Trans*personen bestätigt werden. Abschließend wurde für die Soziale Arbeit umrissen, dass die gesamte LSBTI*-Thematik deutlich stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt werden sollte, als dies bisher in Theorie und Praxis der Fall ist.

Zusammengefasst scheint eine frühe Aufklärung über geschlechtliche und sexuelle Vielfalt notwendig, um für alle Kinder und Jugendlichen gleichberechtigte Entwicklungsbedingungen sicherstellen zu können (Kugler et al. 2014: 210). "Themen wie Geschlecht, Sexualität und Lebensformen sind [aber] oft noch stark tabuisiert, obwohl diese gerade im Jugendalter eine zentrale Rolle spielen" (ebd.: 212).[149] Dies zu verändern wäre auch Aufgabe der Fachkräfte in der (Jugend)Sozialarbeit oder auch im frühkindlichen Bildungssektor.[150] An dieser Stelle könnte dann - entsprechend den dargestellten Sachverhalten und unter Verweis auf das politische Mandat der Sozialen Arbeit - gerade auch dort politisch Druck erzeugt werden, wo parteipolitische Mehrheitsverhältnisse nicht von sich aus nötige Verbesserungen anstoßen und umsetzen. Zwar wird - wie dargestellt - diese LSBTI*-Thematik gesellschaftlich mittlerweile mehr diskutiert und aufgenommen, dieser Diskurs erfolgt bisher aber zu oft in "gesellschaftlichen Nischen" (Perko 2005: 41). Soziale Arbeit sollte daher in Theorie und insbesondere auch Praxis ihren Teil dazu beitragen, sanktionsfreie, geschlechtliche Vielfalt als Normalfall in der Gesellschaft zu verankern und dabei auch intersektionale Aspekte[151] als Analysekategorien im Bezug auf Diskriminierungen, Gewalt oder Marginalisierung mit heranziehen (Czollek et al. 2009: 12). Hierzu würden sich auch eigene, wissenschaftliche Arbeiten anbieten, da "die soziale Ordnung einer Gesellschaft, ihre Gesetze, ihre institutionalisierten Handlungsroutinen und ihr Umgang mit sozialen Problemen eng mit dem System der Zweigeschlechtlichkeit verwoben [sind]" (Bereswill et al. 2010a: 10).

Dabei ist es wiederum eine Herausforderung für die Soziale Arbeit, nicht den falschen Weg einer "Klientisierung" (Czollek et al. 2009: 181) einzuschlagen, da es - wie dargestellt - keine "Genusgruppe Trans*", sondern vielmehr unterschiedlichste Lebensentwürfe und Selbstbeschreibungen bei Trans*personen und keinesfalls nur die EINE Transidentität gibt. Die von Expert_innen genannten Forderungen zur Veränderung der bisherigen gesellschaftlichen Normalität erscheinen dabei auch für die Soziale Arbeit als wichtige Hinweise, um nicht nur im Sinne von Trans*personen nachhaltige Verbesserungen bewirken zu können ( Focks 2014: 21 ). Zusammengefasst lassen sich diese nach Focks wie folgt darstellen (ebd.: 21ff):

1. Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und Ausrichtung an den Menschenrechten sowie Abschaffung der damit verbundenen diskriminierenden Pathologisierungslogik ohne finanzielle Nachteile für Betroffene;
2. Aufklärung und Verbesserung der Darstellung von trans*, inter* und genderqueeren Menschen in den Medien;
3. Kinderbücher zu den Thematiken geschlechtliche und sexuelle Identitäten und Vielfalt als selbstverständlicher Bestandteil der Grundausstattung von Kindertageseinrichtungen;
4. Behandlung der Thematik in den Lehrplänen der Schulen und Schulung von Ansprechpartner_innen an den Schulen;[152]
5. Aus- und Fortbildung zu dieser Thematik von (Jugend)Sozialarbeiter_innen in Jugendarbeit und -hilfe und Schaffung koordinierender Stellen in den Jugendämtern;
6. Schaffung von niederschwelligen Familien- und Jugendberatungsstellen für Trans*- und Inter*jugendliche;
7. Vernetzung und Implementierung von Netzwerkstrukturen, um fachlich bestmögliche Beratungsangebote für Jugendliche, Eltern, Einrichtungen und Fachkräfte sicherzustellen;
8. Sozialwissenschaftliche Forschung zur Lebenswelt von Trans*- und Inter*kindern und -jugendlichen;
9. Bereitstellung der finanziellen und zeitlichen Mittel zur Umsetzung durch Bund, Länder und Kommunen.

Gerade der letzte Punkt dürfte im Zeitalter vermeintlich knapper Kassen in den Kommunen keine einfach zu realisierende Forderung sein. Es muss aber auch angemerkt werden, dass es eine hoheitliche Aufgabe des Staates ist, ALLE Jugendliche und Kinder zu berücksichtigen und zu unterstützen und nicht aus einer vermeintlichen Sachzwanglogik heraus die Interessen eines Teils einfach zu vergessen und sie dadurch bei ihren Herausforderungen und mit ihren Problemen allein zu lassen. Auch Pohlkamp (2015) weist auf diese Gefahr hin, dass es "im pädagogischen Alltag angesichts der Vielzahl der Aufgaben und des ökonomischen Effiziensanspruchs eine schwierige Aufgabe ist, Zeit zu finden, Normalisierungen zu dechiffrieren" (ebd.: 77). Dies darf aus meiner Sicht aber nicht als Rechtfertigung herhalten, dieses nicht zu tun, den "schwierig" heißt noch lange nicht "unmöglich".

Die Überlegungen, Darstellungen und Ergebnisse dieser Arbeit zeigen in der Summe deutlich, dass es nur im Sinne einer fortschrittlichen Gesellschaft wäre, von einer "Kultur der Zweigeschlechtlichkeit" zu einer "Kultur der sanktionsfreien geschlechtlichen Vielfalt" zu gelangen.

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Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Dimensionen der Geschlechtlichkeit

Abb.2: Kritikdimensionen der plural-queeren Sichtweise und mögliche Ansätze und Alternativen.

Abb. 3: Landkarte der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung

Abb. 4: Mögliche visuelle Abbildung von strukturellen Löchern und "weak ties"

Abb. 5: Elemente der Visuellen Netzwerkforschung im Forschungsprozess

Abb. 6: Beispiel einer Netzwerkkartenzeichnung aus der Fallstudie

Abb.7: Im Vergleich zur eigenen Fallstudie hier die genutzte Netzwerkkarte in der zitierten Studie.

Abb. 8: Netzwerkkartenzeichung von Sebastian mit Legende der jeweiligen Sektoren

Abb. 9: Netzwerkkartenzeichung von Anna mit Legende der jeweiligen Sektoren.

Abb. 10: Netzwerkkartenzeichung von Hans mit Legende der jeweiligen Sektoren

Abb.11: Netzwerkkartenzeichung von Erik mit Legende der jeweiligen Sektoren

[...]


[1] Das gesamte Konzept ist unter http://www.kultusportal-bw.de/,Lde/Startseite/schulebw/bildungsplanreform einsehbar [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[2] Debus et.al. (2012b) weisen darauf hin, dass ein Bestandteil der Beschäftigung mit geschlechtsreflektierender Pädagogik, auch die der geschlechtsreflektierenden Sprache ist. "Diese hat die Aufgabe, geschlechtsbezogene Hierarchisierungen und Ausschlüsse möglichst wenig zu reproduzieren, unterschiedliche geschlechtliche Seins- und Lebensweisen zu repräsentieren und nicht zuletzt nach Möglichkeit den Blick für Vielfalt zu schärfen"(ebd.: 7). In dieser Arbeit wird daher nach Möglichkeit durchgängig die Schreibweise mit Unterstrich (Gender Gap) verwendet, z.B. "Interviewpartner_innen", wodurch alle Menschen unabhängig von ihrer geschlechtlichen Selbstverortung abgebildet werden sollen. Gleiches gilt für die vorkommenden Schreibweise mit *, also beispielsweise "Trans*personen".

[3] Die Zitationen sind der Begründung der Gegenpetition entnommen, einsehbar unter: siehe Fußnote 5.

[4] "Die Abkürzungen LSBTI*, LSBTTI, LSBTTIQ stehen in ihren verschiedenen Versionen für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle und queere Menschen. Im Englischen: LGBT, LGBTQI. Das Sternchen oder Asterisk (*) steht für unterschiedliche Selbstdefinitionen und Identitäten. Das „Q“ kann sowohl stehen für queer als auch für questioning (= unsicher über sexuelle/geschlechtliche Identität sein, diese in Frage stellen)" http://www.hirschfeld-kongress.de/blog/glossar.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[5] https://www.openpetition.de/petition/online/zukunft-verantwortung-lernen-kein-bildungsplan-2015-unter-der-ideologie-des-regenbogens [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[6] http://www.bildung-staerkt-menschen.de/bp2016/gs [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[7] http://www.socialworkers.org/pubs/code/code.asp [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[8] http://ifsw.org/policies/sexual-orientation-and-gender-expression/ [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[9] Neben Geschlecht sind u.a. auch Ethnie, Klasse, Milieu oder Behinderung Aspekte, durch die Menschen Ungleichheits- bzw. Diskriminierungserfahrungen machen müssen. Aus Kapazitätsgründen kann in dieser Arbeit aber weder hierauf, noch auf intersektionale Verschränkungen eingegangen werden. Es sei aber neben Voß (2014), Klinger (2007) und Kohlmorgen (2007) auch auf Knapp, Gudrun-Axeli; Wetterer, Angelika (Hrsg) (2002): Achsen der Differenz. Fulda: Westfälisches Dampfboot, zu diesem Thema hingewiesen.

[10] http://www.lesmigras.de/tl_files/lesmigras/kampagne/Studie_Zusammenfassung_LesMigraS.pdf [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[11] Die Studie beruht auf Ergebnissen des "EU LGBT Survey", das vom 02.04.2012 bis 15.07.2012 durchgeführt wurde und an der über 93.000 Personen teilnahmen, darunter 6.579 Trans*personen (ebd.: 13f).

[12] Der Begriff "Trans*" wird gleichzeitig für transsexuell, transgender, Trans*mann, Trans*frau, usw. verwendet. "Mit Trans* bezeichnen sich sowohl Menschen, die in einem anderen Geschlecht leben, als ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, als auch Menschen, die sich gar keiner Geschlechterkategorie zuordnen, die Geschlechter wechseln oder sich mehreren Geschlechtern zugehörig fühlen. Wichtig ist, dass unter den Begriff Trans* somit sehr unterschiedliche Menschen mit sehr unterschiedlichen Selbstdefinitionen und Biografien fallen, die nicht unbedingt dieselben Erfahrungen teilen oder dieselben Interessen verfolgen." http://www.meingeschlecht.de/mcm_glossary/trans-2/ [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[13] Flaig, Berthold Bodo (2009): Forschungsprojekt Diskriminierung im Alltag: Wahrnehmung von Diskriminierung und Antidiskriminierungspolitik in unserer Gesellschaft. Baden-Baden: Nomos.

[14] Der Begriff "Cis" wird für Menschen benutzt, "deren Körper und Geschlechtsidentität entsprechend der Norm des Zweigeschlechtersystems funktionieren: Das heißt also Menschen mit einem 'weiblichen' Körper, die eine 'weibliche' Geschlechtsidentität haben oder Menschen mit einem 'männlichen' Körper, die eine 'männliche' Geschlechtsidentität haben." http://www.meingeschlecht.de/mcm_glossary/cis/ [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[15] Der Begriff "Inter*" (meist mit *) ist ein Begriff, "der sich aus der Community entwickelt hat, und der als ein emanzipatorischer und identitärer Überbegriff die Vielfalt intergeschlechtlicher Realitäten und Körperlichkeiten bezeichnet. Der Begriff kommt, wie auch Intergeschlechtlichkeit, aus dem menschenrechtsorientierten Inter-Aktivismus. Inter* ist ein Schirmbegriff für intergeschlechtliche bzw. intersexuelle Menschen, Hermaphroditen, Zwitter und Herms. Das Sternchen (*) steht für die genannten und weitere mögliche Selbstbezeichnungen." http://www.meingeschlecht.de/mcm_glossary/inter-2/ [zuletzt aufgerufen am 12.05.2015].

[16] Der Begriff "genderqueer" bezeichnet Identitäten, die die zweigeschlechtliche heterosexuelle Norm ablehnen. Als zweigeschlechtliche Norm wird die gesellschaftliche Vorgabe bezeichnet, dass jeder Mensch entweder männlich oder weiblich ist, sowie Vorstellungen davon, welche Eigenschaften mit dem jeweiligen Geschlecht einhergehen. Dabei werden die beiden Geschlechter als Gegensätze angesehen und ein heterosexuelles Begehren vorausgesetzt. http://www.meingeschlecht.de/mcm_glossary/genderqueerqueer/ [zuletzt aufgerufen am 12.05.2015].

[17] Sielert, Uwe; Timmermanns, Stefan (2011): Expertise zur Lebenssituation schwuler und lesbischer Jugendlicher in Deutschland. Eine Sekundäranalyse vorhandener Untersuchungen. München.

[18] Fiedler, Peter (2004): Sexuelle Orientierung und Abweichung. Weinheim: Beltz Juventa.

[19] Eckloff, Tilmann (2012): Die Geschlechtlichkeit des Menschen. Wie sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität und Geschlechterrollen zusammen hängen. Saarbrücken: AkademikerVerlag.

[20] Der "diskurstheoretische Dekonstruktivismus" ist eine von drei Theorieschulen zum Thema Geschlechterverhältnisse. Bei ihm geht es "nicht um einen über Methoden der empirischen Sozialforschung vermittelten Zugriff auf empirisch beobachtbare Geschlechterverhältnisse", sondern er setzt "vorwiegend auf der Ebene von Theorien [an], die sich wiederum auf Diskurse beziehen beziehungsweise Teil von Diskursen sind" (Degele 2008: 15). Ein guter Überblick, auch über die weiteren Schulen und perspektiv-übergreifenden Ansätze, findet sich an gleicher Stelle.

[21] Hausen, Karin (1976): Die Polarisierung der "Geschlechtercharaktere" - eine Spiegelung der Dissoziation von Erwerbs- und Familienleben. In: Conze, Werner (Hrsg.): Sozialgeschichte der Familie in der Neuzeit Europas. Stuttgart: Klett, S. 363 - 393.

[22] Kohlmorgen verweist an dieser Stelle auf diverse Autor_innen, die zu einem ähnlichen Ergebnis kommen, so u.a. Gottschall, Karin (2000): Soziale Ungleichheit und Geschlecht. Opladen; Kreckel, Reinhard (1992): Politische Soziologie der sozialen Ungleichheit. Frankfurt/New York, S. 254ff; oder Schäfgen, Katrin(2000): Die Verdoppelung der Ungleichheit. Opladen, S. 37ff.

[23] Oestreich, Heide (2014): Freiheit für Geschwisterliebe. http://www.taz.de/!146561/ [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015]

[24] http://www.sueddeutsche.de/kultur/hysterische-frauen-im-jahrhundert-wahnsinn-war-weiblich-1.1230420-2 [zuletzt aufgerufen am 12.05.2015].

[25] Garfinkel, Herold (1967): Studies in Ethnomethodology. Engelwood Cliffs: Pentice-Hall, S. 122.

[26] Wetterer verweist hier auf Ortner, Sherry; Whitehead, Harriet (1981): Sexual Meaning. The Cultural Construction of Gender an Sexuality. Cambridge: Harvard University Press sowie auf Pommata, Gianna (1983): Die Geschichte der Frauen zwischen Anthropologie und Biologie. In: Feministische Studien, Heft 2/2, S. 113-127; Andere Autor_innen beziehen sich insbesondere auf die Studien von Laqueur, Thomas (1992): Auf den Leib geschrieben. Die Inszenierung der Geschlechter von der Antike bis Freud. Frankfurt am Main: Campus; Honegger, Claudia (1991): Die Ordnung der Geschlechter. Die Wissenschaften vom Menschen und das Weib. Frankfurt am Main: Campus; oder auch Duden, Barbara (1991): Geschichte unter der Haut. Ein Eisenacher Arzt und seine Patientinnen um 1730. Stuttgart: Ernst Klett (orig. 1987).

[27] Der Begriff "Heteronormativität" beschreibt in erster Annährung ein binäres Geschlechtersystem, das lediglich genau zwei Geschlechter akzeptiert und das Geschlecht mit Geschlechtsidentität, Geschlechtsrolle und sexueller Orientierung gleichsetzt. Die Basiseinheiten sind Männer und Frauen, die sich in ihrer Sexualität aufeinander beziehen" (Degele 2008: 88ff). Im weiteren Verlauf der Arbeit wird darauf´noch näher eingegangen.

[28] Das bekannteste Werk von Judith Butlers, "Das Unbehagen der Geschlechter", war ursprünglich nur für einen kleinen Kreis verfasst, um damit eine innerfeministische Debatte anzustoßen. Das Buch wurde bis heute in über 20 Sprachen übersetzt und findet positiven wie negativen Bezug in nahezu jeder Debatte zum Thema Geschlecht (von Redecker 2011, S. 141).

[29] Hierauf wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch explizit eingegangen werden.

[30] de Beauvoir, Simone (1949): Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau. Reinbek: Rowohlt Verlag (deutsche Übersetzung 1951).

[31] Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass dies analog auch für die Begriffe "Mann" bzw. "Männlichkeit" gilt, da es neben hegemonialer Männlichkeit auch untergeordnete Männlichkeiten gibt. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird noch näher darauf eingegangen.

[32] Der Begriff "doing gender" geht auf Candance West und Don Zimmermann zurück: "Geschlecht als Geschlechtsattribution ist das Ergebnis sozialen Handelns, eine interaktive Leistung der beteiligten AkteurInnen, ein routinisiertes Tun, die ProtagonistInnen wie auch RezipentInnen täglich aufs Neue erbringen müssen"(vgl. Degele 2008: 80ff; auch Czollek et al. 2009: 21ff; Gildemeister 2010: 137f ).

[33] Siehe hierzu die Überlegungen im Kapitel "Implikationen für die Soziale Arbeit".

[34] Rubin, Gayle S. (1984): Thinking Sex: Notes for a Radical Theory of the Politics of Sexuality. http://www.feminish.com/wp-content/uploads/2012/08/Rubin1984.pdf [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[35] Warner, Michael (1991): Fear of a Queer Planet. http://sgrattan361.qwriting.qc.cuny.edu/files/2010/09/warnerfearofaqueer.pdf [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[36] "Der Begriff Performativität geht zurück auf die Sprechakttheorie und wurde insbesondere von dem Sprachphilosophen John L. Austin ‚ins Spiel‘ gebracht. Er verweist mit dem Terminus auf die handlungspraktische Dimension des Sprechens, d.h. dasjenige zu vollziehen oder zu produzieren, was im Sprechen benannt wird, und es nicht lediglich zu bezeichnen." http://www.gender-glossar.de/de/glossar/item/22-performativitaet/22-performativitaet [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[37] Villa, Paula-Irene (2004): Poststrukturalismus: Poststrukturalismus + Postmoderne = Postfeminismus? In: Becker, Ruth; Kortendiek, Beate (Hrsg.): Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Theorie, Methoden, Empirie. Opladen: VS, S. 234 - 238.

[38] Diese forscht "u.a. über Männlichkeitskonstruktionen und Erfahrungen von Männern in historischer und soziokultureller Perspektive mit dem Ziel der Gleichstellung und Emanzipation der Geschlechter" (Czollek et al. 2009: 27).

[39] Das Konzept der "hegemonialen Männlichkeit" wurde erstmals 1985 im Aufsatz "Towards a New Sociology of Masculinity" von Carrigan, Conell und Lee eingeführt und seit 1987 von Conell (Conell, Raewyn: Gender and Power: Society, the Person ans Sexual Politics. Standfort University Press) weiter entwickelt.

[40] Hierzu sei auf unter anderem auf Meuser (2006) und Budde (2006), für eine Vertiefung auf den Sammelband von Bereswill, Mechthild; Meuser, Michael; Scholz Sylka (Hrsg.) (2011): Dimensionen der Kategorie Geschlecht. Der Fall Männlichkeit. Münster: Verlag Westfälisches Dampfboot sowie auf die Forschung von Raewyn Conell verwiesen, unter Anderem siehe Fußnote 42.

[41] Hierzu sei beispielhaft auf Budde (2006) verwiesen, in dessen Text die Herstellung von verschiedenen Männlichkeiten im Schulalltag dargestellt wird.

[42] Conell, Robert W. (Raewyn Conell) (1999): Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeiten. Opladen: Leske+Budrich.

[43] "Androzentrismus ist eine Sichtweise bzw. Haltung, die Männer bzw. 'das Männliche' als Maßstab und Norm versteht und ins Zentrum stellt. Als Abgrenzung davon wird 'die Frau' als Abweichung von dieser Norm aufgefasst" (Czollek et al. 2009: 26).

[44] Auf diese Überlegung wird am Ende der Arbeit noch näher eingegangen.

[45] Hierzu sei auf die bereits dargestellten Überlegungen in den vorangegangenen Kapiteln hingewiesen.

[46] Das eine solche bei allen Menschen eigentlich nicht als statisch zu begreifen ist, wurde bereits erörtert.

[47] Ich werde im folgenden Kapitel noch näher darauf eingehen, warum in dieser Arbeit der Begriff Transidentität und nicht Transsexualität verwendet wird. An dieser Stelle soll es daher genügen, festzuhalten, dass Transsexualität als Begriff nur eine Dimension von Geschlechtlichkeit berücksichtigt und auch unter anderen Aspekten einengend aufgefasst werden kann und somit für die Soziale Arbeit wenig brauchbar erscheint.

[48] Auf diesen Aspekt wird im weiteren Verlauf der Arbeit, bei der Auswertung der Fallstudie und der Darstellung der Transition noch näher eingegangen.

[49] Siehe hierzu die Auswertung der Ergebnisse der Fallstudie.

[50] de Lauretis, Teresa (1991): Queer Theory. Lesbian an Gay Sexualities: An Introduction. In: differences: A Journal of Feminist Cultural Studies. 3/2, H. 2, S. iii-xviii.

[51] Ich habe bereits an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass auch bei Trans*personen keine kollektive Identität impliziert werden sollte.

[52] http://www.taz.de/!138290/[zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[53] http://www.huffingtonpost.de/david-berger/dieser-bischof-vergleicht-homosexuelle-mit-nazis-_b_6557190.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[54] So beispielsweise zuletzt Profx. Lann Hornscheidt, Inhaber der Professur für Gender Studies an der Humboldt Universität Berlin , dessen Vorschlag zu einer geschlechtergerechten bzw. genderneutralen Sprache, bestimmte Interessengruppen regelrecht zum "ausflippen" brachte. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/profx-als-geschlechtergerechte-sprache-fuer-professoren-13268220.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[55] https://www.youtube.com/watch?v=Ld_Gbx1fVWc [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[56] hierzu sei zum Einstieg auf Rosenbrock, Heinrich (2012): Die antifeministische Männerrechtsbewegung - Denkweisen, Netzwerke und Online-Mobilisierung verwiesen. http://www.boell.de/sites/default/files/antifeministische_maennerrechtsbewegung.pdf [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[57] http://www.taz.de/!150008/; http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2014/03/25/europaische-rechte-unterstutzen-initiative-besorgte-eltern_15457; http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/m%C3%A4rz-april-2014-diskurse-zu-gruppenbezogener-menschenfeindlichkeit-9459 [alle zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[58] beispielsweise Prof. Dr. Ing. Wolfgang Leisenberg (TH Mittelhesse, FB "Steuer- und Regelungstechnik") https://www.youtube.com/watch?v=5u9OQp0u-ko&feature=youtu.be : "Zu der Zerstörung der Geschlechterrollen gehört auch die Zerstörung der Identität"(13:02 min); "Emanzipation von der biologischen Wirklichkeit (15:01min); [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[59] https://www.youtube.com/watch?v=CPDOivuzRJM [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[60] https://demofueralle.wordpress.com/2014/10/26/bildergalerie-forum-familie-2014-sexuelle-vielfalt-und-gender-mainstreaming-in-der-schule-am-18-10-14-in-stuttgart/#more-3094 [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[61] Als Beispiel sei hier die Liste der Bündnispartner für die "Demo für Alle" - "Ehe und Familie vor! Stoppt Gender-Ideologie und Sexualisierung unserer Kinder!" genannt, die neben Einzelpersonen auch von acht Vereinen unterstützt wird. http://kultur-und-medien-online.blogspot.de/2015/01/demo-fur-alle-in-stuttgart-am-21-marz.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[62] http://www.queer.de/detail.php?article_id=23190 [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[63] http://www.besorgte-eltern.net/blog/ [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[64] Andreas Kemper hat in diesem Zusammenhang unter dem Titel "Keimzelle der Nation - Teil 2. Wie sich in Europa Parteien und Bewegungen für konservative Familienwerte, gegen Toleranz und Vielfalt und gegen eine progressive Geschlechterpolitik radikalisieren" für die Friedrich-Ebert-Stiftung im Dezember 2014 eine aufschlussreiche Expertise über die Zusammenhänge veröffentlicht. http://library.fes.de/pdf-files/dialog/11163.pdf [zuletzt aufgerufen am 13.05.2015].

[65] http://www.besorgte-eltern.net/blog/?page_id=639 [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[66] Zastrow, Volker (2006): Gender - politische Geschlechtsumwandlung. Waltrop und Leipzig: Manuscriptum, Edition Sonderwege.

[67] Dies kann an dieser Stelle nicht ausführlicher dargestellt werden, ohne dem Umfang der Arbeit zu sprengen. Daher sei exemplarisch auch auf Köhnen (2013) verwiesen.

[68] "Geschlechtergerechtigkeit bedeutet, bei allen gesellschaftlichen und politischen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern zu berücksichtigen. Dieses Vorgehen, für das sich international der Begriff "Gender Mainstreaming" etabliert hat, basiert auf der Erkenntnis, dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt, und Männer und Frauen in sehr unterschiedlicher Weise von politischen und administrativen Entscheidungen betroffen sein können." http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/gleichstellung,did=192702.html [zuletzt aufgerufen am 21.04.2015]

[69] "Affenperspektive" meint eine Übertragung des Sozialverhaltes von Primaten auf den Menschen.

[70] Siehe hierzu exemplarisch Kaiser (2013); Fausto-Sterling, Anne (2000): Sexing the Body. Gender Politics and the Construction of Sexuality. New York: Basic Books; Voß, Heinz Jürgen (2011): Making Sex Revisted. Dekonstruktion des Geschlechts aus biologisch-medizinischer Perspektive. Bielefeld: transcript Verlag.

[71] Die gängigsten werden dabei beispielsweise von Debus (2012a) dargestellt.

[72] http://www.trans-eltern.de/?Wichtig.Transsexualit%E4t_versus_Transgender_versus_%0ATransidentit%E4t [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[73] Green, R.; Blanchard, R. (2000): Gender identity disorders. In: Sadock, B.J.; Sadock, V.A. (Hrsg.): Kaplan and Sadock's Comprehensive Textbook of Psychiatry. Vol. I. Philadelphia, S. 1646 - 1662.

[74] http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2005/12/ls20051206_1bvl000303.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[75] http://www.trans-infos.de/geschlechtsangleichende-operationen/einleitung-4/ [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[76] Hierauf wird noch im nächsten Kapitel im Kontext des TSG näher eingehen.

[77] http://www.trans-infos.de/geschlechtsangleichende-operationen/komplikationen-der-gaop-frau-zu-mann/ [zuletzt aufgerufen am 09.02.2015]; http://www.trans-infos.de/geschlechtsangleichende-operationen/komplikationen-der-gaop-mann-zu-frau/ [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[78] http://www.transsexuell.de/med-hormone.shtml [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[79] http://www.icd-code.de/icd/code/F64.-.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[80] Auf Deutsch in der ersten Auflage seit 2015 verfügbar. http://www.hogrefe.de/programm/diagnostisches-und-statistisches-manual-psychischer-stoerungen-dsm-5r.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[81] Der DSM steht in Konkurrenz zum ICD der WHO und wird seit 1952 (ICD-6) alternativ von der American Psychiatric Association veröffentlicht. http://www.psychiatry.org/practice/dsm/dsm-history-of-the-manual [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[82] So erleben Betroffene oft eine extreme Form von Fremdbestimmung oder stereotype Ansprüche, die im Widerspruch zu ihrer Vorstellung vom jeweiligen Geschlechts stehen. Hierauf wird aber bei der Analyse der Fallstudie noch näher eingegangen.

[83] Beispielsweise den "Standards of Care" (7th Version) der WPATH (2012) sowie den "Altdorfer Empfehlungen" (Haupt 2011).

[84] http://trans-nrw.de/krankenkassen/ [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[85] Franzen, J; Sauer A. (2010): Benachteiligung von Trans*personen, insbesondere im Arbeitsleben. Im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Berlin.

[86] Güldenring, A. (2009): Phasenspezifische Konfliktthemen eines transsexuellen Entwicklungsweges. Psychotherapie im Dialog 10 (1), 25-31.

[87] http://www.trans-health.info/2011/10/die-altdorfer-empfehlungen.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[88] "Bei den sekundären Geschlechtsmerkmalen handelt es sich um die, sich in der Pubertät entwickelnden, weiteren äußerlichen Merkmale, welche die Geschlechtsreife signalisieren und das geschlechtliche Erscheinungsbild als Mann beziehungsweise Frau vervollständigen", also beispielsweise Brustwachstum oder Körperbehaarung. http://flexikon.doccheck.com/de/Geschlechtsmerkmal#M.C3.A4nnliche_sekund.C3.A4re_Geschlechtsmerkmale [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015]

[89] Bosinski, H. (2003): Diagnostische und arztrechtliche Probleme bei transsexuellen Geschlechtsidentitätsstörungen. Der Urologe 42:707-721.

[90] Die Autor_innen verweisen hier auf ein Urteil des BGH von 1959: BGH, NJW 1959, 811 (811).

[91] Hierzu sei auf die Ausführungen im Kapitel 2.2.2 hingewiesen.

[92] Vergleiche hierzu das vorangegangene Kapitel.

[93] Hierauf wird in Kapitel 2.2.2 noch explizit eingegangen.

[94] http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/tsg/gesamt.pdf [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[95] Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 http://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[96] Die Begründung des BVerfG bezieht sich im Leitsatz auf rechtliche Zusammenhänge zwischen einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft und ihrem Status der rechtlichen Eintragung. Folglich wäre einer GAOP als Zwangsvoraussetzung anzusehen, da das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) vorsieht, dass beide Personen gleichen Geschlechts sein müssen. Die kleine Lösung würde in diesem Fall nicht ausreichen (1 BvR 3295/07: Nr. 1 und 2), wogegen eine Beschwerdeführerin klagte.

[97] http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2011/01/rs20110111_1bvr329507.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[98] http://www.bgbl.de/banzxaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl180s1654.pdf#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl180s1654.pdf%27%5D__1423666450832 [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[99] https://www.jurion.de/Urteile/BVerfG/1982-03-16/1-BvR-938_81 [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[100] http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2008/05/ls20080527_1bvl001005.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[101] http://www.bgbl.de/banzxaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl109s1978.pdf#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl109s1978.pdf%27%5D__1423658824388 [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[102] http://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20051206_1bvl000303.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[103] Vergleiche hierzu auch den Fall von Pamela und Sabine Hallig, denen Bundeskanzlerin Merkel die Scheidung empfiehlt, um danach eine Lebenspartnerschaft eingehen zu können. http://taz.de/Rechte-von-Transsexuellen/!154386/ [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[104] http://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20060718_1bvl000104.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[105] http://www.bgbl.de/banzxaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl107s1566.pdf#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl107s1566.pdf%27%5D__1423660760228 [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[106] Hierzu sei auf die Regelungen in Art. 16a GG verwiesen.

[107] http://www.mittelbayerische.de/region/regensburg/artikel/spontandemo-im-regensburger-stadtosten/1187641/spontandemo-im-regensburger-stadtosten.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[108] http://www.tsgreform.de/ [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[109] http://www.tsgreform.de/wp-content/uploads/2012/06/Forderungspapier_AK-TSG-Reform_1.6.201211.pdf [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[110] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/022/1702211.pdf [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[111] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/059/1705916.pdf [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[112] Jarass, H. (2012): Vorab vor Art. 1; Art. 2; Art. 19 GG. In: Jarass, H.; Pieroth, B. (Hrsg.): Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. 12 Aufl, Beck, München.

[113] Die Vereinten Nationen haben mit der UN-Kinderrechtskonvention wiederum explizit Rechte von Minderjährigen gegenüber Staat, Gesellschaft und auch Erziehungsberechtigten niedergeschrieben, die in Deutschland mit der Hinterlegung der Ratifizierungsurkunde bei der UN am 05.04.1992 auch in Kraft getreten sind (Vereinte Nationen 1989: 8). In diesen wird in Art. 8 explizit das Recht auf Identität genannt (ebd.).

[114] Die Autor_innen verweisen in diesem Zusammenhang auf folgende Urteile: BGH, NJW 1954, 1404 (1405); BVerfG, NJW 1973, 1226 (1229).

[115] http://www.rechtslupe.de/familienrecht/transsexuellengesetz-die-siebte-325928 [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[116] Rothärmel, S. (2006): Rechtsfragen der medizinischen Intervention bei Intersexualität. MedR5:274-284.

[117] Coester-Waltjen, D. (2012): Art. 6 GG. In: Von Münch I.; Kunig P.- (Hrsg): Grundgesetz-Kommentar Band 1. 6. Aufl., Beck,. München.

[118] Die Autor_innen verweisen an dieser Stelle auf folgende Regelungen: § 51 Abs. 1 ZPO i.V.m. §§107ff BGB; § 3 abs. 1 TSG, 298 STPO sowie §§ 107ff BGB.

[119] Die Autor_innen verweisen an dieser Stelle auf zwei Grundsatzurteile des BGH: Urteil zum ärztlichen Handeln gegen den erklärten oder mutmaßlichen Willen der Eltern von 1972 (BGH, NJW 1972, 335 (337)); Urteil zur Schadensersatzpflicht bei Nichtigkeit des Kaufvertrags von 1964 ( BGH, NJW 1964, 1177 (1177)).

[120] Huber P. (2012): §1626; §1629. In: Säcker ,FJ.; Rixecker, R. (Hrsg.): Münchner Kommentar zum BGB, 6. Aufl., Beck, München.

[121] Metzger, N. (2013): Entscheidungsbeeinflussende Faktoren zur Wahl des Transitionsziels bei Trans*männern. Eine explorative Studie über Trans*männer in Deutschland und der Schweiz. Bachelorarbeit ZHAW, Zürich.

[122] Hierzu sei auf die Ausführungen im Kapitel 1.2.3 "Männliche Herrschaft und hegemoniale Männlichkeit" verwiesen.

[123] Die jeweiligen Richtungen in dieser Arbeit umfassend darzustellen, würde den Umfang bei Weitem sprengen. Die Aufzählung dient daher lediglich zur Verdeutlichung des Hinweises, dass "Sinn" unterschiedlich aufgefasst werden kann. Einen guten Überblick zu allen Richtungen bietet Flick, Uwe et al. (Hrsg.)(2012): Qualitative Forschung. Ein Handbuch. Reinbeck: Rowohlt.

[124] Coleman, James S. (1988): Social Capital in the Creation of Human Capital. University of Chicago. http://courseweb.lis.illinois.edu/~katewill/for-china/readings/coleman%201988%20social%20capital.pdf [zuletzt aufgerufen am 15.05.1015].

[125] Burt, Ronald S. (1992): Structural holes: the social structure of competition. Harvard University Press.

[126] Portes, Alejandro; Sensenbrenner, Julia (1993): Embeddedness an Immigration: Notes on the social Determinants of Economic Action. John Hopkins University. http://courses.washington.edu/ppm504/Portes_EmbeddIimmg.pdf [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[127] Granovetter, Mark S. (1973): The Strengh of Weak Ties. American Journal of Sociology, Volume 78, Issue 6, 1360-1380. https://sociology.stanford.edu/sites/default/files/publications/the_strength_of_weak_ties_and_exch_w-gans.pdf [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[128] Zu "weak ties", "strong ties", "strukturellen Löchern" als auch zur "gatekeeper"-Funktion im Bezug auf die dargestellte strukturelle Autonomie siehe ausführlich May (2013: 56ff) oder auch Jansen et al. (2011: 76ff).

[129] Für unterschiedliche visuell dargestellte Beispiele - auch computergestützt - der jeweiligen Möglichkeiten sei exemplarisch auf Straus (2010: 530ff); Krempel (2010), Pfeffer (2010) und Schönhuth (2013a: 63ff) verwiesen.

[130] Kahn, Robert L./Antonucci, Toni C. (1980) Convoys of life course: Attchment, roles, and social Support. In: Paul B. Baltes/Orville G. Brim (Hg.): Life-span development an beahvior. New York: Academic Press, S. 253-286.

[131] http://www.vennmaker.com/ [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[132] Siehe Abb. 5.

[133] Hintermair Manfred; Lehmann-Tremmel, Gertrud; Meiser, Sandra (2000): Wie Eltern stark wurden. Soziale Unterstützung von Eltern hörgeschädigter Kinder. Eine empirische Bestandsaufnahme. Hamburg: Verlag hörgeschädigter Kinder.

[134] Name geändert.

[135] Name geändert.

[136] Name geändert.

[137] Name geändert.

[138] Hier sei auf das Interview mit Eriks Mutter im weiteren Verlauf der Arbeit hingewiesen.

[139] Name geändert.

[140] Dass ihre Schwester Anna solches Veralten ablehnt und entsprechende Anforderungen an sie fast schon als übergriffig empfindet, wurde bereits dargestellt.

[141] Die Lernziele können aus Gründen des großen Umfangs an dieser Stelle nicht vollständig dargestellt werden, können aber umfassend an genannter Stelle nachgelesen werden.

[142] http://www.fliederlich.de/index.php?id=102 [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[143] Weller verweist darauf, dass eine solche Konzeption nur bei etwa 12 Prozent der Einrichtungen existiert, bei den bundesweit rund 1400 Angeboten zur Erziehungsberatung bei 170 Beratungsstellen (Weller 2014: 96).

[144] Sozialreferat der Stadt München (2011): "Da bleibt noch viel zu tun". http://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Direktorium/Koordinierungsstelle-fuer-gleichgeschlechtliche-Lebensweisen/Jugendliche-Lesben-und-Schwule/Befragung.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[145] http://www.queerformat.de/fileadmin/user_upload/news/Juleica-Modul_Sexuelle_Vielfalt.pdf [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[146] Hierzu sei beispielsweise auf die NRW-Fachberatungsstelle sexuelle Vielfalt & Jugendarbeit "gerne anders!" hingewiesen: http://gerne-anders.de/ [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[147] Auf die grundsätzliche Sinnhaftigkeit und Aktualität von Mädchenarbeit geht beispielsweise Maria Bitzan (2010) in ihrem Aufsatz "Eigensinn und Normalisierung" ein. Diese Sinnhaftigkeit soll auch nicht in Frage gestellt werden, vielmehr muss es darum gehen, wie beispielsweise auch nicht operierte Trans*mädchen oder Trans*jungen mitgedacht werden können und keine Ausgrenzungserfahrungen machen müssen.

[148] Im Bezug auf Praxisbausteine und Methoden sei beispielshaft unter anderem auf Steinkemper (2015) oder auch Tuider, Elisabeth et al. (2012): Sexualpädagogik der Vielfalt. München: BelzJuventa, 2. überarbeitete Auflage, verwiesen.

[149] Siehe hierzu die vielfältigen Publikationen der "Bildungsinitiative Queerformat", unter anderem zur "Förderung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt als Thema der frühkindlichen Inklusionspädagogik" oder entsprechende Handreichungen für Fachkräfte und Einrichtungen der Jugendarbeit. http://www.queerformat.de/kinder-und-jugend-hilfe/publikationen-und-materialien/ [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[150] Hier sei beispielsweise auf die Handreichungen zu Kinderbüchern für alle Altersgruppen von der "Fachstelle Kinderwelten für Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung" hingewiesen http://www.situationsansatz.de/vorurteilsbewusste-kinderbuecher.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

[151] Es war nicht möglich, auch auf solche Aspekte innerhalb dieser Arbeit ausführlich einzugehen. Auf mögliche Aufgaben einer kritischen Gesellschaftstheorie des Geschlechts, die unter anderem auf das Verhältnis der Kategorien Klasse, Ethnie und Geschlecht eingeht und intersektionale Aspekte (Alter, sexuelle Orientierung und Identität, soziale Position, Behinderung etc.) thematisiert, weist beispielsweise Pühl (2013: 127f.) hin.

[152] http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/unterrichtsmaterial.html [zuletzt aufgerufen am 15.05.2015].

Final del extracto de 130 páginas

Detalles

Título
Geschlechtliche Transidentitäten in der Jugendphase. Die Bedeutung sozialer Beziehungen und mögliche Implikationen für die Soziale Arbeit
Universidad
University of Applied Sciences Nuremberg  (Sozialwissenschaftliche Fakultät)
Calificación
1,0
Autor
Año
2015
Páginas
130
No. de catálogo
V309573
ISBN (Ebook)
9783668078369
ISBN (Libro)
9783668078376
Tamaño de fichero
3193 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
geschlechtliche, transidentitäten, jugendphase, bedeutung, beziehungen, implikationen, soziale, arbeit
Citar trabajo
Sozialarbeiter B.A. Florian Paul (Autor), 2015, Geschlechtliche Transidentitäten in der Jugendphase. Die Bedeutung sozialer Beziehungen und mögliche Implikationen für die Soziale Arbeit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309573

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