Während sich die analytische Philosophie schon seit Jahrzehnten mit der Theorie individueller Handlungen beschäftigt hat, trat das Problem kollektiver Handlungen und kollektiver Intentionen erst vor relativ kurzer Zeit in das Bewusstsein der analytischen Philosophen. Seitdem hat sich die Debatte in unüberblickbare Dimensionen ausgeweitet. Die Anzahl der vertretenen Positionen hat sich im Laufe der 1990er Jahre stark erhöht. Ein wesentlicher Faktor bei der weiteren Elaboration und theoretischen Fundierung der einzelnen Positionen war die gegenseitige Kritik unter den beteiligten Philosophen, die die Debatte seit ihren Anfängen prägt.
Einer der wichtigsten Exponenten in der Theorie kollektiver Intentionalität, Michael E. Bratman, steht in dieser Arbeit im Vordergrund. Seine Position, die er in zahlreichen Aufsätzen profiliert hat, war besonders heftiger Kritik ausgesetzt. Im Folgenden soll sich auf die Kritik an Bratmans berühmter Formel „Ich beabsichtige, dass wir G-en“ konzentriert werden. Gegen diese Formel lässt sich ein Einwand formulieren, wie er von mehreren Philosophen geäußert wurde. Das theoretische Milieu, aus dem dieser Einwand stammt, lässt sich als Anti-Reduktionismus bezeichnen, der vom Reduktionismus, wie er von Bratman vertreten wird, abzugrenzen ist. Wenn im Folgenden die sich an diesem Einwand entwickelnde Diskussion nachgezeichnet wird, wird also zugleich ein grundlegender Riss in der Debatte um die kollektive Intentionalität behandelt.
Als Ergebnis der folgenden Abhandlung lassen sich zwei Punkte festhalten. Erstens wird erörtert, wie sich aus der Kritik an Bratmans Ansatz nicht nur ein negatives, sondern ein positives Ergebnis ableiten lässt, nämlich die Fundierung einer genuin nicht-reduktionistischen Theorie kollektiver Intentionalität. Zweitens wird gezeigt, dass sich die Debatte nicht ohne die Beachtung und Diskussion grundlegenderer Probleme, die die Handlungstheorie als ganze sowie die Philosophie des Geistes betreffen, führen lässt. Dies wird im Laufe der folgenden Ausführungen an mehreren Stellen klar werden.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Einleitung
- Bratmans Konzept des geteilten kooperativen Handelns
- Der Anti-Reduktionismus in der Diskussion kollektiver Intentionalität
- Kann ich wollen, dass wir G-en?
- Die Rolle gegenseitigen Einflusses
- Der Rückfall auf den Nicht-Individualismus
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Arbeit analysiert die Formel "Ich beabsichtige, dass wir G-en", die im Zentrum von Michael E. Bratmans Konzept des geteilten kooperativen Handelns steht. Sie untersucht die Kritik an dieser Formel, die vor allem von Anti-Reduktionisten geäußert wird, und die Auswirkungen dieser Kritik auf die Debatte um die kollektive Intentionalität.
- Analyse der Kritik an Bratmans Formel "Ich beabsichtige, dass wir G-en"
- Diskussion der Prämissen und Argumentationslinien von Anti-Reduktionisten
- Bewertung von Bratmans Verteidigung seiner Theorie
- Exploration der Auswirkungen der Kritik auf die Fundierung einer nicht-reduktionistischen Theorie kollektiver Intentionalität
- Betrachtung der Rolle von individueller und kollektiver Intentionalität im Kontext sozialer Handlungen
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Kapitel 1: Die Einleitung führt in die Debatte um kollektive Intentionalität ein und stellt Bratmans Konzept des geteilten kooperativen Handelns als zentralen Fokus der Arbeit vor.
- Kapitel 2: Dieses Kapitel beschreibt Bratmans Konzeption von geteiltem kooperativen Handeln, die auf der Formel "Ich beabsichtige, dass wir G-en" basiert.
- Kapitel 3: Der Anti-Reduktionismus wird als theoretischer Kontext für die Kritik an Bratmans Theorie vorgestellt. Es wird argumentiert, dass dieser Ansatz kollektives Intendieren als ein eigenständiges Phänomen betrachtet, das nicht auf individuelles Intendieren reduziert werden kann.
- Kapitel 4: Dieses Kapitel beleuchtet den Einwand gegen Bratmans Formel "Ich beabsichtige, dass wir G-en", der besagt, dass man nicht die Handlungen anderer Menschen intendieren kann, wenn man keinen Einfluss auf sie hat.
- Kapitel 5: In diesem Kapitel wird Bratmans Verteidigung seiner Theorie gegen den in Kapitel 4 vorgestellten Einwand analysiert. Bratman argumentiert, dass der wechselseitige Einfluss der Beteiligten, auch ohne Autoritätsbeziehungen, eine Intention der Form "Ich beabsichtige, dass wir G-en" ermöglicht.
- Kapitel 6: Hier werden Schmids Kritik an Bratmans Verteidigung und die daraus resultierenden Argumentationen für eine nicht-reduktionistische Theorie kollektiver Intentionalität dargelegt.
Schlüsselwörter (Keywords)
Diese Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Begriffen und Konzepten der kollektiven Intentionalität, insbesondere mit dem Anti-Reduktionismus, Bratmans Theorie des geteilten kooperativen Handelns, der Formel "Ich beabsichtige, dass wir G-en", der Kritik an dieser Formel und der Suche nach einer genuin nicht-reduktionistischen Theorie kollektiver Intentionalität.
- Arbeit zitieren
- Dennis Hogger (Autor:in), 2015, Michael E. Bratmans Theorie kollektiver Intentionalität im Kontext anti-reduktionistischer Kritik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309814