Krankenhausvergütung. Die theoretischen und empirischen Wirkungen von DRG-Fallpauschalensystemen auf Versorgungsqualität, Kosten und Spezialisierung von Krankenhäusern


Hausarbeit, 2012

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Drei Untersuchungsdimensionen
2.1 Kostenentwicklung unter Einfluss der neuen Vergütungsform
2.2 Versorgungsqualität und Qualitätssicherungsmaßnahmen
2.3 Spezialisierung als Wettbewerbsstrategie

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Deutsche Gesundheitssystem ist in den letzten vier Jahrzehnten zunehmend mit dem Problem steigender Gesundheitskosten konfrontiert. Die Ursachen hierfür liegen insbesondere in der demographischen Entwicklung und im medizinischen Fortschritt. Bedingt durch die Bevölkerungsalterung steigt die Nachfrage nach medizinischen Leistungen, welche durch den stetigen Ausbau medizinischer Leistungen gedeckt wird. Obwohl es -wie oft publiziert- keine „Kostenexplosion“ im Krankenhausbereich gab wurden in den letzten Jahren einige Legislativmaßnahmen mit dem Ziel der Kostendämpfung notwendig (Simon 2010: S. 274).

Am 01. Januar 2004 kam es mit der Einführung eines prospektiven Vergütungssystems auf Basis von Diagnosis Related Groups (DRGs) zu einem grundlegenden Paradigma Wechsel im Deutschen Gesundheitssystem. Das Bundesministerium für Gesundheit erteilte den Auftrag, die Krankenhausfinanzierung bis zum 1. Januar 2003 auf ein vollständiges Fallpauschalensystem umzustellen. Dieses sollte sich an einem international bereits erprobten DRG-System orientieren. Da eine derart weitreichende Systemumstellung nicht ohne eine ausreichende Übergangsphase auskommt, erfolge eine schrittweise Umstellung, hin zu einem neuen Entgeltsystem, bestehend aus einer budgetneutralen Phase und einer dreistufigen Konvergenzphase (Bundesministerium für Gesundheit 2001a).

Bis 2003 zeichnete sich die Entlohnung der Krankenhausleistungen überwiegend durch eine retrospektive Vergütung aus. Diese Vergütungsform basiert auf Einzelleistungsvergütungen und gibt somit keinen Anreiz zur Unterversorgung von Patienten, da das Krankenhaus pro Patient und Tag einen auf tatsächlichen Kosten basierenden Pflegesatz abrechnen kann. Der größte Nachteil dieser Vergütungsform besteht jedoch in den fehlenden Anreizen zur Wirtschaftlichkeit und Kostensenkung (Hilgers 2011: S. 39-40). Mit der Einführung eines Diagnose orientierten Fallpauschalensystem wird die Steigerung der Wirtschaftlichkeit, Transparenz und Qualität intendiert, wobei diese Eckpfeiler des „neuen“ Systems gleichermaßen gefördert werden sollen (Bundesministerium für Gesundheit 2001a). „Das neue Entgeltsystem soll das Leistungsgeschehen im Krankenhausbereich transparenter machen, die Wirtschaftlichkeit fördern und die im System tagesgleicher Pflegesätze angelegten Fehlanreize insbesondere zur Verlängerung der Verweildauer beseitigen“ (Bundesministerium für Gesundheit 2001a: S.2).

Durch die Systemumstellung wird die Kostenverantwortung auf die Krankenhäuser übertragen, wodurch wirtschaftliche Aspekte deutlich an Bedeutung gewinnen und Anreize zur Kostensenkung gegeben sind (Hilgers 2011: S. 2). Des Weiteren wird durch diese Reform eine Einführung des Wettbewerbs in den Gesundheitsmarkt beabsichtigt. Dieser sollte dabei über den Qualitätswettberwerb geführt werden.

Ob und in wie weit die Reform ihren Zielen zuträglich ist, wird in der folgenden Arbeit thematisiert. Dabei gilt es sowohl die theoretischen als auch die empirischen Wirkungen des DRG-Fallpauschalensystems auf die folgenden Dimensionen der Kosten, der Versorgungsqualität und der Spezialisierung von Krankenhäusern zu untersuchen.

2. Die Drei Untersuchungsdimensionen

2.1 Kostenentwicklung unter Einfluss der neuen Vergütungsform

In Deutschland werden aktuell 10-11% des Bruttoinlandprodukts für die Gesundheit ausgegeben. Ein viertel dieser Ausgaben ist der stationären Krankenhausversorgung zuzuschreiben, womit den Krankenhäusern ein hoher Stellenwert im Gesundheitswesen zukommt (OECD 2011). Durch die Einführung des DRG Systems in Deutschland wurde die Vergütung des Krankenhaussektors grundlegend reformiert. Mit der Umstellung auf ein flächendeckendes, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem beabsichtigt der Gesetzgeber die Wirtschaftlichkeit und Transparenz des Gesundheitssystems zu verbessern (Rau et al. 2009: S. 9). Das prospektive Vergütungssystem auf Basis der DRGs ordnet die Patienten anhand ihrer Primären Diagnosen, der durchgeführten Prozeduren und ihres spezifischen Schweregrads bestimmten Fallgruppen mit ähnlichem ökonomischen Aufwand zu. Die Zuordnung zu einer Schweregradstufe erfolgt aufgrund der Überlegung, ob die Nebendiagnosen und Nebenleistungen auch zu einer signifikanten Veränderung der Behandlungskosten führen. Die Fallgruppen werden in erster Linie nach medizinischen Kriterien und anschließend nach dem Prinzip der Kostenhomogenität strukturiert. Die gesamten Behandlungsfälle werden einheitlich auf der Grundlage einer Pauschale vergütet, die sich aus den landesweit durchschnittlichen Aufwendungen berechnet (Hilgers 2011: S. 2).

Die daraus resultierende Kostenverantwortung der Krankenhäuser setzt neue Anreize zur Kostensenkung und wirtschaftliche Aspekte gewinnen an Bedeutung. Das Bundesministerium für Gesundheit formuliert 2001 klare Erwartungen an das neue System „Das neue Entgeltsystem soll das Leistungsgeschehen im Krankenhausbereich transparenter machen, die Wirtschaftlichkeit fördern und die im System tagesgleicher Pflegesätze angelegten Fehlanreize insbesondere zur Verlängerung der Verweildauer beseitigen. Die direkte Verknüpfung der erbrachten Leistungen mit der Vergütung soll dazu beitragen, dass die Ressourcen krankenhausintern wie auch krankenhausübergreifend bedarfsgerechter und effizienter eingesetzt werden“ (Bundesministerium für Gesundheit 2001b: S. 2).

Betrachtet man die Kostenentwicklung im Krankenhaussektor, so kann man grundsätzlich zwischen Fallkosten und Krankenhauskosten unterschieden. Darüber hinaus ist es notwendig auch die Entwicklung der Gesamtkosten des Gesundheitswesens zu berücksichtigen. Außerdem kann die technische Effizienz und die Entwicklung der Verweildauer Hinweise auf die Wirtschaftlichkeit des Krankenhaussektors geben.

Im folgenden Abschnitt sollen diese Entwicklungen genauer beleuchtet und auf einen Zusammenhang mit der Einführung des DRG-Fallpauschalensystems überprüft werden.

Mit einem Kostenanstieg von 25% seit 1995 liegen die Krankenhäuser deutlich unter dem Prozentualen Kostenanstieg in anderen großen Bereichen der Gesundheitsversorgung. Arztpraxen verzeichneten einen Anstieg von 35% und in die teilstationäre und stationäre Pflege stiegen die Kosten seit 1995 sogar um 53,7%. Allerdings kann man von dieser unauffälligen Entwicklung der Krankenhauskosten nicht auf einen positiven Trend im Krankenhaussektor schließen oder gar auf eine gesteigerte Effizienz. Denn bedingt durch den Strukturwandel kam es in den letzten Jahren zu einer deutlichen Verschiebung in den Strukturen und Leistungen des Gesundheitswesens (Rau et al. 2009: S. 359).

Die technische Effizienz, das heißt die Kosten je Tag, sind insbesondere in den Jahren nach der Einführung des neuen Vergütungssystems angestiegen. Dieser Anstieg ist jedoch nicht als Zeichen für das ineffizientere arbeiten der Krankenhäuser zu werten. Der Anstieg der Kosten pro Tag ist vielmehr auf die Leistungsverdichtung im Krankenhaus zurückzuführen, denn durch die Verkürzung der Verweildauer werden die Behandlungskosten auf weniger Tage verteilt (Rau et al. 2009: S. 190).

Die Verkürzung der Verweildauer ist einer der auffälligsten Entwicklungen der letzten Jahre. Die durchschnittliche Verweildauer betrug 2000 noch 9,7 Tage und wurde bis 2010 auf 7,9 Tage verkürzt. Diese Entwicklung ist allerdings nicht nur auf das neue Fallpauschalensystem zurückzuführen, da sich dieser Trend zur Verkürzung der Verweildauer bereits seit 1991 abzeichnet. Dennoch nimmt das neue Vergütungssystem positiven Einfluss auf diese Entwicklung, da sich die prospektive Vergütung nicht mehr an der Verweildauer des Patienten orientiert. Interessant ist vor allem, dass die Reduktion der Verweildauer stark auf die frühere Entlassung älterer Menschen zurückzuführen ist. Die Verweildauer von 80 jährigen Patienten ist um 1,5 mehr Tage gesunken als die Verweildauer 30 jähriger Patienten. Diese Veränderung, lässt im Zusammenhang mit fehlenden Hinweisen auf eine Qualitätsver- schlechterung den Schluss zu, dass die Verweildauer im Zuge des retrospektiven Vergütungssystems zu hoch war. Der Systemwechsel hätte also die Verweildauer auf ein effizientes Niveau abgesenkt (Hilgers 2011: S. 138). Außerdem wurden in anderen Ländern ähnliche Auswirkungen des DRG-Systems auf die Verweildauer ermittelt. Diese fielen dort oft deutlicher aus, was auf andere Formen der Krankenhausfinanzierung in diesen Ländern zurückzuführen ist (Das Krankenhaus 2004). Mit der Reduktion der Verweildauer gingen auch die Ausgaben für Verpflegung und pflegerische Leistungen, sowie die Ausgaben für Unterkunft zurück. Machten diese Bereiche, im Jahr 2000 noch einen Anteil von 48% der Gesamtausgaben der Krankenhäuser aus, so wurden sie bis 2008 auf 42% reduziert. Aus der Verweildauerreduktion ergab sich ein Rückgang der Belegungstage, welcher den Bedarf an Krankenhausbetten deutlich minderte. Der verminderte Bedarf äußerte sich in der Folge in einem Abbau der Bettenkapazität von 24% zwischen 1991 und 2007. Mit einer Bettenauslastung von 77,2% liegt der Krankenhaussektor unter dem Maßstab von 85%, womit sich eine Überkapazität abbildet (Hilgers 2011: S. 22-23).

Insgesamt lässt sich nachweisen, dass die Krankenhäuser in Folge der Reformgesetzte um ein effizienteres Wirtschaften bemüht sind, dennoch sind diese Bemühungen bisher nicht mit einer langfristigen Ausgabenreduktion verbunden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Effekte der Fall und Leistungsausweitung, bedingt durch den demographischen Wandel und den technischen Fortschritt, die Effekte der Kosteneinsparung überwiegen (Hilgers 2011: S. 25).

2.2 Versorgungsqualität und Qualitätssicherungsmaßnahmen

„Mit dem Fallpauschalsystem wird gleichzeitig eine Qualitätssicherungsoffensive im Krankenhausbereich eingeleitet“ (Bundesministerium für Gesundheit 2001b: S. 3). Mit der Einführung des DRG-Fallpauschalensystems wurde nicht nur die Vergütungsform, sondern auch die Qualitätssicherung des Deutschen Gesundheitssystems reformiert. Die Ergänzungen des Sozialgesetzbuchs V beziehen sich dabei auf allgemeine Verpflichtungen der Leistungs- erbringer zur Qualitätssicherung aber auch auf konkrete Qualitätssicherungsmaßnahmen

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Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Krankenhausvergütung. Die theoretischen und empirischen Wirkungen von DRG-Fallpauschalensystemen auf Versorgungsqualität, Kosten und Spezialisierung von Krankenhäusern
Hochschule
Universität zu Köln
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
13
Katalognummer
V310219
ISBN (eBook)
9783668090026
ISBN (Buch)
9783668090033
Dateigröße
401 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
DRG, Krankenhauskosten, Versorgungsqualität, Krankenhaus, Spezialisierung von Krankenhäusern, Fallpauschalensystem
Arbeit zitieren
Sarah Schüller (Autor:in), 2012, Krankenhausvergütung. Die theoretischen und empirischen Wirkungen von DRG-Fallpauschalensystemen auf Versorgungsqualität, Kosten und Spezialisierung von Krankenhäusern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310219

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