Die Definition von Telepräsenz als „experience of presence in an environment by means of a communication medium“ aus dem Aufsatz „Defining virtual reality: Dimensions determining telepresence“ aus dem Jahr 1992 von Jonathan Steuer wird auch heute noch oft zitiert, wenn es um das Phänomen Präsenz bzw. Telepräsenz geht.
Mit dem Aufkommen Virtueller Realitäten in den 1990er Jahren rückte das theoretische Konstrukt in den Vordergrund. Geprägt wurde der Begriff Telepräsenz jedoch schon 1980 von Marvin Minsky, einem amerikanischen Forscher auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz, der Telepräsenz als Teleoperation an entfernten Orten definierte. Seitdem wurden auf dem Feld der Präsenzforschung verschiedenste Ansätze entwickelt, um dieses subjektive Gefühl an einem mediatisierten Ort präsent zu sein, zu messen und mitwirkende bzw. auslösende Faktoren auszumachen. Allerdings fehlt bis heute eine standardisierte konzeptuelle und operationale Definition. Einzig die zentrale Idee der Wahrnehmungsillusion einer Nicht-Mediation liege, wie Matthew Lombard und Theresa Ditton in ihrer bedeutenden Arbeit „At the Heart of It All: The Concept of Presence“ von 1997 konstatieren, allen Konzepten zugrunde.
Zeitgleich mit dem vermehrten Interesse auf wissenschaftlicher Seite fand das Konzept Telepräsenz auch Einzug in die Kunst. Es waren vor allem der brasilianische Künstler Eduardo Kac und der an der University of California lehrende Ken Goldberg, die sich sowohl künstlerisch als auch theoretisch mit Telepräsenz und den Implikationen von Telepräsenz für den Kunstbegriff auseinandersetzen. Telepräsenz ist für Kac ein neues Kunstmedium, das eine neue Form von Kunst – Telepresence Art – hervorbringt und im Rahmen der elektronischen interaktiven Kunst anzusiedeln ist.
Welche Rolle spielt das Telepräsenz-Konzept in der Telepresence Art? Was genau zeichnet diese Kunstform aus und welche Intentionen verfolgen die Künstler mit ihren Kunstwerken? In der vorliegenden Arbeit sollen diese Fragen anhand zweier ausgewählter Kunstwerke näher beleuchtet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zum Telepräsenzbegriff
- Rara Avis von Eduardo Kac
- Telematic Vision von Paul Sermon
- Die Rolle von Telepräsenz in den vorgestellten Kunstwerken
- (Tele-)Kommunikation und Interaktion
- Virtueller Raum und Telepräsenz-Körper
- Immersion versus Reflexion
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle des Telepräsenz-Konzepts in der Telepresence Art anhand zweier Kunstwerke: Eduardo Kacs "Rara Avis" und Paul Sermons "Telematic Vision". Ziel ist es, die Charakteristika dieser Kunstform herauszuarbeiten und im Hinblick auf die Telepräsenzdefinition von Steuer kritisch zu bewerten. Die Arbeit analysiert, wie Telepräsenz in den Installationen umgesetzt wird und welche Intentionen die Künstler verfolgen.
- Definition und theoretische Grundlagen von Telepräsenz
- Analyse von "Rara Avis" als Beispiel für Telepresence Art
- Untersuchung von "Telematic Vision" im Kontext von Telepräsenz
- Kritisches Hinterfragen der Merkmale von Telepresence Art
- Bewertung der Rolle von Interaktivität und Lebendigkeit in den Kunstwerken
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema Telepräsenz und Telepresence Art ein und benennt die zentralen Forschungsfragen der Arbeit. Sie präsentiert die Definition von Telepräsenz nach Steuer als Grundlage der Analyse und stellt die ausgewählten Kunstwerke von Eduardo Kac und Paul Sermon vor, die im weiteren Verlauf der Arbeit im Detail untersucht werden. Die Einleitung legt den Fokus auf die Untersuchung der Rolle von Telepräsenz in diesen Kunstwerken und deren Bedeutung für das Verständnis von Telepresence Art.
Zum Telepräsenzbegriff: Dieses Kapitel bietet eine detaillierte Erläuterung des Telepräsenzbegriffs, insbesondere basierend auf der Definition von Steuer. Es wird die Erweiterung des ursprünglichen Konzepts von Minsky diskutiert, welches die Illusion des Transports an reale, entfernte Orte betont, im Vergleich zu Steuers umfassenderer Definition, die auch nicht-reale, durch Medien kreierte Umgebungen umfasst. Die Bedeutung von Lebendigkeit (vividness) und Interaktivität (interactivity) als zentrale Faktoren für die Entstehung von Präsenzgefühlen wird ausführlich erläutert und mit den Variablen von Steuer – sensorische Breite und Tiefe (bei Lebendigkeit) sowie Geschwindigkeit, Umfang und Anpassung (bei Interaktivität) – in Verbindung gebracht. Die Diskussion des Sender-Empfänger-Modells und dessen Überschreitung im Kontext von Telepräsenz bildet einen weiteren Schwerpunkt.
Rara Avis von Eduardo Kac: Dieses Kapitel beschreibt die Installation "Rara Avis" von Eduardo Kac. Es werden die technischen Aspekte, wie die Verwendung eines Teleroboters in Form eines Aras mit eingebauten Kameras, und die Interaktion des Besuchers mittels eines VR-Headsets detailliert dargestellt. Die Arbeit wird als ein frühes Beispiel von Telepresence Art präsentiert, das die immersive Erfahrung des Benutzers in den virtuellen Raum des Aras betont. Die Integration von Internet-Technologien (Web, CU-SeeMe) und der Perspektivwechsel, den der Benutzer erlebt, werden als wichtige Elemente der Installation und ihrer Bedeutung für das Verständnis von Telepräsenz hervorgehoben. Die Analyse beleuchtet, wie Kac Telepräsenz als künstlerisches Medium nutzt, um neue Formen der Interaktion und Wahrnehmung zu schaffen.
Schlüsselwörter
Telepräsenz, Telepresence Art, Virtuelle Realität, Eduardo Kac, Rara Avis, Paul Sermon, Telematic Vision, Interaktivität, Lebendigkeit, Medienkunst, Wahrnehmung, Immersion.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse von Telepräsenz in der Kunst
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert das Konzept der Telepräsenz in der Kunst, speziell der "Telepresence Art", anhand zweier Kunstwerke: Eduardo Kacs "Rara Avis" und Paul Sermons "Telematic Vision". Sie untersucht, wie Telepräsenz in diesen Installationen umgesetzt wird und welche künstlerischen Intentionen dahinterstehen.
Welche Künstler und Werke werden untersucht?
Die Arbeit konzentriert sich auf die Installationen "Rara Avis" von Eduardo Kac und "Telematic Vision" von Paul Sermon. Beide Werke dienen als Fallstudien zur Erforschung der Telepräsenz in der Kunst.
Welche theoretischen Grundlagen werden verwendet?
Die Arbeit basiert auf der Definition von Telepräsenz nach Steuer. Diese Definition wird im Detail erläutert und kritisch im Kontext der analysierten Kunstwerke bewertet. Die Arbeit diskutiert auch die Erweiterung des ursprünglichen Telepräsenz-Konzepts von Minsky.
Welche Aspekte der Telepräsenz werden analysiert?
Die Analyse umfasst die (Tele-)Kommunikation und Interaktion in den Kunstwerken, die Rolle des virtuellen Raums und des "Telepräsenz-Körpers", sowie den Gegensatz zwischen Immersion und Reflexion. Die Bedeutung von Lebendigkeit (vividness) und Interaktivität (interactivity) als zentrale Faktoren für die Entstehung von Präsenzgefühlen wird ebenfalls untersucht.
Wie wird "Rara Avis" von Eduardo Kac analysiert?
Die Analyse von "Rara Avis" beschreibt die technischen Aspekte der Installation (Teleroboter in Form eines Aras, VR-Headset) und die Interaktion des Besuchers. Sie betont die immersive Erfahrung des Benutzers im virtuellen Raum und die Integration von Internet-Technologien.
Wie wird "Telematic Vision" von Paul Sermon analysiert?
(Die Analyse von "Telematic Vision" ist in dem gegebenen Text nicht im Detail beschrieben, jedoch wird das Werk als zentraler Bestandteil der Analyse genannt.)
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
(Der Text gibt keine expliziten Schlussfolgerungen an, sondern konzentriert sich auf die Beschreibung der Analysemethoden und der zu untersuchenden Aspekte. Ein Fazit wird jedoch im Inhaltsverzeichnis erwähnt.)
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind Telepräsenz, Telepresence Art, Virtuelle Realität, Eduardo Kac, Rara Avis, Paul Sermon, Telematic Vision, Interaktivität, Lebendigkeit, Medienkunst, Wahrnehmung und Immersion.
Wofür ist diese Analyse gedacht?
Die Analyse ist für akademische Zwecke gedacht und dient der strukturierten und professionellen Untersuchung von Themen in der Telepresence Art.
- Quote paper
- Corinna Gronau (Author), 2014, Was ist Telepresence Art? Untersuchung anhand "Rara Avis" von Eduardo Kac und "Telematic Vision" von Paul Sermon, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310293