Aphasie. Diagnose und Erscheinungsformen


Hausarbeit, 2014

17 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Aphasie
2.1 Ursachen
2.2 Symptome und Erscheinungsformen
2.2.1 Symptome
2.2.2 Erscheinungsformen (Standardsyndrome)
2.2.3 Exkurs: Aufbau des Gehirns
2.3 Anamnese und Diagnostik

3. Aphasie bei Kindern und Jugendlichen

4. Aphasie bei Mehrsprachigkeit

5. Fazit

Anhang
I. Themen für die ICF-orientierte Anamnese
II. Testaufbau des Aachener-Aphasie-Test
III. Testaufbau der Aphasie-Check-Liste
IV. Kriterien zur Bewertung von Spontansprache

Literatur

1. Einleitung

Jährlich erkranken rund 80 000 Menschen an Aphasie, 3000 davon sind Kinder. Dennoch ist in der Öffentlichkeit wenig über diese Krankheit bekannt, die bei 80% der Betroffenen Folge eines Schlaganfalls ist (Weisgärber 1999: 26). Nicht nur die Sprache wird beeinträchtigt. Die Krankheit ist auch sonst ein großer Einschnitt in den Alltag der Erkrankten und deren Angehörigen: der Aphasiker wird häufig von seiner Umwelt nicht mehr als einen selbstbestimmten, intelligenten Menschen mit eigener Persönlichkeit. Oft wird Aphasie mit eine Einschränkung der geistigen Fähigkeiten verbunden. Im Folgenden werden u.a die Ursachen und Symptome der Aphasie näher beleuchtet. Außerdem wird ein Überblick über Aphasien bei Kindern und mehrsprachigen Menschen gegeben.

2. Aphasie

Aphasie ist eine durch eine Hirnverletzung bedingte Störung der Sprache.

2.1 Ursachen

Meistens verursacht ein Schlaganfall eine solche Verletzung. Ein Schlaganfall ist eine über Stunden andauernde Störung der Hirnfunktionen aufgrund einer plötzlichen Durchblutungsstörung, die einen Mangel an Sauerstoff und Nährstoffen zur Folge hat. Auslöser können Hirngefäßverschlüsse (Blutgefäße werden durch kalk- oder cholesterinhaltigen Ablagerungen verengt; durch die fehlende Durchblutung stirbt das Hirngewebe ab) oder Hirnblutungen sein (Blut fließt durch gerissene Gefäße ins Gehirn). Weitere Gründe für solche Hirnverletzungen können Schädel-Hirn-Traumata (Verletzung des Schädelknochens und des Hirns), Hirntumore, Entzündungen im Gehirn oder Demenz sein (Bauer 2010: 32f).

2.2 Symptome und Erscheinungsformen

2.2.1 Symptome

Bei einer Aphasie werden je nach Schweregrad Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben (sprachliche Fähigkeiten) beeinträchtigt. Die meisten Betroffenen fällt es schwer, spontan und flüssig zu sprechen. Sie können nur Silben äußern, sprechen sehr langsam oder müssen lange überlegen, bevor sie etwas sagen. Viele versuchen aber auch durch übermäßig schnelles Sprechen über ihre Störung hinwegzutäuschen.

Auch das Sprachverständnis verschlechtert sich durch die Hirnverletzung. Während eines Gespräch verstehen Aphasiker oft nur wenige Worte. Den Gesamtzusammenhang können sie mit Hilfe der Gestik und Mimik ihres Gesprächspartners erfassen.

Ähnliche Schwierigkeiten treten während des Lesens eines Textes auf: Nicht alle Wörter werden verstanden und es kann keine Verbindung zwischen ihnen hergestellt werden. Helfen können hier Schlagwörter, Überschriften über längeren Passagen oder Bilder, die den Inhalt des Textes illustrieren.

Entsprechend werden beim Schreiben manche Wörter richtig geschrieben, aber oft mit bedeutungs- oder klangähnlichen Wörtern verwechselt, da die Wörter nicht miteinander verknüpft werden (Bauer 2010: 48ff).

2.2.2 Erscheinungsformen (Standardsyndrome)

Das Leitsymptom der Broca-Aphasie ist der Agrammatismus. Dies bedeutet, dass Sätze mit vereinfachter Syntax, die aus höchstens drei Wörtern bestehen, z.B „Frau- Klavier-spielen“ (Krämer: 6), da die grammatischen Strukturen aufgrund der Hirnverletzung nicht mehr in Erinnerung gerufen werden können. Dieser Sprechweise wird auch „Telegrammstil“ genannt. Broca-Aphasiker sprechen unter großer Anstrengung sehr langsam und mit vielen Pausen. Das Sprachverständnis ist oft nicht beeinträchtigt, lange Sätze sind dennoch schwer zu verstehen. Broca- Aphasiker leiden oft auch unter Sprechapraxie (Bewegungen, die zum Sprechen nötig sind, können nicht mehr bewusst geplant werden) oder Dysathrie (Störung der Sprechmotorik). Da das Broca-Areal, also die Motorik des Sprachzentrums, beschädigt ist, nannte man die Broca-Aphasie früher auch „motorische Aphasie“ genannt.

Leiden Patienten unter der Wernicke-Aphasie, sprechen sie zwar flüssig und ohne Anstrengungen, verwechseln aber Wörter, verdrehen Laute oder erfinden neue Ausdrücke. Ihre Sätze sind zusätzlich sehr lang, wobei die Satzteile falsch verbunden werden oder abbrechen (Paragrammatismus). Außerdem ist ihr Sprachverständnis sehr beeinträchtigt. Sie können weder einzelne Wörter verstehen noch erkennen, ob ihr Gegenüber sie verstanden hat. Wernicke-Aphasie hieß früher auch „sensorische Aphasie“, da hier das Wernicke-Areal, das für das Sprachverständnis zuständig ist, betroffen ist.

Eine weitere Form der Aphasie ist die ammestische Aphasie, deren Hauptsymptom die Wortfindungsstörung ist. Die gesuchten Begriffe können jedoch umschrieben werden. Die Ursache einer solchen Aphasie ist die Störung des Kurzzeitgedächtnisse, meist aufgrund eines Schädel-Hirn-Traumas. Die schwerste Form der Aphasie ist die globale Aphasie. Alle unter Punkt 2.2.1 aufgeführten sprachlichen Fähigkeiten sind stark beeinträchtigt. Oft sind nur Laut-, Silbenfolgen oder Floskeln (Automatismen) möglich. Das Sprachverständnis ist sehr geschädigt. Die Patienten sind kaum zur Sprachproduktion fähig, ob mündlich oder schriftlich.

2.2.3 Exkurs: Aufbau des Gehirns

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: http://sabrina.ntnord.de/Jahresarbeit_HP.htm ( zuletzt zugegriffen am 03.10.2014)

Das menschliche Gehirn ist in zwei Hemisphären geteilt, die durch Nervenfasern miteinander verbunden sind. Die beiden Hälften sind zwar anatomisch gleich aufgebaut, haben sich aber auf bestimmte Prozesse „spezialisiert“ (Lateralisation): die linke Gehirnhälfte erkennt sprachliche Merkmale wie Wortschatzvariationen, Syntax und Schriftsprache, denkt analytisch und verarbeitet Musik, indem es sie analysiert. Die rechte Hemisphäre befasst sich mit Akzenten, Intonationen und Formelhaftigkeit. Sie nimmt Gestik, Mimik und Körperhaltung wahr und verarbeitet Musik, im Gegensatz für linken Hälfte, durch das Erkennen bekannter Melodien und das Nachsingen.

Des Weiteren lässt sich jede Hemisphäre in weitere Teile gliedern:

Das Kleinhirn oder Cerebellum kontrolliert die Körperbewegungen und das Gleichgewicht. Es empfängt alle Reize, die von den Sinnesorganen weitergeleitet wurden. Außerdem ermöglicht es den Spracherwerb.

Das Mittelhirn bzw. Mesencephalon leitet Informationen vom Rückenmark zum Großhirn und von diesem zu motorischen Nervenfasern, die die Skelettmuskeln anregen. Darüber hinaus koordiniert es die Bewegungen der Augen. Schlaf- und Wachphasen, das Schmerzempfinden und die Körpertemperatur werden im Zwischenhirn (Diencephalon) gesteuert. Dieses setzt sich unter anderem aus dem Thalamus, der motorische Signale und Sinneseindrücke ans Großhirn überträgt und Teil des mesolimbischen Systems (Belohnungssystem), dem Hypothalamus, der als Bindeglied zwischen dem Hormon und Nervensystem fungiert und dem Subthalamus, der für die Steuerung der Grobmotorik zuständig ist. Durch die Brücke oder Pons führen alle Nerven des zentralen Nervensystems. Sie leitet außerdem sensorische Informationen zwischen dem Groß- und Kleinhirn weiter und reguliert die Atmung.

Die Medulla oblongata, das verlängerte Rückenmark, kontrolliert den Blutkreislauf, die Atmung und Reflexe, wie Niesen, Husten, Schlucken, Erbrechen oder Saugen. Das Mittelhirn, die Brücke und das verlängerte Rückenmark bilden den Hirnstamm, der das Gehirn mit dem Rückenmark verbindet.

Das Großhirn wird auch Telencephalon genannt. Es kann in Scheitel-, Schädel- und Stirnlappen gegliedert werden:

Der Scheitellappen (Parietallappen) ist für die visuelle Steuerung von Bewegung und die Orientierung im Raum verantwortlich. Der Stirn- oder Frontallappen steuert das bewusste Reagieren auf äußere Reize, die Motorik, zielgerichtetes Verhalten und Gefühle. Der Schläfenlappen (Temporallappen) kann sensorische Informationen langfristig speichern und auditive Reize verarbeiten, wohingegen der Hinterhauptslappen (Okzipitallappen) visuelle Informationen analysiert.

Das für das Sprachverständnis wichtige Wernicke-Areal befindet sich im Schläfenund Teilen des Scheitellappens. Außer für die semantische Verarbeitung von Sprache steuert es die Aufnahme von Sprache und ist für die sprachliche Antwort auf äußere Reize verantwortlich.

Gemeinsam mit dem Wernicke-Areal bildet das Broca-Areal hauptsächlich das Sprachzentrum im Gehirn. Es befindet sich im Frontallappen und ist für die Sprachproduktion zuständig. Dazu gehört die Koordination der Bewegungen des Kehlkopfes und Mundes, die Steuerung von Muskelbewegungen und die Lautbildung.

Sprache kann aber nur zustande kommen, wenn beide Areale eng zusammen arbeiten.

2.3 Anamnese und Diagnostik

Bei der Anamnese fragt der behandelnde Arzt nach der Krankengeschichte des Patienten. Hierzu kann die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF), eine Klassifikation, die 2001 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben wurde, zu Rate gezogen werden. Die ICF wird in zwei Teile, Funktionsfähigkeit und Behinderung („Körper“ und „Aktivitäten und Partizipation“) und Kontextfaktoren („Umweltfaktoren“ und „personen- bezogene Faktoren“), gegliedert1. Das Ziel ist es zunächst, aphasische von nicht-aphasischen Störungen zu trennen und den Schweregrad festzustellen. Auf der Ebene der „Aktivitäten und Partizipation“ werden die Auswirkungen der Aphasie auf den Alltag, die Kommunikation und soziale Teilhabe der Patienten abgefragt. Die Kategorie Kontextfaktoren befasst sich damit, welche Umwelt- oder personenbezogenen Faktoren fördernd oder hemmend für die Genesung eines an Aphasie leidenden Patienten sein könnten.

Bei der Diagnose kann auch der Aachener-Aphasie-Test (AAT) oder die AphasieCheck-Liste (ACL) helfen.

Der Aachener-Aphasie-Test, der sich aus sechs Untertests zusammensetzt2, kann sechs Wochen nach der Hirnschädigung durchgeführt werden. Dieser muss in einer bestimmten Reihenfolge innerhalb von 60 bis 90 Minuten bearbeitet werden. Danach wird der Test ausgewertet. Die spontane Sprache wird unter den Gesichtspunkten Kommunikationsverhalten, Artikulation und Prosodie, automatisierte Sprache, semantische, phonematische und syntaktische Struktur3beurteilt und mit Punkten von Null (schwerste bzw. nicht beurteilbare Störung) bis Fünf (minimale bis keine Störung) versehen. Beim Token-Test werden die falschen Reaktionen gezählt, die höchstens 50 betragen können. Die weiteren Untertests werden aufgrund einer vierstufigen Skala abgewägt. Die Ziele dieses Tests sind die Unterscheidung von Menschen mit und ohne Aphasie, die Diagnose einer Aphasie, Feststellen, welche

1 siehe Übersicht im Anhang (Abschnitt I)
2 siehe Anhang Abschnitt II
3 siehe Anhang Abschnitt IV

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Aphasie. Diagnose und Erscheinungsformen
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig
Note
2,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
17
Katalognummer
V310493
ISBN (eBook)
9783668092563
ISBN (Buch)
9783668092570
Dateigröße
717 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
aphasie, diagnose, erscheinungsformen
Arbeit zitieren
Sarah Lux (Autor:in), 2014, Aphasie. Diagnose und Erscheinungsformen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310493

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