Leseprobe
INHALTSVERZEICHNIS
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1. Darstellung der Ressourcenorientierung
1.1 Ressourcenorientierung in der Sozialen Arbeit
1.2 Ressourcenorientierung in der Kinder- und Jugendhilfe
2. Aktivierende Sozialpolitik in Deutschland seit den 90er Jahren
2.1 Machtverhältnisse
2.2 Entwicklung des deutschen Sozialstaats seit 1990
2.3 Gesellschaftliche Veränderungen in Bezug auf Aktivierung
2.4 Individualität und Selbstbestimmung im Kontext gesellschaftlicher Zwänge
3. Das Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe
3.1 Offene Kinder- und Jugendarbeit
3.2 Lebensweltorientierung
3.3 Fallbeispiel aus dem Feld offenen Kinder- und Jugendarbeit
4. Ressourcenorientierte Soziale Arbeit kritisch betrachtet
4.1 Kritik aus sozialpolitischer Sicht
4.2 Kritik aus pädagogischer- und psychologischer Perspektive
4.3 Soziale Arbeit als Dienstleistung
Fazit
Literaturverzeichnis
Internetquellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
Das Feld der Sozialen Arbeit definiert und entwickelt sich ständig neu und spiegelt gesellschaftliche Strukturen, Moralvorstellungen und Werte wider. Prekäre Probleme stellen immer wieder neue Herausforderungen dar und fordern eine Anpassung an sich verändernde Bedingungen (vgl. Knoll, 2010, S.15). Mit der Einführung des Dienstleistungsbegriffs in der Sozialen Arbeit, und dem damit verbundenen normativen Anspruch, wurden neue Diskurse zur Qualität Sozialer Arbeit geführt. SozialarbeiterInnen sind gleichermaßen den NutzerInnen verpflichtet, bedienen Organisationstechnische Ansprüche und erfüllen gesellschaftliche Kontroll- sowie Anpassungsfunktionen. Seit der Anerkennung Sozialer Arbeit als Wissenschaft und ihrer Einführung als Studiengang, setzen sich Wissenschaftler mit diesem scheinbaren Paradoxa auseinander, prägten in diesem Zusammenhang den Begriff des „doppelten Mandats“ und befassen sich mit den Interventionsmöglichkeiten der SozialarbeiterInnen um in diesem Spannungsfeld wirksame, nutzerInnenbezogene Arbeit leisten zu können.
Ständig evaluierte und hinterfragte sich die Profession Soziale Arbeit selbst. Diese Beschäftigung mit der Qualität von sozialer Arbeit und ihrer gesellschaftlichen Funktion, führte zu neuen Theorien und Ansätzen (vgl. Knoll, 2010, S. 19 ff.).
Da, je nach Perspektive, die der Institution, der Gesellschaft, der NutzerInnen oder die der SozialarbeiterInnen, unterschiedliche Ansprüche und Erwartungen existieren, ist der Begriff der Qualität und dem Auftrag sozialer Arbeit nicht einfach zu kategorisieren.
„ In ihrer Gesamtheit konstituieren sie die gesellschaftspolitisch zentrale Frage nach dem qualitativen Niveau personenbezogener sozialer Dienstleistungen, das eine Gesellschaft für sich und für die diese in Anspruch nehmende BürgerInnen als angemessen erachtet.“ (Schaarschuch/ Schurr, 2004, S. 309).
Aus diesem Grund, steht in dieser Arbeit besonders der ressourcenorientierte Ansatz der Sozialen Arbeit im Fokus der Betrachtung denn die Autorin führt aus, dass sich gerade auf diesem Gebiet, der beschriebene „Interessenskonflikt“ deutlich zeigt. Eine, seit mehr als 30 Jahren etablierte, ja geradezu selbstverständlich gewordene und wenig hinterfragte Art der Hilfe, die häufig in der Kinder- und Jugendarbeit, aber auch in vielen anderen Feldern der Sozialen Arbeit als Allheilmittel – im Sinne von Achtsamkeit und Respekt den NutzerInnen gegenüber und als bloße Orientierung an dem Willen der NutzerInnen, beworben wird (vgl. Bünder, 2002, S. 19 ff.), wird in dieser Arbeit kritisch ,aus verschiedenen Perspektiven hinterfragt. Ressourcenorientierung wird in den Kontext struktureller, gesellschaftspolitischer und sozialer Entwicklung gesetzt, um das, nach Ansicht der Autorin, wichtigste Qualitätsmerkmal Sozialer Arbeit nicht aus den Augen zu verlieren; nämlich die professionelle und ständige Hinterfragung von Handlungsmaximen, deren Wirkung und Sinnhaftigkeit sowie deren Einbindung in äußere Gegebenheiten. Der sozialpolitische Auftrag Sozialer Arbeit wird ebenso betont, wie die Notwendigkeit für infrastrukturelle Voraussetzungen zu sorgen, die Chancengleichheit ermöglicht und Missstände aufdeckt.
Mit der ressourcenorientierten Sozialen Arbeit hat sich ein Paradigmenwechsel in der Sozialen Arbeit vollzogen, der von der reinen Ursächlichkeit von Problemen weg zum lösungsorientierten Einbezug der Kräfte, Fähigkeiten und Stärken von Nutzerinnen und deren Umfeld wird (vgl. Herringer, 2007, S. 779).
Zunächst wird nun, im ersten Teil der Arbeit, die Ressourcenorientierung dargestellt und anschließend ein Bezug zur aktivierenden Sozialpolitik in Deutschland, seit den 90er Jahren hergestellt. Im zweiten Teil der Arbeit, angelehnt an die Lebenswelten von Kindern- und Jugendlichen, wird an einem Beispiel aus der Praxis verdeutlicht, wie sehr die Handlungsweisen von Sozialarbeitern im täglichen Umgang mit den NutzerInnen automatisiert und unhinterfragt gestaltet sind. Durch die kritische Betrachtungsweise der ressourcenorientierten Sozialen Arbeit aus psychologischer-, pädagogischer-, gesellschaftlicher- und politischer Sicht, wird ein Blick auf die tägliche Praxis von SozialarbeiterInnen geworfen, an deren Profession (wie oben ausgeführt), verschiedenste Ansprüche gestellt werden.
1. Darstellung der Ressourcenorientierung
1.1 Ressourcenorientierung in der Sozialen Arbeit
Zwei Arten von Ressourcen werden in der Wissenschaft unterschieden. Zum einen, die Personenressourcen, wie persönliche Stärken, Kräfte und Möglichkeiten und zum anderen diejenigen der Umwelt, die Möglichkeiten zur Unterstützung und Hilfe durch soziale Kontakte und Beziehungen bezeichnen.
Mit der Orientierung an den persönlichen- und sozialen Ressourcen von NutzerInnen und der schnellen Abwendung von Problemen, hin zur lösungsorientierten Selbstbefähigung der NutzerInnen, hat ein Paradigmenwechsel in der Sozialen Arbeit stattgefunden (vgl. Herriger, 2007, S. 779).
Dieses Konzept wird ganz besonders in der Kinder- und Jugendarbeit umgesetzt denn spätestens seit Niklas Luhmann und den Publikationen über Lebenswelt und Gesellschaft, fand ein Umdenken statt. Mit den Neuerungen im Kinder- und Jugendhilfegesetz, Anfang der 90 er Jahre, und dem damit verbundenen Recht der Kinder auf Mitbestimmung, verfestigte sich ein anderer Habitus, in Richtung von Selbstbestimmung und maximaler Mitbestimmung. Die Qualität der Sozialen Arbeit, soll durch Anerkennung der NutzerInnen als Experten ihrer Lebenswelt, und absolute Wertschätzung ihrer Kompetenzen, gesteigert werden (vgl. Möbius/ Friedrich, 2012, S. 13 f.).
Mehr denn je, sind NutzerInnen in das „Hilfeverfahren“ eingebunden und gelten als Experten ihres Problems. Somit wird das Wissen um die Lösung und die Aufarbeitung ebenfalls, als bereits in der Person vorhanden, vorausgesetzt. Hervorgerufen durch diesen, wertschätzenden Umgang mit den NutzerInnen, müssen SozialarbeiterInnen in dem Wissen um die spezielle Lebenswelt eines Jeden, auch unkonventionelle Lösungen akzeptieren. SozialarbeiterInnen befähigen also NutzerInnen lediglich dazu, ihre vielleicht verschütteten, oder nicht wahrgenommenen Ressourcen, zu entdecken und zu nutzen (vgl. Pokora, 2012, S. 136).
Norbert Herringer stellt in seinem Artikel zur Ressourcenorientierung, den positiven Aspekt von Ressourcen, Ressourcenfindung und den Umgang mit Ressourcen in den Vordergrund. Hier dienen diese lediglich der Verbesserung von Fähigkeiten, dem Ausbau von Selbstbefähigung und der Anerkennung sowie Aktivierung von Kräften. Das Potential zur Selbstbefähigung liegt in jeder Person und wird unhinterfragt vorausgesetzt. So heißt es dort: „Personale R. (Ressourcen) sind […] emotionale Bewältigungsstile und Handlungskompetenzen, die der Einzelne in der Auseinandersetzung mit belastenden Lebensereignissen produktiv zu nutzen vermag“ (Herriger, 2007, S. 779, Auslassung und Hinzufügung Grimm).
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