Stadtmarketing. Übertragung des Marketingprozesses auf die kommunale Ebene


Diplomarbeit, 2009

71 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Marketinggrundlagen
2.1 Die Definition des Marketings
2.2 Die Entwicklung des Marketingbegriffs
2.3 Die Phasen des Marketingprozesses
2.3.1 Die Charakterisierung
2.3.2 Die Situationsanalyse im Marketingprozess
2.3.3 Die strategische Marketingplanung
2.3.4 Die operative Marketingplanung
2.3.5 Realisation und Rückkopplung
2.4 Die Stadt als Marketingakteur

3 Das Stadtmarketing
3.1 Der Begriff und die Phasen des Stadtmarketing
3.2 Der Stadtmarketingprozess
3.3 Die Arten des Stadtmarketings
3.3.1 Das Verwaltungsmarketing
3.3.2 Das Standortmarketing
3.3.3 Das Tourismusmarketing
3.3.4 Das Citymarketing

4 Das Stadtmarketing in Kassel
4.1 Das Profil der Stadt Kassel
4.1.1 Die historische Entwicklung der Stadt
4.1.2 Statistiken und Sozialstruktur
4.2 Die Akteure beim Stadtmarketing in Kassel
4.2.1 kassel tourist
4.2.2 Wirtschaftsförderung Region Kassel
4.2.3 Regionalmanagement Nordhessen
4.2.4 Die Industrie- und Handelskammer Kassel
4.2.5 Die Handwerkskammer Kassel
4.2.5 City-Kaufleute Kassel

5 Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Entwicklungsstufen des Marketings

Abb. 2: Der Marketingprozess

Abb. 3: Marketing-Mix

Abb. 4: Veränderung der Bruttowertschöpfung im dienstleistenden und produzierenden Sektor

Abb. 5: Marketing-Mix im Dienstleistungsmarketing

Abb. 6: Ursachen für das Scheitern von Marketingstrategien

Abb. 7: Prozess des Marketing-Broadening

Abb. 8: Stadtmarketing als strategischer Prozess

Abb. 9: Das Leitbild einer Stadt

Abb. 10: Zentrale Fragen für die Leitbildentwicklung

Abb. 11: Stadtmarketing als Dach aller Marketing-Aktivitäten

Abb. 12: Bevölkerungsentwicklung der Stadt Kassel 1994-2007

Abb. 13: Altersaufbau der Kasseler Bevölkerung

Abb. 14: Die Geschäftsfelder der kassel tourist GmbH

Abb. 15: Gesellschafter der WFG

Abb. 16: Organigramm Regionalmanagement Nordhessen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die Globalisierung hat zu einem Strukturwandel auf allen Ebenen des Wirt- schaftens geführt. Sinkende Transportkosten, ähnliche Standards und nicht zuletzt der Euro, der innerhalb der Eurozone die Preise transparent gestaltet, sorgen für eine zunehmende Vergleichbarkeit der Standorte und einem ent- sprechenden Wettbewerb um die Produktionsgüter. Auch Städte in entlegenen Regionen müssen sich diesen Herausforderungen stellen und begegnen.

Die Zeiten, in denen sich Städte auf die reine kommunale Verwaltung konzentrieren konnten, sind somit längst vorbei. Sie sind gezwungen, Unternehmen, die ihrerseits auf der Suche nach Produktionsvorteilen sind, einen attraktiven Investitionsstandort bieten zu können. Jedoch gerade durch die gesunkenen tarifären und nicht-tarifären Handelshemmnisse ist eine Positionierung nach den traditionellen Standortvorteilen immer schwieriger geworden. Daher besteht nun die Notwendigkeit, sich über die so genannten „weichen“ Standortfaktoren von den Wettbewerbern um Investitionen abzusetzen.

In Folge der Dienstleitungsorientierung der Gesellschaft werden Faktoren wie Lebensqualität, Freizeitwert oder Einkaufserlebnis immer wichtiger, um die Stadt als Anziehungsmagnet für Zielgruppen unterschiedlichster Art zu präsen- tieren. Gleichzeitig muss die Stadt einen attraktiven Wohnraum für die unter- schiedlichen Bevölkerungsgruppen darstellen. Denn nur wenn auch Leistungs- träger bereit sind, sich in der Kommune anzusiedeln, stehen sie für die Unter- nehmen als potentielle Arbeitskräfte zur Verfügung und tragen zur wirtschaftli- chen Entwicklung bei. Ferner profitiert die Stadt im Rahmen des kommunalen Finanzausgleiches kurzfristig von einem Zuzug und einer erhöhten Einwohner- zahl durch damit verbundene höhere Mittelzuweisung. Nicht zuletzt dieser di- rekte monetäre Einfluss auf die Haushaltskasse ist für die kommunalen Ent- scheidungsträger ein Anreiz zur Positionierung ihrer Stadt mit entsprechend positiver Außenwirkung.

In dieser Folge kommt es vermehrt zu einer Übertragung des unternehmeri-schen Marketings auf die kommunale Ebene.1 Die Marketinginstrumente werden im unternehmerischen Bereich schon seit Jahrzehnten praktiziert, so dass eine Kommune auf bewährte Techniken und Methoden zurückgreifen kann. War das Stadtmarketing noch vor 20 Jahren ein Nischenphänomen, dem lediglich ein temporärer Effekt zugeschrieben wurden, wird es heute als gängiges Mittel eingesetzt, die verschiedenen Zielgruppen zu erreichen.2

Diese Arbeit soll anhand des Stadtmarketings in der Stadt Kassel zeigen, wie Marketingmaßnahmen auf der kommunalen Ebene Anwendung finden. Um ein grundlegendes Verständnis für das Stadtmarketing zu schaffen, werden in Kapitel 2 zuerst die theoretischen Grundlagen aus dem klassischem Marketing erarbeitet. Der Marketingbegriff wird definiert und dessen Entwicklung aufge- zeigt. In diesem Zusammenhang werden der Marketingprozess und dessen Phasen ausführlich dargestellt.

Im dritten Kapitel erfolgt eine Übertragung dieser klassischen Instrumente auf die Bedürfnisse des Stadtmarketings. Einleitend erfolgen eine Definition und eine Erörterung zur Entwicklung in Deutschland mit anschließender Erläuterung der Phasen des Stadtmarketingprozesses. Das Kapitel endet mit der Ausarbeitung der Arten des Stadtmarketings.

In Kapitel 4 wird ein Blick auf die praktische Umsetzung des Stadtmarketings am Beispiel der Stadt Kassel und deren Akteuren geworfen. Zunächst wird ein kurzes Profil der Stadt erstellt und folgend die Institutionen im Kasseler Stadtmarketing hinsichtlich ihrer Funktion und Aufgaben veranschaulicht.

Den Abschluss dieser Arbeit bildet eine Auswertung über die Umsetzung des Stadtmarketings in Kassel mit einem Ausblick auf die mögliche weitere Entwick- lung.

2 Marketinggrundlagen

2.1 Die Definition des Marketings

Der Begriff Marketing hat im Laufe der Zeit unterschiedliche Entwicklungsphasen vollzogen und wurde von vielen Autoren geprägt, so dass eine allgemeingültige Definition kaum möglich ist. Ursprünglich stammt das Wort „Marketing“ aus dem englischen Sprachraum und bedeutet „auf den Markt bringen“. Veraltet steht das Wort für „Absatzmarkt“ bzw. „Absatzwirtschaft“ und wird noch heute in einzelnen Wörterbüchern auf diese einfache Art übersetzt.

In der wissenschaftlichen Diskussion ist dieser Begriff heutzutage weit gefä- chert und hat sich entsprechend der Umsetzungsstrategien in die Praxis sowie auch der Fragen aus der Praxis in die Wissenschaft in verschiedene Disziplinen gespalten.3 Versuche das Marketing einheitlich zu definieren, stoßen daher in der Wissenschaft immer wieder auf Ablehnung bestimmter Fachbereiche und einem Streit, welche Definition als „richtig“ zu verstehen ist. Dieser Umstand führt dazu, dass in der Praxis keine Einigkeit über eine Definition besteht und sich durchaus Missverständnisse ergeben können. Als unstrittig gilt indes, dass der langfristige Erfolg eines Unternehmens im Wesentlichen darauf beruht, die Markttrends und die Kundenwünsche richtig einzuschätzen und die Unterneh- mensstrategie danach zu orientieren.

Im Zuge dieser Arbeit wird im Wesentlichen der Definition von Heribert Meffert4 gefolgt, der Marketing „…als Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potenziellen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten…“5 bezeichnete.

2.2 Die Entwicklung des Marketingbegriffs

Bis zum Beginn der 60er Jahre galt Marketing in Deutschland als reine Absatz- politik und wurde dementsprechend so betitelt.6 Nur langsam setzte sich die „neue“ Begrifflichkeit „Marketing“ durch und sorgte für unterschiedliche Definiti-onen und Interpretationen. Im weiteren Zeitverlauf wurde der Marketingbegriff stetig erweitert und neben der klassischen Distribution um weitere Funktionen ergänzt.

Die folgende Abbildung 1 gibt einen kurzen Überblick über die Entwicklungsstufen mit den zu den einzelnen Zeitabschnitten zutreffenden Schwerpunkten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Entwicklungsstufen des Marketings7

Die erste Erweiterung erfolgte in den 60er Jahren im Rahmen der Wandlung von einem durch Gütermangel betriebenen Verkäufermarkt hin zu einem Käufermarkt. Das Marketing orientierte sich stärker am Verbraucher und die Analyse der Nachfragebedürfnisse wurde an den Start des Marketingprozesses gestellt.8 Um die eigenen primären Unternehmensziele zu erreichen, sollten die Bedürfnisse der Kunden erfüllt sein.9

In den 70ern entstand durch den Ausbau von Handelsgruppen (z.B. bei EDEKA durch Umstrukturierungen) eine Nachfragemacht des Handels.10 Dieses führte zum vertikalen Marketing, bei dem die Absatzkette ganzheitlich betrachtet wird.

In Folge dessen trat eine langfristige, strategische Betrachtung in den Vorder-grund der Bemühungen. Bis dahin galt strategische Unternehmensplanung noch als eigenständiger Teil des Managements.11 Diese Entwicklung vollzog sich bis in die 80er Jahre, welche auch durch das Auftreten aggressiver Konkur- renten gekennzeichnet waren. In Folge der Globalisierung sahen sich die Her- steller einem erweiterten Wettbewerb ausgesetzt, wobei die neuen Marktteil- nehmer durch niedrigere Lohnstrukturen teilweise einen deutlichen Kostenvor- teil aufwiesen. Die Unternehmen mussten daher ihre Marketingbemühungen an den veränderten internationalen Rahmenbedingungen ausrichten.

In den 90er Jahren erweiterte das Entstehen eines ökologischen Bewusstseins erneut die Anforderungen an ein erfolgreiches Marketing und eine Selbstpräsentation des Unternehmens wurde wichtiger. Weiterhin ist eine zunehmende Einzelkundenorientierung festzustellen, das sog. „one-to-one-Marketing“ als Teil des Beziehungsmarketings wurde entwickelt.12

Das jetzige Jahrzehnt steht im Zeichen der Ausweitung dieses Direktmarketings hin zu einem maßgeschneiderten Angebot und, seit das Internet als normales Instrument zur Kommunikation zwischen Kunden und Unternehmen genutzt wird, auch in der Weiterentwicklung als Online-Marketing.

2.3 Die Phasen des Marketingprozesses

2.3.1 Die Charakterisierung

Wurde Marketing früher nur operativ eingesetzt, in Form von Absatzpolitik, ist dies heutzutage wie dargestellt nicht mehr ausreichend. Es wird jetzt als Art der Unternehmensführung eingesetzt, d.h. alle Unternehmensbereiche haben sich an Kunden- bzw. Marktanforderungen zu orientieren.13 Charakterisiert wird dies an Hand eines so genannten Marketingprozesses, der Planung, Koordination und Kontrolle beinhaltet und als Leitfaden für das ganze Unternehmen gilt.

Die folgende Abbildung 2 stellt diesen Marketingprozess anschaulich dar und zeigt, dass alle Phasen aufeinander aufbauen und zum Abschluss eine Kontrollinstanz prüft, ob die in den vorgelagerten Bereichen aufgestellten Ziele erreicht wurden und eine Rückkopplung zu den einzelnen Bereichen vornimmt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Der Marketingprozess14

2.3.2 Die Situationsanalyse im Marketingprozess

In der Situationsanalyse wird der momentane Status des Unternehmens ermit- telt und die zu verwendenden Mittel festgelegt.15 Natürlich ist ein Vergleich mit der Konkurrenz nötig, um die eigene Situation am Markt zu beurteilen und e- ventuell eine Stärken/Schwächen-Analyse mit entsprechenden Entwicklungspo-tentialen durchzuführen. Bei der Datenerfassung ist eine sorgsame und voll-ständige Erhebung zwingend erforderlich, um die abgeleiteten Marketingziele (Phase 3) korrekt festzulegen und die benötigten Marketinginstrumente präzise einsetzen zu können. Die Marketingsituation ist in jedem Unternehmen unterschiedlich, da kein Produkt dem anderen ähnelt.

Die jeweilige Ausgangssituation hängt sowohl von internen als auch von exter- nen Faktoren ab. Zu den internen Einflüssen gehören unter anderem die Art und Funktion der anzubietenden Leistungen am Markt, die Kernkompetenzen des Unternehmens, das vorhandene bzw. das verfügbare Kapital, die Produkti- onskapazitäten sowie die Infrastruktur in der Distribution.16 Die externen Fakto- ren liegen außerhalb des Unternehmens und bilden sozusagen die Rahmenbe- dingungen für ein Agieren am Markt ab. Sie können nicht bzw. nur sehr schwer kurzfristig verändert werden und fließen eher als unveränderte Daten in die Planungen ein. Zu den Einflüssen zählen unter anderem die Bedarfsarten, die Branche und die dazugehörige Wachstumsrate, Zielgruppenstruktur und - verhalten, die Konkurrenzsituation und gesetzliche Richtlinien sowie ökologi- sche Parameter, die sich auf das Nachfrageverhalten und somit auch auf das eigene Angebot auswirken könnten.

Die Situationsanalyse enthält neben der reinen „Status quo“ - Beschreibung der jeweiligen Faktoren eine Prognose über deren zukünftige Entwicklung. Die Trends sind projizierbar und die Veränderungen der unternehmensrelevanten Faktoren können festgestellt werden.17 Bei der Trendanalyse stehen die Berei- che Nachfrage und Konkurrenz, die allgemeine Markt- sowie die eigene Ab- satzentwicklung im Vordergrund.18 Prognosen sind nicht immer sicher, aber sie können der Entscheidungsfindung dienen, um die Zukunftschancen aufzude- cken.

2.3.3 Die strategische Marketingplanung

Nach der Analysephase erfolgt die strategische Marketingplanung. An deren Beginn sind die eigenen Marketingziele festzulegen, welche klar zu definieren sind, um ein Erreichen genau zu kontrollieren. Durch den erweiterten Kreis der Stakeholder eines Unternehmens wie auch der erweiterten Aufgaben des Mar- ketings kann sich dies als recht schwierig erweisen. So haben Unternehmen heutzutage nicht nur ökonomische Ziele (Umsatz, Gewinn, Rendite etc.), son- dern auch soziale und/oder ökologische Ziele, die es zu erreichen gilt. Themen wie Imageverbesserung, Umweltschutz oder Kundenzufriedenheit können ge- nauso Marketingziele sein, die sich nicht unmittelbar auf die Ökonomie auswir- ken, aber mittelbar den Erfolg eines Unternehmens verbessern können.

Aus den festgelegten Zielen sind Marketingstrategien abzuleiten, also ein lang- fristiger Plan zur Erreichung der Marketingziele. Ein Unternehmen handelt nach seinen Strategien und durch die Marketinginstrumente werden diese mit Leben gefüllt.19 Festzulegen sind dabei die Märkte und Marktsegmente, die Marktbear- beitungsstrategie sowie die Programmgestaltung. In dieser Phase des strategi- schen Marketings wird somit das Konzept für das eigene unternehmerische Verhalten im Markt festgelegt, was die Basis für die weiteren Marketingaktivitä- ten bildet.20

2.3.4 Die operative Marketingplanung

Während die strategische Planung sich auf einen längeren Zeitraum (zwischen drei und zehn Jahre) bezieht, zielt die operative Planung auf einen kurzen Um- setzungshorizont, in der Regel ein Geschäftsjahr.21 Konkrete Maßnahmen sol- len die Ziele und Strategien mit Hilfe eines Marketing-Mixes umsetzen. Der klassische Marketing-Mix orientiert sich anhand der so genannten „4 P’s“ - product, price, placement und promotion - wie sie in Abbildung 3 dargestellt sind.

Eine exakte Trennung der Felder ist oftmals lediglich eine theoretische Ausei-nandersetzung und in der Praxis meist nur von terminologischer Art. Die Berei- che sind in der Praxis vielfältig miteinander verknüpft und die Maßnahmen zur Zielerreichung werden unterschiedlich gebündelt und treten quasi als Verbund- maßnahme auf.22 Beispielsweise orientieren sich die Preisentscheidungen häu- fig an den Produkt- und Programmentscheidungen oder sie sind beide mitein- ander verknüpft, so dass eine Trennung von Preis und Produkt nicht immer sinnvoll erscheinen kann.23 In der Theorie gibt es daher auch die Entwicklung einer 3-P-Systematik, die die Preispolitik der Produktgestaltung zuschreibt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Marketing-Mix24

Die Produktpolitik enthält alle Entscheidungen, die sich auf die marktfähige Struktur der Leistungen eines Unternehmens beziehen. Das zentrale Ziel ist es ein Angebotsprogramm zu gestalten, das für den Nachfrager einen Nutzenvorteil generiert.25 Denn nur wer seine Produkte an den Bedürfnissen der Nachfrager ausrichtet, weist dauerhaft einen Wettbewerbsvorteil auf und kann sich erfolgreich am Markt behaupten.26

Zur Preispolitik gehören alle vertraglich fixierten Vereinbarungen über das Entgelt des Leistungsangebots.27 Die Unternehmen müssen auf Grund des gestiegenen Globalisierungsdrucks und der sehr kostengünstigen Produktion in vormals entlegenen Teilen der Welt immer häufiger die Preispolitik als Wettbewerbsinstrument einsetzen.28 Konditionen wie Rabatte und darüber hinausgehende Lieferungs-, Zahlungs- und Kreditierungsbedingungen sind ebenso Teil der Preispolitik wie die Preisdurchsetzung am Markt.

Die Distributionspolitik (Placement) umfasst grundsätzlich alle Aktivitäten, die sich mit der Güterübertragung beschäftigen.29 Ursprünglich beinhaltete dies die bloße Überbrückung von Raum und Zeit, inzwischen sind alle Entscheidungen, die im Zusammenhang mit Serviceleistungen und dem Gütertransport anstehen hinzugekommen.30 Dazu gehören also alle Prozesse, die zwischen Verlassen des Unternehmensgeländes bis zum Erreichen beim Kunden passieren bzw. passieren könnten. Eine erfolgreiche Distributionspolitik muss alle Probleme lösen, die auf diesem Weg auftreten, seien sie wirtschaftlicher, juristischer, kommunikativer und natürlich vor allem logistischer Art.

Eine weitere Hauptaufgabe des Placement besteht in der Schaffung, der Auswahl und der Nutzung von verschiedenen Absatzkanälen, so dass der potentielle Kunde auf unterschiedliche Art und Weise mit den Produkten konfrontiert wird.31 Weiterhin ist zu überlegen, ob man den Direktvertrieb wählt oder sogenannte Absatzmittler dazwischenschaltet.32

Die Kommunikationspolitik (Promotion) steht in Folge der heutigen Überflu- tung der Konsumenten mit Informationen (z.B. Werbung im Privatfernsehen, Werbebanner im Internet, Anzeigen und Kataloge) vor der besonderen Aufga- be, dass die „Unternehmensinformationen“ auch bei der Zielgruppe ankommen und entsprechende Reaktionen auslösen.33 Die Kommunikationsziele leiten sich hierbei aus den allgemeinen Marketingzielen ab, welche sich allerdings nicht nachweislich auf monetäre Größen auswirken. Es eignen sich eher psychogra-fische34 Ziele wie Bekanntheitsgrad, Image, Kundenzufriedenheit und Erinne- rungswert, z.B. ein Slogan, der mit Unternehmen in Verbindung gebracht wird.

Auf Grund des allgemeinen Trends zur Tertiärisierung von entwickelten Volks- wirtschaften nimmt deren Bedeutung auch in der Wissenschaft zu.35 Speziell für den Marketingbereich entstanden hierdurch neue Aufgaben und Betrachtungs- weisen. Der ursprüngliche viergliederige Marketing-Mix basierte vor allem auf den klassischen Konsumgüterbereich (teilweise kam es hier allerdings zu einer Weiterentwicklung mittels PR und Power auf 6 P´s)36 und konnte den neuen Anforderungen nur bedingt genügen. So ist der Dienstleistungssektor insbe- sondere durch den Umstand der Immaterialität gekennzeichnet, da Leistungen nicht lager- und transportfähig sind. Ferner erfolgt teilweise auch kein eigenes Güterangebot, sondern lediglich die Leistungsfähigkeit von anderen Herstellern wird gewährleistet.37

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Veränderung der Bruttowertschöpfung im dienstleistenden und produzierenden Sektor38

Ebenfalls durchdringt die Tertiärisierung zunehmend den sekundären Sektor, so dass die Leistungen nicht nur von reinen Dienstleistungsunternehmen angebo-ten werden39, sondern ebenso von Unternehmen aus dem sekundären Sektor40 und nicht zuletzt durch die sehr starke Entwicklung des ökologischen Bewusstseins der letzten Jahre in gleicher Weise aus dem primären Sektor.41

Das erweiterte Anspruchsniveau an die Marketingaktivitäten resultierte in der Erweiterung von den bisherigen 4 P’s des klassischen Marketing-Mixes auf die 7 P´s des Dienstleistungsmarketings, die in Abbildung 5 dargestellt sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Marketing-Mix im Dienstleistungsmarketing42

Die Personalpolitik fokussiert sich auf die gezielte Schulung der Mitarbeiter mit direktem Kundenkontakt.43 Denn je leistungsfähiger und leistungsbereiter sich die Mitarbeiter nach außen hin präsentieren, umso besser ist das Unternehmen in seiner Außenwirkung und die Kundenzufriedenheit wächst.44 Es ist daher im Wesentlichen darauf zu achten, die richtigen Charaktere für die entsprechenden Aufgaben auszuwählen und diese durch Schulungen und Fortbildungen auf ihre Tätigkeit vorzubereiten. Nicht zuletzt zahlt sich eine hohe Motivation der Mitar- beiter als Aushängeschild des Unternehmens in einer hohen Kundenzufrieden-heit aus.45 Im Falle von sehr stark personenbezogenen Dienstleistungen spricht man hierbei auch vom People - Faktor.46

Das Prozessmanagement (Process Management) wird zusätzlich zum Instru- ment der Produktpolitik eingeführt. In diesem Bereich steht die Produktgestal- tung hinsichtlich der Organisation und Ausführung von Handlungen in dem Vordergrund.47 Alle Leistungen, die von Kundenanforderung der Dienstleistung bis „Auslieferung“ in Form der Erfüllung der Dienstleistung erfolgen, werden als ganzheitlicher Prozess gesehen und die unternehmensinternen Abläufe hierauf ausgerichtet.48 Diese sind den individuellen Kundenanforderungen anzupassen und entsprechend zu optimieren.

Die Ausstattungspolitik (Physical Facilities)49 umfasst die materiellen Elemente der Unternehmenskultur50, die unmittelbar vom Kunden festgestellt werden und das Image beeinflussen können. Aufgrund der Immaterialität ist die Wahrnehmung der Qualität der Dienstleistung subjektiv - da der Kunde kein Produkt direkt prüfen kann, überträgt er seine Qualitätsvorstellungen einzig und allein auf die Serviceumgebung.51 Dazu rechnet man unter anderem die Einrichtung von kundenzugänglichen Räumlichkeiten, den Aufbau der Internetpräsenz oder die Corporate Identity. Auch Maßnahmen wie das Unternehmenslogo, die Gestaltung der Kommunikationsmittel oder die Bekleidung und das Erscheinungsbild der Mitarbeiter fließen in das Gesamtbild ein.52

Zusammenfassend ist das Dienstleistungsmarketing als sehr kundenindividuell zu bezeichnen, aufgrund der Immaterialität und mangelnden Prüfmöglichkeiten ergeben sich allerdings Beweis- und Akzeptanzprobleme.53

2.3.5 Realisation und Rückkopplung

Nach der Marketingplanung erfolgt als nächste Phase die Realisation in Form der Marketing-Implementierung. Hier sollen die Strategien in Maßnahmen umgesetzt werden, was sich in der Praxis sehr häufig schwieriger darstellt als in der Theorie vorgesehen. Werden die Marktsignale bei der Implementierung nicht erkannt beziehungsweise eventuell veränderte Rahmenbedingungen nicht berücksichtigt, sind Misserfolg des Marketingprozesses und damit der gesamten Unternehmung zu befürchten.54

Eine Studie von Kaplan / Norton (2001) hat belegt, dass die richtige Implemen- tierung einer guten Strategie sogar zu einem höheren Unternehmenserfolg führen kann als die Entwicklung einer sehr guten Strategie mit nur mäßiger Umsetzung.55 Nur die erfolgreiche Realisierung einer hochwertigen Strategie führt zu einem Unternehmenserfolg, während alle anderen Möglichkeiten im besten Fall den Erfolg des Unternehmens nicht gefährden, wie Abbildung 6 zeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Ursachen für das Scheitern von Marketingstrategien56

Die Implementierung ist als ein Gesamtprozess zu verstehen, bei dem die ge- wählte Marketingstrategie in handlungsfähige Aufgaben umgewandelt wird, so dass die zum Anfang des Marketingprozesses erfassten Ziele verwirklicht wer- den können.57

Der Abschluss des Marketingprozesses ist die Überprüfung der gesamten vorher abgelaufenen Phase auf Wirksamkeit und Effizienz. Dieses erfolgt durch das Marketing-Controlling, das die Markt- und Effizienzorientierung der Teilgebiete Marketing und Controlling vereint.58

Insbesondere durch den starken Anstieg der Marketingaufwendungen in den vergangenen Jahren unterliegt die Marketingabteilung einer verstärkten Rechtfertigungspflicht der Kosten.59 Effektiv ist eine Marketingaktion nur dann, wenn die ausgegeben Ziele erreicht werden und effizient, wenn sie wirtschaftlich vertretbar erreicht werden. Diese Ergebnisse können mit standardmäßigen Kennzahlensystemen überwacht werden (Wirksamkeitsgrad der Zielerreichung, Wirtschaftlichkeitsgrad zur Effizienzermittlung).

Planung und Controlling sind nicht nur voneinander abhängig, sie bedingen einander. Nur eine strukturierte Planung eines Projektes mit entsprechenden Zielvorgaben kann im Anschluss einer Prüfung unterzogen werden. Und nur detailliert geplante Prozesse können auf Effizienz und Zielerreichung untersucht werden, so dass Verbesserungsvorschlage für künftige Marketingaktivitäten herausgearbeitet werden können.60 Darüber hinaus hat das Marketing- Controlling nicht nur eine Kontrollfunktion, sondern es unterstützt alle Marke- tingprozesse von der Planung bis zur Umsetzung.61 Dazu identifiziert es alle benötigten internen Informationen (etwa aus dem Rechnungswesen), bedient sich auch externer Informationen (bspw. aus der Marktforschung) und stellt diese bereit, um die Effektivität und Effizienz zu sichern.62

Das Marketing-Controlling hat in den vergangenen Jahren erheblich an Stel- lenwert gewonnen, sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis.63

[...]


1 Vgl. Koch (2006), S. 13.

2 Vgl. Schückhaus et al. (1993), S. 91.

3 Vgl. hierzu und im Folgenden Link et al. (2000), S. 6.

4 Er befasste sich als einer der ersten Professoren mit dem Thema Marketing und lehrte am Marketing Centrum der Universität Münster (MCM).

5 Meffert et al. (2008), S. 11.

6 Vgl. hierzu und im Folgenden Meffert et al. (2008), S. 7ff.

7 Meffert et al. (2008), S. 8.

8 Vgl. Meffert et al. (2008), S. 9.

9 Vgl. Meffert et al. (2008), S. 10.

10 Vgl. Link et al. (2000), S. 8f.

11 Vgl. Meffert et al. (2008), S. 8.

12 Link weicht hier von Meffert ab, vgl. hierzu und im Folgenden Link et al. (2000), S. 7f.

13 Vgl. Koch (2006), S. 20.

14 Meffert et al. (2008), S. 20.

15 Vgl. hierzu und im Folgenden Koch (2006), S. 22.

16 Vgl. hierzu und im Folgenden Meffert et al. (2008), S. 231.

17 Vgl. Koch (2006), S. 23.

18 Vgl. hierzu und im Folgenden Meffert et al. (2008), S. 21.

19 Vgl. hierzu und im Folgenden Meffert et al. (2008), S. 21.

20 Vgl. hierzu und im Folgenden Koch (2006), S. 23.

21 Vgl. Kuß et. al. (2007), S. 215.

22 Vgl. Scheuch (2002), S. 29.

23 Vgl. hierzu und im Folgenden Becker (2002), S. 487f.

24 Dipl.-Betriebswirt (FH) Thomas Detzel: http://www.finanzen-im-plus.de (2009).

25 Vgl. Meffert et al. (2008), S. 400.

26 Vgl. Meffert et al. (2008), S. 401.

27 Vgl. Meffert et al. (2008), S. 478.

28 Vgl. Link et al. (2000), S. 268.

29 Vgl. Specht (1998), S. 4.

30 Vgl. hierzu und im Folgenden Link et al. (2000), S. 293.

31 Vgl. Link et al. (2000), S. 293.

32 Vgl. Meffert et al. (2008), S. 560.

33 Vgl. Scheuch (2002), S. 259.

10

34 D.h. vorökonomische Ziele, vgl. Kroeber-Riel (1993), S. 31.

35 Vgl. hierzu und im Folgenden Meffert et al. (2008), S. 28.

36 Vgl. Kotler / Bliemel (2007).

37 Vgl. Meffert et al. (2008), S. 29.

38 Meffert / Bruhn (2006), S. 13 in Anlehnung an Esteban et al. (2002).

39 Die klassischen Beispiele hierfür sind Hotels, Banken, Reiseveranstalter oder Versicherun- gen.

40 So bieten zum Beispiel zahlreiche Hersteller auch Finanzierungsmöglichkeiten an. So galt Daimler etwa lange Zeit als Bank mit angeschlossener Autoproduktion bzw. Siemens als Bank mit Elektroabteilung.

41 Etwa durch die Ferien auf dem Bauernhof und dem Direktvertrieb der Erzeugnisse.

42 ILTIS GmbH (2009): Marketing-Mix: Die 7 P's (operative Marketingplanung).

43 Vgl. hierzu und im Folgenden Scheuch (2002), S. 40f.

44 Vgl. Rothlauf (2003), S. 175.

45 Vgl. Kotler / Bliemel (2007), S. 571.

46 People (Dienstleistungspersonal), vgl. Meffert et al. (2008), S. 22.

47 Vgl. hierzu und im Folgenden Scheuch (2002), S. 41.

48 Vgl. hierzu und im Folgenden Ambühl (2007), S. 2.

49 Scheuch spricht hier von „Physical Evidence“, vgl. Scheuch (2002), S. 41.

50 Vgl. Meffert / Bruhn (2007), S. 707.

51 Vgl. hierzu und im Folgenden Ambühl (2007), S. 2.

52 Vgl. Meffert / Bruhn (2007), S. 707.

53 Vgl. Becker (2002), S. 710.

54 Vgl. Kuß et al. (2007), S. 277.

55 Vgl. Kaplan / Norton (2001), S. 3.

56 Meffert et al. (2008), S. 735.

57 Vgl. Kotler / Bliemel (2007), S. 1157.

58 Vgl. Link et al. (2000), S. 13.

59 Vgl. hierzu und im Folgenden Meffert et al. (2008), S. 795f.

60 Vgl. hierzu und im Folgenden Weber / Schäffer (2006), S. 56f.

61 Vgl. Meffert et al. (2008), S. 796.

62 Vgl. Weber / Schäffer (2006), S. 45ff u. Reinecke / Janz (2007), S. 47.

63 Vgl. hierzu und im Folgenden Kuß (2006), S. 292f.

Ende der Leseprobe aus 71 Seiten

Details

Titel
Stadtmarketing. Übertragung des Marketingprozesses auf die kommunale Ebene
Hochschule
Universität Kassel  (Kommunale Finanzen)
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
71
Katalognummer
V310813
ISBN (eBook)
9783668102583
ISBN (Buch)
9783668102590
Dateigröße
1419 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stadtmarketing, Nordhessen, Kassel, Regionalmarketing, Marketing, Marketing-Mix
Arbeit zitieren
Marcell Neu (Autor:in), 2009, Stadtmarketing. Übertragung des Marketingprozesses auf die kommunale Ebene, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310813

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