Pflegeplanung. Grundlagen und Theorie für Auszubildende in der Altenpflege


Livre Spécialisé, 2015

132 Pages


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einführung und Ziel der Publikation

2 Pflegeprozess

3 Informationssammlung
3.1 Informationssammlung alsAssessment
3.1.1 Datensammlung
3.1.2 Datenorganisation
3.1.3 Datenkategorisierung
3.1.4 Musterbildung/Clusterbildung
3.1.5 Datenbewertung und Datendokumentation
3.2 Assessment-Typen
3.3 Informationssammlung und Informationsauswertung im Clinical Reasoning
3.3.1 Pre-Assessment Image
3.3.2 CueAcquisition
3.3.3 HypothesisGeneration
3.3.4 Cue Interpretation
3.3.5 Hypothesis Evaluation
3.3.6 Diagnosis
3.4 FörderlicheInstrumenteim Informationsgewinnungsprozess
3.4.1 Pattern Recognition
3.4.2 Illness-Script
3.4.3 Die 4 C des Clinical Reasoning
3.4.4 Die 6 L des Clinical Reasoning
3.4.5 CR-Web

4 Erkennen von Problemen und Ressourcen
4.1 Problembeschreibung
4.2 Problembeurteilung
4.3 Problemlösung
4.4 Ressourcen, Kompetenzen und Performanzen

5. Festlegung der Ziele
5.1 Zielvereinbarungen
5.2 Vorteil der Zielvereinbarung versus einer Zielvorgabe
5.3 Begriffsdefinition Ziel
5.4 Akzeptanz im Zielvereinbarungsprozess
5.5 Zielbeziehungen
5.6 Positive Auswirkungen einer Zielvereinbarung
5.6.1 Positive Auswirkungen auf die Motivation
5.6.2 Positive Auswirkungen auf die Sicherheit
5.6.3 Positive Auswirkungen auf allgemeine Aspekte
5.6.4 Chancen für Pflegekraft und Pflegeeinrichtung
5.7 Zielarten
5.7.1 Quantitative versus qualitative Ziele
5.7.2 Ziele in Abhängigkeit von Freiheitsgraden und Anforderungskomplexität
5.7.3 Ziele in Abhängigkeit vom Planungshorizont
5.7.4 Ziele in Abhängigkeit vom Abstraktionsniveau
5.7.5 Ziele in Abhängigkeit von derVerhaltensdimension
5.7.6 Ziele in Abhängigkeit von Kompetenz
5.7.7 Ziele in Abhängigkeit von der Nähe der Erreichbarkeit
5.7.8 Ziele in Abhängigkeit vom Zielbereich
5.7.9 Ziele in Abhängigkeit von der Personenanzahl
5.7.10 Ziele in Abhängigkeit von festgestelltem Mangel
5.7.11 Ziele in Abhängigkeit vom Status quo
5.7.12 Ziele in Abhängigkeit von Integration versus Autonomie
5.8 Wirkung der Ziele
5.9 Gütekriterien und Anforderungen
5.9.1 Zielformulierung SMART
5.9.2 Zielkriterien im 3-V-Modell
5.10 Messung des Zielerreichungsgrades
5.10.1 Prozentuale Messung
5.10.2 Skalierte Messung
5.10.3 Goal Attainment Scaling (GAS)
5.11 Fehler bei Zielvereinbarungen
5.11.1 Zielsetzung statt Zielvereinbarung
5.11.2 Verwechslung von Ziel und Indikatoren
5.11.3 Ziele ohne Zukunftsentwurf
5.11.4 Ziele ohne sinnvolle Begründung
5.11.5 Opferung sinnvoller Ziele für Messbarkeit
5.11.6 Fehlende Anknüpfung
5.11.7 Kumulierte Sicherheitspuffer
5.11.8 Bestehende Zielkonflikte
5.11.9 Zu lange Zielzeiträume
5.11.10 Geringschätzung konstruktiver Atmosphäre

6 Planung der Maßnahmen

7 Durchführung der Maßnahmen

8 Beurteilung der durchgeführten Pflege

9 Nutzung gerichteten Denkens zur Pflegeplanung
9.1 Denkweise versus Denkstrategie
9.2 Gerichtetheit des Denkens
9.3 Methoden und Formen des gerichteten Denkens
9.3.1 Divergentes und konvergentes Denken
9.3.2 Analytisches und synthetisches Denken
9.3.3 Induktives und deduktives Denken
9.3.4 Deskriptives und normatives Denken
9.3.5 Kritisches Denken
9.3.5.1 Faktoren des kritischen Denkens
9.3.5.2 Kognitive Fähigkeiten
9.3.5.3 T.H.I.N.K.-Modell
9.3.6 Kreative Denkformen
9.3.6.1 Laterales und lineares Denken
9.3.6.2 Paradoxes Denken
9.3.6.3 Lautes Denken
9.3.6.4 Systemisches Denken
9.4 Denkstrategien nach Pesut & Herman
9.5 Denkstrategien nach De Bono
9.5.1 Six Thinking Frames
9.5.2 Six Thinking Hats
9.6 Einflussfaktorenauf dasDenken

10 Fallbeispiel

11 Falldarstellung imICF-Schema

12 Pflegeplanung unterVerwendung des Modells der fördernden Prozesspflege
12.1 Vorstellung desAEDL-Strukturmodells
12.2 Einbindung vonPflegediagnosen
12.2.1 Arten von Pflegediagnosen nach NANDA
12.2.2 PESR-Schema

13 Pflegeplanung fürFrau M
13.1 BeispielausdemBereichNahrungsaufnahme
13.2 Beispiel aus dem Bereich Körperpflege / Waschen
13.3 BeispielausdemBereich Anziehen / Ausziehen / Kleiden

13.4 Zusammenschau zum Beispiel

14 Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

Anhang 1: AEDL-Strukturmodell

Anhang 2: Stoffsammlung Denkbegriffe

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Pflegeprozessnach Verena Fiechter und Martha Meier (Kolb 2012:5)

Abb. 2: Pflegeprozess als evolutionäre Helix (Kolb 2012:5)

Abb. 3: Gewinnung biographischer Daten (Tafelanschrift. Entstanden im Unterricht) (Eigene Darstellung, Jan. 2012)

Abb. 4: Logik der Diagnose (Kolb 2012:135)

Abb. 5: Logik der Beziehung und Verknüpfung zwischen konkurrierenden Pflegediagnosen und dem Endergebnis (Kolb 2012:136)

Abb. 6: Logik der Pflegemaßnahmen (Kolb 2012:136)

Abb. 7: Logik der Muster und Beziehungen (Kolb 2012:137)

Abb. 8: Logik der pflegerischen Entscheidung (Kolb 2012:137)

Abb. 9: Logik der Selbstbeobachtung (Kolb 2012:137)

Abb. 10: Kompetenzen und Performanzen (Eigene Darstellung)

Abb. 11: Das 3-V-Modfell der Kriterien guter Ziele (Kolb 2014b:33 in Anlehnung an Paschen & Dihsmaier2011:121)

Abb. 12: Pflegeplanung: Ausgehend von der Informationssammlung wird der Pflege­prozess initiiert und durch die Evaluation geschlossen (Eigene Darstellung / Tafelanschrift im Unterricht entstanden)

Abb. 13: Aufbau einer Pflegeplanung Zusammenhang von Problemen und Ressourcen (Eigene Darstellung / Tafelanschrift im Unterricht entstanden)

Abb. 14: Problemzergliederung Manche Probleme müssen aufgrund ihrer Komplexität zer­gliedert werden um sie zu lösen. (Kolb 2012:83)

Abb. 15: Divergentes und konvergentes Denken (Kolb 2012:84, leichte Modifikation)

Abb. 16: Analytisches Denken (Kolb 2012:84)

Abb. 17: Synthetisches Denken (Kolb 2012:84)

Abb. 18: Induktives und deduktives Denken (Kolb 2012:85)

Abb. 19: Induktives Denken im Pflegeprozess (Kolb 2014c:30-32)

Abb. 20: Über deduktives Wissen zu neuen Erkenntnissen (Kolb 2014c:36-39)

Abb. 21: Lineares Denken und laterales Denken (Kolb 2012:92)

Abb. 22: The Triangle Frame (Kolb 2012:98)

Abb. 23: Brows and scan in the Triangle Frame (Kolb 2012:99)

Abb. 24: The Circle Frame (Kolb 2012:100)

Abb. 25: The Square Frame (Kolb 2012:100)

Abb. 26: The Heart Frame (Kolb 2012:101)

Abb. 27: The Diamond Frame (Kolb 2012:101)

Abb. 28: The Slab Frame (Kolb 2012:102)

Abb. 29: Six Thinking Hats (Kolb 2014c:21)

Abb. 30: The White Hat (Kolb 2012:103)

Abb. 31: The Red Hat (Kolb 2012:103)

Abb. 32: The Black Hat (Kolb 2012:104)

Abb. 33: The Yellow Hat (Kolb 2012:104)

Abb. 34: The Green Hat (Kolb 2012:104)

Abb. 35: The Blue Hat (Kolb 2012:104)

Abb. 36: Einsatz der 6 Denkhüte im Pflegeprozess (Kolb 2014c:77)

Abb. 37: Aufbau der ICF (Eigene Darstellung)

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Arten von Zielen in Abhängigkeit von den Freiheitsgraden (Kolb 2014b:17 in Anlehnung an Hacker & Sachse 2014:124)

Tab. 2: Arten von Zielen in Abhängigkeit vom Planungshorizont (Kolb 2014b:19 in Anlehnung an Küpper 1995; Egger & Winterheller 2007)

Tab. 3: Arten von Zielen in Abhängigkeit vom Abstraktionsniveau (Kolb 2014b:20 in Anlehnung an Neubert 2011 )

Tab. 4: Alternative Bezeichnungen des SMART-Akronyms (Kolb 2014b:32 in Anlehnung an Morrison 2010:1 und Wikipedia 2014:1)

Tab. 5: Beispiel zur Zielerreichungsskala (Kolb 2014b:39)

Tab. 6: Arten von Pflegediagnosen (Angelehnt und modifiziert an Lauber2012:231; Tab. 7.2)

Tab. 7: PESR-Format (Angelehnt und modifiziert an MDS 2005:21; Abb. 3)

1 Einführung und Ziel der Publikation

Im Rahmen der Ausbildungen innerhalb der Altenpflege, also der Ausbildung zum / zur Staatl. anerk. Altenpfleger / in bzw. zum / zur Pflegefachhelfer / in ist es immer wieder Aufgabe, Pflegeplanungen zu erstellen. Hierbei entstehen bei den Schüler­innen und Schülern oft Unsicherheiten aufgrund unterschiedlicher Lehrmeinungen ebenso, wie der Diskrepanz zwischen Schule und Einrichtung. Diese Publikation versucht das Phänomen „Pflegeplanung“ zu beleuchten, zu klären und einige Grund­lagen und dahinterstehende Theorien aufzugreifen.

2 Pflegeprozess

Unter einem Prozess versteht man einen Satz von in Wechselbeziehung stehenden Mitteln und Tätigkeiten, die Eingaben in Ergebnisse umgestalten (DIN EN ISO 9000:2005) beziehungsweise die Gesamtheit von in Wechselbeziehungen stehenden Abläufen, Vorgängen und Tätigkeiten, durch welche Werkstoffe, Energien oder Informationen transportiert oder umgeformt werden. (DGQ 2009)

Seit 1974 verwendet auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Begriff „Prozess“ (WHO 1987) zur Festschreibung des Pflegeprozesses als Bestandteil der pflegerischen Arbeit. (MDS 2005) Der Pflegeprozess besteht dabei auf logisch aufeinander folgenden, sich wechselseitig beeinflussenden Phasen. „Seinen Ursprung hat der Pflegeprozess in der Systemtheorie der Kybernetik und der Entscheidungstheorie. In Deutschland gilt der Pflegeprozess als anerkannte fachliche Methode zur systematischen Beschreibung der professionellen Pflege“ (MDS 2005:10)

Erste Veröffentlichungen zum Pflegeprozess gehen auf Helen Yura und Mary Walsh 1967 zurück, die ein 4-schrittiges Pflegeprozessmodell, bestehend aus Assessment, Planung, Intervention und Evaluation vorstellten. (MDS 2005:11)

Das, von den beiden Schweizerinnen Verena Fiechter und Martha Meier (1998) konzipierte 6-schrittige Modell zum Pflegeprozess gilt heute in der Altenpflege innerhalb der Bundesrepublik Deutschland als das gängigste.

Es besteht dabei aus folgenden Phasen:

- Informationssammlung
- Erkennen von Problemen und Ressourcen
- Festlegung derZiele
- Planung der Maßnahmen
- Durchführung der Maßnahmen
- Beurteilung der durchgeführten Pflege

Die folgende Abbildung verdeutlicht nochmals die Abfolge der einzelnen Prozess­Schritte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Pflegeprozess nach Verena Fiechter und Martha Meier

(Kolb 2012:5)

Die gängige Beschreibung des Pflegeprozessmodells nach Fiechter und Meier ist ein deterministischer Zyklus. Bei genauerer Betrachtung erkennt man, dass sich dieser Prozess durch die Zeit fortbewegt und immer zu neuen, umfangreicheren Erkenntnissen führt. Er ist folglich ähnlich dem Clinical-Reasoning-Prozess als Spirale (Helix) aufgebaut. Daher soll für die weiteren Betrachtungen diese Metapher einer evolutionären Helix verwendet werden. (Kolb 2012:5)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Pflegeprozess als evolutionäre Helix

(Kolb 2012:5)

3 Informationssammlung

Die Informationssammlung dient dazu, sich zunächst ein umfassendes Bild über den Pflegebedürftigen zu verschaffen. Neben den Grunddaten wie Name, Geburtsdatum und -ort oder Bezugsperson sollen die Probleme, Ressourcen (bestehend aus Kompetenzen und Performanzen) als auch Gewohnheiten, Vorlieben und biographischen Daten (noopsychische Biographie ebenso wie thymopsychische Lebensbeschreibungen) festgestellt werden. Hierzu dienen Instrumente der Anamnese (Eigen- und Fremdanamnese sowie eigene Beobachtungen und Interviews), Screening- und Assessmentverfahren als auch medizinische Diagnosen. Ziel der Informationssammlung ist schließlich das Erkennen und Beschreiben der Probleme und Ressourcen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Gewinnung biographischer Daten

(Tafelanschrift. Entstanden im Unterricht)

(Eigene Darstellung)

3.1 Informationssammlung als Assessment

Der Prozess der Informationssammlung wird in Daniel (2004) beschrieben, wobei die Informationssammlung als Assessment aufgefasst wird und die folgenden Punkte inkludiert:

- Datensammlung (aus unterschiedlichen Quellen)
- Datenorganisation
- Datenkategorisierung
- Musterbildung / Clusterbildung
- Datenbewertung und Datendokumentation

(Grendell in Daniel 2004)

3.1.1 Datensammlung

Die benötigten Daten der Pflegebedürftigen können aus unterschiedlichen Quellen gesammelt werden.

Prinzipiell lassen sich folgende Arten unterscheiden:

- Subjektive Daten

Subjektive Daten sind Aussagen des Patienten aus dessen eigener Sicht

- Objektive Daten

Objektive Daten sind beobachtbar, messbar und quantifizierbar.

Als Datenquellen dienen der Pflegekraft neben der Eigenanamnese (Auskünfte und Befragungen des Pflegebedürftigen), Fremdanamnese (Auskünfte und Befragungen Dritter, beispielsweise Angehörige, Freunde, Bekannte, behandelnde Ärzte sowie Therapeuten) auch die eigene Beobachtung (Eigene Wahrnehmungen, eigene Messungen z. B. des Gewichts, BZ-Wertes, RR-Wertes). (Kolb 2012:19)

3.1.2 Datenorganisation

Im nächsten Schritt kann es notwendig sein Daten zu organisieren. Daten sind meist zunächst einmal Zahlen. Diese werden erst durch eine gewisse Zusammenschau - vor allem aber durch die Verknüpfung mit Einheiten - zu Informationen. Zur Datenor­ganisation können auch Mindmaps oder Concept-Maps verwendet werden. Neuere Erkenntnisse zeigen, dass Pflegekräfte die Organisation der gewonnenen Daten zum Teil auf metakognitiven Wege tun und unter anderem mit steigender Expertise auch Intuition einsetzen. (Kolb 2014a)

3.1.3 Datenkategorisierung

Sind aus den Daten Informationen generiert, so können Kategorien gebildet werden. Die Pflegekraft geht dabei, bewusst oder unbewusst, schriftlich oder auch nur mental analog einem Statistiker vor, bildet Kategorien und kann so die gewonnenen Daten (Informationen) zunächst ordnen und gegebenenfalls zuordnen. (Kolb 2012:20)

3.1.4 Musterbildung I Clusterbildung

Bereits jetzt kann eine erfahrene Pflegekraft (Experte) im Rahmen der Muster­erkennung (Pattern Rekognition) erste Anhaltspunkte für das weitere Vorgehen im Prozess der Informationssammlung gewinnen. (Kolb 2012:20)

Vorteilhaft, so Grendell (2004) ist es, gewonnene Daten zu Clustern zusammen zu fügen, denn hierdurch wird der Pflegekraft ermöglicht:

- Relevante und unrelevante Daten zu differenzieren
- Fehlende Daten (Datagaps) zu bestimmen
- Muster zu identifizieren (Pattern Rekognition)

(Grendell in Daniel 2004)

3.1.5 Datenbewertung und Datendokumentation

Zum Abschluss des Assessments zur Informationsgewinnung müssen alle not­wendigen gesammelten Daten und Informationen dokumentiert und letztlich evaluiert werden. (Kolb 2012:20)

Diese Auswertung kann auf unterschiedlicher Art und Weise geschehen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Narrative Auswertung (Narrativ Charting):

Bei der narrativen Auswertung werden alle Daten, Aussagen, Informationen als Fließtext chronologisch niedergeschrieben. Der Vorteil besteht darin, dass diese Methode relativ einfach ist. Angewandt wird dies in der Verlaufsdokumentation des Pflegeberichtes. Nachteilig ist anzusehen, dass eine Verknüpfung zwischen Daten und Ergebnissen schlecht herstellbar ist, jede Pflegekraft ihren eigenen Schreib­stil hat und ihren Bericht somit unterschiedliche Gewichtungen verleiht. Die Methode ist aufgrund des elaborierten Stils sowohl beim Verfassen, als auch beim Lesen zeitaufwendig, was dazu führt, dass die Informationen schwer einzeln wieder entnehmbar sind sondern vielmehr der gesamte Text gelesen werden muss. (Kolb 2012:21)

Ursachenorientierte Auswertung (Source-oriented Charting):

Hier werden die Ursachen und die jeweiligen Pflegestrategien getrennt voneinander, aber im Fließtext (narrativ) aufgeschrieben. Der Überblick verbessert sich dadurch, jedoch bleiben weitgehend die gleichen Probleme wie bei der narrativen Auswertung bestehen. (Kolb 2012:21)

Problemorientierte Auswertung (Problem-oriented Charting):

Die Variante der problemorientierten Auswertung wurde erstmals von Lawrence Weed 1969 (Case Western Reserve University) vorgeschlagen und im US- amerikanischen Raum eingeführt. (Grendell in Daniel 2004) Die problemorientierte Auswertung, auch „problem-oriented report“ (POR) folgt dem SOAP-Schema und legt den Schwerpunkt aufdie Probleme des Pflegebedürftigen. (Kolb 2012:21)

SOAP steht dabei für:

S: Subjektive Daten

(Angaben des Pflegebedürftigen oder dessen Angehörigen)

O: Objektive Daten

(Beobachtungen, Messungen, Untersuchungen)

A: Assessment

(Schlussfolgerung aufgrund der Datenlage)

P: Planung

(Ergriffene / geplante Pflegemaßnahmen und Interventionen)

(Kolb 2012:21)

PIE-Auswertung (PIE-Charting)

Während das SOAP-Schema anfangs ein eher medizinisches Strukturschema war, wurde 1984 am Craven Regional Medical Center mit der PIE-Auswertungsmethode ein pflegerisches Strukturschema geschaffen. (Grendell in Daniel 2004)

PIE ist ein Akronym für Problem (P), Intervention (I) und Evaluation (E) pflegerischer Maßnahmen. Jedes Problem (P) wird aufgelistet und nummeriert Die dazugehörigen Interventionen (I) also Pflegemaßnahmen werden zugeordnet und in bestimmten Intervallen evaluiert (E). (Kolb 2012:22)

Fokussierte Auswertung (Focus Charting)

Die fokussierte Auswertung bezieht sich nicht nur auf das Problem des Pflege­bedürftigen sondern kann auch alle anderen Angelegenheiten (Ressourcen, Wünsche) in den Brennpunkt (Fokus) stellen. Diese Methode der Auswertung wurde 1981 am Eitel Hospital in Minneapolis erstmals eingeführt. (Grendell in Daniel 2004)

3.2 Assessment-Typen

Je nach Zielsetzung und vorhandener Zeit (Notfall) unterscheiden sich die möglichen Assessments. Rayman (2004) nennt vier Assessment-Typen, die in der Pflege Anwendung finden:

- Umfassendes Assessment (Comprehensive Assessment)

Hier geschieht eine Zusammenstellung aller (pflegerelevanter) Daten, vorzugsweise bereits bei der Aufnahme des Pflegebedürftigen. Dieser Typus des Assessments umfasst beispielsweise Gesundheitsstatus, Befunde, Daten, Risikofaktoren, Coping-Strategien des Pflegebedürftigen. (Kolb 2012:23)

- Fokussiertes Assessment (Focused Assessment)

Dieses Assessment ist zielgerichtet auf bestimmte, ausgewählte Datensätze, die besonders von Interesse sind. Es ist detaillierter als das umfassende Assessment, geht mehr in die Tiefe, allerdings weniger in die Breite. Es ist spezifisch, vergleichbar mit beispielsweise dem Einsatz der Braden-Skala im Rahmen eines Dekubitus-Assessments. (Kolb 2012:23)

- Kontinuierliches Assessment (Ongoing Assessment)

Kontinuierliches, systematisches Beobachten spezieller Probleme und Risiken zum Beispiel um eine genaue Evaluierung zu erzielen, ist mit kontinuierlichem Assessment gemeint. (Kolb 2012:23)

- Notfall-Assessment (Emergency Assessment)

Darunter ist ein schnelles, auf die wesentlichen Punkte der akuten Situation eingehendes Assessment gemeint. Dabei können sowohl psychische, als auch physische Probleme betroffen sein. (Kolb 2012:23)

(Rayman in Daniel 2004)

3.3 Informationssammlung im Clinical Reasoning

lm Clinical Reasoning (CR) wird der Weg, den die Daten nehmen, damit aus ihnen Informationen werden und schließlich eine Entscheidung für den Pflegebedürftigen getroffen werden kann, als Prozess-Schritte des Clinical Reasoning bezeichnet. Kolb (2012) hat sich der Thematik des Clinical Reasoning in der Altenpflege eingehend gewidmet und beschreibt unter anderem folgende Prozess-Schritte:

- Pre-Assessment Image
- Cue Acquisition
- Hypothesis Generation
- Cue Interpretation
- Hypothesis Evaluation
- Diagnosis

(Kolb 2012:24-26)

3.3.1 Pre-Assessment Image

Der erste Prozess-Schritt, den viele Pflegekräfte bereits unbewusst durchführen, ist das Pre-Assessment Image. Gemeint ist damit ein Bild, welches sich die Pflegekraft vom Pflegebedürftigen macht, ohne mit ihm bereits direkt in Kontakt getreten zu sein. Es basiert auf Informationen, die die Pflegekraft beispielsweise dem Überleitungs­bogen oder Aussagen dritter (Telefonat mit den Angehörigen, dem Arzt, Kranken­haus, Pflegedienst) entnimmt. So macht sich die Pflegekraft bereits ein Bild anhand von Alter, Geschlecht, Diagnose (medizinischer und ggf. bereits vorhandener pflege­rischer Diagnose), Herkunft, Beruf und anderen Merkmalen. Dabei muss sich die Pflegekraft bewusst sein, dass sie hier neutral und sachlich bleiben muss um nicht durch eine kognitive Verzerrung im weiteren Prozess beeinflusst zu werden. Burtchen (2007:11) fasst den Begriff „Pre-Assessment Image so zusammen, dass es „um den ersten Eindruck und damit verbundenen Überlegungen, die sich auf der Basis minimaler Informationen bei Professionellen ergeben (geht) und ihre Erwartungen im Hinblick auf die Patienteninteraktion bestimmen. Sie werden von den bisherigen [...] Erfahrungen, eventuellen früheren Begegnungen mit dem Patienten oder auch mit ähnlichen Patienten und Krankheitsbildern gespeist.“

3.3.2 Cue Acquisition

Ausgehend und geleitet vom Pre-Assessment Image sucht und sammelt die Pflege­kraft nun Schlüsselwörter (Cues) um den Pflegestatus (Pflegeprobleme, Ressourcen, Kompetenzen und Performanzen) des Pflegebedürftigen zu erheben. „Dies geschieht durch Befragung, Beobachtung und Untersuchung des Patienten. Dabei werden Schlüsselwörter gesucht, die zur Bestätigung oder Zurückweisung der Arbeits­hypothesen herangezogen werden können. [...] Der erste Eindruck lenkt [...] in eine bestimmte Richtung bei [...] [der] Auswahl von Daten [...].“ (Burtchen 2007:11) Cues triggern eine oder mehrere Hypothesen. Cues, die zu Hypothesen führen variieren. Manchmal ist es ein einziges Symptom, meistens führen allerding mehrere Schlüsselwörter bzw. deren Zusammenschau zu einer Hypothese. (Kassirer & Kopelman 1991)

3.3.3 Hypothesis Generation

Hypothesen bilden ein Rahmenkonzept (Framework) des Denkens und der Erfahrungen. Sie bilden einen Rahmen für das Problem oder bilden einen Ausgangs­punkt für genauere, weitere Hypothesen. (Kassirer & Kopelman 1991) Bei der Hypothesenproduktion (auch Hypothesenbildung, Hypothesengenerierung) (Hypothesis Generation) beginnt die Pflegekraft nun die gesammelten Daten und Informationen „zu organisieren, zu strukturieren und Annahmen bezüglich bestimmter [...] [Pflegeprobleme] herauszubilden. Häufig werden dabei mehrere Vermutungen [Hypothesen] gebildet.“ (Klemme & Siegmann 2006:26) Dabei beeinflussen Expertise und Erfahrung die Qualität einer Hypothese. Kassirer & Kopelman (1991) sehen somit beide als äußert wichtig an. Buchwissen alleine ist ungenügend um optimale Hypothesen bilden zu können. (Kassirer & Kopelman 1991)

3.3.4 Cue Interpretation

Im Rahmen der Interpretation der Schlüsselworte (Cue Interpretation) sammelt nun die Pflegekraft weitere Cues und ordnet sie den bereits aufgestellten Hypothesen zu. Hierdurch kann eine Hypothese verifiziert (bestätigt, unterstützt) oder falsifiziert (widerlegt) werden. „Die Suche und Interpretation von Schlüsselwörtern stützt sich auf das vorhanden wissenschaftliche und empirische Wissen (...) (der Pflegekraft).“ (Burtchen 2007:11)

3.3.5 Hypothesis Evaluation

Im nächsten Clinical-Reasoning-Prozess-Schritt werden die verschiedenen, eventuell konkurrierenden Hypothesen verglichen und ausgewertet (evaluiert). „Die Hypothese, die am besten durch die gesammelten Daten gesichert ist, wird ausgewählt und bil­det die Basis für den nächsten Schritt.“ (Klemme & Siegmann 2006:26)

3.3.6 Diagnosis

Abschließend erstellt die Pflegekraft eine pflegerische Diagnose (Pflegediagnose), die sie in die Pflegeplanung übernimmt und daraus die weiteren Pflegemaßnahmen ableitet. Günstig hierzu, ist die Verwendung des PESR-Schemas, welches später noch eingehender beschrieben wird.

3.4 Förderliche Instrumente im Informationsgewinnungsprozess

Um den Prozess der Informationssammlung möglichst schnell erfassen zu können und der Pflegekraft Unterstützung in der Entscheidungsfindung zu geben, können förderliche Instrumente eingesetzt werden, wie sie aus dem Clinical Reasoning be­kannt sind.

Im nachfolgenden werden diese förderlichen Instrumente des Clinical Reasoning vorgestellt:

- Pattern Recognition
- Illness-Script
- 4 C des Clinical Reasoning
- 6 L des Clinical Reasoning
- CR-Web

3.4.1 Pattern Recognition

Unter Pattern Recognition (Mustererkennung) ist die Fähigkeit der Pflegekraft zu verstehen, in einer Menge von Daten (Beobachtungen, Beschreibungen, Aussagen des Pflegebedürftigen) Regelmäßigkeiten, Ähnlichkeiten, Gesetzmäßigkeiten, also Muster zu erkennen. Durch die Anwendung dieser Mustererkennung gelingt es der Pflegekraft in dem zunächst ungeordneten Datenstrom eine gewisse Ordnung zu sehen. „Die Mustererkennung [...] kann als eine komprimierte, vor allem zeit­sparende Form des [...] Vorgehens angesehen werden.“ (Beushausen 2009:16)

Pattern Recognition wird vor allem von Pflegekräften mit Expertise angewandt, die nicht mehr jedes Detail aufsuchen sondern ähnlich einem Scanner das Muster der vorliegenden Erkrankung und den daraus resultierenden Pflegebedarf aufgrund der Pflegeprobleme erfassen.

Pattern Recognition kann dabei auf zwei Wegen erfolgen:

- Schablonenvergleich (Template Matching)
- Merkmalsanalyse (Feature Analysis)

Sowohl Klemme & Siegmann (2006), als auch Beushausen (2009), die sich auf McAllister und Lincoln (2005) beruft, gehen lediglich auf die Möglichkeit der Muster­erkennung nach dem Prinzip des Schablonenvergleichs (Template Matching) ein.

Schablonenvergleich (Template Matching)

Beim Schablonenvergleich liegen im Gedächtnis der Pflegekraft bestimmte Erkrankungen und deren Pflegeprobleme als Prototypen (Schablonen) bereit. Die vorgefundenen Informationen und die daraus resultierende Pflegeproblematik wird dann mit der Schablone im Wissensgedächtnis verglichen. Findet sich hierdurch eine Deckung, so ist das Problem identifiziert und die Pflegekraft weiß, welche Pflegeinterventionen im Folgenden indiziert sind. (Wilken 2009)

Beushausen (2009) beschreibt in Bezug auf McAllister und Lincoln (2005) folgende fünf Schritte zur Mustererkennung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nach Klemme & Siegmann (2006), die ähnlich argumentieren, ist Pattern Recognition der „Vergleich aktueller Fakten und Ereignisse mit abgespeicherten Schemata“ (Klemme & Siegmann 2006:29) Schemata sind dabei Prototypen häufig erlebter Pflegeprobleme und Pflegesituationen. „Sie umfassen nicht nur den Fall mit allen Kontextfaktoren, sondern beinhalten auch Produktionsregeln. In Form von „Wenn-Dann-Regeln“ leiten diese Produktionsregeln das [...] [pflegerische] Handeln.“ (Klemme & Siegmann 2006:29)

Merkmalsanalyse (Feature Analysis)

Die Merkmalsanalyse (Feature Analysis) stellt die andere Sichtweise der Musterer­kennung, wie sie in der Wahrnehmungspsychologie beschrieben wird, dar. Demnach unterscheiden sich die wahrgenommenen Erkrankungen und Pflegebedürftigen durch kritische Merkmale. Nachdem die Merkmale durch die Pflegekraft erkannt wurden, findet eine Kombination dieser und schließlich eine Analyse mit Erkenntnis­gewinn statt. Die Muster (Pattern) entstehen aus der Kombination der Merkmale (Feature-Integration Theory). Diese Theorie (Merkmalsintegrationstheorie) besagt, dass die Extraktion der Reizmerkmale automatisch und parallel erfolgt und zur Integration seitens der Pflegekraft Aufmerksamkeit abverlangt. Im Anschluss werden die zugehörigen Merkmale gebunden und das Muster erkannt. (Wilken 2009)

Mit zunehmender Expertise steigt auch die Anwendung und Verbesserung der Mustererkennung, so dass Pattern Recognition ein Zeichen für Pflegeexperten ist. Allerdings müssen auch sie bei „schwierigen oder komplizierten Fällen [...] auf die Bildung von Hypothesen und extensives Hypothesentesten zurück-greifen.“ (Klemme & Siegmann 2006:29) Die Gefahr des Pattern Recognition liegt darin, dass bei zu geringer Wissensbasis (Novize) eine zu schnelle Klassifizierung des Pflegeproblems stattfindet und es somit leicht zu Fehlern kommen kann. Mustererkennung ist kein automatisch ablaufender Prozess sondern muss strategisch angewandt und geübt werden. (Klemme & Siegmann 2006)

3.4.2 Illness-Script

Pattern Recognition und Illness-Scripts hängen unmittelbar miteinander zusammen und werden in manchen Publikationen sogar austauschbar, synonym verwendet. Im Folgenden soll allerdings das individuelle Krankheitsskript (Illness-Script) näher beleuchtet werden, um der Pflegekraft auch dieses Werkzeug zum Gebrauch im Pflegeprozess / Prozess des Clinical Reasoning darzustellen.

Das Konzept „Illness-Script“ basiert auf der kognitiven Skript-Theorie. Skripts sind erfahrungsbasierte Wissensstrukturen, die Pflegeprobleme verallgemeinert beschreiben. Sie haben dabei feste und variable (optionale) Anteile und können sowohl durch ein einziges Merkmal (Symptom) als auch durch die Zusammenschau mehrerer Symptome bei der Pflegekraft aktiviert werden. Illness-Scripts erlauben der Pflegekraft eine schnelle Vorschau (Forward Reasoning), was bei den gefundenen Informationen, beim vorliegenden Pflegeproblem, beim vorliegenden Pflege­bedürftigen möglicherweise zu tun ist. (Strasser & Gruber 2006)

Illness-Scripts weisen drei Bestandteile auf:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Vorteil der Nutzung der individuellen Krankheitsskripten ist die gehirngerechte Speicherung als Geschichte (narrative Codierung), so dass dieses Wissen durch die Pflegekraft in der konkreten Pflegesituation leicht erinnert und im Pflegeprozess eingesetzt werden kann.

„We dream in narrative, daydream in narrative, remember, anticipate, hope, despair, believe, doubt, plan, revise, criticize, construct, gossip, learn, hate and love by narrative.” (Greenhalgh & Hurwitz 1999:48) Die narrative Codierung als Illness-Script bietet darüber hinaus den Vorteil, dass bereits die Informationsaufnahme (Daten­sammlung im Rahmen des Assessments, Cue Acquisition) häufig narrativ, also als erzählte Geschichte erfolgt. Meist reden Pflegebedürftige mit der Pflegekraft und schildern so, als Geschichte verpackt, ihre Probleme. (Greenhalgh & Hurwitz 1999)

3.4.3 Die 4 C des Clinical Reasoning

Pesut (2007) beschreibt 4 C, die im Clinical Reasoning (The 4 C’s of Clinical Judge­ment) wichtig sind und durch die Pflegekraft berücksichtigt werden sollen:

- Contrast (Kontrast)

Welcher Unterschied besteht zwischen den momentanen Status (Probleme, Ressourcen) und dem gewünschten Zustand (Pflegeziel)?

Ist dieser Unterschied (Contrast) ausreichend, angemessen oder überzogen?

- Criteria (Kriterien)

Werden geeignete Standards und Kriterien erfüllt bzw. bei der Datenerhebung und Pflege eingesetzt?

Diese können Expertenstandards oder Evidence-based nursing ebenso wie Rating-Skalen und Zielskalierungen beim Assessment sein.

- Concurrent Thinking (Konkurrenzdenken)

Welche Konkurrenz besteht zwischen den Pflegeproblemen, den Pflegezielen und den Pflegemaßnahmen?

Bauen sie aufeinander auf, passen sie zusammen oder schließen sie sich ge­genseitig aus?

- Conclusion (Konklusion, Schlussfolgerung)

Letztlich müssen die ersten 3 C evaluiert werden:

→ Ja, Probleme, Ziele und Maßnahmen stimmen überein ^ Nein, Probleme, Ziele und Maßnahmen stimmen (noch) nicht überein → → Erneutes Denken, Reflektieren und eventuell auch Erheben von Daten notwendig, ggf. muss der Bezugsrahmen (Frame) also die Sichtweise geändert werden.

(Pesut 2007)

3.4.4 Die 6 L des Clinical Reasoning

Ursprünglich fünf, später sechs Logiken (L) des Clinical Reasoning wurden von Persut (2007) zusammengestellt um der Pflegekraft ein weiteres Hilfsmittel im Pflegeprozess an die Hand zu geben.

Dieses Tool der 6 L (Logics of Clinical Reasoning) beinhaltet:

- Logik der Diagnose

(Logic ofthe Diagnoses)

Die Pflegekraft soll einerseits nachdenken, welche Pflegeprobleme logischer­weise aus einer bestimmten medizinischen Diagnose erwachsen, zum anderen reflektieren, ob ihre eigene Pflegediagnose auf logischen Er­wägungen basiert und eine logische Schlussfolgerung darstellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Logik der Diagnose

(Kolb 2012:135)

- Logik der Beziehung und Verknüpfung zwischen konkurrierenden Pfle­gediagnose und dem Endergebnis

(Logic of relationships among competing diagnoses and outcome)

Im Pflegeprozess können konkurrierende Pflegediagnosen aufkommen, die, wollte man beiden mit einer entsprechenden Pflegemaßnahme begegnen durchaus im Widerspruch stehen können. Beispielsweise wenn bei einem multimorbiden Pflegebedürftigen einerseits Ruhe, andererseits Mobilität indiziert ist. Hier muss sich die Pflegekraft überlegen, wie unterschiedliche, konkurrierende Pflegediagnosen mit ggf. konkurrierenden Pflegezielen zu vereinbaren sind. Nötigenfalls ist die Lösung dieses Dilemmas nur über eine Zielpriorisierung erreichbar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Logik der Beziehung und Verknüpfung zwischen konkurrierenden Pflegediagnosen und dem Endergebnis

(Kolb 2012:136)

- Logik der Pflegemaßnahmen

(Logic ofthe intervention that transitions client from present to desired state)

In diesem Logikbereich denkt die Pflegekraft über die ausgewählte Pflege­maßnahme nach und evaluiert diese in Bezug auf dieWirkung und Zielgerich­tetheit. Erreicht die gewählte Intervention tatsächlich das gewünschte Ziel beim Pflegebedürftigen? Ermöglicht sie dem Pflegebedürftigen vom momen­tanen Pflegezustand den gewünschten Zustand zu erreichen? Ist die gewählte Maßnahme evident?

Abb. 6: Logik der Pflegemaßnahmen

(Kolb 2012:136)

- Logik der Muster und Beziehungen

(Logic of patterns and relationships among problems, outcomes and interven­tions)

Um sich die Fragestellung innerhalb dieser Logik zu stellen, kann die Pflege­kraft auf die 4 C des Clinical Reasoning - insbesondere dem Konkurrenzden­ken (Concurrent Thinking) zurückgreifen und sich fragen, ob Pflegeziele und -maßnahmen mit erkannten Mustern und Ver-bindungen innerhalb der Pflegeprobleme Zusammenwirken und auf-einander aufbauen, ob sie sich ausschließen oder ergänzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Logik der Muster und Beziehungen

(Kolb 2012:137)

- Logik der pflegerischen Entscheidung

(Logic of clinical judgements)

Mittels dieser Logik soll die Pflegekraft ihren gesamten Entscheidungs­findungsprozess nochmals überprüfen. Dienlich hierzu sind die 4 C des CR- Prozesses.

Abb. 8: Logik der pflegerischen Entscheidung

(Kolb 2012:137)

- Logik der Selbstbeobachtung

(Logic of managing and monitoring one’s self)

Reflektiertes Handeln und Selbstbeobachtung im Pflegeprozess soll der Pflegekraft in dieser Logik helfen richtige Entscheidungen zu treffen und somit den Pflegebedürftigen optimal zu pflegen. In diesem Bereich sind Meta­Fähigkeiten der Pflegekraft gefragt (Metakognition, Meta-kommunikation)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9: Logik der Selbstbeobachtung

(Kolb 2012:137)

3.4.5 CR-Web

Pesut & Hermann (1999) schlagen für die Erfassung der Komplexität die Erstellung eines CR-Web vor. Dieses könnte besonders für Ungeübte und Novizen eine gute Hilfestellung bieten. Prinzipiell ist das von Pesut & Hermann vorgeschlagene CR- Web die Anwendung eines Concept Map auf den Prozess des Clinical Reasoning.

Zur Erstellung ist ein ca. DIN A 3 großes Blatt Papier im Querformat zu nehmen und folgendermaßen vorzugehen:

- Medizinische Diagnose in die Blattmitte schreiben
- mehrere mögliche Pflegeprobleme werden außen herum angeordnet
- Pflegerischen Problemen werden nun die gefundenen Schlüsselwörter (Cues) also Zahlen, Daten, Fakten und Aussagen zugeordnet
- nun wird das Gesamtbild betrachtet und mögliche Verknüpfungen erstellt. Probleme, die miteinander zusammenhängen werden mit Doppelpfeilen mitei­nander verbunden
- Beurteilung, welche Pflegeprobleme besonders herausragend sind
- Abschließend wird nochmals nachgedacht, in wie weit das gefundene Muster mit dem bisherigen eigenem Denken, aber auch mit den Aussagen des Pfle­gebedürftigen übereinstimmen.

(Pesut & Hermann 1999)

4 Erkennen von Problemen und Ressourcen

„Der zweite Schritt im Pflegeprozess bündelt die während der Informationssammlung gewonnenen Informationen und analysiert die Bedürfnisse, die Probleme und die Fähigkeiten des Pflegebedürftigen. Bei diesem Arbeitsschritt geht es darum, aus den erhaltenen Einzelinformationen Themenbereiche zu erkennen und zu interpretieren, um somit Pflegeprobleme zu formulieren. Eine Problembeschreibung ist eine Aus­sage über ,Zustände‘, die Pflege erfordern.“ (MDS 2005:19) Pflegeprobleme sind also Probleme der Pflege, die auch durch Maßnahmen der Pflege beeinflusst werden können. Das Ziel der Beschreibung von Ressourcen und Problemen ist es, den Pflegebedürftigen zu charakterisieren und somit prospektiv professionelle Unter­stützung, also Pflegeinterventionen zukommen zu lassen. (Kolb 2012)

Ein Problem besteht nach Bamberger (2001) in der Regel aus vier Bestandteilen:

- „der Wahrnehmung einer Diskrepanz zwischen dem, wie etwas ist und dem, wie es [...] sein sollte (Ist-Soll-Diskrepanz) [...];
- der subjektiven Bewertung, nach der dieses „Soll“ als deutlich attraktiver ein­geschätzt wird als die aktuelle Ist-Befindlichkeit;
- dem vergeblichen Versuch, aus eigenen Kräften von Ist nach Soll zu kommen („Ist-Barriere-Soll-Modell“);
- und den dysfunktionalen Interaktionsmustern, die sich quasi als Folge der misslungenen Problemlösungsversuche etabliert haben und die nun einem engeren Sinne sich als „das Problem“ bzw. „die Probleme“ präsentieren.“

(Bamberger 2001:15)

4.1 Problembeschreibung

Der MDS (2005) fordert eine genaue Problembeschreibung im Rahmen des Pflege­prozesses durchzuführen und diese transparent in den Dokumentationssystemen zu kommunizieren.

Die Problembeschreibung soll dabei:

- Selbstpflegedefizite des Pflegebedürftigen nennen und
- Problembereiche ggf. priorisieren.

(MDS 2005)

Das Ziel der Problembeschreibung wird darin gesehen, dass sich daraus eine „zusammenhängende, informative, übersichtliche, anschauliche und individuelle Kurzbeschreibung der Bereiche“ (MDS 2005:19) ergeben, in denen der Pflege­bedürftige Unterstützung benötigt.

Die Beschreibung des Problems soll:

- „so kurz und knapp wie möglich [.]
- so exakt und spezifisch wie nötig [...] [und]
- so objektiv wie möglich [...]“ sein.

(MDS 2005:20)

Dabei ist es notwendig, dass die Problembeschreibung qualitative und quantitative Angaben, ggf. auch Ursachen, Erklärungen, Zusammenhänge und Art der Be­einträchtigung enthält. (MDS 2005)

Für den Pflegealltag hat sich das PESR-Format der Problembeschreibung als nützlich heraus gestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Kolb 2012:125)

Folgende sechs Aspekte sind für die vollständig ausformulierte Problembeschreibung durch den MDS (2005) vorgegeben:

- Nennung der betroffenen Aktivität oder Funktion

(Aussagen über Zustände, die Pflege erfordern. Pflegeproblem)

- Art der Beeinträchtigung

(Was zeigt sich?

Welche Lebensqualität ist betroffen?

Leidet der Pflegebedürftige darunter?

Fehlt es dem Pflegebedürftigen an speziellen Kenntnissen?)

- Quantität und Qualität der Beeinträchtigung

(Wie zeigt sich das Problem, wie viel / wie stark?

- Ursachen, Zusammenhänge und Risikofaktoren (Warum tritt das Problem (akut) auf?

Wann könnte sich das Problem (erneut) zeigen?

In welchem Zusammenhang steht es?

Welche Risikofaktoren bestehen?)

- Darstellung und Ausdruck

(Symptome, Beobachtungen und Äußerungen?

Wo und wie zeigt sich das Problem?

Auf welchen Beobachtungen beruht das Pflegeproblem?

Welche Äußerungen des Pflegebedürftigen waren ausschlaggebend? Nennung der betroffenen Lebensqualität aus der Perspektive des Pflegebedürftigen.)

- Ressourcen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, gezeigtes Verhalten

(Kompetenzen und Performanzen,

Welche Potentiale hat der Pflegebedürftige?)

(MDS 2005)

4.2 Problembeurteilung

Die Beurteilung des Pflegeproblems durch die Pflegekraft ist wichtig, da dies zur möglichen Problempriorisierung beitragen kann.

Faktoren, die die Problembeurteilung beeinflussen sind:

- Art des Befundes

(Akuter retrosternaler Brustschmerz bedarf im Gegensatz zur chronischen Wunde einer sofortigen Behandlung. Infektiöse oder nicht infektiöse Erkran­kung? Weitere Schädigung? Gefahr für Dritte?)

- Schwere des Befundes

(Wurden 10kg Gewicht in einem Jahr verloren oder in zwei Wochen abge­nommen?)

- Verlauf und Dauer

(Akuter Husten oder chronischer Husten?)

- Pflegerischer Hintergrund

(Sturz bei Demenz kann sich anders auswirken als beim markumarisierten Pflegebedürftigen)

- Störender Einfluss auf den Pflegebedürftigen

(Hat der Pflegebedürftige Copings entwickelt und lebt damit oder fühlt er sich stark beeinträchtigt?)

(Ginsburg 1980)

4.3 Problemlösung

Im Pflegeprozess ist die Kenntnis um die Pflegeprobleme wichtig, im Vordergrund steht aber das Bearbeiten der Probleme und damit deren Lösung, die Problem­lösung. Alle Pflegeinterventionen sind daraufhin ausgerichtet Pflegeprobleme zu lösen - zumindest aber eine Verschlechterung abzuwenden.

Allen Newel und Herbert Simon (1972) gelten als die Urheber der Problemlösungs­psychologie, weshalb nahezu alle weiteren Studien zu diesem Themenbereich deren Arbeiten zitieren. Damit habe sie das Fundament zur Erforschung des Problemlösens gelegt. (Cash 2010)

Newel & Simon (1972) unterscheiden nachfolgend fünf Stufen des Problemlösens:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Newel & Simon 1972)

(Anmerkung: Der Unterschied zwischen „Problemerkenntnis“ und „Problem erkennen“ ist, dass im Zuge der Problemerkenntnis erkannt wird, dass es (überhaupt) ein Problem gibt, während im Bereich „Problem erkennen“ erkannt wird, welches Problem vorliegt.)

Die IDEAL-Methode zur Problemlösung stellten 1993 John Bransford und Barry Stein vor.

Das Akronym „IDEAL“ kann im Deutschen folgendermaßen umschrieben und dargestellt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Bransfort & Stein 1993; Cash 2010)

Albers et al. (2002) vom Institut für Produktentwicklung (IPEK) an der Universität Karlsruhe stellen das Akronym SPALTEN zur methodischen Problemlösung vor. Das Akronym symbolisiert gleichzeitig, dass komplexe Probleme zur Bearbeitung und Lösung „geSPALTEN“ werden müssen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Albers et al. 2002)

4.4 Ressourcen, Kompetenzen und Performanzen

Unter dem Oberbegriff der Ressourcen sind Fähigkeiten und Fertigkeiten (Kompe­tenzen) sowie gezeigtes Verhalten (Performanzen) zu verstehen, die geeignet sind, um Pflegeziele zu erreichen. Wichtig ist dabei die Mithilfe des Pflegebedürftigen, die sogenannte Compliance.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 10: Kompetenzen und Performanzen

(Eigene Darstellung)

Ressourcen dürfen dabei nicht „im freien Raum“ stehen sondern müssen geeignet sein, Maßnahmen zu unterstützen bzw. einzuleiten um damit Ziele zu erreichen! Die alleinige Anwesenheit einer Ressource hat daher keinen Nutzen. Jede Ressource, die in die Pflegeplanung aufgenommen wird muss auch einsetzbar sein um die Alltagskompetenz des Pflegebedürftigen positiv zu beeinflussen - also Einfluss auf das Pflegeproblem haben.

Daher ist eine Unterscheidung in Kompetenzen und Performanzen förderlich: Natürlich kann es als Ressource angesehen werden, wenn ein Pflegebedürftiger einen Rollator besitzt - aber nutzt er diesen auch? Kompetenzen sind nicht messbar, aber Performanzen! Jede Kompetenz kann sich demnach nur in der Performanz feststellen und zeigen. Dazu ist es notwendig, dass aus Emotion mit der Wandlung über Motivation schließlich Volition wird und ein Handeln eingeleitet wird. Dieses Handeln, mindestens die Bereitschaft aber dazu, sind Ressourcen, die die Pflege­kraft supportiv nutzen kann um innerhalb des Pflegeprozesses ihre Interventionen mit ausreichen Stärke zurZielerreichung auszustatten.

[...]

Fin de l'extrait de 132 pages

Résumé des informations

Titre
Pflegeplanung. Grundlagen und Theorie für Auszubildende in der Altenpflege
Auteur
Année
2015
Pages
132
N° de catalogue
V311451
ISBN (ebook)
9783668106192
ISBN (Livre)
9783668106208
Taille d'un fichier
2767 KB
Langue
allemand
Mots clés
Pflegeplanung, Clinical Reasoning, Pflegeprozess, ICF, PESR, Pflegediagnose, NANDA, Zielvereinbarung, Pflegeproblem, Ressourcen, Kompetenz, Performanz, Pflegeziel, Pflegemaßnahme, Denken
Citation du texte
Horst Siegfried Kolb (Auteur), 2015, Pflegeplanung. Grundlagen und Theorie für Auszubildende in der Altenpflege, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311451

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