Demenz aus medizinischer und psychosozialer Perspektive

Professioneller Umgang mit dementen Menschen in der Pflege


Referat (Ausarbeitung), 2015

35 Seiten


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Hinführung zum Thema
1.1 Ziel der Arbeit
1.2 Abgrenzung und Aufbau der Arbeit

2 Demenz aus medizinischer Perspektive
2.1 Begriff „Demenz“
2.2 Primäre und sekundäre Demenzformen
2.2.1 Primäre Demenzen
2.2.2 Sekundäre Demenzen
2.3 Die Alzheimer-Demenz
2.4 Die Phasen der Alzheimer-Demenz
2.4.1 Das Vorstadium
2.4.2 Das Frühstadium (Stadium A)
2.4.3 Das mittlere Stadium (Stadium B)
2.4.4 Das Spätstadium (Stadium C)
2.5 Wissensstand über Therapie, Ursachen und Prävention

3 Demenz aus psychosozialer Perspektive und der professionelle Umgang mit dementen Menschen
3.1 Person-zentrierte Pflege von Tom Marris Kitwood
3.2 Identitätskonzept von George Herbert Mead
3.3 Projekt „Musik for Life“
3.3.1 Projektbeschreibung
3.3.2 Projektpraxis
3.3.3 Methodische und theoretische Grundlagen
3.3.4 Projektergebnisse
3.4 Was bedeutet die Identitätskonzeption für die Pädagogik?

4 Zusammenfassung und kritische Stellungnahme

5 Allgemeiner Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Amyloid Plaques, Neurobibrillary-Tangles

Abbildung 2: Vergleich eines gesunden und eines demenzkranken Gehirns

Abbildung 3: Relatives Risiko, an Alzheimer-Demenz zu erkranken nach Alter und Geschlecht von Seshadri et al. im Erhebungszeitraum 2006

Abbildung 4: Vereinfachte Darstellung der Identitätsentwicklung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Hinführung zum Thema

Je älter ein Mensch wird, desto höher ist sein Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der damit verbundenen Bevölkerungsalterung lohnt es sich, die Zahl der Demenzfälle und die Auswirkungen einer Demenz auf die kognitiven Fähigkeiten des Menschen genauer zu betrachten (vgl. Schäfer/Rüther 2004, S. 12; Sütterlin et al. 2011, S. 14). Für die Pflegenden ist der Umgang mit dementen Menschen eine hohe Herausforderung. Während des Krankheitsprozesses gehen die kognitiven Fähigkeiten immer mehr verloren (vgl. Bartsch 2015, S. 49-50). Die Demenz ist eine neurodegenerative Erkrankung des Gehirns, die dafür sorgt, dass die Alltagskompetenz allmählich nachlässt. Im Zuge dessen werden die Patientinnen und Patienten immer abhängiger von anderen Menschen. Häufig ist dies der Grund für einen Umzug in eine Pflegeeinrichtung. Neben der Tatsache, dass die Kosten für einen dementen Menschen sehr hoch sind und das Gesundheitssystem belasten, werden im Pflegealltag hohe Anforderungen an die Pflegenden gestellt. Von ihnen wird verlangt, sich an die Bedürfnisse und an die Situation eines Menschen mit Demenz anzupassen. Bei der Vielzahl der Demenzfälle in den Pflegeheimen ist das eine große Herausforderung, weil jeder Krankheitsfall anders verlaufen kann. Das Wohl eines Menschen mit Demenz hängt zum großen Teil davon ab, wie gut sich die Pflegerinnen und Pfleger mit dem oft ungewöhnlichen und manchmal auch aggressiven Verhalten arrangieren können. (vgl. Schloffer et al. S. 4)

Dadurch, dass die Menschen immer älter werden und es unter den Demenzkranken weitaus weniger Sterbefälle als Neuerkrankungen gibt, wird der Bevölkerungsanteil der dementiell Erkrankten zunehmen (vgl. Bickel 2014, S. 1). Der World Alzheimer Report 2015 berichtet über eine Steigerung der weltweiten Demenz-Krankheitsfälle in den Jahren 2015, 2030 und 2050. Nach den aktuellen Schätzungen der Forscher wird es im Jahr 2015 rund 9,9 Millionen neue Demenzfälle geben. Somit werden im Jahr 2015 weltweit 46,8 Millionen Demenzkranke verzeichnet. Daraus geht hervor, dass gegenwärtig alle 3,2 Sekunden ein Mensch an einer Demenz erkrankt. Im Jahr 2030 wird es etwa 74,7 Millionen Fälle geben und im Jahr 2050 steigt die Zahl auf rund 131,5 Millionen Demenzfälle an. Mit anderen Worten: Die Anzahl der Demenzfälle verdoppelt sich fast alle 20 Jahre. (vgl. Prince 2015, S. 4, S. 68)

In der Bundesrepublik Deutschland leben nach dem Wissensstand der Deutschen Alzheimer Gesellschaft derzeit 1,5 Millionen Demenzkranke. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft bezieht sich hier auf die Daten der Dachorganisation Alzheimer Europe (Luxemburg). Zwei Drittel der Demenzkranken sind von der häufigsten Demenzart, der Alzheimer-Demenz betroffen. Die Inzidenz der Demenz, also die Zahl der Neuerkrankungen in Deutschland beträgt über 300.000 Fälle pro Jahr (vgl. Bickel 2014, S. 1).

Demenzkranke bedürfen einen zunehmenden Pflege- und Betreuungsbedarf. Pflegende müssen während des Krankheitsverlaufs immer mehr Aufgaben für einen demenzkranken Menschen übernehmen. Zum Beispiel werden alltägliche Verrichtungen, wie die Nahrungsaufnahme oder die Flüssigkeitszufuhr, einfach vergessen. Die Kontrolle über den eigenen Körper lässt allmählich nach und die Kommunikation wird schwierig. Die Pflegehandlungen am dementen Menschen verlangen ein sehr hohes Maß an Geduld und Einfühlungsvermögen. (vgl. Schäfer/Rüther 2004, S. 26-27; vgl. Kern 2015, WEB) Wie es gelingen kann, mit dementen Menschen verständnisvoll und professionell umzugehen und ein gutes Miteinander zwischen den Erkrankten und den Pflegenden zu etablieren, wird in dieser Arbeit aufgezeigt.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit kommt es vor, dass von einer geschlechterspezifischen Sprache abgewichen wird. Dies ist aber kein Ausdruck für eine Diskriminierung des jeweils anderen Geschlechts.

1.1 Ziel der Arbeit

Das Ziel der hier vorliegenden Arbeit ist es, die Diagnose Demenz sowohl aus der medizinischen als auch aus der psychosozialen Perspektive vorzustellen. Basierend auf fundierten wissenschaftlichen Theorien und Erkenntnissen wird herausgestellt, wie insbesondere in Pflegeeinrichtungen, ein professioneller Umgang mit dementen Menschen erfolgen kann. Darüber hinaus wird aufgezeigt, wie eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz für demente Menschen geschaffen werden kann. Aufgrund der vielen Demenzfälle, mit steigender Tendenz, werden hier Wege zur Erreichung dieser Ziele theoretisch dargelegt.

1.2 Abgrenzung und Aufbau der Arbeit

Es gibt viele Menschen mit einer dementiellen Erkrankung. Eine Demenz kann in unterschiedlichen Formen auftreten und nicht immer einer bestimmten Demenzform zugeordnet werden. Oft liegen auch Mischformen vor. Die Medizin unterscheidet grundsätzlich in primäre und sekundäre Demenzformen. Beide werden in dieser Arbeit erläutert, aber hauptsächlich konzentriert sich der Inhalt dieser Arbeit auf die Alzheimer-Demenz und den Umgang mit den betroffenen Menschen. Der Begriff „Betroffene“ bezeichnet die Menschen, bei denen eine Demenz diagnostiziert worden ist. In Bezug auf den Umgang mit diesen Betroffenen, geht es nicht darum, die Pflege eines Demenzkranken im eigenen Zuhause zu verbessern. Es geht vielmehr darum, wie Pflegende in Pflegeeinrichtungen durch den Aufbau von guten Beziehungen zwischen sich selbst und den Betroffenen ihre Arbeit professionalisieren können. Es geht darum, die Persönlichkeit eines dementen Menschen zu begreifen und ganzheitlich wahrzunehmen. Gegenüber der medizinischen Perspektive, bei der es um das Phänomen Demenz an sich und die biochemischen Vorgänge im Körper geht, betrachtet die psychosoziale Perspektive den dementen Menschen mit Körper, Geist und Seele.

Nach dem einleitenden ersten Kapitel wird im zweiten Kapitel über das medizinische Verständnis der neurodegenerativen Erkrankung Demenz berichtet, insbesondere aber über die Alzheimer-Demenz. In diesem Kapitel wird dargestellt, welche Verlaufsformen die Alzheimer-Demenz nimmt und auf welchem Wissensstand sich die Therapie, Ursachen und Prävention befinden. Im Kapitel drei wird über den professionellen Umgang mit dementen Menschen in Pflegeeinrichtungen berichtet. Bezugnehmend darauf, werden die Person-zentrierte Pflege von Kitwood, das Identitätskonzept von Mead und das Projekt „Musik for Life“ vorgestellt. Ebenfalls wird beleuchtet, welche Bedeutung die Identitätskonzeption für die Pflege hat. Das Kapitel vier beinhaltet eine Zusammenfassung und eine kritische Stellungnahme. Abschließend erfolgt im Kapitel fünf ein allgemeiner Ausblick.

2 Demenz aus medizinischer Perspektive

Anders als bei den psychosozialen Theorien über die Demenz und den richtigen Umgang mit den dementen Menschen, blicken die Mediziner auf die Diagnose Demenz und die biochemischen Vorgänge im Organismus eines Demenzkranken. Sie stellen die hirnorganischen Abbauprozesse und die dadurch bedingten Funktions-, Persönlichkeits- und Identitätsverluste in den Fokus der Aufmerksamkeit. In der Medizin herrschen ein lineares Denken und der Versuch, den Krankheitsprozess zu erklären und zu therapieren. (vgl. Sträßer/Cofone 2000, S. 1) Der Schwerpunkt der Forschung liegt mehr auf der Entwicklung wirksamer Medikamente und weniger auf dem professionellen Umgang mit den Betroffenen. Nachfolgend wird auf die medizinische Perspektive der Demenz genauer eingegangen.

2.1 Begriff „Demenz“

Die Bezeichnung „Demenz“ ist ein Überbegriff für Krankheitsbilder, die einen Verlust der kognitiven Fähigkeiten verursachen. In der Medizin wird der Begriff „Demenz“ als ein Syndrom verstanden, das in den meisten Fällen durch eine chronische oder fortschreitende Krankheit des Gehirns ausgelöst wird. Während eines Krankheitsverlaufs entwickeln sich bei den Betroffenen Beeinträchtigungen der kognitiven Hirnfunktionen. Dadurch treten Störungen des Gedächtnisses, Denkens, Orientierens, der Auffassung, des Rechnens und der allmähliche Verlust von Lernfähigkeit, Sprach- und Urteilsvermögen auf. Das Bewusstsein bleibt noch lange bestehen, während die Alltagskompetenz immer weiter abnimmt. Um von einer Demenz zu sprechen, müssen die Beschwerden mindestens sechs Monate anhalten. Mit der Fortschreitung einer dementiellen Erkrankung sind regelrecht Persönlichkeitsveränderungen und Veränderungen des zwischenmenschlichen Verhaltens beobachtbar. Häufig kommt es auch zu emotionalen Kontrollverlusten und Motivationsveränderungen. In seltenen Fällen treten diese bereits vor der Feststellung einer Demenz auf. (vgl. DIMDI 2015, WEB; vgl. Schäfer/Rüther 2004, S. 12; vgl. S3–Leitlinie „Demenzen“ Kurzversion 2009, S. 2). Aus medizinischer Sicht steht der Begriff „Demenz“ für ein Muster von Symptomen (Syndrom), die Folge einer Hirnerkrankung sind, und nicht für eine bestimmte Krankheit selbst. Die ursprüngliche Übersetzung von „Demenz“ aus dem Lateinischen „ohne Geist“, oder auch „Verlust der geistigen Fähigkeiten“ (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2014, S. 7) erscheint unzureichend, weil sie die dementielle Symptomatik außer Acht lässt, denn die einfache Übersetzung „Verlust der geistigen Fähigkeiten“ lässt nicht direkt darauf schließen, dass das Gehirn von einer Krankheit betroffen ist.

Die Demenz-Symptomatik kann in unterschiedlichen Krankheitsbildern auftreten und unterschiedliche Ursachen haben. In der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebenen amtlichen Internationalen Diagnoseklassifikation ICD 10 ( International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) sind die entsprechenden Diagnosetypen der Demenz in Kapitel V „Psychische Verhaltensstörungen (F00 – F99)“ unter der Überschrift „Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen (F00-F09)“ aufgeschlüsselt. (vgl. DIMDI 2015, WEB)

Es kommt vor, dass sich Merkmale bestimmter Demenzformen ähneln, obwohl diese durch völlig verschiedene Stoffwechsel- oder Nervenzellerkrankungen verursacht werden (vgl. Landesinitiative Demenz-Service Nodrhein-Westfalen 2015, WEB). Obwohl die Demenz-Symptomatik nur unwesentlich von der jeweiligen Demenzform abhängt, fällt auf, dass einige Formen den Verfall der kognitiven Fähigkeiten schneller bewirken als andere (vgl. Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung 2011, S. 10). Vielfach treten auch Mischformen auf, die eine genaue Zuordnung zu einer bestimmten Demenzform erschweren oder unmöglich machen (vgl. Landesinitiative Demenz-Service Nodrhein-Westfalen 2015, WEB). Exakte Zahlen über die Häufigkeit und prozentualen Anteile der einzelnen Demenzformen liegen nicht vor und Schätzungen schwanken je nach Literaturquelle. Darüber hinaus fehlt es diesen Schätzungen an Aktualität.

2.2 Primäre und sekundäre Demenzformen

Die Demenzerkrankungen werden grundsätzlich in p rimäre und sekundäre Formen unterschieden (vgl. DIMDI 2015, WEB). Beide dieser Formen werden hier kurz vorgestellt. Zur Vermittlung eines groben Verständnisses über die Differenzierung von Demenzen wird beispielhaft die klinische Einordnung repräsentiert. Die im Folgenden genannten Demenzformen sind unter anderen auch in der S3-Leitlinie Demenzen aus dem Jahr 2009 enthalten.

2.2.1 Primäre Demenzen

90 Prozent aller Demenzfälle gehören zu den primären Demenzformen. Hierunter fallen die Demenzen, bei denen der Krankheitsprozess direkt im Gehirn ausgelöst wird. Nach dem heutigen Wissensstand sind diese Demenzformen irreversibel, das heißt unheilbar. Die häufigste Demenzform ist die Alzheimer-Demenz. Diese tritt nach der Aussage der DAIzG (Deutsche Alzheimer Gesellschaft) in 60 - 65 Prozent der Demenzfälle auf. Andere häufige Demenzarten sind Erkrankungen der Blutgefäße im Gehirn, die sogenannten vaskulären Demenzen. Bei einer vaskulären Demenz kommt es zu einer Durchblutungsstörung im Gehirn mit der Folge des Absterbens von Nervenzellen. Hiervon sind 20 – 30 Prozent der Patientinnen und Patienten betroffen, bei denen eine Demenz diagnostiziert worden ist. Bei 15 Prozent liegt eine Mischform aus verschiedenen Demenformen vor, häufig eine Kombination aus der Alzheimer-Krankheit und einer vaskulären Demenz. (vgl. DAlzG 2015, WEB)

In vielen Fällen tritt die Form der Lewy-Körper-Demenz auf, die rund 20 Prozent der Demenzfälle ausmacht. Sie zeichnet sich durch Schwankungen der kognitiven Leistungsfähigkeit, optische Halluzinationen und leichte Parkinsonsymptome (unwillkürliches Zittern der Hände) aus (vgl. DAlzG 2015, WEB).

Als eine schwer diagnostizierbare Demenzform hat sich die Frontotemporale Demenz herausgestellt. Bei diesem Demenz-Typen findet ein Zerfall von Nervenzellen zunächst im Stirn- und Schläfenbereich statt. Vor allem leiden die Angehörigen unter dem Krankheitsbild eines Betroffenen. Die Erkrankung verursacht oft starke Wesensveränderungen, meist schon lange bevor das Gedächtnis beeinträchtigt wird. Die Frontotemporale Demenz beginnt in der Regel im mittleren Lebensalter und wird auf Grund ihrer schweren Diagnostizierbarkeit oft fehldiagnostiziert. Angenommen werden zum Beispiel depressive Ursachen. In Deutschland sind derzeit rund 33.000 Menschen von diesem Demenz-Typ betroffen. (vgl. DAlzG 2015, WEB)

2.2.2 Sekundäre Demenzen

In der Kategorie der sekundären Demenz befinden sich 10 Prozent aller Demenzfälle. Eine sekundäre Demenz ist eine Demenz, die durch andere Grunderkrankungen verursacht wird, welche meist außerhalb des Gehirns vorliegen. Das können Stoffwechselerkrankungen, Vergiftungserscheinungen durch Medikamenten- oder Alkoholmissbrauch, Vitaminmangel oder Depressionen sein. Aber auch ein Hirntumor, ein Hirngeschwulst oder eine Abflussstörung von Hirnrückenmarksflüssigkeit können die Symptome einer Demenz auslösen. Diese Grunderkrankungen sind zum Teil behandelbar. Durch eine erfolgreiche Behandlung kommt es in manchen Fällen zu einer Rückbildung der dementiellen Symptomatik. Bekannte sekundäre Demenzformen sind das Korsakow-Syndrom und der Morbus Parkinson. (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2008, S. 7; vgl. DAlzG 2015, WEB) Das Korsakow-Syndrom ist oft die Folge eines langjährigen übermäßigen Alkoholkonsums. Anzeichen sind, dass das Speichern von neuen Informationen im Zeitverlauf immer schwieriger wird. Eine große Anzahl der Betroffenen neigt dazu, die Gedächtnislücken durch Fantasiegeschichten zu füllen. Dies passiert unbewusst und ist Ausdruck einer schweren Gehirnschädigung, insbesondere der Hirnregionen, die für die Emotionen und die Gedächtnisbildung zuständig sind. (vgl. Pantel 2015, WEB). Bei der Demenzform Morbus Parkinson leiden die Patientinnen und Patienten in den ersten Stadien eher selten an geistigen Einschränkungen. Sie erscheinen jedoch aufgrund ihrer motorischen Veränderungen und Verlangsamung mitunter geistesabwesend, obschon ihre geistigen Fähigkeiten vorhanden sind. In späteren Stadien kann sich bei etwa einem Drittel der Betroffenen eine Demenz bilden. (vgl. Pantel 2015, WEB).

2.3 Die Alzheimer-Demenz

Die Alzheimer-Demenz ist die zuerst erkannte und häufigste Demenzform, von der 60 – 65 Prozent aller dementen Menschen betroffen sind. Diese Erkrankung ist nach dem Münchner Psychiater und Neurochirurgen Alois Alzheimer (*1864 – 1915 ╬) benannt. Er war derjenige, der die alzheimersche Erkrankung zum ersten Mal an seiner Patientin Auguste Deter (*1850 – 1906 ╬) beschrieben hat. Die Patientin war durchweg verwirrt, orientierungslos und behauptete von sich selbst, sich verloren zu haben. (vgl. DAlzG 2015, WEB (Stand 2015))

Bei der histologischen Untersuchung des Gehirns der verstorbenen Auguste D., entdeckte Alzheimer flächenförmig zu Grunde gegangene Nervenzellen und eine Verdünnung der Hirnrinde. Außerhalb der Nervenzellen fand er eigenartige Eiweißablagerungen (ß-Amyloid-Ablagerungen), die sogenannten ‚Plaques‘. Zudem hat Alzheimer durch eine neue Färbemethode Veränderungen innerhalb der Zellen nachgewiesen. (vgl. DAlzG 2015, WEB) Dabei handelt es sich um die Neurofibrillenbündel, die sogenannten ‚Knäuel‘. Diese ‚Knäuel‘ bestehen aus Tau-Proteinen. Diese körpereigenen Eiweiße sind normale Bestandsteile des Zellskeletts. Sie sind bei der Alzheimer-Demenz mit übermäßigen Phosphatgruppen beladen, welche in den Zellen für Störungen von Stabilisierungs- und Transportprozessen sorgen und schließlich die Zellen zerstören. (vgl. Arendt 1999, S. 1; vgl. Krämer 1993, S. 44-45) In der folgenden Abbildung 1 sind die pathologischen Amyloid-Ablagerungen (‚Plaques‘), die außerhalb der Zellen liegen, und die Tau-Proteine (‚Knäuel‘, auch als ‚Neurofibrillary-Tangles‘ bezeichnet), welche innerhalb der Zellen liegen, vereinfacht abgebildet. Ebenfalls wird in grüner Farbe die Verhinderung der Informationsweiterleitung zwischen den Zellen dargestellt.

Abbildung 1: Amyloid Plaques, Neurobibrillary-Tangles

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: DarkGovernment 2015, (http://www.darkgovernment.com/news/promising-cure-for-alzheimers/)

Das Absterben von Nervenzellen führt auf Dauer zu einer Hirnatrophie, das heißt zu einer Schrumpfung des Gehirns aufgrund der Abnahme von Hirnsubstanz. Dadurch reduzieren sich die Botenstoffe, die für die Informationsübermittlung zwischen den Nervenzellen zuständig sind und das Erinnern, Lernen, Denken und Orientieren ermöglichen. Darüber hinaus verhindern die Plaques den Informationsaustausch zwischen den Nervenzellen, der für die Leistungsfähigkeit des Gehirns eine wichtige Voraussetzung ist. Anschließend kommt es zu den typischen Demenz-Symptomen, die sich im Verhalten zeigen. (vgl. Krause, 2009, S. 11) In der folgenden Abbildung 2 sind ein gesundes und ein demenzkrankes Gehirn vereinfacht dargestellt.

Abbildung 2: Vergleich eines gesunden und eines demenzkranken Gehirns

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Alzheimer Forschung Initiative e.V. 2015, (https://www.alzheimer-forschung.de/alzheimer-krankheit/illustrationen_gehirnmitalzheimer.htm)

Die Abbildung 2 zeigt einen Querschnitt durch das Gehirn in Frontalansicht. Im linken Querschnitt wird ein gesundes Gehirn gezeigt und im rechten ein Gehirn mit der Alzheimer-Demenz.

Bei der Alzheimer-Demenz bildet sich das Gewebe im Gehirn zurück. Die Rillen oder Furchen im Gehirn, die sogenannten Sulci, erweitern sich sichtlich. Weiterhin zeigt sich ein Rückgang der Gyri. Die Gyri sind die gut entwickelten Falten an der Hirnoberfläche. Ferner lässt sich auch eine deutliche Erweiterung der Ventrikel oder Kammern im Hirninneren erkennen. Zu Beginn der Alzheimer-Demenz leidet das Kurzzeitgedächtnis, weil die Nervenzellen im Hippocampus, einem Teil des limbischen Systems, degenerieren. In der Folge lässt die Fähigkeit zur selbstständigen Bewältigung des Alltags nach und im nächsten Schritt schreitet die Alzheimer-Demenz über die Hirnrinde (Außenhülle des Gehirns) weiter fort. Das führt zu einer Abnahme des Urteilsvermögens und kann emotionale Ausbrüche bewirken. Überdies verblasst auch das Sprachvermögen. Im Krankheitsverlauf sterben immer mehr Nervenzellen ab, wodurch sich unter anderem die Persönlichkeit und das Verhalten eines Betroffenen verändern. (vgl. Alzheimer Forschung Initiative e.V. 2015, WEB)

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Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Demenz aus medizinischer und psychosozialer Perspektive
Untertitel
Professioneller Umgang mit dementen Menschen in der Pflege
Hochschule
Hochschule Neubrandenburg
Autor
Jahr
2015
Seiten
35
Katalognummer
V311486
ISBN (eBook)
9783668102729
ISBN (Buch)
9783668102736
Dateigröße
820 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
demenz, perspektive, professioneller, umgang, menschen, pflege
Arbeit zitieren
B.A. Nicole Tervooren (Autor:in), 2015, Demenz aus medizinischer und psychosozialer Perspektive, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311486

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