Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Religionskritik
2.1 Arten von Religionskritik
2.2 Kirchenkritik
2.3 Religionskritiker
3. Felix Mitterer
3.1 Mitterers Verhältnis zur Religion
4. Religionskritische Elemente in Mitterers Werken
4.1 Kein Platz für Idioten
4.2 Krach im Hause Gott
4.3 Die Beichte
Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Immer häufiger geraten die Kirche und somit auch die Religion in der heutigen Zeit ins Kreuzfeuer der Kritik. Die veralteten Ansichten der Kirche und ihrer Vertreter sowie die Zustände innerhalb der Institution werden nicht nur vom gemeinen Volk angeprangert, sondern sind oft auch ein Thema für namhafte Literaten.
Besonders der Österreicher Felix Mitterer versteht es ausgezeichnet, in seinen gesellschaftskritischen Werken einerseits die Meinung des Volkes zu vertreten und andererseits den Menschen gleichzeitig einen Spiegel vorzuhalten und sie zum Nachdenken über sich selbst und ihr Verhalten anzuregen. Beinahe alle seiner Stücke haben eine wahre Begebenheit zum Anlass, sind also brandaktuell, und berühren das Publikum oder den Leser auch durch die einfach verständliche Sprache, in der sie verfasst sind.
Da ich glaube, dass Felix Mitterer einer der wenigen Autoren ist, deren Kritikpunkte auch tatsächlich von den Menschen verstanden und angenommen werden, möchte ich im Folgenden genauer untersuchen, wie Mitterers Verhältnis zu Religion und Kirche ist und auf welche Art und Weise er diese in seinen Werken kritisiert. Auch erscheint es mir wichtig, zuvor noch zu klären, was genau man unter Religionskritik versteht, sowie kurz aufzuzeigen, welche Personen sich bereits vor Mitterer gegen religiöse Missstände zur Wehr gesetzt haben.
2. Religionskritik
Religionskritik ist so alt wie Religion selbst, denn Menschen haben immer etwas zu kritisieren. Oft sind es einzelne Erscheinungen der Religion, wie zum Beispiel bestimmte Moralvorstellungen, die Religion selbst oder auch der Gottesgedanke, die wir kritikwürdig finden.
Im Gegensatz zur Religionswissenschaft, die lediglich beschreibt, ist Religionskritik darauf ausgerichtet, "religiöse Weltbilder, Handlungsweisen und Institutionen zu bewerten" (Schmidt-Salomon 2004).
2.1 Arten von Religionskritik
Grundsätzlich unterscheidet man zwei Ebenen der Religionskritik: eine allgemeine, die sich mit dem Wesen der Religion an sich beschäftigt und Strukturen analysiert, die allen Religionen gemeinsam sind, sowie eine spezielle, die die Grundlagen und Wirkungen einer spezifischen Religion untersucht.
Zugleich kann man noch nach der Herkunft bzw. Ausgangssituation der Kritiker differenzieren. Von religionsimmanenter Kritik spricht man, wenn jemand seine eigene Religion kritisiert. Im Gegensatz dazu bedeutet interreligiöse Kritik, dass ein Vertreter der einen Religion eine andere Religion beurteilt, und religionsfreie Kritik ist, wenn jemand der keiner Religion angehört, Kritik an verschiedensten Religionen bzw. am religiösen Denken an sich übt.
Außerdem können verschiedene methodische Zugänge unterschieden werden, wie historisch forschende Religionskritik, psychologische Religionskritik, soziologische Religionskritik, philosophische Religionskritik oder sogar naturwissenschaftliche Religionskritik. Sie alle erkunden und bewerten Religion von ihren Standpunkten aus und legen ihr Augenmerk auf verschiedene religiöse Phänomene.
(vgl. Dober 2007)
2.2 Kirchenkritik
Oftmals wird Religionskritik mit Kirchenkritik gleichgesetzt, wobei dies jedoch zwei unterschiedliche Dinge sind. Kirchenkritik befasst sich vorwiegend mit den Missständen in der Institution Kirche bzw. mit religiösen Gängeleien der Kirche. Religionskritik hingegen hinterfragt die Bedeutung sowie die Zukunft der Religion selbst. Sie ist daher grundlegender und muss immer wieder neue Antworten finden.
In vielen Fällen allerdings gehen Religionskritik und Kirchenkritik Hand in Hand, da die Kirche sehr stark für die herrschende Auffassung von Religion bzw. Religiosität verantwortlich ist.
(vgl. Dober 2007)
2.3 Religionskritiker
"Homo est creator dei atque deus est creatura et factura hominis. Ergo non est deus." Dieser Text ist in einem Bild zu lesen, das im Museum für Religionsgeschichte in Wilna, Litauen, hängt. Übersetzt heißt dieser Satz: "Der Mensch ist der Schöpfer Gottes, und Gott ist Geschöpf und Werk des Menschen. Daher gibt es keinen Gott."
Im Folgenden sollen die Ansichten einiger Religionskritiker kurz beschrieben werden.
- Ludwig Feuerbach
Für Ludwig Feuerbach ist Gott nichts anderes als der Mensch selbst, sozusagen eine Übertragung menschlicher Wunschvorstellungen, die er auf der Suche nach einem vollkommenen Menschsein in den Himmel projiziert und Gott nennt. Er kritisiert damit die zu stark anthropomorphen Züge des Gottesbildes.
Feuerbachs Ziel ist es, alles Übernatürliche der Religion auf seine natürlichen Fundamente zurückzuführen und aufzuzeigen, dass die Inhalte der Religion nicht das sind, als was sie in der Theorie dargestellt werden- nämlich keine übernatürlichen und übermenschlichen Geheimnisse. Für ihn entsteht Gott aus einem Abhängigkeits- und Furchtgefühl heraus. In den Opfern und Gebeten zeigt sich seiner Ansicht nach, dass nur die Befriedigung eines Bedürfnisses der Grund ist, warum ein Mensch sich religiös verhält.
- Karl Marx
Karl Marx ist der Meinung, dass die Gesellschaftsordnung den Menschen unterdrücke und dazu auch die Religion hervorbringe. Er sagt, Religion sei der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Opium des Volkes. Er übt Kritik daran, dass Gott zu sehr ins Jenseits ohne Beziehung zum Diesseits angesiedelt ist.
Außerdem sieht er Religion auch als Ausdruck des gesellschaftlichen Elends sowie gleichzeitig als Protest gegen dieses Elend. Die Kritik der Religion ist für ihn die Kritik der bedauernswerten Zustände in der Welt, deren Heiligenschein die Religion ist.
- Sigmund Freud
In Anlehnung an die Thesen von Ludwig Feuerbach sieht Sigmund Freud Religion als Illusion und Resultat kindlicher Wunschvorstellungen und somit als psychische Störung. Der Mensch bildet nach Freud ein Über-Ich aus und setzt dieses mit Gott gleich. Gott ist demnach eine Art Hilfskonstruktion.
Der persönliche Gott ist laut Freud nichts anderes als ein erhöhter Vater. So ist Religiosität auf die Hilflosigkeit des Menschen gegenüber den großen Mächten des Lebens zurückzuführen, wobei ihnen der allmächtige und gerechte Gott und die gütige Natur als Ersatz für Vater und Mutter dienen.
(vgl. Dober 2007)
3. Felix Mitterer
Felix Mitterer wurde am 6. Februar 1948 in Achenkirch in Tirol geboren. Seine leiblichen Eltern waren eine Kleinbäuerin, die bereits zwölf Kinder vor ihm hatte, und ein rumänischer Flüchtling. Relativ bald jedoch wurde er von einem Landarbeiterehepaar adoptiert. (vgl. ORF Kundendienst 2013)
Zur Schule ging Mitterer in Kitzbühel und Kirchberg, und er besuchte von 1962 bis 1966 die Lehrerbildungsanstalt in Innsbruck. Bereits als kleines Kind wollte Mitterer Schriftsteller werden, arbeitete jedoch dann elf Jahre beim Zollamt in Innsbruck, bevor er seine Karriere als freier Autor begann. Er schrieb Drehbücher, Theaterstücke, Erzählungen, Hörspiele, Mundarttexte und sogar Kindergeschichten (z.B. "Superhenne Hanna"). (vgl. ORF Kundendienst 2013)
Der Durchbruch gelang ihm Ende der achtziger Jahre mit der "Piefke Saga", einer Satire über den Tourismus in Tirol, für die er 1991 den Adolf-Grimme-Preis und eine Romy erhielt. Im selben Jahr wurde ihm außerdem der Österreichische Würdigungspreis für Literatur verliehen. Weiters schrieb er die Drehbücher zu "Krambambuli" (1998), "Andreas Hofer - Die Freiheit des Adlers" (2001) und "Die Heilerin" (2004). Seine am häufigsten gespielten Theaterstücke sind "Kein Platz für Idioten" (1977) und "Sibirien" (1989). Andere bekannte Werke von Felix Mitterer sind "Stigma" (1982), "Besuchszeit" (1985), "Munde" (1990), "Krach im Hause Gott" (1994) und "Tödliche Sünden" (1999). (vgl. ORF Kundendienst 2013)
Da er die Außenseiterposition am eignen Leib zu spüren bekam, handeln auch seine Stücke oft von derartigen Problemen. "Schwachen Kreaturen und Außenseitern der Gesellschaft gehört mein ganzes Mitgefühl, mein volles Engagement" (Mitterer & Demel 1995, S.11), sagt er selbst. Obwohl er meint, dass man als Autor immer in erster Linie für sich selbst schreibt, ist er überzeugt davon, dass Literatur etwas verändern und Menschen einen Anstoß geben kann über etwas nachzudenken.
Heute ist Felix Mitterer ein erfolgreicher Schauspieler, Theater- und Drehbuchautor und lebt seit 1995 zusammen mit seiner Frau Chryseldis, einer Malerin, und seiner Tochter Anna in Irland.
3.1 Mitterers Verhältnis zur Religion
In seinen Werken greift Felix Mitterer häufig die Katholische Kirche an. Auf die Frage, wie er zur Institution Kirche stehe und ob er ein gläubiger Mensch sei, antwortete Mitterer in einem Interview Folgendes: "Ich stehe sehr kritisch zur Katholischen Kirche, ich kritisiere diese Institution, sie hat viel angerichtet. Aber es gibt keinen Hass oder Antiklerikalismus. Ob ich ein gläubiger Mensch bin, kann ich nicht beurteilen. Obwohl ich vor vielen Jahren aus der Kirche ausgetreten bin, kann ich möglicherweise gläubiger sein als ein eingetragener Katholik." (Mitterer & Demel 1995, S.38)
In seinem Stück "Krach im Hause Gott" greift Mitterer die Anliegen der feministischen Theologie auf, was ihm bereits vor der Ausstrahlung des Hörspiels eine Anzeige wegen Religionsverhöhnung einbrachte. Ausgangspunkt für dieses Werk war, dass Mitterer schon seit Jahren das Weibliche an der christlichen Religion vermisste. In diesem Mysterienspiel lässt er deshalb Maria der Männerrunde klarmachen, dass die Menschheit "in die Irre geht, weil Gott Vater selbst und nach seinem Vorbild die christliche Religion 'das Weibliche' vernachlässigt und verdrängt haben" (Mitterer & Demel 1995, S.114) und will damit sein Publikum auf unterhaltsame Weise mit theologischen Problemstellungen, überhaupt mit den Auswirkungen der monotheistischen Religion konfrontieren.
Auch in seiner Version des "Jedermann" dient bereits der rüde Ton in den Eingangspassagen - satirisch und ironisch - der Demontage von veralteten religiösen Vorstellungen. "Persiflierende Bezeichnungen der drei göttlichen Personen" (Mitterer & Demel 1995, S.109) und andere Kraftäußerungen werden bewusst als sprachliche Mittel zur Anprangerung und zum Abbau von religiösen Klischees eingesetzt.
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