Das Tübinger Modell als städtebauliches Leitbild. Das Französische Viertel in Tübingen


Dossier / Travail, 2015

13 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffserklärungen
2.1 Öffentlicher Raum
2.2 Urbanität
2.3 Integration

3. Das städtebauliche Konzept
3.1 Wohnen und Leben im Französischen Viertel
3.2 Gewerbe und Arbeitsplätze im Französischen Viertel

4. Integration und Urbanität

5. Fazit

6. Quellenverzeichnis

Literaturangaben

Zeitungsartikel

Internetquellen

1. Einleitung

Die gesellschaftliche Bedeutung des Wohnens wird im Bezug auf den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft immer mehr zum entscheidenden Faktor. Wohnen ist ein Lebensbereich mit elementarer Bedeutung, denn er ist der Mittelpunkt alltäglicher Lebenserfahrung. Wohnen ist aber auch eine Form der sozialen Interaktion, es schließt das Wohnumfeld ebenso mit ein wie die soziale Nachbarschaft. Der Standort der Wohnung ist ausschlaggebend für die Einbettung in soziale Beziehungsnetze (vgl.u.a. Dürrschmidt 2002). Das französische Viertel in Tübingen ist, mit seinem preisgekrönten Konzept, inzwischen zum beispielgebenden Vorbild und internationalen Leitbild für nachhaltige Stadtentwicklung geworden[1]. Es hat eine Vielzahl von Preisen erhalten, unter anderem den deutschen Städtepreis 2001. Es kann als eine Art Gegenmodell zum seit Jahrzehnten gängigen Verfahren der Nutzungstrennung und der strengen Separierung von Arbeiten und Wohnen gesehen werden (vgl. Böhme 2000). Durch das Konzept innerstädtischen Wohnens und die Mischung der Sozialstruktur entsteht eine große Vielfalt an Wohnformen. Durch meine, an das Französische Viertel angrenzende Wohnlage nutze ich selbst oft die kurzen Wege, die der Stadtteil durch die vielfältige Infrastruktur bietet. Für diese Nutzung ausschlaggebend sind für mich aber auch die kinderfreundlichen Spiel- und Begegnungsmöglichkeiten. In der vorliegenden Hausarbeit untersuche ich, ob durch das städtebauliche Konzept das soziale Miteinander im Viertel tatsächlich gestärkt wird und ob durch diese Wohn- und Lebensform eine bessere Integration der Bewohner erreicht werden kann. Für mich stellt sich auch die Frage, ob durch solche städtebaulichen Maßnahmen ein gesellschaftlich positiver Einfluss auf die ansteigende Anonymität und Gleichgültigkeit gegenüber den Mitmenschen in der Nachbarschaft genommen werden kann. Dafür definiere ich zunächst einige zentrale Begriffe. Im weiteren Verlauf werde ich detailliert auf die Konzeption des Viertels eingehen. Literarisch werde ich mich hauptsächlich auf Andreas Feldtkeller beziehen, dessen Werken die Grundidee des Rahmenplanes entstammt. Um auf die weitere Entwicklung des Viertels genauer eingehen zu können, stütze ich meine Arbeit auf eine soziologische Studie, die von Katharina Manderscheid über den Stadtteil gemacht wurde.

2. Begriffserklärungen

2.1 Öffentlicher Raum

Gabriele Steffen, ehemalige Bürgermeisterin in Tübingen, definiert den öffentlichen Raum wie folgt:

„Der öffentliche Raum soll […] definiert werden über seine allgemeinen Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten. Räume in öffentlichem Besitz, die für alle ohne spezielle Zugangsberechtigungen (Eintritt, Verzehr, Nutzerausweise etc.) wie Bürgersteige, Straßen, Plätze, Grünflächen, Spielflächen und auch solche Flächen, auf denen halböffentliches oder halbprivates Leben stattfindet oder stattfinden kann wie in Blockinnenbereichen sowie unter bestimmten Bedingungen auf Brachflächen, Abstandsflächen und sonstigen Nischen, die prinzipiell öffentlich aufgesucht werden können. Der öffentliche Raum hat neben der räumlichen noch weitere Dimensionen, unter denen er zu betrachten ist. Seine psychologische, politische oder rechtliche Dimension ist ebenso wichtig wie die baulich-räumliche.“ (Steffen 1997, S. 1)

Steffen misst dem öffentlichen Raum eine große Bedeutung bei. Sie nennt neben den baulich-räumlichen auch seine psychologischen, politischen und rechtlichen Faktoren, die bei der Betrachtung miteinbezogen werden müssen.

2.2 Urbanität

Stadtplaner Feldtkeller versteht Urbanität als soziale, kulturelle und funktionale Vielfalt, die als entscheidendes Element eine funktionale Mischung braucht, um ein tolerantes und farbenfrohes Zusammenleben entstehen zu lassen (vgl. Feldtkeller, 1994).

Nach Häußermann gibt es drei Grundmerkmale von Urbanität. Als erstes nennt er die Urbanität als Lebensweise oder Lebensstil, zweitens als historische Kategorie eines bestimmten Organisationsmusters und gesellschaftlicher Entwicklung, drittens als Eigenschaft räumlicher oder baulicher Strukturen (vgl. Häußermann, 1993).

2.3 Integration

Soziologe Krämer-Badoni erklärt den Begriff folgendermaßen:

„Integration bezieht sich nicht auf eine soziale Einheit Stadt, sondern auf die Mehrdimensionalität gesellschaftlichen Lebens. Integriert in eine Gesellschaft werden Menschen über ihre Teilhabe an den verschiedenen gesellschaftlichen Funktionssystemen, an Bildung, Gesundheit, Wirtschaft, Familie, Recht und anderen. Es handelt sich um Funktionssysteme, an deren Gestaltung die Stadt allenfalls marginalen Anteil hat“ (Krämer-Badoni 2002, S. 74)

3. Das städtebauliche Konzept

3.1 Wohnen und Leben im Französischen Viertel

„Eine Stadt besteht - in den meisten Köpfen - immer noch aus vielen verschiedenen Häusern, gebaut von den Bürgern auf einzelnen Grundstücken“ (Soehlke 1998, S. 14).

In der diesem Bild entgegengesetzten Konzeption des Französischen Viertels endet der Lebensraum nicht an der eigenen Wohnungstüre. Die Idee dafür entstammt zum größten Teil dem Buch „die Zweckentfremdete Stadt“ von Andreas Feldtkeller (vgl. Feldtkeller, 1994) und wurde auf dem ehemaligen Areal der französischen Garnison umgesetzt. Aus Zusammenschlüssen von Privatleuten und Gewerbetrieben entwickelten sich eigenverantwortliche, private Baugemeinschaften. Durch das gemeinsame Durchführen von Bauträgerprojekten sollte ein bezahlbares Bauen ermöglicht werden und eine hohe Identifikation, struktuelle Vielfalt und eine soziale und funktionale Mischung entstehen[2].

Im Jahr 2007 wurden die letzten Bauarbeiten auf dem etwa 10 Hektar großen Gebiet abgeschlossen. Durch die hohe bauliche Dichte, welche zunächst oft mit engen Hinterhöfen und anonymen Mietskasernen assoziiert wird, wurde Wohnraum für fast 2500 Bewohner geschaffen. In den drei- bis fünfgeschossigen Stadthäusern in geschlossener Blockrandbebauung[3] ist die Anzahl von Mietwohnungen und Eigentumswohnungen in etwa ausgeglichen. Die Wohnungsgrößen reichen von 35 bis 230 Quadratmetern Wohnfläche. Im Durchschnitt leben pro Wohnung 2,8 Personen (vgl. Manderscheid, 2004). Es gibt Wohnungen aller Ausstattungsgruppen, direkt nebeneinander und oft im selben Haus. Dadurch wird niemand ausgegrenzt, sondern trotz unterschiedlicher wirtschaftlicher Verhältnisse miteinander unter einem Dach gewohnt. Die Häuser sind außerdem so konzipiert, dass in den Erdgeschossen nicht gewohnt wird, stattdessen finden sich dort einladende Kneipen, Cafés, Läden, daneben Werkstätten verschiedener Handwerker und auch viele Freiberufler haben hier ihre Büros. Diese Mischung von Wohnen, Arbeiten und Einkaufen schafft ein vielfältiges Miteinander. Sie belebt jede Straße und jedes Haus, was eine Urbanität schafft, wie sie sonst nur in den Innenstädten zu finden ist[4].

Auch das individuelle Sicherheitsempfinden der Bewohner wird durch das öffentliche Leben auf der Straße, dem Kundenverkehr vor Geschäften und Betrieben aber auch durch Fenster, die zur Straße hinzeigen, positiv bestärkt (vgl. Soehlke 1998, S. 16). Der Tübinger Rahmenplan bezeichnet die enge Bauweise als die Grundlage eines „Stadtteils der kurzen Wege“ (vgl. Tübinger städtebaulicher Rahmenplan, 1993). Als Vorteile werden unter anderem die daraus resultierende Dichte von Kontakten und der nicht zu unterschätzende ökologische Aspekt genannt. Die steigenden Ansprüche an den Wohnraum werden durch die Miteinbeziehung der Straßen und öffentlichen Plätze erfüllbar, aber vor allem auch bezahlbar gemacht.

[...]


[1] Vgl. http://www.architekturzeitung.com/architektur-praxis/publikationen/2263-stadt-im-wandel-franzoesisches-viertel-tuebingen.html (Stand 29.06.2015)

[2] Vgl. http://www.100-ee-kongress.de/fileadmin/redaktion/100-ee kongress/Praesentationen/F8_Tuebingen.pdf (Stand 29.06.2015)

[3] Vgl. http://www2.mvi.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/103801 (Stand 29.06.2015)

[4] Vgl. www.franzoesisches-viertel.net (Stand 29.06.2015)

Fin de l'extrait de 13 pages

Résumé des informations

Titre
Das Tübinger Modell als städtebauliches Leitbild. Das Französische Viertel in Tübingen
Université
CVJM-College Kassel
Cours
Sozialstaatliche und sozialpolitische Grundlagen / Handlungsfelder der Sozialen Arbeit
Note
1,3
Auteur
Année
2015
Pages
13
N° de catalogue
V312557
ISBN (ebook)
9783668115378
ISBN (Livre)
9783668115385
Taille d'un fichier
515 KB
Langue
allemand
Annotations
Mots clés
Französisches Viertel Tübingen, Städtebau
Citation du texte
Sarah Hess (Auteur), 2015, Das Tübinger Modell als städtebauliches Leitbild. Das Französische Viertel in Tübingen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/312557

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