Die Darstellung der weiblichen Protagonisten und die Verwendung biblischer Motive in Giuseppe De Santis "Riso amaro"


Hausarbeit, 2011

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Neorealismus
2.1 Zeitliche Einordnung und literarische Merkmale
2.2 Der neorealistische Film

3. Riso amaro
3.1 Entstehung und Stil
3.2 Inhaltsangabe
3.3 Die Darstellung der weiblichen Figuren
3.4 Biblische Motive

4. Schlusswort

5. Literaturverzeichnis
1. Einzelbände
2. Sammelbände
3. Lexika
4. Film
5. Internet

1. Einleitung

Scrivevo e avevo voglia di dipingere quadri; immaginavo un dialogo di personaggi sulla carta e mi veniva voglia di recitarlo o di realizzarlo mimicamente. E fu per questa ragione, io credo, che scoprii il cinema: quel mezzo cioè che, assommando in sè i modi e gli attegiamenti della pittura, della musica, della rappresentazione mimica e insieme della parola avrebbe potuto darmi la possibilità, qualunque essa fosse, di narrare le storie che mi stavano a cuore.[1]

Die nachfolgende Arbeit soll die Entwicklung der weiblichen Protagonisten sowie das in Szene setzen von biblischen Motiven in Riso amaro untersuchen. Dabei soll geklärt werden, wie sich die charakterliche Veränderung der Frauen vollzieht und welche Mittel De Santis nutzt, um sie darzustellen. Des Weiteren sollen einige Szenen näher beleuchtet werden, die Parallelen zur biblischen Mythologie aufweisen. Es soll geklärt werden, welche Bedeutung sie in Riso amaro haben. Im ersten Kapitel soll zunächst der Neorelismus als Epoche mit seinen Merkmalen und Vertretern dargestellt werden. Die Stellung des Films wird dabei gesondert betrachtet. Im zweiten Kapitel soll ein Überblick über Riso amaro gegeben werden. Es werden die Entstehung des Films, der Inhalt und die Stellung zum Regisseur Giuseppe de Santis beleuchtet. Dieser Teil dient als Einführung zum Schwerpunkt der Arbeit. Im Schlusswort werden die einzelnen Aspekte der Arbeit zusammengefasst und rückblickend noch einmal beleuchtet. Als Literatur werden André Bazins Was ist Kino? Bausteine zur Theorie des Films sowie Was ist Film?, Margarete Bruns Das Rätsel Farbe, Materie und Mythos, Massimo Perinellis Fluchtlinien des Neorealismus. Der organlose Körper der italienischen Nachkriegszeit, Chiara Polverinis Schauspiel oder Dokumentation? Dimensionen der Wirklichkeit in Neorealismo und neuer Sachlichkeit., Ingrid Riedels: Farben. In Religion, Gesellschaft, Kunst und Psychotherapie, Antonio Vittis Giuseppe De Santis and Postwar Italian Cinema, Heinz Ludwig Arnolds Text+Kritik. Zeitschrift für Literatur. Heft 63. Italienischer Neorealismus, das Metzler Film Lexiko n und die Bibel in der Lutherübersetzung herangezogen. Außerdem wurden die Internetquellen http://www.italica.rai.it/cinema.htm und http://www.prisma.de/film.html?mid=1949_bitterer_reis genutzt.

2. Neorealismus

2.1 Zeitliche Einordnung und literarische Merkmale

Den Beginn des Neorealismus oder auch Neorealismo genau zu datieren ist nur schwer möglich, da „die Theoretiker der Zeit weder Programme noch Manifeste veröffentlicht haben, die einer genauen Datierung dienen könnten. Zudem stellten die Jahre, in denen die im nachhinein als neorealistisch bezeichneten Werke entstanden, eine historische wie politische Übergangszeit dar und standen im Raum der Unsicherheit und der permanenten Änderung.“[2]

In der Literatur finden sich unterschiedliche Aussagen über die Prägung des Neorealismus als Begriff. Laut Chiara Polverini verwendete Mario Serandrei erstmals den Begriff, als er 1943 die Anfangsszenen von Viscontis Ossessione als neorealistisch bezeichnete.[3]

„Il termine ‚Neorealismo’ nacque con Ossessione. Fu quando da Ferrara mandai a Roma i primi pezzi del film al mio montatore, che è Mario Serandrei. Dopo alcuni giorni egli mi scrisse esprimendo la sua approvazione per quelle scene. E aggingeva: ‘Non so come potrei definire questo tipo di cinema se non con l’appellativo di neorealistico.’”[4]

Ein Jahr später wurde der Terminus auf die Literatur übertragen.[5] Bei Carmine Chiellino liest man, dass der Begriff Neorealismus zum ersten Mal von dem Filmkritiker Umberto Barbaro (auch im Jahr 1943) bei der Besprechung eines Films von M. Carnè gebraucht wurde.[6] Da sich beide Aussagen auf das Jahr 1943 stützen, kann man wohl zumindest die Begriffsprägung auf diesen Zeitpunkt festlegen. Allerdings gibt die Sekundärliteratur auch das Jahr 1941 mit der Veröffentlichung Cesare Paveses Paesi tuoi als Beginn des Neorealismo an. Nach Pietro Cataldi ist eine neorealistische Poetik wiederum erst nach 1948 legitimiert, da zu diesem Zeitpunkt die kommunistische Partei Italiens eine strenge Kulturpolitik gefordert und den Neoralismo als offizielle Richtung propagiert habe.[7] Polverini räumt ein, dass zwar der Begriff 1943 geprägt wurde, aber bereits in den 30er Jahren Romane veröffentlich wurden, die aufgrund ihrer Themen in den Neorealismus eingeordnet werden könnten. Somit sei es korrekter zwei Phasen des italienischen Neorealismo zu unterscheiden: den Realismus der dreißiger Jahre und den Nachkriegsrealismus.[8] Den Höhepunkt der Strömung legt aber auch sie in die Jahre zwischen 1943 und 1945 (bezogen auf den Film sogar bis 1948). Das Ende des Neorealismus ist deutlich einfacher zu datieren. Hier einigt man sich allgemein auf das Jahr 1955. Carlo Salinari stellte mit La questione del realismo die literarische Strömung in Frage und Pier Paolo Pasolini kehrte in seinen Romanen in eine Art rüden Naturalismus zurück, der nichts mehr mit dem vorangehenden kritischen Blick auf die Wirklichkeit zu tun hatte. Allgemein erlebte Italien ein Wirtschaftswunder, das sich thematisch in der Literatur widerspiegelte: Sie wurde mehr und mehr zu einer Flucht vor den sozialen Problemen des Alltags. Der Neorealismus ging dem Ende entgegen und es entwickelte sich Ende der 50er Jahre die Konsumliteratur.[9]

Fast ebenso schwierig wie die Datierung, ist auch die thematische Einordnung des Neorealismus. Im Gegensatz zu vorhergehenden Epochen war der Neoralismo „[…] keine Schule, er war ein Zusammenhang von Stimmen.“[10] Allgemein lässt sich aber bei den Schriftstellern dieser Zeit eine „Tendenz zur Vertiefung der Wirklichkeit sowie de[r] Wille zu einer Bewältigung der rein künstlerischen Darstellung unter Berücksichtigung der sozialen und politischen Gesichtspunkte erkennen.“[11]

Es sollte ein neues Verhältnis zwischen Autor und Leser geschaffen werden, indem sich die Literatur in ihren Themen mehr dem Volk annäherte. Die Schauplätze der Handlungen wurden nach „unten“ verlagert (kleine Dörfer, Provinzstädte, Vorstadtviertel, Fabriken) und die Protagonisten waren meist Figuren wie der Heimkehrer oder der Befreite.[12] Im Gegensatz zur kritiklosen und oft verherrlichenden Literatur des Faschismus war es den Schriftstellern des Neorealismus ein Bedürfnis die Zustände der Gesellschaft so wirklichkeitsnah wie möglich darzustellen. Allgemein wurde versucht die Realität objektiv darzustellen, und eine „Rückkehr zum Menschen“ zu erreichen.[13] Dabei diente die Erzählung, trotz der Einführung von Dokument und Chronik in den literarischen Bereich, als beliebtestes Mittel der Darstellung.[14] Motive waren dabei u.a. Elend, Armut, Hunger, Arbeitslosigkeit, Notwendigkeit des Auswanderns, Beschreibung persönlicher Schicksale und die Darstellung der Resistenza.[15] Jeder Autor hatte seinen persönlichen Stil, mit dem er seine Ansichten auf die Zeit ausdrückte. Trotzdem wird die neorealistische Sprache noch als größter gemeinsamer Nenner aller Schriftsteller angesehen.[16] Allgemein wurde viel im Dialekt und unterstem Jargon geschrieben. Auch hiermit wollte man sich vom Stil des Faschismus distanzieren, der das gehobene Italienisch als Nationalsprache propagierte. Außerdem sollte die Anpassung an die alltägliche Sprache dem Leser den Eindruck vermitteln, er könne unmittelbar an der Literatur teilnehmen und sei nicht mehr nur außenstehender Beobachter. Das sprachliche Niveau wandelte sich zu einfachen, linearen kurzen Sätzen, was auch auf den Einfluss der amerikanischen Literatur zurückzuführen ist.[17]

2.2 Der neorealistische Film

Der italienische Neorealismus ist mit die bedeutendste Periode in der italienischen Filmgeschichte und war auch international erfolgreich. Laut Carmine Chiellino gliedert er sich in drei Phasen:

„In der ersten Phase, die wir als solche der Inkubation definieren können und die zeitlich unmittelbar vor dem Sturz des faschistischen Regimes liegt, [wurde] die Kontinuität einer kulturellen Entwicklung [gesichert]. In der zweiten Phase schwankt die filmische Produktion zwischen literarischen Anleihen […] und den ersten Erfolgen von Autoren speziell für den Film geschriebener Drehbücher […]. In [der] dritten Phase [erarbeitet der neorealistische Film] eigene narrative Techniken sowie Sprachformen, die aufgrund ihres innovativen Inhalts nun wiederum vom Bereich der Literatur rezipiert wurden.“[18]

Allgemein gilt Roma città aperta (1945) von R. Rossellini als der erste komplett neorealistische Film.[19] Uneinigkeit besteht in Bezug auf das Ende des Neorealismo. Während viele Kritiker mit Ladri di biciclette (V. De Sica) und Terra trema (L. Visconti) das Jahr 1948 als das Ende ansehen[20], zählt der Filmkritiker André Bazin Rossellinis Viaggio in Italia von 1954 noch zu den neorealistischen Filmen.[21]

Wie auch in der Literatur waren die Stile der einzelnen Regisseure und Drehbuchautoren zu verschieden und eigenständig, als dass man von einer einheitlichen Schule des Neorealismo sprechen könnte. Dennoch gab es auch hier gemeinsame Merkmale. Es entwickelte sich ein moralisches und politisches Engagement, sowie die Ablehnung des faschistischen Unterhaltungskinos, der faschistischen Ästhetik und Zensur und der damit verbundenen künstlerischen und politischen Einschränkungen. Der Wunsch nach einer ästhetischen Erneuerung des italienischen Kinos wuchs. Menschliche und soziale Werte standen jetzt im Vordergrund. Die Themen deckten sich im Großen und Ganzen mit denen der Literatur. In vielen Filmen ging es um Krieg, Resistenza, Befreiung, Arbeitslosigkeit, Armut, Auflösung der traditionellen Familienstrukturen und Kriminalität. Es entwickelte sich ein neues realistisches Kino, das in starkem Kontrast zum Unterhaltungskino des Faschismus stand, welches jeglichen Bezug zur Realität ausblendete. In den neorealistischen Filmen wurden soziale Gruppen dargestellt, die in Filmen zur Zeit des Faschismus vernachlässigt wurden: Kinder, Frauen, Arbeiter, Fischer in Sizilien, Tagelöhner, nach dem Krieg entwurzelte, vereinsamte Menschen. Viele neorealistische Filme sind unrhetorisch und weisen natürliche Dialoge, u.a. auch im Dialekt, auf. Es werden meist Laiendarsteller verwendet und es wird auf Originalschauplätzen und mit natürlichem Licht gefilmt. Die Drehbücher behandeln aktuelle Themen; auf genaue Beobachtung, Analyse und Darstellung von alltäglichen Dingen wird großen Wert gelegt. Ebenso wie in der Literatur gab es viele Dokumentationen, die als Vorläufer der neorealistischen Ästhetik gelten, jedoch klar in die Anfangsphase einzuordnen sind.[22] Zu den wichtigsten Vertretern des Neorealismus gehören Roberto Rossellini, Vittorio De Sica, Cesare Zavattini, Luchino Visconti; Giuseppe De Santis, Alberto Lattuada, Aldo Vergano, Carlo Lizzani, Pietro Germi und Renato Castellani.

[...]


[1] Vitti, Antonio: Giuseppe De Santis and Postwar Italian Cinema. University of Toronto Press Incorprated; Toronto/Buffalo/London, 1996. S.15

[2] Polverini, Chiara: Schauspiel oder Dokumentation?: Dimensionen der Wirklichkeit in Neorealismo und neuer Sachlichkeit. Romanistischer Verlag; Bonn, 2007., S.52

[3] ebd. S. 54

[4] ebd.

[5] ebd.

[6] Chiellino, Carmine: Der neorealistische Film. In: Arnold, Heinz Ludwig (Hrg.): Text+Kritik. Zeitschrift für Literatur. Heft 63. Italienischer Neorealismus. Edition Text+Kritik; München, 1979. S.20

[7] Polverini S 55

[8] ebd. S.58 und 59

[9] ebd. S.56 und 57

[10] Bremer, Thomas: Den Menschen neuschaffen. Neorealismus und italienische Literatur. In: Arnold, Heinz Ludwig (Hrg.): Text+Kritik. Zeitschrift für Literatur. Heft 63. Italienischer Neorealismus. Edition Text+Kritik; München, 1979. S.3

[11] Polverini S.67

[12] ebd.

[13] Bremer S.5

[14] Polverini S. 69

[15] ebd. S.67

[16] ebd. S.71

[17] Polverini S. 73

[18] Chiellino, Carmine: Der neorealistische Film. In: Arnold, Heinz Ludwig (Hrg.): Text+Kritik. Zeitschrift für Literatur. Heft 63. Italienischer Neorealismus. Edition Text+Kritik; München, 1979. S. 19

[19] ebd. S.20

[20] ebd. S.30

[21] Bazin, André: Was ist Kino? Bausteine zur Theorie des Films. Mit einem Vorwort von Eric Rohmer und einem Nachwort von Francois Truffaut. M. Du Mont; Köln, 1975. S. 163

[22] Chiellino S.24 und 25

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Darstellung der weiblichen Protagonisten und die Verwendung biblischer Motive in Giuseppe De Santis "Riso amaro"
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
Der italienische Neorealismus
Note
2,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
18
Katalognummer
V312843
ISBN (eBook)
9783668116559
ISBN (Buch)
9783668116566
Dateigröße
407 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
darstellung, protagonisten, verwendung, motive, giuseppe, santis, riso
Arbeit zitieren
Sarah Kugler (Autor:in), 2011, Die Darstellung der weiblichen Protagonisten und die Verwendung biblischer Motive in Giuseppe De Santis "Riso amaro", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/312843

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