Kaum eine zwischenmenschliche Beziehung könnte ambivalenter sein, als die von Geschwistern. Streitereien, Raufereien und Konkurrenz sind ebenso ein Teil ihrer alltäglichen Realität, wie das gemeinsame Spielen und Erleben, sowie liebevolle Zuneigung und Pflege.
Neid und Eifersucht, ja sogar Hass können eine Geschwisterbeziehung ebenso prägen wie Vertrauen, Bewunderung und Liebe. Geschwister stellen sich gegenseitig vor immer neue Herausforderungen und lernen durch sie, was es bedeutet zu scheitern, aber auch sich durchzusetzen. Sie sind sich nicht nur räumlich sondern auch emotional durch das Band ihres gemeinsamen Ursprungs außerordentlich nahe und untrennbar miteinander verbunden, zugleich jedoch bestrebt sich zu distanzieren und abzusondern. Dabei bleiben die Eltern zumeist außen vor und agieren mitunter zwar als Schiedsrichter, nicht aber als ebenwürdiger Teil dieses eigenen Mikrokosmus. Sie überstehen dieser eigenen Erfahrungswelt jedoch als Halt und Handlungsmotivation. Ihre Zuneigung, Anerkennung und Aufmerksamkeit ist die Triebfeder und das Damoklesschwert geschwisterlichen Handelns. In Anbetracht dieser scheinbar unerschöpflichen Ressource an Erfahrungen, Emotionen und Herausforderungen, liegt die Vermutung nahe, dass das Aufwachsen mit Geschwistern einen nachhaltig persönlichkeitsprägenden Effekt auf jeden Einzelnen von uns haben muss.
Doch ist dieser Effekt bei allen gleich? Was genau an Geschwistererfahrungen prägt unsere Persönlichkeit? Macht es einen Unterschied ob ich der Erst- oder Letztgeborene von vier Geschwistern bin? Ist es schlecht wenn man keine Geschwister hat oder man nicht mit ihnen gemeinsam aufwächst? Und was, wenn Eltern nicht den Rahmen bieten, der dieser Beziehung seinen nötigen Halt gibt?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Geschwisterforschung - Theoriebildung der Psychoanalyse
- Retrospektive
- Gegenwärtige Situation
- Ausblick
- Ich und du, wir und ihr - Bildung des Subjekts in Bezugssystemen
- Vertikale
- Modell:,,Quadrangulierung“
- Horizontale
- Imaginäre Horizontale
- Familiensystem
- Einzelkinder
- Positions- und Konstellationsforschung – Neubelebung einer ausgedienten Theorie
- Resümee
- Legitimation
- Geschwisterpositionen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit befasst sich mit dem Einfluss von Geschwisterdynamik und Geburtsrangfolge auf die Bildung des Subjekts. Sie untersucht, inwieweit diese Faktoren die Entwicklung von Persönlichkeitseigenschaften und das Sozialverhalten beeinflussen. Dabei wird davon ausgegangen, dass die individuelle Position innerhalb der Geburtenreihenfolge und die Geschwisterkonstellation maßgebliche Variablen sind, die bestimmte Eigenschaften und Verhaltensmuster determinieren.
- Der Einfluss von Geschwisterbeziehungen auf die Entwicklung des Subjekts
- Die Rolle der Geburtsrangfolge in der Persönlichkeitsbildung
- Die Bedeutung von Geschwisterdynamik für das Sozialverhalten
- Kritik an der traditionellen Geschwisterforschung und ihre aktuelle Relevanz
- Entwicklung eines umfassenderen Modells, das Geschwister in Relation zu ihren Bezugssystemen betrachtet
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Geschwisterforschung ein und beleuchtet die Ambivalenz und Komplexität von Geschwisterbeziehungen. Sie stellt die Relevanz des Themas für die Persönlichkeitsbildung heraus und erläutert die Forschungsfrage der Masterarbeit.
Im zweiten Kapitel wird die Theoriebildung der Psychoanalyse zur Geschwisterforschung betrachtet, wobei die historische Entwicklung, die aktuelle Situation und zukünftige Herausforderungen beleuchtet werden.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit dem Konzept der subjektiven Bildung in Bezugssystemen, wobei die vertikale und horizontale Dimension von Beziehungen betrachtet wird. Die verschiedenen Modelle der „Quadrangulierung“ und der „imaginären Horizontale“ werden erläutert, sowie die Rolle des Familiensystems und die Sonderstellung von Einzelkindern.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Kritik an der traditionellen Positions- und Konstellationsforschung und deren Neubelebung. Die Forschungsmethoden und Erkenntnisse der Vergangenheit werden kritisch betrachtet und die Notwendigkeit eines neuen, umfassenderen Ansatzes unterstrichen.
Schlüsselwörter
Geschwisterdynamik, Geburtsrangfolge, Subjektbildung, Persönlichkeitsentwicklung, Sozialverhalten, Familiensystem, Bezugssysteme, traditionelle Geschwisterforschung, Positions- und Konstellationsforschung, Kritik, Relevanz, umfassendes Modell.
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- Jonas Nyncke (Autor), 2015, Der Einfluss von Geschwisterdynamik und Geburtenrangfolge auf die Bildung des Subjekts, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/313245