Außerbilanzielle Geschäfte. Was sind sie und wie ist ihre Anhangangabe nach §§ 285 Nr. 3, 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB zu beurteilen?


Seminararbeit, 2015

48 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Darstellungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Außerbilanzielle Geschäfte und ihre Anhangangabe nach HGB
2.1 Außerbilanzielle Geschäfte
2.2. Anhangangabe außerbilanzieller Geschäfte im Einzel- und Konzernabschluss
2.2.1 Funktionen des Anhangs
2.2.2 Inhalt des Anhangs
2.2.3 Zweck der §§ 285 Nr. 3, 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB
2.2.4 Überschneidung mit §§ 285 Nr. 3a, 314 Abs. 1 Nr. 2a HGB

3 Beurteilung der Anhangangabe nach HGB anhand ausgewählter Beispiele
3.1 ThyssenKrupp Steel Europe AG
3.2 Volkswagen AG
3.3 Phadia GmbH
3.4 MLP Finanzdienstleistungen AG
3.5 Deutsche Telekom AG
3.6 Sonstige Erkenntnisse

4 Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Rechtsquellenverzeichnis

Darstellungsverzeichnis

Darstellung 1: Begriff „Geschäft“.

Darstellung 2: Merkmale der Größenklassen der KapGes gem. § 267 HGB.

Darstellung 3: Außerbilanzielle Geschäfte der MLP Finanzdienstleistungen AG zum 31.12.2013.

Im Anhang:

Darstellung A: Auszüge aus dem Jahresabschluss der ThyssenKrupp Steel Europe AG, Duisburg, Geschäftsjahr 01.10.2013 – 30.09.2014.

Darstellung B: Auszüge aus dem Konzernabschluss der Volkswagen AG, Wolfsburg, Geschäftsjahr 01.01.2014 – 31.12.2014.

Darstellung C: Auszüge aus dem Jahresabschluss der Phadia GmbH, Freiburg im Breisgau, Geschäftsjahr 01.01.2013 – 31.12.2013.

Darstellung D: Auszüge aus dem Jahresabschluss der Phadia GmbH, Freiburg im Breisgau, Geschäftsjahr 01.01.2012 – 31.12.2012.

Darstellung E: Auszüge aus dem Jahresabschluss der MLP Finanzdienstleistungen AG, Wiesloch, Geschäftsjahr 01.01.2013 – 31.12.2013.

Darstellung F: Auszüge aus dem Jahresabschluss der Deutsche Telekom AG, Bonn, Geschäftsjahr 01.01.2014 – 31.12.2014.

Darstellung G: Auszüge aus dem Jahresabschluss der Henkel AG & Co. KGaA, Düsseldorf, Geschäftsjahr 01.01.2014 – 31.12.2014.

Darstellung H: Auszüge aus dem Jahresabschluss der Brenntag AG, Mülheim an der Ruhr, Geschäftsjahr 01.01.2014 – 31.12.2014.

Darstellung I: Auszüge aus dem Jahresabschluss der Steilmann Holding AG, Bergkamen, Geschäftsjahr 01.01.2013 – 31.12.2013.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

An der einen oder anderen Stelle kann es für manche Unternehmen notwendig sein, Geschäfte abzuschließen, die in der Bilanz keinen Platz finden. Das ist z. B. beim Leasing, Factoring oder bei den Konsignationslagervereinbarungen oft der Fall. Wenn es keine gesetzlichen Regelungen zu diesem Thema geben würde, hätten die Bilanzadressaten nie davon erfahren, dass in dem betreffenden Unternehmen solche Geschäfte durchgeführt wurden. Aber es gibt die Vorschriften der §§ 285 Nr. 3 sowie 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB, die diesen Sachverhalt für den Jahres- bzw. Konzernabschluss regeln. Demnach müssen bestimmte Angaben zu diesen sog. außerbilanziellen Geschäften im Anhang des jeweiligen Abschlusses gemacht werden, wobei die Menge der geforderten Angaben je nach Größe der Kapitalgesellschaft variiert.

Das Ziel dieser Arbeit ist es darzustellen, was außerbilanzielle Geschäfte sind und welche Regelungen zu der Anhangangabe dieser Geschäfte sich im HGB befinden. Außerdem gilt es anhand einiger Beispiele aus der Praxis zu beurteilen, wie diese Problematik in den Anhängen der Jahres- bzw. Konzernabschlüsse angegangen wird und wie relevant das Thema überhaupt ist.

Dafür erfolgt im Abschnitt zwei eine ausführliche Erklärung des Begriffs „außerbilanzielles Geschäft“, indem im Detail auf die Begriffe „Geschäft“ und „außerbilanziell“ eingegangen wird. Des Weiteren werden die Regelungen der §§ 285 Abs. 2, 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB, die das Kernstück dieser Arbeit bilden, erläutert. Außerdem wird in diesem Abschnitt der (Konzern-) Anhang als Bestandteil des Jahres- bzw. Konzernabschlusses eingeordnet, wobei insbesondere seine Funktionen, sein Inhalt, der Zweck der o. g. Vorschriften sowie mögliche Überschneidungen mit anderen Regelungen des HGB dargestellt werden. Der Abschnitt drei widmet sich der Beurteilung der Anhangangabe für außerbilanzielle Geschäfte anhand ausgewählter Beispiele aus der Praxis, indem die Anhänge von drei großen Industrieunternehmen, einem Kreditinstitut sowie einem großen Telekommunikationsunternehmen hinsichtlich des hier betrachteten Themas analysiert werden. Zum Schluss folgen die Zusammenfassung der wichtigsten Analyseerkenntnisse sowie ein kurzer Ausblick im letzten Abschnitt dieser Arbeit.

2 Außerbilanzielle Geschäfte und ihre Anhangangabe nach HGB

Im folgenden Abschnitt wird der Inhalt der §§ 285 Nr. 3, 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB untersucht und in dem Zusammenhang wird ausführlich auf die außerbilanziellen Geschäfte eingegangen. Darüber hinaus kommt es zu einer Einordnung des (Konzern-) Anhangs als einen der drei Bestandteile des Jahresabschlusses bzw. einen der fünf Bestandteile des Konzernabschlusses. Hierbei werden insbesondere die Funktionen des Anhangs dargestellt. Außerdem erfolgt ein kurzer Überblick über die Art der Angaben im Anhang. Anschließend werden die wichtigsten Beweggründe des Gesetzgebers für die o. g. Paragraphen dargestellt. Zum Schluss wird außerdem auf die Überschneidung mit den ähnlichen Vorschriften, insbesondere mit den §§ 285 Nr. 3, 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB zu den sonstigen finanziellen Verpflichtungen verwiesen und erläutert, wie laut den Vorgaben des Gesetzgebers mit solchen Überschneidungen umzugehen ist.

2.1 Außerbilanzielle Geschäfte

Der § 285 Nr. 3 HGB schreibt vor, dass die Art, der Zweck, die Risiken und Vorteile sowie die finanziellen Auswirkungen von nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften im Anhang angegeben werden müssen, falls es für die Beurteilung der Finanzlage des Unternehmens erforderlich ist und die Risiken und Vorteile aus diesen Geschäften wesentlich sind. Dabei geht es in erster Linie darum, dass die Liquidität des Unternehmens gesichert ist und dieses seine finanziellen Verpflichtungen kurz-, mittel, und langfristig erfüllen kann. Analog dazu ist der gleiche Sachverhalt bezogen auf den Konzernanhang im § 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB geregelt. Dabei geht es um die nicht in der Konzernbilanz enthaltenen Geschäfte des Mutterunternehmens sowie der in den Konzernabschluss einbezogenen Tochterunternehmen. Die außerbilanziellen Geschäfte werden besonders erwähnt, da sie sonst nirgendwo auftauchen würden. Somit wird die wirtschaftliche Lage des Unternehmens transparenter gemacht, das Gesamtbild ist vollständiger und verständlicher für alle Zielgruppen und Bilanzleser.[1]

Wie die Darstellung 1 zeigt, hat der Begriff „Geschäft“ mehrere Bedeutungen. In diesem Fall interessiert uns die Bedeutung dieses Begriffs als Rechtsgeschäft. Das heißt, die Vorschrift der §§ 285 Nr. 3 sowie 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB meint mit „nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften“ in erster Linie rechtsgeschäftliche Vereinbarungen, die auf Willenserklärungen basieren und auf einen rechtlichen Erfolg abzielen.[2] Diese Geschäfte werden im weiteren Verlauf der Arbeit als „außerbilanzielle Geschäfte“ bezeichnet. Dazu zählen alle Transaktionen, die entweder von vornherein dauerhaft nicht in der Handelsbilanz ausgewiesen werden oder einen dauerhaften Abgang von Vermögensgegenständen oder Schulden aus der Handelsbilanz verursachen.[3]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darstellung 1: Begriff „Geschäft“.

Quelle: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/9411/geschaeft-v9.html

(Stand: 17.11.2015).

Ein häufiges Merkmal der außerbilanziellen Geschäfte ist das fehlende wirtschaftliche Eigentum. Das kommt beispielsweise vor, wenn das bilanzierende Unternehmen über das rechtliche Eigentum eines Gegenstands verfügt und das wirtschaftliche Eigentum dagegen einem anderen Unternehmen zuzuschreiben ist. Das wirtschaftliche Eigentum steht dabei demjenigen zu, der tatsächlich über den Gegenstand verfügt. Bei demjenigen ist der Gegenstand auch zu bilanzieren.[4] Ein typisches Beispiel dafür ist in den meisten Fällen das Finanzierungs-Leasing. Dabei ist der Leasinggeber der rechtliche Eigentümer einer Sache. Der Leasingnehmer ist dagegen der wirtschaftliche Eigentümer während einer unkündbaren Grundmietzeit.[5] Nach § 246 Abs. 1 HGB ist der Gegenstand in einem solchen Fall nicht bei dem rechtlichen Eigentümer (= Leasinggeber), sondern bei dem wirtschaftlichen Eigentümer (= Leasingnehmer) zu bilanzieren.

Weitere Beispiele für außerbilanzielle Geschäfte sind außer den Leasingverträgen u. a. Factoring, Pensionsgeschäfte, Konsignationslagervereinbarungen, Forderungsverbriefungen, Verträge mit unbedingten Zahlungsverpflichtungen (sog. „take or pay“ – Verträge) o. ä.[6] Beim Factoring handelt es sich um einen Forderungsverkauf (einmalig oder laufend), um u. a. schneller an liquide Mittel zu kommen. Das Factoring gehört wie das Leasing zu sog. Kreditsubstituten. Das bedeutet, man nutzt diese Finanzierungsmöglichkeit anstelle eines normalen Darlehens, um kurzfristige Liquiditätsengpässe zu überbrücken.[7] Bei den take or pay – Verträgen wird ein Vertrag zwischen einem Produzenten und einem Abnehmer geschlossen, wobei der letztere sich verpflichtet, einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen, unabhängig davon, ob die Produkte hergestellt oder abgenommen werden.[8] Durch eine Forderungsverbriefung kommt das Unternehmen ähnlich wie beim Factoring zu liquiden Mitteln, da man dabei ein Forderungsportfolio eines (meist global agierenden) Unternehmens zusammenstellt, dieses in handelbare Wertpapiere umwandelt und am Kapitalmarkt emittiert.[9]

Bei den Pensionsgeschäften geht es um die Übertragung von Vermögenswerten (oft sind es Wertpapiere), wobei nach Ablauf einer bestimmten Frist die Pflicht oder ein Wahlrecht zum Rückkauf für den Pensionsgeber besteht. Falls eine Rückgabepflicht besteht, hat der Pensionsgeber weiterhin den Vermögensgegenstand zu bilanzieren.[10] Die Konsignationslagervereinbarungen sind Vereinbarungen, bei denen ein Lieferant bei einem Unternehmen auf eigene Kosten ein Lager für das besagte Unternehmen betreibt. Die Ware bleibt hierbei bis zur Entnahme durch den Abnehmer im Eigentum des Lieferanten.[11] All diesen Beispielen ist es gemeinsam, dass hierbei bestimmte Vermögensübertragungen stattfinden, wobei entweder das Vermögen komplett auf Dritte übertragen wird, wie beim Factoring, oder durch die Übertragung das wirtschaftliche mit dem rechtlichen Eigentum nicht mehr übereinstimmen, wie bei den Pensionsgeschäften der Fall ist. Somit lässt sich der Aspekt des Eigentums als ein wichtiges Merkmal der außerbilanziellen Geschäfte festhalten.

2.2. Anhangangabe außerbilanzieller Geschäfte im Einzel- und Konzernabschluss

Die Regelungen des § 285 Nr. 3 HGB beziehen sich auf die sonstigen Pflichtangaben zu den außerbilanziellen Geschäften in einem (Einzel-) Jahresabschluss eines Unternehmens. Laut § 264 Abs. 1 HGB setzt sich der Jahresabschluss aus drei gleichwertigen Bestandteilen zusammen, und zwar, einer Bilanz, einer GuV – Rechnung und einem Anhang. Wobei das für alle Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften i. S. d. § 264a HGB[12] gilt. Die Unternehmen, die nicht verpflichtet sind, einen Anhang dem Jahresabschluss beizufügen, können dies jedoch freiwillig tun.[13]

Analog geht es bei dem § 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB um die sonstigen Pflichtangaben zu den außerbilanziellen Geschäften in einem Konzernabschluss, bestehend aus einer Konzernbilanz, einer Konzern GuV, einem Konzernanhang, einer Kapitalflussrechnung und einem Eigenkapitalspiegel[14], wobei an dieser Stelle nicht auf einzelne Bestandteile des Konzernabschlusses eingegangen werden soll. Hierbei bilden die fünf Bestandteile ebenso eine Einheit, wie im Einzelabschluss die drei Bestandteile - Bilanz, GuV und Anhang.[15] Somit spielt der Anhang als ein Baustein des Jahres- bzw. Konzernabschlusses eine wichtige Rolle, denn ohne den Anhang ist der jeweilige Abschluss nicht vollständig.[16]

Eine Besonderheit bei dem Konzernabschluss ist die, dass der Konzern als eine wirtschaftliche und rechtliche Einheit zu sehen ist und somit die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage auch entsprechend so darzustellen ist. Das bedeutet, dass die wirtschaftliche Lage des Mutterunternehmens und aller dazugehörigen Tochterunternehmen so dargestellt werden muss, als ob diese ein einziges Unternehmen wären. Die einzelnen Konzernunternehmen werden durch diese Einheitstheorie als gleichwertige Anteilseigner des Konzerns betrachtet.[17] Grundsätzlich sind gem. § 298 Abs. 1 HGB auf den Konzernabschluss die Vorschriften für den Einzelabschluss anzuwenden, außer es gibt gesonderte abweichende Vorschriften für den Konzernabschluss. Dazu gehören z. B. die Vorschriften des § 266 HGB zur Gliederung der Bilanz oder des § 275 HGB zur Gliederung der GuV – Rechnung.[18]

Sowohl für den Einzel- als auch für den Konzernabschluss gilt im Allgemeinen für den gesamten Abschluss und im Speziellen für die Erstellung des Anhangs die Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB), was sich in § 243 Abs. 1 HGB für den Jahresabschluss und analog in § 297 Abs. 2 S. 2 HGB für den Konzernabschluss wiederspiegelt. Darunter fallen insbesondere die Grundsätze der Klarheit und Übersichtlichkeit, die Grundsätze der Wahrheit und Vollständigkeit sowie die Grundsätze der Wesentlichkeit. Die Forderung nach Klarheit und Übersichtlichkeit findet sich in § 243 Abs. 2 bzw. § 297 Abs. 2 S. 1 HGB. Außerdem sind die Angaben wahr und vollständig zu machen und es sollen nur die wesentlichen Angaben enthalten sein, damit der Anhang nicht mit unnötigen Informationen überflutet wird, was als Folge die Klarheit und Übersichtlichkeit reduzieren würde.[19] Des Weiteren sind die Grundsätze des § 252 HGB ebenfalls nicht zu vernachlässigen, so z. B. das Vorsichtsprinzip (Abs. 1 Nr. 4) oder die Beibehaltung der Bewertungsmethoden (Abs. 1 Nr. 6).

Da es keine gesetzlichen Vorgaben zum Aufbau und Form des Anhangs gibt, besteht diesbezüglich eine gewisse Darstellungsfreiheit, wobei in der Praxis bestimmte gängige Darstellungsarten zu finden sind. In diesem Zusammenhang wird empfohlen, die einmal gewählte Darstellungsart von Jahr zu Jahr auch für den Anhang beizubehalten, was für die Bilanz und GuV – Rechnung in § 265 Abs. 1 HGB vorgeschrieben ist. Dies fördert die Klarheit und Übersichtlichkeit und erleichtert die Vergleiche zwischen mehreren Geschäftsjahren.[20]

2.2.1 Funktionen des Anhangs

Unter den verschiedenen Funktionen des Anhangs gehört die Informationsfunktion zu den wichtigsten. Hier geht es darum, dass die internen und externen Adressaten des Jahresabschlusses ein richtiges Bild über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des entsprechenden Unternehmens bekommen.[21] Die internen Adressaten können z. B. die Gesellschafter bzw. Aktionäre oder eigene Arbeitnehmer sein. Zu den externen Adressaten gehören u. a. die potentiellen Investoren, das Finanzamt, die gesamte Öffentlichkeit usw.

Die Erklärungs- bzw. Erläuterungsfunktion gehört zu weiteren Funktionen des Anhangs. Diese zeigt sich darin, dass im Anhang ergänzende Angaben zur Bilanz und GuV zu machen sind. Das führt wiederum zu einem besseren Verständnis der Inhalte der Bilanz oder GuV, den dort findet sich kein Platz für ausführliche Erklärungen o. ä. So finden sich im Anhang beispielsweise Angaben zu Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, die in der Bilanz und der GuV angewandt wurden. Daraus resultiert eine (etwas untergeordnete) Relativierungsfunktion des Anhangs, denn durch den Anhang kann der Bilanzleser zum besseren Verständnis der Hintergründe in der Bilanz oder GuV gelangen, so dass sich bestimmte Schlussfolgerungen auf Basis der Erläuterungen im Anhang relativieren können.[22]

Aus der Relativierungsfunktion kann sich eine Korrekturfunktion ergeben, falls der Fall eintritt, dass trotz der Einhaltung aller Vorschriften bei der Erstellung der Bilanz und der GuV das Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des betreffenden Unternehmens nicht ganz richtig dargestellt ist. In ganz extremen Fällen kann es dazu führen, dass eine schlechte wirtschaftliche Lage als „gut“ oder eine gute Lage als „schlecht“ dargestellt wird, weil z. B. bei den Wahlrechten ganz extreme Alternativen ausgewählt wurden. Um dies im Nachhinein wieder zu korrigieren, können in diesen Ausnahmefällen zusätzliche Angaben im Anhang gemacht werden, um das dargestellte Bild wieder in die richtige Richtung zu rücken. Das Kriterium zur Notwendigkeit zusätzlicher Angaben zur Korrektur ist die Vermeidung von Fehlinterpretationen bzgl. der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens, die seitens der Bilanzleser entstehen können. Z. B. kann die Korrektur notwendig sein, wenn ein Unternehmen Scheingewinne bei ausländischen Betriebsstätten ausweist oder Angaben zu erheblichen Erfolgsverzerrungen durch Teilliquidationen macht.[23]

Als eher untergeordnete Funktionen lassen sich noch die Entlastungs- und die Ergänzungsfunktion anführen. Die Entlastungsfunktion ermöglicht es, durch die Gleichwertigkeit der Bestandteile des Jahresabschlusses Informationen, die nicht unbedingt in der Bilanz oder GuV zu stehen haben, in den Anhang zu verschieben, um mehr Klarheit und Übersichtlichkeit in den beiden erstgenannten zu gewinnen. Ein Beispiel hierfür sind Angaben zu außerplanmäßigen Abschreibungen im Anlagevermögen. Durch die Ergänzungsfunktion bietet sich die Möglichkeit an, zusätzliche Angaben im Anhang zu machen, die nichts mit der Bilanzierung zu tun haben, die aber insgesamt zu einem besseren Informationsgehalt des Jahresabschlusses beitragen, z. B. die Angaben zum Beteiligungsbesitz.[24]

Die Funktionen des Konzernanhangs bei dem Konzernabschluss sind weitgehend deckungsgleich mit den Funktionen des Anhangs im Einzelabschluss. Allerdings spielt bei dem Konzernabschluss die Informationsfunktion noch eine wichtigere Rolle als bei dem Jahresabschluss, da man hier oft börsennotierte Konzernunternehmen vorliegen hat und bei diesen ist es besonders wichtig die Aktionäre über die wirtschaftliche Lage des Konzerns zu informieren und die Konzernstrukturen transparenter machen. Außerdem wird der Konzernabschluss weder als Grundlage für die Ausschüttungsbemessung noch für steuerliche Zwecke herangezogen. Somit ist es wichtig, diesen für alle Beteiligten verständlicher zu machen und genügend Informationen zu den übrigen Bestandteilen des Jahresabschlusses im Konzernanhang bereitzustellen. Die weiteren Funktionen wie Erläuterungs-, Ergänzungs-, Entlastungs- und Korrekturfunktion spielen bei dem Konzernabschluss analog zum Einzelabschluss eine Rolle, allerdings werden sie hier als Sub-Funktionen als etwas weniger bedeutend betrachtet. Im Unterschied zum Einzelabschluss lassen sich im Konzernanhang die konzernspezifischen Angaben machen, z. B. bestimmte Angaben zum Konsolidierungskreis oder zu den Konsolidierungsmethoden. Dadurch kommt die Erläuterungsfunktion zum Tragen, denn so werden die Angaben aus der Konzernbilanz und der Konzern-GuV näher erklärt und die gesamte Vorgehensweise des Konzernabschlusses deutlicher.[25]

2.2.2 Inhalt des Anhangs

Generell gliedert sich der Anhang in den meisten Fällen in Informationen zu den im Jahresabschluss bzw. Konzernabschluss angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Erläuterungen zur Bilanz und GuV-Rechnung und sonstige Angaben. Beim Konzernanhang finden sich zusätzlich allgemeine Angaben zum Konzernabschluss, zum Konsolidierungskreis und zu den Konsolidierungsmethoden.[26]

Bezüglich des Inhalts des Anhangs lassen sich die dort enthaltenen Angaben in Pflicht-, Wahlpflicht- und freiwillige Angaben unterscheiden. Bei den Pflichtangaben handelt es sich, wie der Name schon sagt, um Angaben, die im Anhang gemacht werden müssen. Also besteht diesbezüglich kein Wahlrecht oder ähnliches, sondern es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die Angaben dort stattfinden müssen. Die Pflichtangaben sind insbesondere in § 284 HGB als Erläuterungen der Bilanz und GuV – Rechnung und in § 285 HGB als sonstige Pflichtangaben für den Einzelabschluss geregelt. Analog dazu sind die Vorschriften zu den Pflichtangaben für den Konzernanhang insbesondere in §§ 313, 314 HGB zu finden. In den §§ 285 und 314 HGB finden sich jeweils die Regelungen zu den außerordentlichen Geschäften, die den Kern dieser Arbeit bilden. Andere Beispiele zu Pflichtangaben sind Angaben zu Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden gem. § 284 Abs. 2 Nr. 1 bzw. § 313 Abs. 1 Nr. 1 HGB, ausführliche Angaben zu den Abschreibungen gem. § 284 Abs. 3 HGB, Angaben zu Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren gem. § 285 Nr. 1 a) bzw. § 314 Abs. 1 Nr. 1 HGB und viele mehr.[27]

Bei den Wahlpflichtangaben besteht ein Wahlrecht zwischen der Bilanz, der GuV und dem Anhang als Ort der Angabe für bestimmte Sachverhalte. Dazu gehören z. B. Angaben zum aktivierten Disagio gem. § 268 Abs. 6 HGB, Angaben zu außerplanmäßigen Abschreibungen auf den niedrigeren beizulegenden Wert im AV gem. § 277 Abs. 3 S. 1 HGB und einige mehr. Die letzte Kategorie der Angaben – die freiwilligen Angaben – beinhaltet zusätzliche Erklärungen zu den übrigen Angaben im Anhang oder auch zu den anderen Bestandteilen des Abschlusses. Die Voraussetzung ist es, dass diese Angaben in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Jahres- bzw. Konzernabschluss stehen und nicht gegen die Grundsätze, die bei der Erstellung des Jahresabschlusses zu beachten sind, verstoßen. Insbesondere dürfen die freiwilligen Angaben nicht dazu führen, dass die Klarheit und Übersichtlichkeit im Anhang nicht mehr gewährleistet sind.[28]

Für die Anhangangabe der außerbilanziellen Geschäfte bestehen einige größenabhängige Erleichterungen für mittelgroße und kleine Kapitalgesellschaften. Zum einen müssen die kleinen Kapitalgesellschaften i. S. d. § 267 Abs. 1 HGB gar keine Angaben zu den außerbilanziellen Geschäften machen. Dies findet sich in § 288 Abs. 1 Nr. 2 HGB. Die Grenzen für die Bestimmung der Größenklasse finden sich in der Darstellung 2, wobei gem. § 267 HGB jeweils zwei der drei Grenzen überschritten werden müssen, damit die Kapitalgesellschaft nicht mehr für die jeweilige Größenklasse in Frage kommt. Bei der nächsthöheren Klasse darf auf der anderen Seite nur ein Merkmal überschritten werden, damit das Unternehmen zu dieser Größenklasse zugeordnet werden kann. Für die großen Kapitalgesellschaften gelten die Grenzen aus der zweiten Zeile der Darstellung 2.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darstellung 2: Merkmale der Größenklassen der KapGes gem. § 267 HGB.

Quelle: Eigene Darstellung anhand des § 267 HGB.

Für die mittelgroßen Kapitalgesellschaften ist die Regelung des § 285 Nr. 3 HGB in der abgemilderten Form anzuwenden. Es müssen zwar die Art und der Zweck der außerbilanziellen Geschäfte angegeben werden, allerdings brauchen die Risiken und Vorteile aus diesen Geschäften nicht mit angegeben werden. Dies können die Gesellschaften aber freiwillig tun. Für die großen Kapitalgesellschaften existieren in dem Zusammenhang keine Erleichterungen, sondern diese müssen die vollständigen Angaben zu den außerbilanziellen Geschäften leisten, falls diese überhaupt vorliegen.[29]

2.2.3 Zweck der §§ 285 Nr. 3, 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB

Was außerbilanzielle Geschäfte kennzeichnet und wie diese im (Konzern-) Anhang anzugeben sind wurde bereits in den vorigen Abschnitten ausführlich beschrieben. Der Zweck der o. g. Vorschriften wurde ebenso bereits angedeutet, allerdings erfolgt in dem vorliegenden Abschnitt noch eine ausführlichere Auseinandersetzung mit diesem Thema. Dazu muss als Erstes die Frage geklärt werden, warum außerbilanzielle Geschäfte abgeschlossen werden. Ein denkbarer Grund dafür ist die relativ schnelle Beschaffung der liquiden Mittel, was beim Factoring oder bei der Forderungsverbriefung der Fall ist. Es kann auch sein, dass das Unternehmen nicht ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung hat, um eine kapitalintensive Investition in z. B. Fuhrpark oder Anlagen zu tätigen. In diesem Fall kommt das Leasing in Frage, damit das Unternehmen trotzdem die für seine betriebliche Tätigkeit benötigten Gegenstände erhält und diese Tätigkeit somit nicht gefährdet wird. Ein weiterer Grund für den Abschluss außerbilanzieller Geschäfte, der z. B. beim Factoring eine Rolle spielt, ist die Bilanzverkürzung, was wiederum zu einer Verbesserung der Bilanzstruktur oder zu verbesserten Bilanzkennzahlen führen kann. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass je nach Art des Geschäfts auch weitere Gründe vorstellbar sind. Diese müssten je nach Unternehmen in dem Gesamtzusammenhang betrachtet werden und können situationsspezifisch von Unternehmen zu Unternehmen abweichen.[30] Allgemein lassen sie sich in wirtschaftliche, rechtliche, steuerliche und bilanzpolitische Gründe aufteilen. Wenn es beispielsweise um die Beschaffung liquider Mittel geht, liegt ein wirtschaftlicher Zweck vor. Wenn das Unternehmen durch den Abschluss des außerbilanziellen Geschäfts eine rechtliche Vorschrift umgeht, handelt es sich um einen rechtlichen Zweck. Bei den steuerlichen Vorteilen ist es der Fall der steuerlichen Gründe und bei einer Verbesserung der Bilanzkennziffern oder einer Bilanzverkürzung o. ä. geht es um die bilanzpolitische Gründe des Abschlusses.[31]

Als Nächstes gilt es zu untersuchen, welche Risiken und Vorteile die außerbilanziellen Geschäfte mit sich bringen können. Allgemein gesehen kann ein Risiko bzw. ein Vorteil durch den Abschluss eines außerbilanziellen Geschäfts entstehen, wenn dadurch negative bzw. positive Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu beobachten sind.[32] Im Einzelnen hängen die Risiken und Vorteile mit der jeweiligen Art des außerbilanziellen Geschäfts zusammen. Wenn man sich z. B. konkret das Leasing als ein außerbilanzielles Geschäft anschaut, sind einige Vorteile denkbar. Z. B. ist die Liquiditätsbelastung für den Leasingnehmer im Vergleich zum Kauf des Objekts geringer, die Leasingraten können steuerlich als Betriebsausgaben in voller Höhe abgezogen werden. Ein mögliches Risiko für das Unternehmen ist auf der anderen Seite i. d. R. eine höhere Gesamtkostenbelastung, da das Leasing als eine relativ teure Finanzierungsart gilt.[33] So können sich für jede Art des außerbilanziellen Geschäfts verschiedene Risiken und Vorteile für das Unternehmen ergeben.

Zum Schluss geht es um die Kernfrage dieses Abschnitts, und zwar warum gibt es diese Vorschriften zu den außerbilanziellen Geschäften. Die Risiken und Vorteile beziehen sich auf die Liquidität des Unternehmens, auf seine ganz wichtige Fähigkeit die kurz-, mittel- und langfristigen Verbindlichkeiten bezahlen zu können. Somit ist diese Angabe für den Jahresabschluss bzw. Konzernabschluss immer notwendig, falls die außerbilanziellen Geschäfte mit ihren Risiken und Vorteilen erhebliche Auswirkungen auf die gegenwärtige und zukünftige Finanzlage des Unternehmens haben. Es geht außerdem darum, dass die Adressaten des Jahresabschlusses die Finanzlage des Unternehmens richtig beurteilen können, dass also ein richtiges Bild von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens durch den Jahresabschluss bzw. Konzernabschluss mit seinen Bestandteilen abgebildet wird. Durch die Anhangangabe außerbilanzieller Geschäfte werden somit potenzielle Einflüsse dieser Geschäfte auf die Finanzlage des Unternehmens offengelegt. Die Transparenz wird insgesamt erhöht, was z. B. u. a. für (Klein-) Aktionäre von großen Kapitalgesellschaften von Vorteil ist, damit sie einen besseren Überblick über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens bekommen, an dem sie beteiligt sind. Das Gesamtbild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des betreffenden Unternehmens wird vollständiger und die weitere Entwicklung des Unternehmens kann basierend auf allen notwendigen Angaben besser und treffender von allen Bilanzadressaten bzw. -lesern eingeschätzt werden.[34]

2.2.4 Überschneidung mit §§ 285 Nr. 3a, 314 Abs. 1 Nr. 2a HGB

Zu den Vorschriften der §§ 285 Nr. 3, 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB existiert eine Vorschrift zur Angabepflicht für sonstige finanzielle Verpflichtungen, die nicht in der Bilanz enthalten sind, gem. §§ 285 Nr. 3a, 314 Abs. 1 Nr. 2a HGB. Diese Regelung steht in einem sehr engen Zusammenhang mit den Vorschriften zu außerbilanziellen Geschäften. Dort ist es ebenso maßgebend für die Angabe solcher Verpflichtungen, dass diese wichtig für die Beurteilung der Finanzlage des Unternehmens sind. Sonstige außerbilanzielle Verpflichtungen sind z. B. Verpflichtungen aus schwebenden Rechtsgeschäften, Verpflichtungen, die durch staatliche Auflagen entstehen usw. Es kann unter Umständen sein, dass der jeweilige Sachverhalt unter beide Vorschriften fallen könnte, somit würde sich die Abgrenzung schwierig gestalten. Für solche Fälle sah der Gesetzgeber vor, dass Nr. 3 (für den Einzelabschluss) bzw. Nr. 2 (für den Konzernabschluss) jeweils Vorrang vor Nr. 3a bzw. 2a hat.

Diese Problematik kann überwiegend auftreten, wenn sonstige finanzielle Verpflichtungen gem. Nr. 3a bzw. 2a nicht eindeutig von den Risiken der außerbilanziellen Geschäfte gem. Nr. 3 bzw. 2 zu trennen sind. Finanzielle Verpflichtungen wirken sich in den meisten Fällen negativ auf die Liquidität des Unternehmens aus. Somit können sie gleichzeitig zu den Risiken für außerbilanzielle Geschäfte gezählt werden. Eine Doppelerfassung soll auf keinen Fall stattfinden, sondern im Zweifel fällt die Angabe unter außerbilanzielle Geschäfte. Die Beurteilung dessen ist u. U. eine Einzelfallentscheidung.[35]

Es sind weitere Überschneidungen mit anderen Vorschriften möglich, wie z. B. mit sonstigen Pflichtangaben zu Haftungsverhältnissen gem. § 285 Nr. 27 i. V. m. §§ 251, 268 Abs. 7 HGB. Diese umfassen gem. § 251 HGB unter anderem Verbindlichkeiten aus Bürgschaften, Gewährleistungsverträgen, Wechsel- und Scheckbürgschaften usw. In diesem Fall ist die Nr. 27 vorrangig gegenüber der Nr. 3. Allerdings ist dieser Sachverhalt von einer untergeordneten Bedeutung, da er in der Praxis eher selten vorkommt.[36]

3 Beurteilung der Anhangangabe nach HGB anhand ausgewählter Beispiele

Das Ziel des vorliegenden Abschnitts ist es anhand der Jahres- bzw. Konzernabschlüsse ausgewählter Unternehmen zu untersuchen, inwieweit sich Angaben zu außerbilanziellen Geschäften im Anhang bzw. Konzernanhang finden lassen. Falls diese Angaben vorliegen, gilt es zu analysieren, ob diese auch für die jeweilige Größe der Kapitalgesellschaft vollständig sind. Da es sich bei allen in diesem Abschnitt betrachteten Beispielen um große Kapitalgesellschaften handelt, gelten für alle davon keine größenabhängigen Erleichterungen bzgl. der Vorschriften der §§ 285 Nr. 3, 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB. Somit müssen die Angaben jeweils auf Vollständigkeit hinsichtlich der Art, des Zwecks, der Vorteile und Risiken der im Geschäftsjahr vorliegenden außerbilanziellen Geschäfte geprüft werden. Insgesamt werden dabei fünf Beispiele ausführlich analysiert, um die Anhangangabe außerbilanzieller Geschäfte beurteilen zu können. Bei diesen Beispielen geht es um drei Industrieunternehmen: die ThyssenKrupp Steel Europe AG, die Volkswagen AG und die Phadia GmbH, die somit alle zu großen Kapitalgesellschaften zählen. Außerdem wird ein Kreditinstitut, die MLP Finanzdienstleistungen sowie ein Telekommunikationsunternehmen, die Deutsche Telekom AG hinsichtlich des o. g. Themas untersucht. Die Reihenfolge der Beispiele ist dabei willkürlich gewählt. Abschließend wird ein Überblick über die sonstigen gewonnen Erkenntnisse gegeben, wobei hier anhand einiger ausgewählter, eher kleinerer Beispiele argumentiert wird.[37]

3.1 ThyssenKrupp Steel Europe AG

Als Erstes geht es um den größten deutschen Stahlproduzenten aus dem Ruhrgebiet, der ThyssenKrupp Steel Europe AG mit Sitz in Duisburg. Diese ist eine Tochtergesellschaft der ThyssenKrupp AG mit Sitz in Duisburg und Essen. Die ThyssenKrupp AG ist die Mutter- bzw. Obergesellschaft des ThyssenKrupp Konzerns. Für die Analyse der außerbilanziellen Geschäfte wurde der Jahresabschluss der o. g. Tochtergesellschaft zum Geschäftsjahr 01.10.13 – 30.09.14 herangezogen. Das Geschäftsjahr bei beiden Gesellschaften geht vom Oktober eines Jahres bis September nächsten Jahres.

Im Durschnitt waren bei der ThyssenKrupp Steel Europe AG in dem betrachteten Geschäftsjahr 19.504 Mitarbeiter beschäftigt. Die Bilanzsumme lag bei 4.305.500.000 € und die Umsatzerlöse für das Geschäftsjahr 2013 / 2014 beliefen sich auf 7.732.000.000 €.[38] Somit erfüllt das Unternehmen mind. zwei (alle drei) Merkmale für große Kapitalgesellschaften aus der Darstellung 2 und es ist eine große Kapitalgesellschaft gem. § 267 Abs. 3 HGB. Bezogen auf die Anhangangabe der außerbilanziellen Geschäfte bedeutet das, dass es für dieses Unternehmen keine größenabhängigen Erleichterungen gibt, sondern es sind sowohl Angaben zu Art und Zweck als auch zu Risiken und Vorteilen der außerbilanziellen Geschäfte zu tätigen. Das heißt, falls diese Geschäfte vorliegen, müssten die Informationen dazu in einer ausführlichen Form im Anhang vorliegen. Da es sich hier um einen Jahresabschluss handelt, sind die Vorschriften des § 285 Nr. 3 HGB relevant.

Im Anhang der ThyssenKrupp Steel Europe AG finden sich unter dem Punkt „Nicht in der Bilanz enthaltene Geschäfte“ Angaben zu drei Arten der außerbilanziellen Geschäfte mit den jeweiligen näheren Erläuterungen.[39] Zum einen besteht seit Dezember 2011 ein Factoringvertrag mit einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren. Das bedeutet, zum Bilanzstichtag im September 2014 befand sich das Unternehmen noch innerhalb dieser Frist. Außerdem sind die Vorteile des Verkaufs von Forderungen angegeben: die Verbesserung der Liquiditätslage und der Finanzstruktur der Gesellschaft. Also findet sich hier die Angabe zu der Art des Geschäfts (Factoring bzw. Verkauf von Forderungen) und zu den Vorteilen davon. Es fehlen die Angaben zum Zweck und zu den Risiken des Factorings, wobei der Zweck sehr eng mit den Vorteilen zusammenhängt und daraus ableitbar ist. Die Mindestlaufzeit kann ein mögliches Risiko sein, denn während dieser kann das Unternehmen nicht aus dem Vertrag heraustreten. Allerdings ist hierbei ein gewisser Interpretationsraum gegeben, da es nicht explizit als Risiko dargestellt ist.

Zum zweiten enthält der Anhang des Jahresabschlusses des betrachteten Unternehmens Angaben zu einem Koksabnahmeliefervertrag, genauer zu einem Abnahmevertrag für Koks-, Kuppel- und Nebenprodukte mit einer Laufzeit bis 2019. Hierbei wird die Langfristigkeit dieses Vertrags betont, sodass es ebenso auf ein mögliches Risiko für die Gesellschaft hindeutet, z. B. falls es dieser plötzlich finanziell schlecht gehen sollte, muss sie bis 2019 trotzdem bestimmte Mengen an Koks-, Kuppel- und Nebenprodukten abnehmen. Auf der anderen Seite ist der Zweck angegeben, und zwar, dass durch diesen Vertrag langfristig der Bedarf an diesen Produkten für die Koksproduktion sichergestellt werden soll. Dieser langfristige Abnahmevertrag kann zu den take or pay – Verträgen gezählt werden.[40] So finden sich hier Angaben zur Art und zum Zweck des Geschäfts. Die Risiken und Vorteile lassen sich daraus nur indirekt ableiten, so das Risiko aus der Art und der Vorteil aus dem Zweck.

Zuletzt finden sich die Angaben zur Auslagerung von betrieblichen Funktionen, und zwar geht es dabei um Teilaufgaben in den Bereichen Rechnungswesen / Finanzen, Entgeltabrechnung und IT. Auf das Outsourcing wurde im Abschnitt 2.1 noch nicht explizit eingegangen, aber es kann ebenso zu außerbilanziellen Geschäften gezählt werden. Außerdem gehört es heutzutage weltweit zur gängigen Praxis von vielen Unternehmen. Im Fall der ThyssenKrupp Steel Europe AG haben die Verträge bzgl. der ausgelagerten Funktionen eine unbestimmte Laufzeit. Diese Verträge haben den Zweck der Vereinheitlichung der Prozessabläufe im Konzern. Als Vorteil davon sind die Effizienzgewinne genannt. Bei diesem Punkt ist es also ähnlich wie beim Factoring und bei dem langfristigen Abnahmevertrag, dass die Angaben nicht ganz vollständig sind. Es finden sich Angaben zur Art, zum Zweck und zu den Vorteilen dieses außerbilanziellen Geschäfts. Bis auf die unbestimmte Laufzeit, was hier wiederum einen Interpretationsspielraum zulässt, sind keine Angaben zu Risiken gemacht worden.

Insgesamt gesehen ist die Anhangangabe der außerbilanziellen Geschäfte der vorliegenden großen Kapitalgesellschaft relativ ausführlich und übersichtlich. Die GoB werden ebenso eingehalten. Die Arten der Geschäfte werden genannt und es wird auch auf den Zweck und die Vorteile eingegangen. Zum Teil können der Zweck oder die Vorteile nur indirekt aus anderen Angaben abgeleitet werden. Die Angabe der Risiken ist eher unzureichend, auf diese kann man teilweise höchstens indirekt oder gar nicht schließen. Somit entsteht hier der Eindruck, dass die Lage zu positiv dargestellt werden soll, weil nur positive Seiten angesprochen und das Negative nur vorsichtig und indirekt (z. B. in Form von Langfristigkeit der Verträge) behandelt wird, wobei sich dort wiederum Interpretationsfreiräume anbieten. Es kann auch sein, dass von den Adressaten des Jahresabschlusses erwartet wird, dass die Risiken bzw. die Nachteile der hier vorliegenden außerbilanziellen Geschäfte auch so für jeden klar sind, sodass auf die Benennung solcher verzichtet werden kann.[41]

3.2 Volkswagen AG

Dieser Abschnitt widmet sich einem weiteren Beispiel, und zwar dem größten deutschen Unternehmen (Stand: 2014), dem Volkswagen Konzern mit Sitz in Wolfsburg.[42] Dieser gehört zu weltweit führenden Mehrmarkenkonzernen der Automobilindustrie, wobei die Konzernbereiche aus Automobile und Finanzdienstleistungen bestehen. Die Volkswagen AG ist die Muttergesellschaft des Konzerns. Die jüngsten Abgas-Skandale bzgl. Volkswagen Konzerns sollen hier außer Acht gelassen werden, zudem sind die möglichen Auswirkungen davon frühestens in den Abschlüssen für das laufende Jahr 2015 zu sehen. Für diese Arbeit wird der Konzernabschluss der Volkswagen AG zum Geschäftsjahr 01.01.2014 bis zum 31.12.2014 herangezogen und bezüglich der Anhangangabe zu den außerbilanziellen Geschäften analysiert. Das Geschäftsjahr ist bei der Volkswagen AG das jeweilige Kalenderjahr. Da es sich hier um einen Konzernabschluss handelt, gelten hierfür die Vorschriften bzgl. der Anhangangabe außerbilanzieller Geschäfte gem. § 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB.

Im Jahresdurchschnitt betrug die Mitarbeiteranzahl der Volkswagen AG 583.423. Die Bilanzsumme lag bei 351.209.000.000 € und die Umsatzerlöse des Geschäftsjahres 2014 betrugen 202.458.000.000 €.[43] Da es sich hier um das größte deutsche Unternehmen handelt, ist es auch ohne die Überprüfung der Merkmale für die Größe der Kapitalgesellschaften klar, dass es sich um eine große Kapitalgesellschaft gem. § 267 Abs. 3 HGB handelt. Die Merkmale übersteigen außerdem deutlich die entsprechenden Zahlen der ThyssenKrupp Steel Europe AG, und diese war schon deutlich über die Grenzen für mittelgroße Gesellschaften, somit gilt die Volkswagen AG als eine große Kapitalgesellschaft. Daraus folgt, dass hier ebenso keine größenabhängigen Erleichterungen greifen, sondern es sind vollständige Angaben zu Art und Zweck sowie Risiken und Vorteilen der außerbilanziellen Geschäfte zu machen.

Der Konzernanhang der Volkswagen AG beinhaltet Angaben zu zwei Arten der außerbilanziellen Geschäfte.[44] Zum einen geht es dabei wie bei der ThyssenKrupp Steel Europe AG um das Factoring. Dazu wurde die Höhe angegeben. Außerdem wurde angeführt, dass das Kreditrisiko beim Volkswagen Konzern verblieben ist. Weitere Angaben dazu lagen nicht vor, somit fehlen jegliche Angaben zum Zweck und zu den Vorteilen.

[...]


[1] Vgl. Poelzig (2013a), Rn. 29, 39; mehr zu den Zielen und Zwecken der §§ 285 Nr. 3, 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB s. Abschnitt 2.2.3 dieser Arbeit.

[2] Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/133/rechtsgeschaefte-v7.html (Stand: 17.11.2015); Poelzig (2013), Rn. 33.

[3] Vgl. Winnefeld (2015), Rn. 120; Poelzig (2013a), Rn. 34.

[4] Vgl. Poelzig (2013a), Rn. 35.

[5] Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/6859/leasing-v11.html (Stand: 17.11.2015).

[6] Vgl. Senger / Maier (2013), Rn. 18.

[7] Vgl. http://welt-der-bwl.de/Factoring (Stand: 17.11.2015).

[8] Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/326719/take-or-pay-vertrag-v3.html (Stand: 17.11.2015).

[9] Vgl. Ortseifen (2005), http://www.handelsblatt.com/unternehmen/mittelstand/abs-haelt-einzug-in-die-mittelstandsfinanzierung-forderungsverbriefung-schafft-liquiditaet/2488546.html (Stand: 17.11.2015).

[10] Vgl. http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/pensionsgesch%C3%A4ft/pensionsgesch %C3%A4ft.htm (Stand: 17.11.2015).

[11] Vgl. http://www.wirtschaftslexikon24.com/d/konsignationslager/konsignationslager.htm (Stand: 17.11.2015).

[12] „…offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, bei denen nicht wenigstens ein persönlich haftender Gesellschafter 1. eine natürliche Person oder 2. eine offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder andere Personengesellschaft mit einer natürlichen Person als persönlich haftendem Gesellschafter ist oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.“

[13] Vgl. Weber (2015), Rn. 2.

[14] S. § 297 Abs. 1 HGB.

[15] Vgl. Böcking / Gros / Schurbohm / Ebneth (2014), Rn. 5, Weber (2015) Rn. 1.

[16] Zu den Funktionen des Anhangs s. Abschnitt 2.2.1 dieser Arbeit.

[17] S. § 297 Abs. 3 S. 1 HGB; vgl. dazu auch Poelzig (2013b), Rn. 16, Coenenberg / Haller / Schultze (2009), S. 596.

[18] Vgl. Liebscher (2015), Rn. 1325.

[19] Vgl. Poelzig (2013b), Rn. 13 - 14, 24.

[20] Ebenda, Rn. 25 – 28.

[21] Vgl. Kessler (2013), Rn. 9.

[22] Vgl. Kessler (2013), Rn. 10, Deussen (2015), Rn. 17 – 18.

[23] Vgl. Kessler (2013), Rn. 11; Coenenberg / Haller / Schultze (2009), S. 857 – 858, 863.

[24] Vgl. Kessler (2013), Rn. 12, Deussen (2015), Rn. 19 – 20; Coenenberg / Haller / Schultze (2009), S. 864.

[25] Vgl. Poelzig (2013b), Rn. 17 – 18.

[26] Vgl. Coenenberg / Haller / Schultze (2009), S. 859.

[27] Vgl. Kessler (2013), Rn. 25 – 30; Weber (2015), Rn. 6; Poelzig (2013b), Rn. 20.

[28] Vgl. Kessler (2013), Rn. 25, 34 – 35, 42 – 43; Weber (2015), Rn. 6 – 7; Poelzig (2013b), Rn. 20.

[29] Vgl. Poelzig (2013a), Rn. 30.

[30] Vgl. Winnefeld (2015), Rn. 120.

[31] Vgl. Poelzig (2013a), Rn. 45.

[32] Ebenda, Rn. 43.

[33] Vgl. http://www.foerderland.de/finanzen/leasing/vor-und-nachteile-des-leasings/ (Stand: 17.11.2015).

[34] Vgl. Grottel (2014), Rn. 21, 36 – 37; Poelzig (2013a), Rn. 29.

[35] Vgl. Poelzig (2013a), Rn. 47; Coenenberg / Haller / Schultze (2009), S. 865 – 866.

[36] Vgl. Poelzig (2013a, Rn. 48.

[37] Dieser Abschnitt basiert auf Informationen aus dem Jahresabschluss der ThyssenKrupp Steel Europe AG, Duisburg, GJ 2013 / 2014 und dem Konzernabschluss der ThyssenKrupp AG, Duisburg und Essen, GJ 2013 / 2014.

[38] S. Darstellung A im Anhang.

[39] Ebenda.

[40] S. Abschnitt 2.1 dieser Arbeit.

[41] Dieser Abschnitt basiert auf Informationen aus dem Konzernabschluss der Volkswagen AG, Wolfsburg, GJ 2014.

[42] Vgl. http://www.finanzen.net/top_ranking/top_ranking_detail.asp?inRanking=790&inPos=20 (Stand: 02.12.2015).

[43] S. Darstellung B im Anhang.

[44] Ebenda.

Ende der Leseprobe aus 48 Seiten

Details

Titel
Außerbilanzielle Geschäfte. Was sind sie und wie ist ihre Anhangangabe nach §§ 285 Nr. 3, 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB zu beurteilen?
Hochschule
Universität Bielefeld
Veranstaltung
Ausgewählte Probleme der internationalen Rechnungslegung
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
48
Katalognummer
V313415
ISBN (eBook)
9783668146488
ISBN (Buch)
9783668146495
Dateigröße
813 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anhang, Jahresabschluss, Außerbilanzielle Geschäfte
Arbeit zitieren
Doris Belz (Autor:in), 2015, Außerbilanzielle Geschäfte. Was sind sie und wie ist ihre Anhangangabe nach §§ 285 Nr. 3, 314 Abs. 1 Nr. 2 HGB zu beurteilen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/313415

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