Contemporary Problems of Democratic Political Systems, Germany


Dossier / Travail de Séminaire, 2003

20 Pages, Note: 1,0


Extrait


Gliederung

1 Einleitung und Fragestellung

2 Das politische System der Bundesrepublik Deutschland
2.1 Das Wahlsystem
2.2 Der Bundestag
2.3 Der Bundesrat

3 Konflikt zwischen Bund und Länder: Föderalismus
3.1 Föderalismus in Europa: Die BRD im Prozess der europäischen Integration

4 Konflikt zwischen Staat und neo-liberaler Wirtschaftspolitik
4.1 Der demografische Wandel in Deutschland
4.2 Die Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme

5 Fazit: Reformland Deutschland
5.1 Agenda 2010: Der Beginn einer Reform?

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung und Fragestellung

„Denn ihr Deutschen, ihr seid tatenarm und gedankenvoll“ (Hölderlin)

Strukturwandel, demografischer Wandel und die Veränderungen am Arbeitsmarkt sind nur einige der Faktoren, die in Deutschland die Notwendigkeit von Reformen verdeutlichen. Lange Zeit war es ein Kennzeichen deutscher Politik, langfristige Entwicklungen außer Acht zu lassen und schwierige Reformen durch „Aussitzen“ zu umgehen. Doch diese Taktik trifft jetzt an ihre Grenzen. Der Aufbau eines enormen Reformstaus hat eine Krise in fast allen Bereichen zur Folge, was sich z. B. in der Überstrapazierung des sozialen Sicherungssystems ausdrückt, welches durch steigende Beiträge und Leistungskürzungen gekennzeichnet ist. Es stellt sich dabei die Frage, ob dieses umlagefinanzierte System angesichts einer ständig älter werdenden und vor allem schrumpfenden Bevölkerung überhaupt noch tragbar ist? Oder bedarf es neuer Systeme, die diesen seit ihrer Schaffung stark veränderten Rahmenbedingungen besser angepasst sind? Auch auf der politischen Ebene kommt es verstärkt zu einer Art Wandel. Der Bundesrat besitzt heute zwei Funktionen: Zum einen die der Artikulation der Länderinteressen und immer öfter dient er zum anderen auch der Opposition zur Durchsetzung ihrer Politik. Ist der Wandel der Funktion dieser Institution überhaupt verfassungskonform und kann der Bundesrat trotzdem seine ursprüngliche Funktion als Länderkammer weiterhin wahrnehmen? Ist er weiterhin ein Instrument des Föderalismus? Und wie beeinflusst der deutsche Föderalismus den europäischen Integrationsprozess Deutschlands?

Diese Arbeit betrachtet im ersten Teil das politische System der Bundesrepublik Deutschland und konzentriert sich dabei insbesondere auf die Darstellung der legislativen Institutionen und die Herausarbeitung der Reformpotentiale jener Institutionen. Dabei wird verstärkt die Rolle des Bundesrates und des Föderalismus hervorgehoben. Erfüllt der Bundesrat noch seinen ursprünglichen Zweck als Vertretung der Länderinteressen und ist der Föderalismus im Europäischen Integrationsprozess zeitgemäß oder kann er gar eine Vorbildfunktion für den Integrationsprozess übernehmen? Oder stellt der Bundesrat heutzutage eher ein Instrument der Opposition dar, mit dem diese sich im politischen Gesetzgebungsprozess ihren Einfluss sichern will?

Der zweite Teil widmet sich den gesellschaftlichen Problemen, die sich Deutschland bieten. Dabei werden insbesondere der Einfluss und die Auswirkungen des „Demografischen Wandels“ betrachtet. Welche Folgen ergeben sich daraus für den Sozialstaat Deutschland und welche Reformansätze gibt es?

Am Ende der Arbeit wird eine Bewertung vorgenommen und dabei auch auf die gerade aktuelle Debatte um die sog. „Agenda 2010“ von Bundeskanzler Schröder zur Reformierung Deutschlands eingegangen.

2 Das politische System der Bundesrepublik Deutschland

Das politische System der Bundesrepublik besteht aus dem Parlament (Bundestag) und der Länderkammer (Bundesrat), der Bundesregierung, sowie dem Bundesgerichtshof. Im Folgenden werden die am Gesetzgebungsprozess beteiligten Institutionen erläutert und genauer betrachtet. Eine Konzentration auf diese ist sinnvoll, da Reformen – sowohl politischer Institutionen als auch Reformen des Sozialstaats – im Bundestag und Bundesrat entstehen und durch diese auch durchgesetzt werden. Dem Bundesverfassungsgericht kommt dabei eine externe Rolle zu, nach der jenes die Gesetzesvorhaben bei begründeter Klage auf Verfassungskonformität prüft und somit nicht aktiv in den Reformprozess eingreifen kann.

Der Vollständigkeit halber wird im Vorwege kurz das Wahlsystem der Bundesrepublik Deutschland behandelt.

2.1 Das Wahlsystem

Das Wahlsystem hat einen großen Einfluss auf die Ausgestaltung der gesetzgeberischen Institutionen. Dabei wird nur der Bundestag direkt vom Volk gewählt, während der Bundesrat aus Mitgliedern der Landesregierungen besteht. Die Bundesrepublik Deutschland besitzt ein sog. „mit einer Personenwahl verbundenes Verhältniswahlsystem“[1].

Während zwischen 1949 und 1953 die Wähler nur über eine Stimme verfügten, besteht seit 1953 ein Zweistimmensystem. Demnach entscheidet die Erststimme mittels relativer Mehrheit über einen Wahlkreiskandidaten, während mit der Zweitstimme die Landesliste von Parteien mittels des Proporzes gewählt wird. Übersteigt die Zahl der direkt gewählten Vertreter die der Listenplätze einer Partei kommt es zur Verteilung sog. „Überhangmandate“, die diese Differenz ausgleichen.

Entscheidendes Element des deutschen Wahlsystem ist die sog. Fünf-Prozent-Klausel. Während in den Anfangsjahren der Bundesrepublik diese Klausel nur auf die Landeslisten beschränkt war, wurde die Regel 1953 und 1956 verschärft, so dass nunmehr jede Partei bundesweit 5 % der Stimmen benötigt oder drei Direktmandate, um in den Bundestag einzuziehen. Besonders in den Anfangsjahren führte diese Neuregelung zu einem hohen „Verlust“ von Zweitstimmen, da diese noch immer an Parteien gegeben wurden, die unter die Fünf-Prozent-Klausel fielen. Erst ab 1972 schienen sich die Wähler an dieses Instrument gewöhnt zu haben und der Anteil der verlorenen Stimmen sank auf 0,9 % (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: „Verlorene“ Zweitstimmen im Zeitraum 1953 bis 1972.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: von Beyme, K.: a. a. O., S. 85, eigene Darstellung.)

Durch die Fünf-Prozent-Klausel wird das Zusammenhalten von Parteien gestärkt. Besonders die kleinen Parteien sind davon betroffen, da sie bei einer Spaltung damit rechnen können, dass sie ihre Sitze im Bundestag verlieren (Bsp.: Partei der Grünen in ihren Anfangsjahren – eine Spaltung hätte sie in die politische Bedeutungslosigkeit zurückgeworfen). Insgesamt steht fest, dass das deutsche Verhältniswahlrecht die Bildung von größeren Parteien begünstigt. Seit 1953 gibt es keinen parteilosen Abgeordneten mehr im Bundestag.

2.2 Der Bundestag

Der Bundestag ist ein autonomes und das oberste Staatsorgan, „das keiner Aufsicht unterliegt, an keine Weisungen gebunden werden kann und seine eigenen Angelegenheiten regelt“.[2]

Der Bundestag wird alle vier Jahre direkt vom Volk gewählt und besteht derzeit aus 603 Mitgliedern. Aufgrund der direkten Wahl vom Volk verfügt der Bundestag über eine sehr hohe demokratische Legitimation.[3] Aus dem Bundestag geht die Regierung hervor. Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestag gewählt und besitzt so eine starke Position und eine hohe Legitimation durch das Volk, da dieses direkt die Zusammensetzung des Bundestages bestimmt. Die Regierung ist somit ein Teil des Bundestages und nicht-parlamentarische Regierungsmitglieder sind praktisch nicht mehr vorhanden. Hieraus ergibt sich auch das erste Charakteristikum für das deutsche Parlament, das auf die meisten parlamentarischen Regierungsformen zutrifft – eine Einschränkung der Gewaltenteilung. Die Exekutive ist hier ein Teil der Legislative und somit sind die Funktionen nicht mehr klar getrennt. Bei dieser Art der Gewaltenverschränkung besitzt die Opposition keine wirkliche Kontrollfunktion, da ihr politischer Einfluss im Bundestag eher gering ist. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse, die immer zu Ungunsten der Opposition stehen, kann sie nicht aktiv auf die Regierungsarbeit einwirken und stellt somit vielmehr eine Art „Regierung auf Abruf“[4] dar, die versucht, die aktuelle Regierung durch kritische Beobachtungen und Diskussionen zu kontrollieren, bzw. Alternativen aufzuzeigen und Fehler der Regierung bloßzustellen. Weiterhin bleibt zu beachten, dass verschiedene Verbände und vor allem Gewerkschaften einen großen Einfluss im Bundestag besitzen, da ca. 40 % der Abgeordneten Gewerkschaftsmitglieder sind, was zu einer Überrepräsentation dieser Gesellschaftsgruppe im Bundestag führt.

Der Bundestag kontrolliert die Regierung nicht direkt, sondern nur durch Diskussionen und Fragestunden. Es besteht die Möglichkeit die Regierung in kleinen Anfragen und Fragestunden, Aktuellen Stunden, etc. Stellung zu Problemen und Thematiken nehmen zu lassen, sowie mit einer ¼-Mehrheit Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Des weiteren besitzt er mit dem Budgetrecht und dem „konstruktiven Misstrauensvotum“ zwei starke Kontrollinstrumente.[5] Da bis heute jede Regierung der Bundesrepublik aus einer Koalition bestand, kommt vor allem dem kleineren Partner eine verhältnismäßig große Gewichtung zu. Durch Konflikte in der Regierungskoalition kam es erst einmal in der bisherigen Geschichte des Bundestages zu einem erfolgreichen konstruktiven Misstrauensvotum (1982 gegen Helmut Schmidt). Hierbei entzog der kleinere Koalitionspartner dem Großen das Vertrauen und wechselte in eine Koalition mit der Opposition. Auch mit dem Haushaltsrecht – das heißt, jedes Jahr muss der Bundesfinanzminister seinen Haushalt durch den Bundestag genehmigen lassen – kann der Bundestag großen Einfluss auf die Regierung ausüben – sofern die Regierungskoalition zu spalten ist. Obwohl diese beiden starken Instrumente schwer einzusetzen sind, bewirkt allein schon die potenzielle Möglichkeit des Einsatzes, dass die Regierung der Opposition möglichst keine Ansatzmöglichkeit bietet (sog. „Gesetz der antizipierten Reaktion“).

Der Bundestag gilt im Prinzip als eine Mischform des Redeparlaments Großbritanniens und des Arbeitsparlaments der USA[6], wo ein großer Teil der Arbeit in Ausschüssen erledigt wird und die Ergebnisse zur Abstimmung ins Parlament gestellt werden. Aufgrund der kurzen Wahlzyklen (das Problem der Landtagswahlen spielt hier noch verstärkend hinein und wird im folgenden Kapitel näher behandelt) steht die Regierung permanent unter Druck, outputs zu generieren, die vom Wähler honoriert werden. Eher „negativ“ besetzte Themen werden so verdrängt und auf die nächste Generation verschoben.[7] Weiterhin kam es in den letzten Jahren zunehmend zum Einsatz von Kommissionen, um politisch problematische Themen zu bearbeiten (z. B. Rürupkommission). Diese Verlagerung der Arbeit von Ausschüssen, die aus Parlamentariern bestehen, in Kommissionen, die aus „externen“ Mitgliedern zusammengesetzt sind, kann als Anzeichen für ein Funktionsproblem der Einrichtung des Bundestages gesehen werden, da diese jeglicher demokratischen Legitimation entbehren.

[...]


[1] Vgl. von Beyme, K.: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland nach der Wiedervereinigung. 7.., vollständig überarbeitete Ausgabe, München 1993, S. 83.

[2] Oberreuter 1995, zitiert in Gerlach: I.: Bundesrepublik Deutschland. Entwicklung, Strukturen und Akteure eines politischen Systems, 2. Auflage, Opladen 2002, S. 175.

[3] Vgl. Gerlach, I.: ebda., S. 154.

[4] Vgl. von Beyme, K.: a. a. O., S. 275 ff.

[5] Gerlach, I.: a. a. O., S. 179.

[6] Vgl. von Beyme, K.: a. a. O., S. 262.

[7] Vgl. Gerlach, I.: a. a. O., S. 203.

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Contemporary Problems of Democratic Political Systems, Germany
Université
Christian-Albrechts-University of Kiel  (Institut für Politische Wissenschaft)
Cours
Comparative Politics - Contemporary Problems of Democratic Political Systems
Note
1,0
Auteur
Année
2003
Pages
20
N° de catalogue
V31365
ISBN (ebook)
9783638323994
Taille d'un fichier
527 KB
Langue
allemand
Annotations
Die Arbeit befasst sich mit gegenwärtigen Problemen im politischen und gesellschaftlichen Systems Deutschlands. Hierbei wird u. a. das politsche System kurz erläutert und auf das Föderalismusproblem in Deutschland eingegangen wie auch auf das Problem des demografischen Wandels.
Mots clés
Contemporary, Problems, Democratic, Political, Systems, Germany, Comparative, Politics, Contemporary, Problems, Democratic, Political, Systems
Citation du texte
Kai Plassmeier (Auteur), 2003, Contemporary Problems of Democratic Political Systems, Germany, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31365

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