Der interne Entscheidungsprozess der US-Golfpolitik 1990 - 1998


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

25 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I. Der außenpolitische Entscheidungsprozess in den USA
1. Der Präsident
2. Der Kongress
3. Zentrale Problemstellungen

II. Fallstudien zur Golfpolitik der USA zwischen 1990 und
1. George Bush sr. und der Kongress im II. Golfkrieg
2. Golfpolitik im Zeichen des Wechsels im Weißen Haus und im Kapitol
3. Bill Clinton, der Kongress und das Ende der Containment-Politik

III. Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Der Entscheidungsprozess der Außenpolitik der Vereinigten Staaten ist vorwiegend ein Aushandlungsprozess im Spannungsfeld zwischen Kongress, Präsident und Öffentlichkeit. Die Hauptfrage, die ich in dieser Arbeit untersuchen möchte ist, ob einer der Hauptakteure, Präsident oder Kongress, im Aushandlungsprozess der US-Golfpolitik eine führende Rolle übernehmen konnte. Zeitlich möchte ich mich auf die Jahre 1990 bis 1998, also auf die Regierungszeiten der Präsidenten George Bush Sr. und Bill Clinton beziehen. Dieser Zeitraum ist besonders interessant, weil er verschiedene Mehrheits- und Parteienkonstellationen bezüglich Kongress und Präsidentenamt hervorbrachte.

Bei der im ersten Teil der Arbeit geführten allgemeinen Systemanalyse gehe ich auf die beiden Hauptakteure näher ein und münde in der Kristallisation zweier Konfliktfelder zwischen Administration und Kongress. Ich möchte mich auf zwei Felder beschränken, die für die Außenpolitik besonders wichtig sind. Es ist zum einen der Konflikt um die war powers und zum anderen das Budgetrecht des Kongresses. Diese beiden Problembereiche werden dann im zweiten, speziellen Teil der Arbeit anhand dreier Fallstudien näher untersucht. Sie beziehen sich auf die Zeiträume 1990-1992, 1993-1995 und 1996-1998. Über diese Studien möchte ich dann zur Beantwortung meiner Eingangs gestellten Frage gelangen.

Für die Systemanalyse stütze ich mich überwiegend auf das Standardwerk von Herbert Dittgen „Amerikanische Demokratie und Weltpolitik: Außenpolitik in den Vereinigten Staaten“, auf Veröffentlichungen des Congressional Quarterly, sowie den Verfassungstext selbst. Für den speziellen Teil konnte ich auf diverse Berichte des Congressional Research Services zugreifen. Außerdem waren Texte von Zbigniew Brzezinski, Brent Scowcroft, Robert Litwak und Jürgen Wilzewski wichtige Bereicherungen meines Wissens.

I. Die Hauptakteure im außenpolitischen Entscheidungsprozess der USA

1. Der Präsident

Die Durchführung der Außenpolitik im präsidentiellen politischen System der Vereinigten Staaten von Amerika obliegt laut Verfassung der Exekutive. Die alleinige Verantwortung für die Durchführung der Außenpolitik liegt beim Präsidenten als Chef der Exekutive. Ihm unterstehen die Ministerien, das Executive Office und die Behörden des Bundes. Für die Außenpolitik von besonderem Interesse sind hierbei das Verteidigungsministerium, das Außenministerium und der Nationale Sicherheitsrat. Das allgemeine Recht zur Durchführung der Außenpolitik leitet sich aus der übertragenen exekutiven Gewalt in Artikel 2 der Verfassung ab. Der Präsident ist gewissermaßen das Gesicht der durchgeführten Politik und somit auch der Außenpolitik. Er empfängt Botschafter und Gesandte anderer Staaten und ist befugt internationale Verträge abzuschließen. Diese erhalten allerdings nur Gültigkeit, wenn der Senat bereit ist, den Vertrag mit 2/3-Mehrheit zu ratifizieren. Ebenso eingeschränkt zeigt sich die Berechtigung des Präsidenten Botschafter zu ernennen.[1] Es bleibt aber dabei, dass der Präsident die öffentliche Aufmerksamkeit genießt und seine Auftritte gezielt einsetzen kann. Moderne Außenpolitik ist aber nicht von einer einzelnen Person zu meistern. Die außenpolitische Bürokratie ist dem Präsidenten dabei ein wichtiges Hilfsmittel. Dazu gehören die schon erwähnten Ministerien, der Nationale Sicherheitsrat, die Geheimdienste und Berater im präsidentiellen Umfeld. Zu hohem Einfluss brachte es beispielsweise der Sicherheitsberater. Der Präsident bringt im Idealfall diese Bürokratie zum funktionieren Er ist der Manager der Exekutive. Und es liegt an ihm ob der außenpolitische Entscheidungsprozess effektiv gestaltet wird. Er sollte den Aufwand so gering wie möglich halten und den institutionellen Konflikt mit dem Kongress aber auch innerhalb der Exekutive möglichst verhindern. Wenn er das schafft steht einem schnellen Entscheidungsprozess nichts im Wege. Doch treten immer wieder Probleme auf, die den Prozess beeinflussen. Zum Einen sind bekanntlich die Interessen des Kongresses stark fragmentiert. So lassen zumeist nur schwer Kompromisse finden. Zum Anderen ist die Persönlichkeit des Präsidenten entscheidend, in wie weit er vermittelnd zwischen den Interessen auftritt und wie gut seine Führungsstärke ausgeprägt ist.[2]

Ein Beispiel für das Management des Präsidenten ist der für die Durchführung der Außenpolitik elementarer Verteidigungshaushalt. Allein durch die schiere Größe und Komplexität ist der direkte Einfluss des Präsidenten beschränkt. Der Verteidigungsminister wird vom Präsidenten beauftragt einen Verteidigungshaushalt zu erarbeiten. Dieser nutzt dazu alle Ressourcen der Bürokratie und trägt alle militärischen Notwendigkeiten zusammen. Auch ermittelt er Prioritäten und Ziele. Der Einfluss des Präsidenten liegt nicht im Detail, sondern im Setzen allgemeiner Linien und Zielen im Bereich der nationalen Sicherheit. Die Verteidigungspolitik des Präsidenten beeinflusst auch, welche Programme gestartet bzw. unterstützt werden. Dabei agiert er mitunter als Schiedsrichter zwischen dem Verteidigungsministerium, dass bestimmte Gelder für die Nationale Sicherheit beansprucht, und dem Office of Management and Budget, dass die Gesamtausgaben überwachen soll. Wenn die Administration dann den Verteidigungshaushalt dem Kongress vorlegt wird der komplexe Prozess der Kompromissfindung zwischen Präsident (Exekutive), Kongress und den Militärs fortgesetzt.[3] Um den Verteidigungshaushalt „sorgen“ sich eine Reihe von Interessengruppen. Allen voran die mächtige Waffenlobby. Als großer Arbeitgeber in manchen Regionen der USA kann sie nicht übergangen werden.[4] Als Lobby versuchen sie über alle Entscheidungsträger Einfluss auf den Verteidigungshaushalt zu nehmen.

Artikel 2 der Verfassung erklärt den Präsidenten zum Commander in Chief, dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Genauer wird die Verfassung bezüglich der Rechte zur Kriegsführung beim Präsidenten nicht. Den Krieg erklären kann er nicht, denn die Befugnis über Krieg und Frieden zu entscheiden wird in Artikel 1 dem Kongress zugesprochen.[5] Die Verfassungsväter sahen die potentielle Gefahr einer Tyrannei, wenn militärische und exekutive Macht in einer Hand liegen würden. Deswegen teilten sie die militärische Macht, die war powers, zwischen Kongress und Präsident. Objektiv betrachtet musste der Oberbefehl dem Präsidenten zugesprochen werden, denn in Krisensituationen sind schnelle und flexible Entscheidungen nötig, die mit einem langen parlamentarischen Entscheidungsweg nicht möglich sind. Die Initiative zu militärischen Konflikten liegt also beim Kongress mit seinem Recht to declare war. Der Präsident soll die USA gegen plötzliche Angriffe verteidigen.[6] In Krisensituationen ist der Präsident derjenige der Entscheidungen trifft. Aber die USA befinden sich nicht ständig in einer Krise. Trotzdem zeigt sich, dass die Präsidenten ein Selbstverständnis von einer Vorherrschaft im außenpolitischen Entscheidungsprozess entwickelt haben, auch außerhalb von Krisen.

Die wichtigsten militärischen Operationen, die der Präsident in Friedenszeiten befehligt, sind Rettungsaktionen amerikanischer Staatsbürger und Operationen zur Wahrung oder zum Schutz amerikanischer Interessen. Präsidenten weigern sich für solche Einsätze die Notwendigkeit einer Autorisation durch den Kongresses einzuholen. Diese Weigerung beruht auf ihrer Interpretation des Commander-in-Chief. Auch sind die meisten Operationen längst abgeschlossen, ehe der Kongress davon erfährt. Militärische Kräfte sind aber nicht nur aktiv Mittel der Außenpolitik, sondern können auch durch bloße Anwesenheit potentielle Aggressoren abschrecken, Handelspartner beeindrucken, Alliierte unterstützen und in internationalen Konflikten Verhandlungen fördernd wirken.[7] Truppen in Krisengebiete zu verlegen, hat bisher auch fast jeder Präsident als außenpolitisches Mittel genutzt.

Die Nutzung des Militärs in „Friedenszeiten“ wirft aber eine Frage auf: Ab wann wird der Militärische Kampfeinsatz zum Schutze nationaler Interessen zum nichterklärten Krieg, der vom Kongress Sanktionen erfordern würde? Aus dieser Frage entsteht eine Konfliktlinie zwischen Kongress und Präsidenten. Präsidenten fanden bisher Wege die Nation und somit auch den Kongress über kurze Kampfeinsätzen in Kriege zu führen, wenn sie es für nötig erachteten.

Besonders in den Jahren des Kalten Krieges schien es selbstverständlich, dass die Administration des Präsidenten die Politik gegenüber der Bedrohung durch den Kommunismus formulierte und durchführte und der Kongress dieser Politik folgte. Der Kongress stellte sich nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst hinter den Präsidenten, folgte dessen Entscheidungen ohne Einspruch. Die Präsidentschaft wurde zur „imperialen Präsidentschaft.“ „Imperial“ zum einen, weil die Präsidenten versuchten sich der Kontrolle durch die Öffentlichkeit und den Kongress zu entziehen und zum anderen weil die Verhältnisse innerhalb der Exekutive nicht demokratisch waren.[8] Bis heute sind sie es nicht. Die Exekutive ist kein Kollegialorgan und auch nicht dem Kongress verantwortlich. Vielmehr ist der Präsident das Zentrum der Exekutive um das sich alles dreht.[9] Der Kongress billigte das Selbstverständnis des Präsidenten zunächst, doch nach den gefährlichen Auswüchsen im Umfeld des Vietnamkrieges und des Watergate-Skandals, versuchte er den Präsidenten wieder einzuschränken und seine Kontrollfunktion effektiver auszuüben. Das Ergebnis seiner Bemühungen war die War Powers Resolution von 1973, die kein Präsident bisher anerkannte.[10] Diese Resolution ist gewissermaßen ein Antwort auf die von mir zuvor gestellte Frage.

2. Der Kongress

Der Kongress erhielt von den Verfassungsvätern ebenfalls außenpolitische Machtkompetenzen zugeschrieben. Ganz im Sinne des Prinzips von cecks and balances soll eine Konzentration von Macht verhindert werden, denn man fürchtete den Machtmissbrauch durch den Präsidenten. So regelt der Kongress den Handel mit anderen Ländern, erhebt Zölle und regelt die Einwanderung. Er ist berechtigt Streitkräfte aufzustellen, zu unterhalten und zu organisieren und besitzt das alleinige Recht, anderen Staaten den Krieg zu erklären. Der größere Anteil der war powers ging in der Verfassung somit an den Kongress. Die Rechte des Kongresses werden wesentlich detaillierter beschrieben als die des Präsidenten.[11] Der Konflikt um die war powers, wie er zu Zeiten Präsident Nixons wieder entbrannte, zeigte eines: Der Kongress hatte seine Rolle als Kontrollinstanz vernachlässigt und dem Präsidenten den Freiraum gelassen sich die Vorherrschaft im Entscheidungsprozess der Außenpolitik zu sichern.

[...]


[1] Vgl. Dittgen, Herbert, Amerikanische Demokratie und Weltpolitik: Außenpolitik in den Vereinigten Staaten, Paderborn u.a. 1998, S.54f.

[2] Vgl. Diller, Daniel C./ Wirls, Stephen H., Chief Diplomat, in: Nelson, Michael (Hrsg.), Congressional Quarterly´s guide to the Presidency, vol. II., 2nd ed., Washington 1996, S. 614-623.

[3] Zum weiteren Verlauf und den Einflussmöglichkeiten des Kongresses siehe unter 2. Kongress

[4] Vgl. Diller, Daniel C./ Wirls, Stephen H., Commander in Chief, in: Nelson, Michael (Hrsg.), Guide to the Presidency, S. 661-665.

[5] Zum Verfassungstext siehe: Adams, Angela und Willi Paul(Hrsg.), Die Entsstehung der Vereinigten Staaten und ihrer Verfassung. Dokumente 1754-1791, Münster 1995, S. 431-437.

[6] Vgl. Diller, Daniel C./ Wirls, Stephen H., Commander in Chief, in: Nelson, Michael(Hrsg.), Guide to the Presidency, S. 629f.

[7] Vgl. ebd. S.670.

[8] Literatur zur „imperialen Präsidentschaft“: Schlesinger, Arthur M Jr., The imperial Presidency, Boston 1973.

[9] Vgl. Schweigler, Gebhard, Außenpolitische Entscheidungsprozesse: Institutionen und Instrumente, in: Adams, Willi Paul/ Lösche, Peter (Hrsg.), Länderbericht USA, 3., aktualisierte und neu bearbeitete Auflage, Bonn 1998, S.443-445.

[10] Ausführlich beschrieben wird die War Powers Resolution unter 2. Der Kongress.

[11] Zum Verfassungstext siehe: Adams, Angela und Willi Paul (Hrsg.), Die Entsstehung der Vereinigten Staaten und ihrer Verfassung, S. 431-437.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Der interne Entscheidungsprozess der US-Golfpolitik 1990 - 1998
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Die USA und die regionale Ordnung im arabisch-persischen Golf
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
25
Katalognummer
V31381
ISBN (eBook)
9783638324113
Dateigröße
531 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Entscheidungsprozess der Außenpolitik der Vereinigten Staaten ist ein Aushandlungsprozess im Spannungsfeld zwischen Kongress, Präsident und Öffentlichkeit.Die Hauptfrage, die ich in dieser Arbeit untersuche ist, ob einer der Hauptakteure, Präsident oder Kongress, im Aushandlungsprozess der US-Golfpolitik eine führende Rolle übernehmen konnte. In der Arbeit wird neben der Standardliteratur auch auf Dokumente des Kongresses zurückgegriffen. Darin liegt sicher ein größerer Wert dieser Arbeit.
Schlagworte
Entscheidungsprozess, US-Golfpolitik, Ordnung, Golf
Arbeit zitieren
Konrad Burckhardt (Autor:in), 2004, Der interne Entscheidungsprozess der US-Golfpolitik 1990 - 1998, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31381

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Der interne Entscheidungsprozess der US-Golfpolitik 1990 - 1998



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden