Hussiten am historischen Horizont. Deutsche Forschungs- und Deutungsansätze in Ost und West (1949-1989)


Trabajo Escrito, 2015

20 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Begründung des Themas
1.2. Vorgehensweise

2. Die Hussitenkriege
2.1. Begriff und Verwendung
2.2. Kurze Darstellung der Ereignisse

3. Historiker der Deutschen Demokratischen Republik
3.1. Leo Stern / Erhard Voigt (1963/64)
3.2. Bernhard Töpfer (1963)
3.3. Leo Stern / Erhard Voigt (1976)
3.4. Evamaria Engel / Bernhard Töpfer (1983)
3.5. Fazit

4. Historiker der Bundesrepublik Deutschland
4.1. Ferdinand Seibt (1962)
4.2. Friedrich Baethgen (1970)
4.3. Ferdinand Seibt (1975)
4.4. Jörg Hoensch (1987)
4.5. Fazit

5. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1.1. Begründung des Themas

Der Studienbrief „Die Gegenwart Alteuropas: Antike, Mittelalter und Frühe Neuzeit im historischen Horizont der Nachkriegszeit“ stellt die unterschiedlichen Entwicklungen der Geschichtswissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik dar.

In dieser Hausarbeit sollen diese Entwicklungen am Beispiel der Hussitenkriege untersucht werden. Es geht dabei nicht um die Ereignisse selbst, sondern - wie es im Studienbrief zum Begriff des „historischen Horizontes“ heißt - darum, welches Bild von den Ereignissen die Historiker jeweils entwerfen und an die Gesellschaft zur Ausbildung ihres Horizontes weitergeben.

Das Thema der Hussitenkriege wurde gewählt, weil das Hussitentum „eine Mischung von religiösen, nationalen und socialpolitischen Ideen“1 ist und daher sehr unterschiedliche Interpretations- und Einordnungsmöglichkeiten bietet. Welche dieser Möglichkeiten von den Historikern in Ost und West jeweils gewählt wurden, bzw. welcher Ton im genannten „Dreiklang“ jeweils hervortritt, soll anhand folgender Detailfrage herausgearbeitet werden:

Welche Ziele und Motive werden den Hussiten als Kriegspartei in der jeweiligen Darstellung zugeordnet?

Oder, anders gefragt:

Kämpfen die Hussiten in der jeweiligen Darstellung primär

- als Sozialrevolutionäre
- als tschechische Nationalisten oder
- als Aktivisten einer religiösen Erneuerungsbewegung?

1.2. Vorgehensweise

Zum besseren Verständnis der betrachteten Historikeraussagen ist der Untersuchung der Texte eine Begriffsklärung zum historischen Gegenstand sowie eine kurze Ereignisübersicht vorangestellt. Das Wirken und die Lehren von Jan Hus sowie die politischen, kirchlichen und sozialen Entwicklungen in Böhmen und im Reich zur fraglichen Zeit können sich dabei – schon aus Raumgründen - nur auf die notwendigsten Stichworte beschränken.

Dann folgt die eigentliche Bearbeitung der o.g. Frage. Sie umfasst für DDR und BRD jeweils vier Texte sowie jeweils ein separates Fazit der Ergebnisse.

Als Untersuchungsobjekte wurden zum einen Standardwerke ausgewählt, die eine gewisse offizielle Verbindlichkeit für ihre Zeit und ihre Seite der deutschen Geschichtswissenschaft beanspruchen dürfen (Stern/Voigt 1963/64 und 1976, Baethgen 1970, Töpfer/Engel 1983), zum anderen werden Autoren berücksichtigt, die innerhalb der deutschen Geschichtswissenschaft als Spezialisten für böhmische bzw. Hussitengeschichte gelten (Seibt 1962, Hoensch 1987). Die Aufsätze von Töpfer (1963) und Seibt (1975) wurden ergänzend untersucht, da sie eine „spezifisch deutsche“ Diskussion über die Hussiten repräsentieren, nämlich in Bezug auf ihre Bedeutung für die späteren Bauernkriege und die Reformation in Deutschland. Tschechische Autoren werden entsprechend nur dort berücksichtigt, wo deutsche Autoren auf sie Bezug nehmen.

Zur Reihenfolge: Obwohl der in 2.2. behandelte Aufsatz von B. Töpfer bereits 1963 und somit vor dem Abschluss der Veröffentlichung des Lehrbuchbandes von Stern und Voigt (1963/64) erschien, wird letzterer wegen seines für die Geschichtswissenschaft in der DDR „offiziellen“ Charakters zuerst behandelt.

Zum Abschluss der Arbeit werden dann die für beide Seiten getroffenen Aussagen zusammengefasst und die Frage nach einer „spezifisch deutschen“ Hussitensicht gestellt.

2. Die Hussitenkriege

2.1. Begriff und Verwendung

Als Hussiten bezeichnet man die „Anhänger der hussitischen Volksbewegung, die sich als ein Ausdruck der allgemeinen religiösen sowie sozialen und nationalen Unruhe in Böhmen nach dem Feuertod von Johannes Hus (1415) formierte.“2

Der Begriff „Hussitenkriege“ wird in dieser Hausarbeit sowohl für die innerböhmischen Verteidigungskämpfe der Hussiten als auch für ihre Feldzüge ausserhalb Böhmens verwendet.

2.2. Kurze Darstellung der Ereignisse

3 Der böhmische Reformator Jan Hus (um 1371 – 1415) wurde ab 1402, angeregt von den Lehren des schottischen Reformators Wyclif, zum Impulsgeber einer sowohl religiösen als auch nationalen Bewegung, die u.a. den Auszug der deutschen Studenten und Lehrer aus der Prager Universität zu Folge hatte (1409). In der Folgezeit kam es zur Ächtung von Hus und zu gewalttätigen Auseinandersetzungen seiner Anhänger mit den deutschen Patriziern in Prag. Hus predigte (hauptsächlich auf tschechisch) u.a. den notwendigen Ungehorsam der Christen gegen Gebote der Obrigkeit, die dem Willen Gottes widersprächen und gegen den Ablasshandel.

1414 zog er auf Ladung und mit einem Geleitbrief des deutschen Königs Sigmund zum Konzil nach Konstanz, wo er dennoch 1415 als Ketzer verurteilt und hingerichtet wurde.

Nach dem Tod von Hus standen zunächst die von ihm angestossenen kirchlichen Reformen im Vordergrund der Bemühungen seiner böhmischen Anhänger. Hierbei kam es zu einer Aufspaltung: Den nach dem “Laienkelch“ (lat.: calix) bzw. nach dem Symbol des Abendmahls „in beiderlei Gestalt“ (lat.: sub utraque specie) benannten „gemäßigten“ Calixtinern bzw. Utraquisten standen die nach ihren Pilger- bzw. Siedlungsorten benannten „radikalen“ Orebiten und Taboriten mit chiliastischer, d.h. von Endzeiterwartungen geprägter, Ausrichtung entgegen.

Die „Hussitenkriege“ im Sinne dieser Arbeit beginnen mit der hussitischen Revolte gegen die Prager Ratsherren („Erster Prager Fenstersturz“) am 30. Juli 1419 und den darauf folgenden landesweiten Unruhen. Als nach dem Tod des böhmischen Königs Wenzel IV. dessen Bruder, der deutsche König Sigmund, als designierter Nachfolger keine Einigung mit den Hussiten fand, rief Papst Martin V. 1420 zum Hussitenkreuzzug. Nach mehreren verlorenen Schlachten gegen die vereinigten Taboriten und Orebiten unter ihrem Anführer Jan Žižka suchte Sigmund – zunächst vergeblich - die Einigung mit den Utraquisten. Nach Žižkas Tod (1424) drangen Hussitenheere (genauer: Taboriten) unter der Führung seines Nachfolger Andreas Prokop mehrfach weit in das ost- und mitteldeutsche Reichsgebiet ein.

Als nach der erneuten Niederlage eines Kreuzfahrerheeres (1431) das Basler Konzil unter Sigmund in den „Basler Kompaktaten“ (1433) einen Ausgleich mit den Utraquisten fand, konnten die jede Einigung nach wie vor ablehnenden Taboriten von einer Koalition aus Adel und Utraquisten 1434 geschlagen werden. Mit den Anerkennungen von Sigmund als böhmischer König sowie der Basler Kompaktaten am 5. Juli 1436 enden die Hussitenkriege im (dieser Arbeit zu Grunde liegenden) engeren Sinne.

Soweit die stark geraffte Ereignisgeschichte. In der folgenden Untersuchung wird - so weit möglich - berücksichtigt, dass bereits die Auswahl der jeweils erwähnten bzw. nicht berücksichtigten Ereignisse dem Aussagewillen des jeweiligen Autors unterliegt und zu dessen Gesamtaussage beiträgt.

3. Historiker der Deutschen Demokratischen Republik

3.1. Leo Stern / Erhard Voigt (1963/64)

4 Stern und Voigt behandeln die Hussiten innerhalb der „antikirchlichen Bewegungen der Volksmassen“.5 Diese werden, unabhängig von ihren Glaubensinhalten, allein unter dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit als Werkzeug des Klassenkampfes betrachtet und eine solche wird allein den Hussiten bzw. deren „linkem Flügel“6, den Taboriten, zuerkannt.

Zu Selbstverständnis und Motivation der Hussiten im Krieg heisst es weiter: Zwar seien allein die Taboriten als „plebejische Opposition“ das „vorwärtstreibende Element der hussitischen Bewegung“7, doch „der Kampf gegen die deutschen Heere vereinigte darüber hinaus das ganze tschechische Volk vom Plebejer bis zum niederen Adel“8, d.h. im Abwehrkampf verdrängt kurzzeitig das national-tschechische Interesse das klassenspezifische.

Als die Hussiten (Taboriten) dann bei ihrer „Gegenoffensive“9 u.a. nach Franken und Brandenburg vorstoßen, bemühen sie sich „in ihrem Krieg gegen die deutschen Feudalherren um ein Klassenbündnis mit den deutschen Bauern und Plebejern.“10 Aus dem nationalen wird, sobald er sich aus Böhmen verlagert, wieder ein politisch-ideologischer Kampf mit quasi „missionarischer“ Zielsetzung.

[...]


1 Palacky, Franz, Geschichte von Böhmen, Prag 1848, zitiert nach: Seibt, Ferdinand, Die Hussitenzeit als Kulturepoche, in : Hussitenstudien, München 1987, S. 27

2 dtv Lexikon des Mittelalters, Band V, „Hiera-Mittel – Lukanien“, München 2003, S.230. ff.,

3 Zusammengefasst nach: Ebd.

4 Stern, Leo und Voigt, Erhard, Lehrbuch der Deutschen Geschichte, Band II: Deutschland in der Feudalepoche von der Mitte des 13.Jh. bis zum ausgehenden 15. Jh., erstmals erschienen in drei Folgen 1963-1964, Ausgabe Berlin 1965

5 Ebd., S. VII

6 Ebd., S. 170

7 Ebd.

8 Stern/Voigt 1965, S: 170

9 Ebd., S. 171

10 Ebd.

Final del extracto de 20 páginas

Detalles

Título
Hussiten am historischen Horizont. Deutsche Forschungs- und Deutungsansätze in Ost und West (1949-1989)
Calificación
1,3
Autor
Año
2015
Páginas
20
No. de catálogo
V313819
ISBN (Ebook)
9783668126794
ISBN (Libro)
9783668126800
Tamaño de fichero
412 KB
Idioma
Alemán
Notas
Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Mediävistik in der Zeit der deutschen Teilung.
Palabras clave
hussiten, horizont, deutsche, forschungs-, deutungsansätze, west
Citar trabajo
Gerhard Schmidt (Autor), 2015, Hussiten am historischen Horizont. Deutsche Forschungs- und Deutungsansätze in Ost und West (1949-1989), Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/313819

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