Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ... 2
2 Soziale Arbeit in der Behandlung alkoholabhängiger Menschen ... 4
3 Das Profil der Sozialen Arbeit in der Behandlung alkoholabhängiger Menschen ... 5
3.1 Soziale Arbeit im Suchthilfesystem ... 5
3.2 Klinische Sozialarbeit ... 7
4 Aufgaben der Sozialen Arbeit im Suchthilfesystem ... 9
4.1 Soziale Arbeit in der Sucht- und Drogenberatungsstelle (Kontaktphase) ... 10
4.2 Soziale Arbeit in der Entzugsbehandlung ... 13
4.3 Soziale Arbeit in der Entwöhnungsbehandlung ... 15
4.4 Soziale Arbeit in der Nachsorge ... 18
5 Fazit und Ausblick ... 20
6 Literatur- und Quellenverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur) ... 25
7 Abkürzungsverzeichnis ... 56
1 Einleitung
Die Frage, ab wann der Genuss von Alkohol zu einer behandlungsbedürftigen Krankheit wird, stellt sich nicht nur dem einen oder anderen Konsumenten1, sondern auch vielen Fachleuten. Die damalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung Sabine Bätzing schildert im Drogen- und Suchtbericht 2009, dass sich die Krankheit der Alkoholabhängigkeit über mehr als zehn Jahre „..vom riskanten Konsum alkoholischer Getränke über den schädlichen Konsum hin zu einer manifesten Abhängigkeit“ (Bätzing 2009, S. 46) entwickeln kann. Aufgrund erheblicher Verträglichkeitsunterschiede zwischen den Konsumenten ist es nicht nur eine Frage der konsumierten Menge, ob eine Alkoholabhängigkeit entsteht. Mit der Menge des Alkohols steigt jedoch das individuelle Risiko, alkoholbedingt zu erkranken sowie für sich und Andere physischen, psychischen und sozialen Schaden zu verursachen. Die Einstellung in der Bevölkerung zum Thema Alkohol ist ambivalent. Viele Menschen wissen wenig über das Phänomen der Alkoholabhängigkeit und können „... sich gar nicht vorstellen, dass die beruflich und gesellschaftlich anerkannten und erfolgreichen Konsumenten legaler Drogen an einer ernstzunehmenden Krankheit oder Störung leiden sollen“ (Trost 2002, S. 278). Das Thema wird unter den Konsumenten nicht ernst genug genommen, wodurch bis zu einer effektiven Behandlung oft viele Jahre vergehen.
In der Fachwelt wird die Thematik der Alkoholabhängigkeit seit einigen Jahrzehnten umfassend untersucht und ausführlich dokumentiert. Die vorliegende Diplomarbeit fügt hier einen neuen und aktuellen Baustein ein: Das aus den USA stammende verhaltenstherapeutische Konzept des Community Reinforcement Approach zur Behandlung alkoholabhängiger Menschen wird als Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit im deutschen Suchthilfesystem beleuchtet.
Hierbei wird das Konzept des Community Reinforcement Approach, das erst seit wenigen Jahren vereinzelt im bestehenden komplexen Suchthilfesystem in Deutschland umgesetzt wird, mit der Sozialen Arbeit im multiprofessionellen Team eben dieses Systems verknüpft. Der Community Reinforcement Approach hat in Deutschland bisher kaum Fuß gefasst, wodurch zum Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit im Rahmen dieses Ansatzes insgesamt wenig Erfahrungsberichte aus der Praxis existieren.
Diese Arbeit stellt die Grundlagen der Sozialen Arbeit im Zusammenhang mit Alkoholabhängigkeit vor: Welche Aufgaben fallen an und was übernimmt hierbei die Soziale Arbeit? Welche Profession trägt die Verantwortung für den Behandlungsprozess? Gibt es Absprachen zwischen den Professionen, die eine gelingende Kooperation möglich machen?
Um all diese Fragen lebendig beantworten zu können, ist der Dialog mit der Praxis zwar von zentraler Bedeutung, dennoch sind die theoretischen Auseinandersetzungen zwischen den Professionen aus der Praxis des Community Reinforcement Approach essentiell. Die folgende Arbeit kann hierfür eine Grundlage darstellen.
2 Soziale Arbeit in der Behandlung alkoholabhängiger Menschen
Bei der interdisziplinären Zusammenarbeit in der Behandlung alkoholabhängiger Menschen übernehmen die Sozialpädagogen2, teilweise mit suchttherapeutischer Weiterbildung, vielfältige Aufgaben im Suchthilfesystem (vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 2006, S. 49). Das Kapitel 3 gibt einen allgemeinen Überblick über das Profil der Sozialen Arbeit im Rahmen der Behandlung alkoholabhängiger Menschen. An dieser Stelle wird zwischen den allgemeinen Merkmalen der Sozialen Arbeit im Suchthilfesystem (Kap. 3.1) und den speziellen Hintergründen der Klinischen Sozialarbeit als gesundheitsspezifische Fachsozialarbeit (Kap. 3.2) unterschieden. Die Inhalte sind nur in der Theorie und nur im Ansatz voneinander trennbar und können größtenteils sowohl auf die Arbeit im Suchthilfesystem im Speziellen als auch auf das Tätigkeitsfeld im übergeordneten Gesundheitssystem im Allgemeinen bezogen werden.
Die Aufgaben dieser Profession im Suchthilfesystem werden im Kapitel 4 beschrieben, wobei sich die Darstellung über die vier Behandlungsphasen strukturiert: Soziale Arbeit in der Sucht- und Drogenberatungsstelle (Kontaktphase), in der Entzugsbehandlung, in der Entwöhnungsbehandlung und in der Nachsorge (vgl. Kap. 4.1-4.4).
3 Das Profil der Sozialen Arbeit in der Behandlung alkoholabhängiger Menschen
3.1 Soziale Arbeit im Suchthilfesystem
Die Versorgung abhängigkeitskranker Menschen in den Spezialdiensten, wie Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstellen, Rehabilitations- und Nachsorgeeinrichtungen, wird zu mehr als fünfzig Prozent durch die Berufsgruppe der Sozialpädagogen, Sozialarbeiter und Pädagogen geleistet3 (vgl. Hey 2000c, S. 536, 539). Rechtlich selbständig darf die Berufsgruppe der Sozialen Arbeit im Rahmen der Behandlung zwar eine Beratung, aber keine Therapie im Sinne der Heilkunde durchführen. Die Zusatzausbildung zum Suchttherapeuten4 wird zunehmend durch eine Masterausbildung im Fachbereich Sucht ersetzt. Mit dieser Zusatzqualifikation eröffnen sich dem Sozialpädagogen Handlungsspielräume über die Beratung hinaus. (Vgl. Soyka und Küfner 2008, S. 310) Soyka und Küfner vermuten, dass diese Ausbildung für Sozialpädagogen in Zukunft als Voraussetzung für die Behandlung im Suchtbereich gefordert werden wird (vgl. 2008, S. 310). Rieger und Wessel bedauern den Rückzug vieler Sozialpädagogen aus der allgemeinen Sozialarbeit in die therapeutischen Bereiche. Sie betonen die Notwendigkeit der Funktion qualifizierter Mitarbeiter mit systemisch orientierten Fähigkeiten in der Koordination eines multiprofessionellen Teams. In diesem fungieren Sozialpädagogen als Schnittstelle, um die miteinander kooperierenden Fachgebiete aufeinander abzustimmen. (Vgl. Rieger und Wessel 1992, S. 166 und vgl. Bosshard, Ebert und Lazarus 2001, S. 233)
Die Kooperationsprozesse zwischen den verschiedenen Professionen im Team oder zwischen verschiedenen Einrichtungen im Suchthilfesystem gestalten sich häufig problematisch, u.a. weil der Kompetenzbereich der Sozialen Arbeit schwer einzugrenzen ist. Homfeldt erklärt, dass in der Praxis für die Soziale Arbeit die Gefahr besteht, von der Pflege verdrängt zu werden (vgl. 2002, S. 325).
Bei Psychologen und Medizinern besteht vielfach Unklarheit darüber, welche Funktion und welche Aufgaben die Soziale Arbeit in der Behandlung im Suchthilfesystem ausübt (vgl. Soyka und Küfner 2008, S. 310 und vgl. Hey 2000c, S. 536). Hinsichtlich der Tiefendimension der Gesprächs- und Behandlungsinhalte bestehen fließende Grenzen zwischen der Psychotherapie, die durch Psychologen geleistet wird, und der Beratung durch die Soziale Arbeit (vgl. Berlardi 1996, S. 43). Im Gegensatz zur Medizin, deren Funktion in der Besserung oder möglichst der Heilung von Krankheiten, z.B. einer Alkoholabhängigkeit, besteht, geht es in der Sozialen Arbeit um die „... Mobilisierung vorhandener Kräfte, die Wiederherstellung oder Erhaltung der Handlungsfähigkeit im sozialen Umfeld sowie die Veränderung menschlicher Beziehungen“ (Boll-Neidhart 1997 zit. n. Hülshoff 2002, S. 403). Hey spricht an dieser Stelle vom „Management sozialer Risiken“ (2000c, S. 537) und meint, dass die professionelle Besonderheit der Sozialen Arbeit in der sozialen Integrationsfunktion liegt. Diese wird von anderen personenbezogenen Dienstleistungsberufen nicht erbracht. (Vgl. Hey 2000c, S. 537 und vgl. Stimmer 2000b, S. 632)
1 Wegen leichterer Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit ausschließlich die männliche Form verwandt, wobei sowohl männliche als auch weibliche Personen gemeint sind.
2 In der vorliegenden Arbeit werden die Termini Sozialpädagoge und Sozialarbeiter synonym verwendet. Wie schon erwähnt wird auf die weibliche Form verzichtet. Auch die Begriffe Sozialarbeit, Soziale Arbeit und Sozialpädagogik sind in diesem Schriftwerk austauschbar. Nähere Erläuterungen zur begrifflichen Differenzierung sind in Schilling (vgl. 2005, S. 146-162) zu finden.
3 Während bis dato der Diplomabschluss überwiegt, werden in Zukunft Tätige aus dieser Berufsgruppe zunehmend mit Bachelor- und Masterabschlüssen anzutreffen sein.
4 Nähere Informationen sind abrufbar unter: www.suchttherapeut.net oder www.jumpforward.de/beruf/58505/Ausbildung-Sozialtherapeut-in.html