Mahatma Gandhis Rezeption des Christentums


Hausarbeit, 2015

18 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Klärung wichtiger Begrifflichkeiten

3. Biographie

4. Religionsverständnis

5. Erste Eindrücke vom Christentum

6. Jesus (Bergpredigt)

7. Das orthodoxe Christentum

8. Fazit

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„I like your Christ, I do not like your Christians. Your Christians are so unlike your Christ.“

- Mohandas Karamchand Gandhi

Als ich mit den Recherchen für diese Arbeit begann, stieß ich direkt auf das soeben genannte Zitat. Besonders der erste Satz gab mir Rätsel auf. Wenn Gandhi doch Jesus Christus mag, wieso dann nicht uns Christen? Ist es denn nicht derselbe Christus den wir verehren? Wieso unterscheidet Gandhi dieses so strikt? Diesen Fragen hoffe ich im Verlaufe der Arbeit näher zu kommen und sie schließlich vollständig klären zu können.

Mein Interesse für dieses Thema wurde schon früh geweckt. Bereits zu Beginn des Semesters, als wir den Seminar-Ablaufplan erhielten, richtete sich mein Blick auf das Thema Mahatma Gandhis. Ich denke jeder Mensch hat ein mehr oder weniger tiefes Allgemeinwissen über diesen für die Welt sehr wichtigen Mann. Dennoch war es für mich sehr interessant, einmal genauer nachzuforschen. Ganz besonders stellte sich mir, auch in Bezug auf das Studium, die Frage, was Mahatma Gandhi mit dem Christentum verbindet oder eben auch gerade nicht verbindet. Ich erhoffe mir in dieser Arbeit einen tieferen Einblick in seine religiösen Sichtweisen und sein Handeln in der Welt.

Zunächst einmal werde ich wichtige Begrifflichkeiten klären und den Lebenslauf Gandhis grob nachvollziehen. Anschließend wird sein persönliches Verständnis von Religion dargestellt und ein erster Kontakt mit dem Christentum beschrieben. Seine tiefere Auseinandersetzung mit dem Christentum und die daraus resultierende Meinung zu diesem sollen in den Punkten sechs „Jesus (Bergpredigt)“ und sieben „Das orthodoxe Christentum“ geklärt werden. Hier liegt auch der Schwerpunkt dieser Arbeit. Abschließend werde ich ein kleines Fazit aus den Erkenntnissen der durchgeführten Arbeitsschritte ziehen und einen kleinen Ausblick auf mögliche Schlüsse für das heutige Leben als Christ ziehen. Außerdem soll hier ein Bezug auf die angehende Tätigkeit als Religionslehrerin geschaffen werden.

2. Klärung wichtiger Begrifflichkeiten

Im Folgenden werden einige Begrifflichkeiten näher erläutert, dessen Verständnis für die Arbeit grundlegend ist. Die Definitionen basieren alle auf dem Lexikon der östlichen Weisheitslehren: Buddhismus, Hinduismus, Taoismus, Zen von Ingrid Fischer-Schreiber.[1]

„Mahatma“:

Bedeutet große Seele und war ein Ehrenname. Gandhi wurde am 9. Januar 1915 bei seiner Ankunft in Indien von dem Dichterphilosophen Rabindranath Tagore so genannt.

„Bapu“:

Bapu war ebenfalls ein Ehrenname Gandhis und bedeutet wörtlich übersetzt Vater. Im speziellen Bezug auf Mohandas Karamchand Gandhi bedeutete er eher so etwas wie Vater der Nation. Bapu im Allgemeinen war ein in Indien häufig verwandter Ehrenname.

„Satya“ und „Ahimsa“:

Satya und Ahimsa sind die zwei zentralen Begriffe der indischen Religionen. Satya bedeutet übersetzt Wahrheit und Ahimsa bedeutet Gewaltlosigkeit. Diese beiden Begriffe sind auch bei Gandhi von ganz zentraler Bedeutung.

„Bramacharya“:

Bramacharya gehört wie die beiden vorhergehenden Worte zu den fünf Yamas, welche Bestandteil der Verhaltensregeln für Hindus sind. Es bedeutet Reinheit. Für Gandhi gehörten Satya, Ahimsa und Bramacharya zu den drei Haupttugenden nach denen er suchte.[2]

„Satyagraha“:

Satyagraha setzt sich aus zwei Wörtern zusammen: „Satya“ - Wahrheit und „graha“ – festhalten. Man kann es als Festhalten an der Wahrheit übersetzen. Satyagraha beschreibt all jene, die „der Wahrheit der Gewaltlosigkeit treu bleiben“.[3] Sie müssen alle Angst, sogar vor Leid und Tod, abgelegt haben, was eine enorme Seelenstärke erfordert.[4]

„Upanishaden“:

Upanishaden sind eine indische religiöse Literaturgattung. Sie enthält mehrere philosophische Schriften des Hinduismus. Die ältesten Upanishaden stammen aus dem 8. –6. Jahrhundert v.Chr.

„Vishnuismus“:

Vishnuismus ist neben Shivaismus und Shaktismus eine der drei Hauptströmungen des Hinduismus. Im Mittelpunkt steht der Gott Vishnu. Er stellt für seine Anhänger die Manifestation des formlosen Höchsten, des „Brahman“, dar. Nach vishnuitischen Lehren entstanden alle anderen Götter aus ihm und sind von ihm abhängig. Die Familie von Mohandas Karamchand Gandhi praktizierte diese Form des Hinduismus.

„ Vaishya “ und „Kastenlos“:

Die klassische Ständeordnung gliedert sich in vier „Hauptkasten“, sogenannte Varnas (wörtlich „Farben“), von denen jede mit einer Farbe assoziiert wird:

1. Brahmanen: Farbe Weiß; oberste Kaste; Priester und Gelehrte
2. Kshatriyas: Farbe Rot; die Kriegerkaste; Krieger, Aristokraten, Landbesitzer
3. Vaishyas: Farbe Gelb; Händler, Geschäftsleute, Handwerker
4. Shudras: Farbe Schwarz; Diener, Knechte, Tagelöhner

Unter diesen vier Kasten befinden sich die Kastenlosen, auch Dalits oder Unberührbare genannt. Sie wurden diskriminiert und hatten keinerlei Rechte. Gandhi gehörte zunächst der dritten Kaste, der Vaishyas, an. Aufgrund seiner Auslandsreise nach London wurde er jedoch aus dieser Kaste ausgeschlossen und galt fortan als Kastenlos.

3. Biographie

Mohandas Karamchand Gandhi wurde am zweiten Oktober 1869 in Porbandar, Gujarat (Nordindien) als vierter Sohn einer Hindu-Familie geboren. Seine Familie gehörte der Bania-Kaste an, die zum Stand der Vaishya, der Kaufleute, gehört. Sie praktizierten eine eher monotheistische Form des Hinduismus, den Vishnuismus, jedoch verkehrten sie auch mit Menschen anderer hinduistischer Strömungen und auch anderer Religionen. Mohandas Karamchand Gandhi wollte nach Beendigung der Schule ein Studium der Medizin aufnehmen, was ihm jedoch aufgrund seiner Religiosität untersagt war.[5] So kam er dann dem Wunsch seines bereits verstorbenen Vaters nach und begann 1888 ein Jurastudium in London. Auch dieses war aus religiöser Sicht nicht ganz einfach, da es für einen Hindu Sünde sei, den großen Ozean zu überqueren.[6] Außerdem sorgte sich seine Mutter, dass er der westlichen unmoralischen Lebensart mit Fleisch- und Alkoholkonsum oder der Prostitution verfallen könne.[7] Gandhi legte daraufhin ein Gelübde ab, in dem er versprach, während seines Aufenthaltes in England den Hinduismus weiter zu praktizieren und den westlichen Verlockungen zu widerstehen.[8] Trotz des Gelübdes beschloss die Kastenversammlung, ihn im Falle einer Auslandsreise aus der Kaste auszuschließen, sodass er fortan als Kastenloser leben müsse.[9] Dennoch ließ er sich von seinem Vorhaben nicht abbringen und studierte bis zum Jahre 1892 an der juristischen Universität Inner Temple in London. Während seiner Zeit in London setzte Mohandas Karamchand Gandhi sich vertieft mit verschiedenen Religionen auseinander und kam zudem in Kontakt mit der 1875 gegründeten Theosophischen Gesellschaft.[10] 1891 kehrte er nach Indien zurück, wo er zwei Jahre als Rechtsanwalt arbeitete. Seine Familie schickte ihn jedoch bereits 1893 nach Südafrika, um einen Freund bei einem Rechtsstreit zu unterstützen. Auf seiner Reise nach Südafrika war er schockiert von der Rassendiskriminierung.[11] Er bezog diese dabei jedoch allein auf die indische Bevölkerung Südafrikas. Nachdem die Kolonialregierung den Indern das Wahlrecht entziehen wollte, blieb er länger in Südafrika um die indische Minderheit im Kampf gegen dieses Vorhaben zu unterstützen. Er blieb dort bis 1914 und unterstützte die Inder im Kampf um ihre bürgerlichen Rechte.[12] Als er anschließend nach Indien zurückkehrte, wurde Gandhi von einer großen Menge begeistert empfangen und unter anderem von dem Dichterphilosophen Rabindranath Tagore 'Mahatma' genannt. Er wurde zum Anführer der nationalen Befreiungsbewegung gegen die britische Kolonialmacht, aufgrund derer 1947 erfolgreich die indische Unabhängigkeit erklärt wurde.[13] Gandhi kämpfte hier unter anderem für die Menschenrechte der Unberührbaren und Frauen, für die Versöhnung zwischen Hindus und Moslems und gegen die koloniale Ausbeutung. Der 1930 durchgeführte Salzmarsch gilt als spektakulärste Kampagne, die Gandhi während seines Kampfes um Unabhängigkeit initiierte. Am 30. Januar 1948 starb Mahatma Gandhi in Neu-Delhi aufgrund eines Attentates auf dem Weg zum Gebetstreffen an den Folgen eines Schusses.

4. Religionsverständnis

Gandhi wuchs mit dem Hinduismus auf und bekannte sich sein ganzes Leben zu diesem. Dennoch findet man bei ihm keine vollständig ausformulierte Glaubensaussage.[14] Mahatma Gandhi trat leidenschaftlich für religiöse Toleranz ein. Eine Aussage Gandhis, welche seine Anerkennung aller Religionen deutlich zeigt, war unter anderem: „Alle Religionen sind verschiedene Straßen, die alle am selben Punkt zusammenkommen. Es spielt keine Rolle, wenn wir auf verschiedenen Straßen wandeln, denn zuletzt erreichen wir alle das selbe Ziel. Tatsächlich gibt es so viele Religionen wie es Menschen gibt.”[15] Zum Christentum hatte er eine besonders enge Beziehung. Hierauf wird im Verlauf der Arbeit noch genauer eingegangen. Doch woher rührt diese unglaubliche Toleranz Gandhis? Dies könnte zum einen durch das Elternhaus bedingt sein. Sein Vater und Urgroßvater hatten enge Verbindungen zu Mönchen und legten unter anderem auch Gelübde für völlige Gewaltlosigkeit ab. Außerdem verkehrten Zeit seines Lebens dort immer auch Menschen anderer Religionen in ihrem Haus und wurden genauso aufgenommen wie ein Hindu.[16] Die andere Begründung könnte in seiner Religion selbst liegen. Die asiatischen Religionen Hinduismus und Buddhismus erheben keinen absoluten Wahrheitsanspruch. Auch im Hinduismus gab und gibt es Dogmatismus und Fanatismus. Dennoch ruht in ihr eine quasi natürliche Toleranz zu anderen Religionen. Sie geht davon aus, dass, wie Gandhi es ebenfalls beschreibt, viele Wege zur Wahrheit führen und jeder Mensch seinen eigenen Weg suchen soll. Jede Religion huldigt jedoch einen anderen Gott. Welche Definition von Gott hatte Gandhi also? Wer oder Was war es, das er anbetete? Auch hierzu äußerte er sich ganz unmissverständlich. Sein persönliches Glaubensbekenntnis hat Mahatma Gandhi den Upanishaden entnommen. Dort heißt es: "Gott, der Herrscher, durchdringt alles, was da ist in diesem Universum. Erfreue Dich an allem, was er Dir gibt. Trachte nicht nach Reichtum. Und nicht nach dem Besitz der anderen."[17] Er betrachtet Gott nicht als eine Person, sondern beschreibt in seinen Zitaten vielfach ‚die Wahrheit als Gott und Gott als die Wahrheit‘. Da Gott jedoch viel mehr sei als nur die Wahrheit, nämlich auch das Gesetz selbst, sei die Formulierung ‚die Wahrheit ist Gott‘ eher treffend.[18]

[...]


[1] Andere Quellen in den Definitionen werden gesondert in den Fußnoten angegeben.

[2] Vgl. Øyvind Johnsen, Mahatma Gandhi und das „Christentum“.

[3] Die Wahrheit kann man nicht töten – Mahatma Gandhi Themenabend, Dokumagazin.

[4] Vgl. Ebd.

[5] Angehörigen der Bania Kaste war es untersagt, Fleisch zu zerlegen.

[6] Vgl. Matthias Eberling, Mahatma Gandhi – Leben, Werk, Wirkung, 16.

[7] Vgl. Ebd.

[8] Vgl. Mike Nicholson, Mahatma Gandhi, 13.

[9] Vgl. Die Wahrheit kann man nicht töten – Mahatma Gandhi Themenabend, Dokumagazin.

[10] Vgl. Michael Bergunder, Gandhi, Esoterik und das Christentum, in: Michael Bergunder / Daniel Cyranka, Esoterik und Christentum. Religionsgeschichtliche und theologische Perspektiven, 133.

[11] Vgl. Die Wahrheit kann man nicht töten – Mahatma Gandhi Themenabend, Dokumagazin.

[12] Vgl. Bergunder, Gandhi, Esoterik und das Christentum, 129.

[13] Vgl. Ebd.

[14] Vgl. M. M. Thomas, Christus im neuen Indien. Reformhinduismus und Christentum, 135.

[15] Zitiert in: Wolfgang Sternstein, Mahatma Gandhi – Eine Herausforderung für Christen.

[16] Vgl. Die Wahrheit kann man nicht töten – Mahatma Gandhi Themenabend, Dokumagazin.

[17] Vgl. Susanne Mack, Gelebte Spiritualität als Weg zur Gewaltlosigkeit.

[18] Vgl. Thomas, Christus im neuen Indien, 136.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Mahatma Gandhis Rezeption des Christentums
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Ev. Theologie)
Veranstaltung
Systematische Theologie
Note
1,3
Jahr
2015
Seiten
18
Katalognummer
V313995
ISBN (eBook)
9783668126619
ISBN (Buch)
9783668126626
Dateigröße
710 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mahatma, gandhis, rezeption, christentums
Arbeit zitieren
Anonym, 2015, Mahatma Gandhis Rezeption des Christentums, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/313995

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