Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung ...1
II. Eigenschaften von Siegfried, Held der Nibelungen ...2
2.1 Waffenkunst ...2
2.2 Geistige Kunst ...3
2.3 Die Kunst der Minnewerbung ...4
III. Frauenbildnis im 12. Jahrhundert ...6
IV. Siegfrieds Ermordung ...7
4.1 Die Tat ...7
4.2 Das Mordmotiv ...9
4.3 Die Schuldfrage ...10
V. Schlussbetrachtung ...13
Literaturverzeichnis ...15
I. Einleitung
Das Nibelungenlied ist im Jahre 1200 entstanden. Eine wissenschaftliche Arbeit im Jahre 2010 zum Nibelungenlied zu schreiben ist nicht dem Abfassen einer Abschrift zur damaligen Zeit gleichzusetzen. Rechtschreibung und Zeichensetzung sind dabei nur formelle Gründe. Das Denken der Menschheit hat sich verändert.
Zahlreiche Forschungsliteratur, die neun Jahrhunderte nach der Entstehung des Nibelungenliedes vorliegt, ermöglicht es die Figuren von verschiedenen Gesichtspunkten aus zu betrachten und die Schauplätze auf Tatsachen zu untersuchen. Bei der Vielzahl von Literatur erfordert es eine genaue Aussonderung dessen was verwertbar für diese Forschungsarbeit ist. Dabei bleibt es nicht aus, dass man alte Akzente verwirft und neue Sichtweisen heranzieht. Gilt es doch den jahrhundertelangen mündlich tradierten Mythos vom Nibelungenlied zu erforschen.
Wenn man der hermeneutischen Methode folgt, so ist menschliches Handeln nur durch das Verstehen des subjektiven Sinns, der Absicht, der Erwartung, des Ziels, erforschbar. Dieses Handeln veränderte sich im Laufe der Zeit. Als das Nibelungenlied um 1200 von einem anonymen Dichter verfasst wurde, befand man sich in der hochmittelalterlichen Feudalgesellschaft. Doch auch schon damals unterschied man zwischen politischem Todeskampf, wo viele Ritter ihr Leben ließen und vorsätzlichem Mord.
Diese Arbeit soll die Schuldfrage an der Ermordung des Helden Siegfrieds klären. Da mir eine begrenzte Seitenzahl zur Verfügung steht, setze ich Kenntnisse über den Inhalt des Nibelungenliedes voraus. Ich werde mich weitgehend mit der 16. Aventiure Wie Siegfried erschlagen wurde auseinandersetzen. Dabei habe ich den Fokus auf die Klärung der Schuldfrage an Siegfrieds Ermordung gelegt. Dazu gebe ich eingangs eine biografische Analyse über den Helden Siegfried. Dies dient Ihnen dazu sich ein genaues Bild von Siegfrieds Verhaltens- und Denkweise machen zu können. Anknüpfend daran folgt eine generelle Darstellung der Frau im Mittelalter sowie die Einstellung Siegfrieds zu dem weiblichen Geschlecht. Dies ist insofern bedeutsam um den Verrat von Siegfrieds Frau Kriemhild verstehen zu können.
Die Schlussbetrachtung beantwortet die Forschungsfrage „Das Nibelungenlied: Brachte Siegfried sich selbst zu Fall?“.
II. Eigenschaften von Siegfried, Held der Nibelungen
2.1 Waffenkunst
Geboren als Königssohn von Siegmund und Sieglinde in Niederland, aufgewachsen in der Burg Xanten am Niederrhein, als König neben Gemahlin Kriemhild geherrscht, einen Sohn namens Gunther mit eben genannter gezeugt, doch letztendlich ermordet im Odenwald. Diese Lebensdaten passen nur auf Einen – König Siegfried, Held der Nibelungen.
Siegfried, ein hochgewachsen[er]1, junger, voll Schönheit2 behafteter Mann, der seinem Ruf als Held alle Ehre macht. Von seinen Eltern höfisch wohlerzogen, lernt er sich der Waffenkunst vortrefflich zu bedienen. Nicht ohne Grund wird er somit auch „Meister der Jagd“3 genannt. Diese Kunst hilft ihm vor allem sich bei seinen großen Heldentaten zu behaupten; wie dem Sieg über die Königssöhne Schilbung und Nibelung, wodurch er auch Besitzer des Schwertes Balmung sowie der Tarnkappe des Zwerg Alberichs wurde. Letztendlich waltet Siegfried als Herr über den Hort der Nibelungen.
Auch was König Gunther über Siegfrieds Tapferkeit und Kampfbereitschaft4 sagt stimmt wohl, betrachtet man seine zweite große Heldentat: Das Erschlagen eines Drachen, dessen Blut ihn (fast) unverwundbar werden lässt. Doch als prächtiger Krieger5 ist Siegfried ebenso dazu angehalten als vorbildlicher Königssohn zu fungieren. So ist er bereit Land und Leute zu schützen. Siegfrieds Stärke zieht nach sich, dass er stets der Beste ist, ob beim Steinwurf, beim Speer schießen6, oder bei der Jagd7. Das liegt wohl insbesondere an seiner Furchtlosigkeit: „jâ will ich âne sorge vor allen wîganden sîn.“8 In Verbindung mit seiner Kraft wird Siegfried oftmals als der Sohn Siegmundes bezeichnet. Gesendet vom „böse[n] Teufel“9, hier ist wohl Siegfrieds Vater Siegmund gemeint, besitzt Siegfried vortreffliche Stärke beim Kampf. Auch bei Kraftakten wird Siegfried als Sohn Siegmunds betitelt10 Siegfried wird auch deutlich als der Sohn Siegmunds aufgeführt, als es um die Rüstung für die Heimreise geht.11 Die explizit verwendete Bezeichnung “Sohn Siegmundes“ lässt mich annehmen, dass Siegfried das kämpferische Geschick von seinem Vater in die Wiege gelegt bekommen hat.
2.2 Geistige Kunst
Siegfrieds Vater lehrt ihn zudem sich für vollbrachte Dienste stets erkenntlich zu zeigen, wie Verteilen von Ländern und Burgen als Lehen.12 Das beherzt Siegfried auch als mächtiger König noch: „Sîfrit und Kriemhilt, [..] sô vil den boten gâben, daz iz niht mohten tragen ir moere heim ze lande; er was ein rîcher man.“13
Weiter misst man Siegfried seine Ehrlichkeit zu. Zum Einen macht er deutlich, dass er Land und Leute rechtmäßig erworben hat14 und zum Anderen schreckt Siegfried vor persönlicher Meinung, wie gegenüber Königin Brünhild, nicht zurück: „Sô wol mich dirre mӕre daz iuwer hôhverte ist alsô hie gelegen, da ziemen lebet, der iuwer meister müge sîn.“15
Das Versprechen Siegfrieds, König Gunther bis in den Tod die Freundschaft zu halten, lässt erstmals seine Ehrenhaftigkeit erkennen.16 Er fühlt sich dazu bestimmt, Gunthers Angelegenheiten zu regeln, wie die nächtliche Bezwingung der Jungfrau Brünhild.17 Aber auch der Anstand sich vor schwächeren Kriegern zu verbeugen18 oder vor niederen Boten zu erheben19, verdeutlichen seine Ehrenhaftigkeit.
Tugendvoll darf Siegfried ebenfalls bezeichnet werden, hält man sich das Beispiel der Quelle vor Augen: Der durstige Siegfried bedient sich erst nach König Gunther dem Quellwasser.20 Obwohl König Siegfried finanziell ausgesorgt hat befiehlt ihm sein Anstand sich nicht habgierig zu verhalten. So lehnt er Gunthers Lohn ab21 und lehrt diesen ebenfalls Würde zu bewahren und Gefangene frei zu lassen um statt Gold Frieden als Lohn zu fordern.22 Trotz finanziellem Wohlstand setzt Siegfried sich nicht zu verdienter Ruh, denn der König war stets begierig: „Swes man ie begunde, des was sîn lîp bereit.“23 und arbeitswütig „[..] sô sol ich lâzen kiesen, daz die hende mîn wellent vil gewaltec hie zen Búrgónden sîn.“24 Er ist sich auch für niedere Arbeiten, wie einen Botengang, nicht zu schade25, denn auch dort glänzt er auf ganzer Linie.
Doch auch Geschick und Klugheit26 spielen bei seinem kämpferischen Können eine große Rolle. In geistlicher Wissenskraft beweist Siegfried sich ebenfalls; so ist er der Einzige der das Land Isenstein kennt27.
2.3 Die Kunst der Minnewerbung
Neben Waffenkunst und geistiger Kunst besitzt Siegfried vor allem Eines: die Kunst der Minnewerbung. Und selbstverständlich war er dort, wie in allen anderen Künsten auch, der Beste.28 In dieser Kunst spiegelt sich seine Entschlossenheit wieder, so lässt er sich von dem Vorhaben für Kriemhild zu werben nicht von seinen Eltern29 abbringen.
Bisher habe ich Siegfrieds männliche Eigenschaften; die der Kraft, der Klugheit, der Überlegenheit, aufgezeigt. In Siegfried steckt aber vor allem die Eigenschaft des unendlichen Liebens. Und dieser Gefühlsausbruch zu Kriemhild stellt alle bisherigen starken, männlichen Attribute in den Schatten – das Lieben ist zugleich seine stärkste, aber eben auch schwächste Eigenschaft. Immerhin stirbt Siegfried durch einen Pfeilschuss an seiner einzigen,verwundbaren Stelle , welche Kriemhild unbewusst verraten hat. Seiner Liebe zu Kriemhild ist nichts entgegen zu stellen. Er verhält sich in den ersten Begegnungen liebevoll in ihrer Anwesenheit30, hält ihr die Treue31 und schenkt ihr den letzten Gedanken als er stirbt: „mich riuwet niht sô sêre sô vrou Kriemhilt mîn wîp.“32
Auch dass sich Siegfrieds Gesichtsfarbe ändert wenn es um persönliche Angelegenheiten geht, charakterisiert seine Gefühlswelt. So wird sein Gesicht blass und rot als König Gunther ihm zu verstehen gibt, dass man Leid nur wahren Freunden klagen sollte.33 Siegfrieds Farbwechsel im Gesicht zeigt seine Enttäuschung: Er, der Held wird nicht als ehrbarer Freund von Gunther wahrgenommen. Ebenso die Ungewissheit ob er Kriemhilds Liebe für sich gewinnt, oder nicht, was für ihn mit dem Tod verbundenen wäre34, lässt Siegrieds Gesichtsfarbe mehrmals wechseln.
[...]
1 Siegfried Grosse, Das Nibelungenlied, Vgl. Str. 464, S. 144.
2 Vgl. ebd., Str. 22, S. 13.
3 Ebd., Str. 938.2, S. 287.
4 Vgl. ebd., Str. 102, S. 37.
5 Vgl. ebd., Str. 241, S. 79.
6 Vgl. ebd., Str. 130, S. 45.
7 Vgl. ebd., Str. 935, S. 285.
8 Vgl. ebd., Str. 61.2.3, S. 25.
9 Ebd., Str. 216.3, S. 71.
10 Vgl. ebd., Str. 460, S. 143.
11 Vgl. ebd., Str. 690, S. 213.
12 Vgl. ebd., Str. 39, S. 19.
13 Ebd., Str. 764.1.2, S. 232.
14 Vgl. ebd., Str. 109, S. 39.
15 Ebd., Str. 474, S. 147.
16 Vgl. ebd., Str. 156, S. 53.
17 Vgl. ebd., Str. 651, S. 201.
18 Vgl. ebd., Str. 692, S. 213.
19 Vgl. ebd., Str. 745, S. 229.
20 Vgl. ebd., Str. 978, S. 297.
21 Vgl. ebd., Str. 259, S. 83.
22 Vgl. ebd., Str. 314, S. 101.
23 Ebd., Str.132.1, S. 47.
24 Ebd., Str. 122.3.4, S. 43.
25 Vgl. ebd., Str. 541, S. 169.
26 Vgl. ebd., Str. 470, S.147.
27 Vgl. ebd., Str. 382, S.121.
28 Vgl. ebd., Str. 296, S. 95.
29 Vgl. ebd., Str. 52, S. 23.
30 Vgl. ebd., Str. 293, S. 95.
31 Vgl. ebd., Str. 656, S. 201.
32 Ebd., Str. 994.4, S. 302.
33 Vgl. ebd., Str. 155, S. 53.
34 Vgl. ebd., Str. 285, S. 93.