Das Thema ‚Pflege für Ältere’ ist in allen zeitgenössischen Gesellschaften zu einer bedeutenden
politischen Angelegenheit geworden und wird deshalb auch immer häufiger
Gegenstand der vergleichenden Sozialforschung. Westliche Gesellschaften erleben derzeit
eine radikale Umschichtung der Bevölkerungsstruktur. Dieser demographische
Wandel ist oft beschrieben worden und in den Grundzügen heute relativ bekannt. Das
vielen als Schreckensszenario geltende ‚Ergrauen der Gesellschaft’ kennzeichnet als
Entwicklungstrend die westlichen Länder in ähnlicher Weise. Das Verhältnis der über
65-Jährigen zur Bevölkerung im Erwerbsalter wird sich im europäischen Durchschnitt
von gegenwärtig 22 auf 39 zu 100 im Jahr 2030 erhöhen. Die Geburtenziffern haben
sich im EU-Durchschnitt gegenüber 1960 fast halbiert und in jüngster Zeit auf dem verhältnismäßig
niedrigen Niveau von 1,5 Kindern pro Frau eingependelt (Eurostat 2003). Für die nahe Zukunft wird daher eine rückläufige bis stagnierende Gesamtbevölkerung in der EU prognostiziert (Alber 2002, S. 7; vgl. ferner 2001/4). Die deutsche Bevölkerung
erreichte vor kurzem mit knapp 40 Jahren das höchste Durchschnittsalter aller
Länder in der Europäischen Union. Deutschland und Schweden wiesen 1990 einen der
höchsten Bevölkerungsanteile der Senioren auf. Auch der Hochbetagtenanteil übertrifft
in keinem Land der EG das deutsche Ausmaß (Alber/Schölkopf 1999, S. 227). Dennoch
nehmen Deutschland und Schweden im internationalen Vergleich keine Sonderstellung,
im Sinne einer außergewöhnlichen demographischen Belastung, ein, vielmehr gehören
beide Länder einer Gruppe von Ländern an, die in besonderem Maße mit Problemen des
demographischen Wandels zu kämpfen haben (werden). Weitgehend gemeinsam sind allen Ländern Europas zwei grundlegende Trends des Strukturwandels der Altenbevölkerung: die Alterung und die Feminisierung (ebd.). Von
einer Alterung der Seniorenbevölkerung ist zu sprechen, da mehr und mehr Ältere zu
den Hochbetagten über 80 Jahren zählen. 1970 stellten die Hochbetagten im europäischen
Durchschnitt nur 11 Prozent der Altenbevölkerung, 1991 waren es 17 Prozent,
und für 2020 werden zwischen 19 und 22 Prozent erwartet1 (ebd., S. 229 ff.). Mit der
Alterung der Altenbevölkerung sind in der Regel steigende Anforderungen an die Pflegesysteme
des Sozialstaats verbunden, so nimmt bspw. Pflegebedürftigkeit im hohen
Alter stark zu. [...] 1 Die Werte variieren je nach Modellvariante.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die vergleichende Wohlfahrtsstaatsforschung, Veränderung und Transformation
- Das Konzept der sozialen Pflege
- Pflege und Wohlfahrtsstaatsregime
- Schlüsselelemente des Wandels des sozialen Pflegeangebots
- Methodik
- Von der Armenpflege zu sozialen Rechten
- Soziale Rechte und deren Entwicklung
- Das Primat der Familie – Die Familienideologie der sozialen Pflegepolitik
- Der lange Weg zur Pflegeversicherung - Altenpflegepolitik in Deutschland
- Pflegerische Dienste für Ältere im Siegel der politischen Entwicklung
- Die Sozialstaatstradition und das Erbe der Wohlfahrtsverbände
- Altenpflege vor der Pflegeversicherung
- Die Reformpolitik
- Die Pflegeversicherung - Prinzipien, Bestimmungen, Daten
- Stationäre Pflege für Ältere
- Häusliche Pflege für Ältere
- Nebeneffekte des Angebots
- Transformation des freigemeinnützigen Sektors
- Die Beschäftigungssituation im Pflegebereich
- Resümee
- Soziale Dienstleistungen – Der Schlüssel zum schwedischen Wohlfahrtsstaatsmodell
- Das Konzept der sozialen Dienstleistungen in der schwedischen Sozialpolitik
- Die frühen Ideen der sozialen Pflegedienstleistungen
- Die Periode des Aufbaus der sozialen Pflegedienstleistungen
- Die Stufe der Erosion: soziale Pflegedienstleistungen während der Restrukturierung des Wohlfahrtsstaates
- Soziale Pflegedienstleistungen
- Stationäre Pflege für Ältere
- Dienstleistungen der Haushaltshilfe für Ältere
- Nebeneffekte des Angebots
- Mehr Pflege durch Familie, Markt und freigemeinnützigen Sektor?
- Veränderungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen im Pflegebereich
- Resümee
- Deutschland und Schweden im Vergleich
- Staatsausgaben und private Kosten – Unterschiede und Trends
- Erwerbsbeteiligung der Frauen
- Die Variationsbreite der Dienstleistungsanbieter
- Das Recht der Älteren auf pflegerische Dienstleistungen
- Die Rolle der Politik
- Resümee
- Wohlfahrtsstaatliche Regime sozialer Pflegedienstleistungen
- Vergleichende Analyse der Altenpflegepolitik in Deutschland und Schweden
- Entwicklung der sozialen Pflege im Kontext der Wohlfahrtsstaatsforschung
- Einfluss des demografischen Wandels und der Feminisierung auf die Altenpflege
- Analyse der Veränderungen im Bereich der Pflegebedürftigkeit und der Pflegebedürftigen
- Untersuchung der Rolle des Staates und der privaten Akteure in der Altenpflege
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem Vergleich der Altenpflegepolitik in Deutschland und Schweden. Ziel ist es, die Entwicklung und Gestaltung der sozialen Pflege in beiden Ländern im Kontext der Wohlfahrtsstaatsforschung zu analysieren. Dabei werden die Veränderungen und Herausforderungen im Bereich der Altenpflege, die durch den demografischen Wandel, die Feminisierung der Gesellschaft und die wachsende Bedeutung der Erwerbstätigkeit von Frauen entstehen, in den Blick genommen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und beleuchtet die Bedeutung der Altenpflege in modernen Gesellschaften. Die Kapitel 1 und 2 befassen sich mit der Entwicklung der Altenpflegepolitik in Deutschland. Kapitel 1 beleuchtet die Entwicklung sozialer Rechte und die Bedeutung der Familie im Kontext der Pflege. Kapitel 2 analysiert die Einführung der Pflegeversicherung in Deutschland, ihre Prinzipien und Auswirkungen auf die Pflegelandschaft. Das Kapitel 3 widmet sich dem schwedischen Wohlfahrtsstaatsmodell und der Bedeutung von sozialen Dienstleistungen in der schwedischen Sozialpolitik.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Altenpflege, Wohlfahrtsstaat, Sozialpolitik, Vergleichende Sozialforschung, Demografischer Wandel, Feminisierung, Pflegeversicherung, Soziale Dienstleistungen, Deutschland, Schweden.
- Arbeit zitieren
- Christiane Landsiedel (Autor:in), 2004, Altenpflegepolitik in Deutschland und Schweden im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31421