Das 3. Hilfspaket für Griechenland stellt das bislang letzte Glied einer langen Kette staatlicher Maßnahmen zur Rettung der europäischen Gemeinschaftswährung dar. Über ihre bloße Anzahl dürften auch Experten den Überblick verloren haben, der interessierte Zeitungsleser kapituliert angesichts ihrer Komplexität. Längst haben die Regierungen der Euroländer mit den verschiedenen Rettungsschirmen wie dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ein Kriseninstrumentarium institutionalisiert, das die nationalen Parlamente weitgehend zu Akklamationsorganen von Exekutiventscheidungen degradiert hat.
Neben den EU-Institutionen, den Rettungsmechanismen und den Regierungen treten zudem internationale Akteure wie der IWF auf den Plan, um als Agenten einer internationalen Finanzordnung Interessen ihrer Prinzipale (USA als Mehrheitseigner) zu artikulieren und durchzusetzen. Wie kompliziert die Dinge im europäischen Mehrebenensystem mittlerweile liegen, zeigt ein Blick in die Abstimmungsunterlagen des Deutschen Bundestags.
Während die Presse vereinfachend vom 3. Griechenlandhilfs- oder -rettungspaket berichtete, bat der Bundesfinanzminister das deutsche Parlament am 19. August 2015, „der Hellenischen Republik Stabilitätshilfe in Form einer Finanzhilfefazilität zu gewähren“ sowie einer „Vereinbarung über ein Memorandum of Understanding zwischen der Hellenischen Republik und dem Europäischen Stabiliätsmechanismus (ESM)“ zuzustimmen.
Das Parlament ermächtigte damit die deutschen Regierungsvertreter im Gouverneursrat und Direktorium des ESM, 26 Milliarden Euro von bis 2018 geplanten 86 Milliarden Euro nach Griechenland zu transferieren. Im Gegenzug hatte sich das monatelang kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehende Land verpflichtet, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren, das Rentensystem zu reformieren, eine funktionierende Steuerverwaltung zu etablieren, Schwarzarbeit und Korruption zu bekämpfen sowie Staatsbetriebe zu privatisieren. Der 140seitige Antrag des Finanzministeriums diente vor allem der Legitimation eines Exekutivhandelns, das weitab von den Haftungssubjekten stattfindet: den Nationalstaaten und ihren Steuerzahlern. [...]
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- EINLEITUNG
- 1. FRAGESTELLUNG.
- 1.1 METHODE.
- 1.2 FORSCHUNGSSTAND.
- 2. URSACHEN DER WÄHRUNGSKRISE.
- 2.1 VERTRÄGE UND VERTRAGSUNTREUE.
- 2.2 NICHTOPTIMALER WÄHRUNGSRAUM
- 2.3 DAS VERSTOPFTE WECHSELKURSVENTIL
- 2.4 INSTITUTIONELLE KONSTRUKTIONSFEHLER.
- 3. GRIECHENLAND ALS HÄRTEFALL DER EUROZONE
- 3.1 ANSTECKUNGSGEFAHR UNTER DEN PIIGS.
- 3.2 DER EURO NÄHRT DEN STAATSHUNGER.
- 3.3 SCHATTENWIRTSCHAFT UND KORRUPTION.
- 3.4 GRIECHENLANDHILFEN SEIT 2010..
- 3.4.1 ERSTES GRIECHENLANDRETTUNGSPAKET
- 3.4.2 ZWEITES GRIECHENLANDRETTUNGSPAKET
- 4. DAS DRITTE GRIECHENLANDPAKET.
- 4.1 VORLEISTUNG, LEISTUNG UND GEGENLEISTUNG
- 4.2 POLITISCHE AKTEURE UND INTERESSEN
- 4.2.1 VEREINIGTE STAATEN UND IWF.
- 4.2.2 EUROLÄNDER UND EZB
- 4.2.3 GRIECHENLAND
- 4.3 ÖKONOMISCHE WIRKUNGEN
- 4.3.1 HAIRCUT: DER DRITTE SCHULDENSCHNITT
- 4.3.2 MORAL HAZARD: FALSCHE ANREIZSETZUNG.
- 4.3.3 FREE LUNCH: VOLLENDUNG DER TRANSFERUNION
- 5. ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem dritten Griechenlandrettungspaket, das im Jahr 2015 beschlossen wurde. Ziel ist es, dieses Paket aus politökonomischer Perspektive zu analysieren und seine Auswirkungen auf die Eurozone zu beleuchten.
- Die Ursachen der griechischen Finanzkrise und ihre Auswirkungen auf die Eurozone
- Die Rolle der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds im Rettungsprozess
- Die ökonomischen und politischen Auswirkungen des dritten Rettungspaketes
- Die Frage der Nachhaltigkeit der Rettungsaktionen und der Zukunft der Eurozone
- Die politische Dimension der Krise und die Rolle der verschiedenen Akteure
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit dar und beschreibt die gewählte Methodik. Sie führt außerdem in den Forschungsstand zum Thema Griechenlandrettungspakete ein.
- Kapitel 2 beleuchtet die Ursachen der griechischen Finanzkrise. Es werden die Verträge und die Vertragsuntreue, der nicht optimale Währungsraum, das verstopfte Wechselkursventil und institutionelle Konstruktionsfehler analysiert.
- Kapitel 3 betrachtet Griechenland als Härtefall der Eurozone. Es geht auf die Ansteckungsgefahr unter den PIIGS-Staaten, den Euro als Nährboden für Staatshunger, Schattenwirtschaft und Korruption sowie die bisherigen Griechenlandhilfen ein.
- Kapitel 4 widmet sich dem dritten Griechenlandrettungspaket. Es analysiert die Vorleistungen, Leistungen und Gegenleistungen, die politischen Akteure und ihre Interessen sowie die ökonomischen Auswirkungen des Pakets.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit beleuchtet zentrale Themen wie die Eurokrise, die politökonomische Analyse, die Rettungspakete für Griechenland, die Rolle der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds, die ökonomischen und politischen Auswirkungen der Rettungspakete, die Nachhaltigkeit der Rettungsaktionen und die Zukunft der Eurozone.
- Quote paper
- Dr. Christian Schwießelmann (Author), 2015, Das dritte Griechenlandrettungspaket. Eine politökonomische Analyse einer weiteren Eurorettungsmaßnahme, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/314907