Illegale Immigration aus Mexiko in die USA und politische Gegenmaßnahmen


Pre-University Paper, 2015

27 Pages, Grade: 14 Punkte

Anonymous


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Inhaltsverzeichnis

1. Bedeutsamkeit der mexikanisch-US-amerikanischen Migration

2. Mexikanische Migration in die USA und deren Ausmaße in der Vergangenheit

3. Heutige Gründe für die illegale Migration
3.1 Push-Faktoren
3.1.1 Ökonomische Push-Faktoren
3.1.2 Soziale Push-Faktoren
3.2 Pull-Faktoren
3.2.1 Ökonomische Pull-Faktoren
3.2.2 Soziale Pull-Faktoren

4. Auswirkungen der illegalen Migration
4.1 Auswirkungen auf das Herkunftsland Mexiko
4.1.1 Ökonomische Aspekte
4.1.2 Soziale Aspekte
4.1.3 Weitere Folgen
4.2 Auswirkungen auf das Zielland USA

5. Vorgehen der USA gegen die illegale Immigration
5.1 Gesetzliche Regulierungen im Laufe der Geschichte
5.2 Grenzschutzeinrichtungen
5.2.1 Grenzsicherungseinheit Border Patrol
5.2.2 Grenzzaun entlang der Südgrenze
5.3 Rückwirkungen der Maßnahmen auf die illegale Immigration

6. Ausblick auf zukünftige Entwicklungen

Bibliographie

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Bedeutsamkeit der mexikanisch-US-amerikanischen Migration

Im Jahr 2010 war die Wanderung von Mexiko in die USA mit mehr als dreimal so vielen Migranten wie die zweitplatzierte Bewegung aus Russland in die Ukraine der weltweit umfangreichste transnationale Migrationsstrom.[1] In der Periode von 2000 bis 2005 war Mexiko mit durchschnittlich 800.000 Emigranten pro Jahr das Nummer-Eins Auswanderungsland der Welt.[2] Von 2010 bis heute ist das Land mit ca. 240.000 jährlichen Auswanderern immer noch auf Rang 6 der Statistik.[3] In den USA wurde mit dem Zensus von 2010 festgestellt, dass 63% der ca. 50 Mio. Hispanics und Latinos in den USA aus Mexiko stammen.[4] Damit haben die Mexikaner einen Anteil von 10% an der Gesamtbevölkerung der USA. Davon sind geschätzt jedoch die Hälfte illegal im Land und die Mexikaner ohne Arbeitserlaubnis bilden 16% der US-amerikanischen arbeitenden Bevölkerung. 98,7% der mexikanischen Auswanderer entscheiden sich für die USA als Ziel ihrer Migration[5] und so lebte 2010 jeder zehnte mexikanische Staatsbürger in den USA.[6]

All diese Statistiken veranschaulichen die enorme Bedeutung der mexikanischen Migration in die USA. Seit ihrem Beginn prägt sie die Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Politik der beiden Staaten. Auch die große Zahl an illegalen Einwanderern schenkt dem einzigartigen Phänomen internationale Aufmerksamkeit. Jeder, vor allem jeder in Nordamerika, hat ein bestimmtes Bild vom typischen mexikanischen Einwanderer, der an der Armutsgrenze lebt und niedere Arbeiten in der Landwirtschaft verrichtet.

In dieser Arbeit soll die Erscheinung der mexikanischen Einwanderung in die USA genauer untersucht werden: zuerst durch eine historische Zusammenfassung der Wanderungsbewegung, dann in einer Analyse der Gründe und Auswirkungen der Migration. Besonders wird noch Wert auf die Untersuchung der Maßnahmen, die die amerikanische Regierung gegen die massenhafte illegale Immigration ergriffen hat, und deren Rückwirkungen auf den Migrationsstrom gelegt. Auf diesen Punkten aufbauend soll dann im Fazit noch ein Ausblick in eine mögliche Zukunft dieser Migration gegeben werden.

2. Mexikanische Migration in die USA und deren Ausmaße in der Vergangenheit

Der Beginn von mexikanischer Migration in die USA signifikanten Umfangs kann in die 1880er Jahre datiert werden. Ausschlaggebend für diesen ersten Auswanderungstrend war die ökonomisch vorantreibende, jedoch sozial rückschrittliche Politik während des Porfiriato (1876-1910) . [7] Der Staat mit Porfirio Díaz an der Spitze enteignete damals einen großen Teil der kleineren bis mittelgroßen Landbesitzer, vor allem im Süden und Westen des Landes, und schaffte das System der ejidos (gemeinschaftliches Eigentum von landwirtschaftlicher Nutzfläche) komplett ab, um den Grund neu an wenige Großagrarbetriebe zu verteilen. So war beispielsweise 1894 ein Fünftel der Gesamtfläche Mexikos im Besitz solcher Betriebe. Mitunter solche Maßnahmen brachten dem Land zwar gesamtökonomischen Aufschwung, der Mehrheit der Bevölkerung jedoch brachten sie verschlechterte Lebensbedingungen. Neben dieser neuen ungleichen Verteilung des Bodens, die teilweise unter den normalen Bürgern zu einer allgemeinen Landlosigkeit führte, trug noch die Mechanisierung im Zuge der Industrialisierung, die ohnehin schon für eine erhöhte Arbeitslosigkeit sorgte, zur finanziell geschädigten Situation der mexikanischen ruralen Bevölkerung bei. Zudem hatte die Politik unter Díaz mit teils diktatorischen Ansätzen negative Folgen auf die persönliche und politische Freiheit.[8] „Díaz made certain that ‘order‘ was maintained at all costs for the sake of ‘progress.‘ Force was used whenever necessary to neutralize opponents of the regime.“[9]

In den USA herrschte zu der Zeit ein Bedarf an Arbeitern, vor allem in Eisenbahnbau und Landwirtschaft. Dieser verschärfte sich noch mit der Verabschiedung des Chinese Exclusion Act 1882, der die Einbürgerung der chinesischen Immigranten und den Zuzug neuer potentieller chinesischer Arbeiter vorerst verbot. Dies machte das Zurückgreifen auf andere ausländische Arbeitskraftressourcen nötig. Aus all diesen Push- und Pullfaktoren resultierte dann die erste bedeutende Wanderung von Mexikanern in die Vereinigten Staaten. Im Grunde waren seitdem die schon damals wichtigsten Motivationen (schlechter finanzieller Lebensstandard auf mexikanischer Seite, Aussicht auf Arbeitsplatz und Bedarf an Arbeitskraft auf US-amerikanischer Seite) im weiteren Verlauf der Geschichte meistens die Hauptgründe für die Migration. Eine Ausnahme dazu lässt sich jedoch in der auf das Porfiriato folgenden Epoche der mexikanischen Geschichte, dem Bürgerkrieg und der Revolution (1910-1920), feststellen. Die blutigen Kämpfe, die mit Erhebungen gegen den diktatorischen Präsidenten Díaz begonnen hatten, bald fast das gesamte Land umfassten und so ein Zehntel der Bevölkerung auslöschten, trieben in härter betroffenen Gebieten, vor allem im Norden und im Zentrum, die Menschen dazu, aus dem Land zu fliehen. Dabei standen also nicht mehr ökonomische Beweggründe, sondern die simple Flucht vor dem Krieg als entscheidender Faktor im Vordergrund. Dieser Zusammenhang der Regionen, in denen größere Kämpfe ausgetragen wurden, und der größten Anzahl an Auswanderern lässt sich heute immer noch feststellen. Auch 1990 noch kamen die meisten mexikanischen Einwanderer aus den Regionen Jalisco, Michoacán, Guanajuato, Zacatecas und Chihuahua, welche 75 Jahre davor größere Kriegsschauplätze waren (vgl. Abb. 1).[10]

Abb. 1: Zahl der in die USA Ausgewanderten von 2000 und 1990 im Vergleich nach Bundesstaaten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Jones 2010, S. 43

Mit Beginn des zweiten Weltkriegs kam eine neue Phase der Arbeitsmigration auf, die bis 1964 andauerte. Hier wurden besonders viele mexikanische Arbeitskräfte, die braceros, für die Verrichtung einfacher Arbeiten benötigt und im Rahmen des „erste[n] Migrationsprogramm[s] von großer Bedeutung, […] [dem] Gastarbeiterprogramm programa bracero von 1942 bis 1964“[11], angeworben. Unter anderem durch diese Sättigung des Bedarfs an Arbeitern in den USA erlebte die mexikanische Wirtschaft von den 40er bis zu den 60er Jahren einen Höhepunkt. Als das Wirtschaftswunder ab 1970 wieder abschwoll und die Ölkrise von 1982 die mexikanische Konjunktur in eine Rezession brachte, spielten die Push-Faktoren wegen der schlechten gesamtwirtschaftliche Lage wieder eine größere Rolle.[12]

Diese Situation hat sich seitdem grundsätzlich nicht verändert, jedoch nahm in den nächsten 40 Jahren bis heute die Zahl der mexikanisch geborenen US-Amerikaner am signifikantesten zu. So verfünfzehnfachte sich diese Zahl von 1970 bis 2010 von 760.000 auf 11,7 Mio. Den größten absoluten Zuwachs brachten die 90er Jahre, in denen fast fünf Millionen Mexikaner einwanderten (vgl. Abb. 2).

Abb. 2: Anzahl der in Mexiko geborenen US-Amerikaner 1850-2013

Quelle: Eigene Darstellung, DatenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten: Migration Policy Institute (o.J.)

3. Heutige Gründe für die illegale Migration

Die vielseitigen Gründe, die die mexikanische Bevölkerung in der heutigen Zeit potentiell zur Auswanderung bewegen, lassen sich allgemein auf diverse Pushfaktoren, die sie aus dem Land treiben, und Pullfaktoren, durch die sie von den USA angezogen werden, zurückführen.

3.1 Push-Faktoren

Die wichtigsten Push-Faktoren sind meist ökonomischer Natur, zum Teil können jedoch auch soziale oder andere Gründe zur Emigration bewegen.

3.1.1 Ökonomische Push-Faktoren

In ökonomischer Hinsicht ist die allgemein schlechte wirtschaftliche Lage in bestimmten Regionen Mexikos verantwortlich für die Perspektivlosigkeit der Menschen, die sich für die Auswanderung entscheiden. Innerhalb des Landes treten bedeutende Disparitäten zwischen den Bundesstaaten auf. Dies lässt sich anhand des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf feststellen. Im internationalen Vergleich war Mexiko 2007 mit ca. 9200 US-$ hier auf Rang 68. Nach Angaben des INEGI liegt das BIP pro Kopf im DF jedoch bei mehr als 23000 $, während der Wert in Staaten wie Guerrero oder Oaxaca kleiner als 5000 $ ist. Der Wert des DF lässt sich in die Größenordnung von Südkorea (Rang 44) einordnen, während die schwächeren Staaten teilweise international unter Rang 93 (Kuba) fallen würden. Der Zusammenhang zur Emigration lässt sich bei den bereits angesprochenen Bundesstaaten Michoacán und Zacatecas erkennen. Sie hatten ein ähnlich geringes BIP pro Kopf von weniger als 6800 $ (vgl. Abb. 3) und liegen, wie in Kapitel 2 erwähnt, heute unter den auswanderungsstärksten Regionen.[13]

Abb. 3: BIP pro Kopf (2007) der Bundesstaaten Mexikos

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Lewis 2010

Mit der schlechten ökonomischen Situation geht natürlich eine hohe Arbeitslosigkeit einher. Offiziell ist die Arbeitslosenquote Mexikos mit 3,6% zwar geringer als in den USA (4,6%), jedoch ist in dieser Statistik die Kategorie der Unterbeschäftigten nicht enthalten, sodass Menschen mit einer Arbeitszeit von mehr als einer Stunde pro Woche nicht als arbeitslos gelten. Beim Einkalkulieren von Arbeitslosen und Unterbeschäftigten wird die tatsächliche Quote auf 30% geschätzt.[14]

Aus der hohen Erwerbslosigkeit resultiert eine Armut, die vor allem im ländlichen Raum vorherrscht. Daten der CIA zufolge lebten im Jahr 2012 52% der mexikanischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze, was der 19.-höchste Anteil unter den 162 erfassten_Ländern_ist.[15]

Für den arbeitenden Teil der Bevölkerung sind die Verhältnisse oft jedoch auch nicht maßgebend besser. In vielen Regionen ist der Arbeitsmarkt wegen viel zu niedrigen Löhnen für Geringqualifizierte äußerst unattraktiv. So ist es auch generell dieser Teil der arbeitenden Bevölkerung, der in die USA auswandert, da die Emigration aus einem Leben in absoluter Armut wegen nötigen Anfangsinvestitionen in Form von Reisekosten oder Ähnlichem schwer möglich ist.[16]

Zudem tragen Inflation und Verschuldung belastend zur schlechten wirtschaftlichen Situation bei. Diese Gegebenheiten konnten durch Deregulierung und Privatisierung der Wirtschaft zunehmend entschärft werden, dafür spielt die weit verbreitete Korruption, die die ökonomische Entwicklung hemmen kann, nach wie vor eine wichtige Rolle.[17]

3.1.2 Soziale Push-Faktoren

Neben ökonomischen gibt es auch soziale Gründe für die Migrationsentscheidung, wobei die Pull-Faktoren jedoch meist überwiegen. Soziale Push-Faktoren hingegen können aus den ökonomischen Gegebenheiten hervorgehen. Beispielsweise entstehen soziale Missstände bedingt durch ungerechte Politik und Korruption. Außerdem kommt es wegen der geringen Zahl an Arbeitsplätzen in ruralen Gegenden zur Wanderung in die Städte. Die daraus entstehende Überbevölkerung kann zur Slumbildung führen, womit die sozialen und humanitären Verhältnisse stark verschlechtert werden und die Menschen_zur_Emigration_bringt.[18]

Hinzu kommt die demographische Entwicklung des Landes. „Auch das hohe Bevölkerungswachstum [...] förder[t] die Abwanderung“[19] in das Ausland.

3.2 Pull-Faktoren

Auch bei den Gründen, die die Migranten in die Vereinigten Staaten ziehen, sind die ökonomischen und sozialen Pull-Faktoren die wichtigsten.

3.2.1 Ökonomische Pull-Faktoren

Die mexikanische Wirtschaft weist natürlich global betrachtet nicht nur Schwächen auf. Das Land ist beispielsweise die bedeutendste Industrienation Lateinamerikas, hat ein jährliches Wirtschaftswachstum von bis zu 5% in den letzten zehn Jahren und befindet sich unter den 15 Nationen mit dem höchsten Bruttoinlandsprodukt weltweit.[20]

Dies wird allerdings deutlich unbedeutender, wenn der Nachbar USA gegenübergestellt wird. Die weltweit führende Industrienation kommt im Vergleich auf ein fünfmal höheres BIP pro Kopf, eine deutlich niedrigere Arbeitslosigkeit, einen viermal höheren durchschnittlichen Stundenlohn und ein bis zu zehnmal höheres Gehalt für gleiche Tätigkeiten. Dieses steile Lohngefälle zwischen den beiden Ländern ist ein erster wirtschaftlicher Pull-Faktor. Durch die besseren Verdienstmöglichkeiten im Ausland entsteht dort für die Mexikaner eine Chance auf bessere Lebensbedingungen, die im Heimatland_nicht_zu_erreichen_wären. Zudem besteht in den USA auch die nötige Nachfrage nach unqualifizierten Arbeitskräften, was ebenfalls anziehend auf die Migranten wirkt. Vor allem in der Landwirtschaft, Industrie und dem Bausektor gibt es aussichtsreiche Verdienstmöglichkeiten, da die US-amerikanische Bevölkerung zunehmend unwilliger wird, einfache, schlecht bezahlte Arbeit in eben diesen Bereichen zu verrichten. Außerdem bieten die USA neben einer stetig wachsenden Wirtschaft einen ausgeprägten informellen Sektor, der auch für unregistrierte Immigranten Möglichkeiten für ein ausreichendes Einkommen eröffnet und somit die illegale Einwanderung_fördert.[21]

Auch die topografischen Gegebenheiten, wie die große Strecke der somit schwer zu überwachenden Grenze oder die weitläufigen Ebenen in der Grenzgegend wirken begünstigend auf die klandestine Migration.[22]

3.2.2 Soziale Pull-Faktoren

Wie bereits erwähnt, sind bei den sozialen Gründen die Pull-Faktoren in vielen Fällen ausschlaggebender_als_die_Push-Faktoren:

„In den vergangenen Jahrzehnten sind komplexe familiäre und soziale Netze entstanden, die den Herkunftsort mit dem Zielort verbinden und oft die Emigration von Familienangehörigen und Freunden aus Mexiko nach sich ziehen.“[23]

Diese sozialen Netze im internationalen Raum sind immer öfter der entscheidende Faktor für die Migrationsentscheidung, da sie in vielen Bereichen den Übergang in das neue Leben erleichtern. Familienangehörige oder Freunde, die bereits in den USA leben, können bei der Wohnungs- und Arbeitsplatzsuche und beim Überwinden der Sprachbarriere helfen und in anderen Dingen, wie Formalitäten bei der Registrierung oder Ähnlichem, beraten. Der Migrationserfolg ist häufig ein Statussymbol in der Heimat und so motiviert auch das Wissen, dass viele Bekannte das Übergehen in die USA erfolgreich abgeschlossen haben, die Daheimgebliebenen zur Emigration. Ebenso macht die Gewährleistung des Erhalts der eigenen Kultur im Zielland den Schritt dorthin leichter. Die Erhaltung der Bräuche durch die vielen Einwanderer und das Einrichten von Gemeinschaften in Heimatvereinen (Home Town Associations) helfen, den ständigen Bezug zur Heimat zu pflegen.[24]

4. Auswirkungen der illegalen Migration

4.1 Auswirkungen auf das Herkunftsland Mexiko

Wie die Gründe für die Migration lassen sich auch die Folgen auf das Heimatland in die größeren Bereiche der ökonomischen und sozialen Auswirkungen einteilen.

4.1.1 Ökonomische Aspekte

Die Emigration hat sowohl positive als auch negative Folgen für die Wirtschaft Mexikos. Was dabei fördernd auf sie wirkt, sind hauptsächlich die Rücküberweisungen, mit denen die Migranten ihre in Mexiko gebliebenen Familien finanziell unterstützen. Diese remesas sind die zweitwichtigste Devisenquelle des Landes, das auch weltweit das Hauptempfängerland dieser Geldsendungen ist, und sind oft in weniger entwickelten Regionen als wirtschaftlicher Motor anzusehen. Seit 2005 betragen sie jährlich mehr als 20 Mrd. US-Dollar[25]. Da die Empfänger der Gelder überwiegend aus ärmeren Verhältnissen stammen und durch die Unterstützung der Emigranten ihre finanzielle Lage verbessern können, wird die Einkommensungleichheit in der Heimat verringert. Ebenso verändert sich das Konsumverhalten der Empfänger, was, neben der Ankurbelung der Wirtschaft allgemein, die Erweiterung neuer Marktbereiche, wie der Kommunikation über das Internet, auf die finanzielle Unterschicht zur Folge hat. Außerdem wird durch die starke Abwanderung von Arbeitskräften die Situation auf dem Arbeitsmarkt gelockert und die Arbeitslosigkeit verringert. Da die vielen Auswanderer oft nach einiger Zeit Familienangehörige ins Ausland nach sich ziehen, ist langfristig mit einem Rückgang der remesas zu rechnen. Auch bei Emigranten, deren Familien dauerhaft in Mexiko bleiben, lässt sich dieser Trend feststellen, da die Verbindung zur Heimat mit zunehmender Aufenthaltsdauer in den USA abschwächt. Durch den hohen Verlust an arbeitsfähiger Bevölkerung entstehen natürlich auch einige Probleme in der mexikanischen Wirtschaft. So leidet in einigen ländlichen Regionen die lokale Produktion am Mangel von Arbeitskräften und es kommt zur Stagnation. Wirtschaftliche Weiterentwicklung kann nicht mehr stattfinden, was die Armut in diesen auswanderungsreichen Teilen des Landes nur noch verschlimmert. Dass ein beachtlicher Teil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter fehlt, hat natürlich nicht nur lokal, sondern auch national negative Konsequenzen. Anstatt vom Land in die Stadt zu wandern und dort einer Arbeitsstelle nachzugehen, wählen viele junge Leute die USA als Ziel und die Arbeitskräfte, die sonst durch die Landflucht in die Städte gelangen würden,_fehlen_nun_dort. Eine weitere negative Auswirkung auf die Wirtschaft ist, dass die vom Staat getätigten Investitionen in Bildung und Gesundheit verloren gehen.[26]

Auch die Rücküberweisungen wirken sich teilweise negativ auf die Wirtschaft aus, was makroökonomisch betrachtet jedoch eine weniger große Rolle spielt.

„So trägt der starke Zufluss von Devisen dazu bei, dass der Wechselkurs des Peso gegenüber dem US-Dollar steigt. Das macht mexikanische Exporte auf dem Weltmarkt teurer und Importe im Inland billiger und schadet so der Entwicklung der mexikanischen Industrie.“[27]

Da die negativen Folgen der Migration die Wirtschaft gravierender beeinflussen als die positiven, versucht die mexikanische Regierung, die fördernden remesas zu verstärken. Die Finanzierung von notwendigen Infrastrukturprojekten in der Heimat durch die bereits erwähnten Home Town Associations wird im Rahmen des „3 mal 1“-Programms vom mexikanischen Staat, dem jeweiligen Bundesstaat und der Gemeinde mit zusätzlichen Investitionen unterstützt.

4.1.2 Soziale Aspekte

Die Flucht der erwerbsfähigen Bevölkerung hinterlässt auch negative Folgen für ihre einzelnen Angehörigen und die Gesellschaft. In vielen ruralen Gegenden kommt es zur Entvölkerung, zuerst an Menschen im erwerbstätigen Alter, dann wegen der sich verschlechternden wirtschaftlichen Situation, von immer mehr Teilen der Gesellschaft, sodass Landstriche teilweise vollständig verlassen werden. Der Wegfall der Menschen mittleren Alters verursacht eine altersmäßige Polarisierung der Gesellschaft, was das Bevölkerungswachstum hemmen kann. Außerdem werden Familien, in denen beispielsweise der arbeitende Vater in die USA auswandert, auseinandergerissen und verschulden sich, da sie die Auswanderung finanzieren müssen.[28]

4.1.3 Weitere Folgen

Neben ökonomischen und sozialen Folgen gibt es in Mexiko noch einige weniger bedeutende Auswirkungen der Auswanderung. Beispielsweise entsteht durch den Wanderungsstrom nach Norden eine neue Binnenwanderung. Zum einen rücken Menschen aus den südlichen Bundesstaaten in die nördlichen, aus denen viele in die USA gelangt sind, nach, zum anderen wandern mehr Menschen aus dem südlicheren Zentralamerika nach Mexiko.

Die Auswanderung hat aber auch positive humanitäre Folgen auf die mexikanische Bevölkerung. Durch die zusätzlichen finanziellen Mittel, die den Daheimgebliebenen Mexikanern in Form von Rücküberweisungen zukommen, kann die Gesundheit, vor allem von Kindern, der Migrantenfamilien gesteigert werden. Dies resultiert auch aus dem medizinischen Wissen, das die Migranten in den USA erwerben können.[29]

4.2 Auswirkungen auf das Zielland USA

Neben der Beeinflussung der US-amerikanischen Gesellschaft und Kultur schlicht durch die äußerst große Zahl an mexikanischen Immigranten, sind die wichtigsten Auswirkungen auf die USA in erster Linie wirtschaftlich. Auch die US-amerikanische Wirtschaft trägt positive und negative Folgen der Migration davon.

Die Tatsache, dass ein großer Teil der Immigranten illegal im Land ist und arbeitet, ist durchaus vorteilhaft für die Wirtschaft. Der illegale Status verleiht ihnen eine höhere Flexibilität bezüglich des Arbeitsortes. Die vor allem im Niedriglohnsektor arbeitenden Mexikaner können wesentlich schneller auf Veränderungen des US-Arbeitsmartktes und akuten Bedarf an günstigen Arbeitskräften reagieren, da sie Umstände und Formalitäten, wie Registrierung oder Arbeitsgenehmigung, umgehen. Besteht Nachfrage nach geringqualifizierten Arbeitern, so können illegale Migranten schnell ins Land gelangen und die Nachfrage decken, während legale Immigranten den Umweg über Auswahlverfahren und Wartelisten für Aufenthaltsgenehmigungen und Weiteres nehmen müssten.

Viele Bereiche der Wirtschaft im Niedriglohnsektor sind von den mexikanischen Immigranten abhängig. Vor allem in Landwirtschaft und Industrie übernehmen diese die Jobs, die für die amerikanische Bevölkerung zu gefährlich, unbequem oder schlecht bezahlt wären, auch für geringe Löhne. Ohne die Mexikaner müssten solche Betriebe Verluste, die aufgrund des Verlangens nach höherem Gehalt der US-Amerikaner entstehen würden, hinnehmen. Die niedrigen Lohnansprüche der Einwanderer und somit die niedrigeren Produktionskosten vieler Güter haben insgesamt eine positive Wirkung auf die gesamte Bevölkerung der USA. So sparen die einfachen Bürger bei den Ausgaben für Produkte aus der Landwirtschaft, der Industrie oder dem Bausektor und können ein höheres verfügbares Einkommen verbuchen.

Negative Konsequenzen auf die Wirtschaft sind zum einen der höhere Wettbewerb im Niedriglohnsektor und zum anderen die Inanspruchnahme von öffentlichen Leistungen ohne Gegenleistung in Form von Steuern.

Durch den starken Zustrom von mexikanischen Arbeitskräften wird der Arbeitsmarkt der USA stärker belastet. Vor allem in den schlecht bezahlten Feldern, in denen die meisten Mexikaner Arbeit suchen, wird der Wettbewerb größer, was niedrigere Löhne zur Folge hat und unter Umständen die einheimische Bevölkerung Arbeitsplätze kosten kann.

Die fehlende Registrierung der illegalen Immigranten lässt diese steuerliche Abgaben umgehen. Trotzdem aber nutzen sie öffentliche Leistungen, wie Gesundheitsfürsorge und allgemeine Infrastruktur. Auch das Rechtssystem und die Gefängnisse sind davon sehr betroffen, was an der relativ hohen Kriminalitätsrate unter den Einwanderern liegt. Während der Anteil an der Gesamtbevölkerung der USA nur höchstens 4% beträgt, ist ungefähr jeder Fünfte Häftling in US-amerikanischen Gefängnissen Mexikaner. Dass all diese Leistungen ohne Gegenleistung in Anspruch genommen werden, bringt dem Staat erhebliche Verluste ein.[30]

5. Vorgehen der USA gegen die illegale Immigration

5.1 Gesetzliche Regulierungen im Laufe der Geschichte

In den ersten hundert Jahren der jungen Geschichte der USA blieb die Einwanderung weitgehend unkontrolliert und die Migrationspolitik liberal, da sie „entscheidend für die Besiedlung und Industrialisierung Amerikas und somit akzeptiert“[31] war. Erst mit dem Immigration Act von 1875 wurde die Einreise bestimmten, meist in irgendeiner Art kriminellen, Personengruppen verwehrt. Eine Kontrolle fand meist nur oberflächlich an den Häfen, an denen Einreisende ankamen, statt und unerlaubt ins Land Gelangte konnten nur entdeckt werden, wenn sie beispielsweise ins Krankenhaus oder Gefängnis kamen. Mit dem Chinese Exclusion Act (s. Kap. 2) von 1882 konnte erstmals von einer Kategorie des illegalen Einwanderers gesprochen werden. Aus Furcht, die unkontrollierte Einwanderung würde aus dem Ruder geraten, wurde eine Begrenzung der Immigration zum ersten Mal 1921 mit dem Johnsons Act festgelegt. Von dort an durften nur noch 360.000 Menschen pro Jahr einwandern. Diese Zahl wurde drei Jahre später im Rahmen des Johnson-Reid Act auf 165.000 herabgesetzt. Außerdem beinhaltete das Gesetz eine verpflichtende Überprüfung von Einreisevisa an den Grenzen, was „die Bedingungen für den ,undocumented immigrant‘“[32] schuf. 1929 wurde dann der nicht gestattete Grenzübertritt zum Delikt erklärt und konnte mit einer Geld- oder Haftstrafe geahndet werden. Noch im gleichen Jahr wurde dann der Registry Act verabschiedet, der es zuließ, dass sich illegale Einwanderer, die sich spätestens seit 1921 im Land befanden und ehrliche und gesetzesachtende Einwanderer waren, als US-Bürger registrieren lassen konnten. Ab dem zweiten Weltkrieg wurden die Migrationsbestimmungen wieder nach und nach liberalisiert. Während der Zeit des Bracero-Programms von 1942 bis 1964 kamen insgesamt rund 5 Millionen legale Arbeiter zeitweise in die USA. Damals nahm neben der Zahl der braceros aber auch die der illegalen mojados (engl. wetback) zu, die unerlaubt die Grenze, vorzugsweise über den Rio Grande, überquerten. So fand 1954 die militärische Operation Wetback statt, in der im Südwesten der USA mehr als eine Million illegal Eingewanderte aufgespürt und deportiert wurden und eine weitere halbe Million daraufhin floh. Nach anschließenden Angaben der durchführenden Behörde INS wurde das Problem der wetbacks damals ausgelöscht. Im Hart-Celler Act von 1965 wurde die bisherige länderspezifische Begrenzung der Migration aufgehoben und die totale Höchstzahl auf 290.000 Immigranten jährlich angehoben, mit der Einschränkung von höchstens 20.000 Einwanderern aus einem Land. Mit dem Refugee Act im Jahre 1980 wurden zusätzlich 130.000 jährliche Flüchtlinge erlaubt. Nach 1929 gab es 1986 eine erneute Legalisierungswelle von illegal Eingereisten. Wer mindestens seit Anfang 1982 in den USA lebte, konnte dank dem Immigration Reform and Control Act seinen Status legalisieren lassen. Das Gesetz hatte auch zum Ziel, die klandestine Migration und Erwerbstätigkeit zu kontrollieren. So wurden von da an Sanktionen gegen Arbeitgeber, die unregistrierte Migranten beschäftigten, verhängt. Auf den IRCA folgten insgesamt ca. drei Millionen Registrierungen. 1990 reagierte die Gesetzgebung auf die hohe Nachfrage an Arbeitskräften mit dem IMMACT, der die annuelle Höchstgrenze an Einwanderern von 290.000 aus dem Jahr 1965 auf 700.000 anhob.

„1994 wurde mit der Freihandelszone NAFTA versucht, der Migration mit strukturpolitischen Maßnahmen entgegenzutreten. Man hoffte, eine wirtschaftliche Konvergenz und somit die Angleichung der Gehaltsniveaus und Lebensbedingungen beider Länder herbeizuführen.“[33]

In den Neunzigern wurde wieder ein Verlangen nach migrationspolitischen Restriktionen laut, da man meinte, „die Immigration sei ,außer Kontrolle geraten‘.“ Man sprach „in politischen Debatten von einer ,Invasion‘ […] und Immigration [wurde] zu einem Problem der ,nationalen Sicherheit‘ stilisiert.“[34] So folgte die Welfare-Reform, die es den Immigranten entweder komplett oder für die ersten fünf Jahre ihres Aufenthalts verbot, verschiedene Sozialhilfeprogramme in Anspruch zu nehmen, im Jahre 1996, zwei Jahre nachdem dies mit der Proposition 187 in Kalifornien bereits umgesetzt wurde. Mit der Angst, Terroristen könnten über die Landgrenzen in die Staaten gelangen, die verstärkt ab dem 11. September 2001 aufkam, wirkte auf die Bestrebungen, die illegale Immigration in den Griff zu bekommen, ein noch stärkerer öffentlicher Druck.[35]

Auf die Anschläge folgte die Übertragung der Zuständigkeiten für Einwanderung und Grenzschutz auf das neu gegründete Department of Homeland Security. Weiterhin wurden „Fragen der Einwanderung und der inneren Sicherheit [...] eng verknüpft im als Patriot Act bekannt gewordenen Gesetz“[36]. Der USA PATRIOT Act erleichterte es den Behörden, Einwanderer wegen kleineren Vergehen abzuschieben und länger in Untersuchungshaft_zu_behalten.[37]

In den darauffolgenden Jahren wurde in der Migrationspolitik größtenteils auf den Ausbau des Grenzschutzes Wert gelegt, was in Punkt 5.2 näher erläutert werden soll.

5.2 Grenzschutzeinrichtungen

Seitdem die illegale Migration über die mexikanische Grenze ein Problem wurde, investierten die Vereinigten Staaten in Grenzsicherungsprojekte, von denen die zwei wichtigsten die Border Patrol und der Grenzzaun sind.

5.2.1 Grenzsicherungseinheit Border Patrol

Gegründet 1924, im Jahr des Johnson-Reid Act, der nur noch Immigranten mit gültigen Visa im Land erlaubte und so illegale Einwanderung zur logischen Konsequenz hatte, war die Aufgabe dieser Grenzsicherungseinheit primär noch das Abhalten von Europäern, die versuchten, klandestin durch Umwege über die Landgrenzen aus Kanada und Mexiko einzuwandern. Unerlaubt einwandernde Mexikaner waren zu dem Zeitpunkt noch kein ernstes Problem; diese Art der illegalen Migration trat verstärkt erst in der Bracero-Ära während und nach dem zweiten Weltkrieg auf.

Der IRCA legte 1986 wieder den Fokus auf den Grenzschutz. Das Budget und die Personalstärke der Vollzugsbehörde an der südlichen Grenze wurden mit der Verabschiedung des Gesetzes fast verdoppelt. Ein Jahrzehnt später folgte mit dem IIRAIRA von 1996 eine weitere ähnliche Neuerung. Die Welfare-Reform aus dem selben Jahr ergänzend, zielte der IIRAIRA auf die Eingrenzung der illegalen Migration, zum einen indem man plante, bis 2001 die Zahl der Grenzbeamten an der mexikanischen Grenze zu verdoppeln, zum anderen durch höhere Sanktionen gegen illegalen Grenzübertritt, Beihilfe dazu und die Fälschung von Dokumenten. Außerdem wurden die Kontrollen von Einwanderern, beispielsweise durch das Einführen der Registrierung von Fingerabdrücken, verschärft. Grenzbeamte hatten zudem von da an erweiterte Abschiebegründe.[38]

5.2.2 Grenzzaun entlang der Südgrenze

Der oben genannte IIRAIRA beinhaltete auch die Freigabe von finanziellen Mitteln für die Errichtung eines Zauns entlang der mexikanischen Grenze. 1996 wurden vorerst 12 Mio. US-$ investiert. 2001 erstreckte sich der drei Meter hohe Stahlzaun dann 76 Meilen ins Landesinnere des Südwestens der Grenze. Zusätzliche Aufrüstungen im Grenzgebiet waren Flutlichtmasten, Nacht- und Wärmesichtkameras, Bewegungsmelder und Straßen, die für das leichtere Erreichen von Einsatzstellen durch die Grenzbeamten befestigt_wurden.[39]

2006 wurde ein weiteres Gesetz verabschiedet, das den Ausbau der Grenzsicherung vorsah. Entlang der 3200 km langen Grenze sollten Abschnitte mit einer Gesamtlänge von 1125 km mit einem Zaun und einer weiter intensivierten „virtuellen Mauer“ aus Radarsystemen und Kameras befestigt werden. Dafür wurden nach den 12 Mio. US-$ von 1996 nun weitere 1,2 Mrd. US-$ eingeplant.[40]

Wie in Abb. 4 ersichtlich, wurde bisher vor allem die Grenze an den Staaten Kalifornien, Arizona und New Mexico mit Zäunen erschlossen. Fast die ganze Strecke südlich von Texas bleibt offen, nur im äußersten Osten, im Tal des Rio Grande wurde wieder ein längeres Stück Zaun errichtet. Dem liegt das seit der ersten Planung von 1994 existierende Konzept des segmented enforcement zugrunde:

„Border Patrol agents and surveillance technology would be deployed heavily along the more easily crossed points of the border, while the more remote and isolated portions of the border would be left unpatrolled. This strategy relied on the remote and dangerous geography of the south-west borderlands to act as a_‘natural_barrier‘.“[41]

Solche natürlichen Barrieren sind beispielsweise der Rio Grande, der Texas als natürliche Grenze zu Mexiko dient, oder die ausgedehnte Sonora-Wüste südlich von Kalifornien und Arizona, während die an die USA angrenzenden Städte Orte von umfangreicherer Migration sind und besonders gesichert werden.

Abb. 4: Karte der Border Patrol Sektoren und Grenzzaunabschnitte (Stand: 2010)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: McCutcheon 2010

5.3 Rückwirkungen der Maßnahmen auf die illegale Immigration

In diesem Kapitel soll nun noch festgestellt werden, wie sich die in Punkten 5.1 und 5.2 angeführten aktuelleren Maßnahmen, begonnen mit dem IRCA, jeweils auf das Migrationsverhalten ausgewirkt haben.

Die zusätzlichen Investitionen in die Grenzsicherung von 1986 machten das unentdeckte Überqueren der Grenze in der Tat schwieriger. Anstatt dem gewünschten Effekt, diese Überquerungen zu minimieren, erreichte man nur eine permanente Ansiedlung von irregulären Mexikanern in den USA, vor allem von denen, die bisher regelmäßig in ihr Heimatland zurückkehrten und nur in die Staaten kamen, wenn die Landwirtschaft_Aussicht_auf_Arbeitsplätze_bot.[42]

Die mit dem IRCA eingeführten Sanktionen gegen illegale Einwanderer beschäftigende Arbeitgeber konnten kaum zum Ziel, die Migranten zur legalen Immigration zu bringen, beitragen. Die Absicht, Arbeitsplätze für illegal Eingereiste zu verringern, scheiterte wegen zu wenig systematischer Anwendung der Sanktionen und, weil den Arbeitgebern immer wieder Schlupflöcher blieben, um von den Behörden unentdeckt zu bleiben.[43]

Das Freihandelsabkommen NAFTA konnte den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten USA, Kanada und Mexiko von 1993 bis 2007 tatsächlich verdreifachen. Trotzdem hat es auf die armen Regionen Mexikos eine entwicklungshemmende Wirkung. Vor allem die südlichen ärmeren Bundesstaaten, die durch die Landwirtschaft geprägt sind, sind durch NAFTA geschwächt, während wohlhabendere zentrale und nördliche Staaten davon profitieren.[44] „The NAFTA challenged the livelihoods of smallholder farmers by putting them in direct competition with large, heavily subsidized and highly flexible multinational corporations“[45]. Dass die armen Bürger des mexikanischen Südens durch NAFTA noch ärmer werden, hat wiederum den Effekt der Emigration. So konnte in den Jahren nach dem Abkommen festgestellt werden, dass mehr Einwanderer als zuvor aus den südlichen Staaten kamen. NAFTA hat im südlichsten Bundesstaat Chiapas auch eine rebellische Bewegung ausgelöst. Die Zapatista-Armee wandte sich gegen den mexikanischen Staat, der die Interessen der Bauern des Südens missachte und mit dem Handelsabkommen die Situation noch weiter verschlimmere.[46]

Auch der IIRAIRA und die Welfare-Reform konnten die illegale Migration nicht wie gewünscht eindämmen. Weder die schlechteren Umstände für Migranten im Land noch die Abschreckung von neuen Zuwanderern durch höhere Grenzsicherung hatten den geplanten Ausgang. Die Sans-Papiers blieben trotzdem im Land und neue kamen weiterhin dazu.[47]

Im Verlauf der 90er Jahre konnte die irreguläre Immigration kaum eingeschränkt werden. Stattdessen kamen in diesem Jahrzehnt so viele Mexikaner in die Staaten wie nie zuvor. Durch die Einrichtung von Grenzsicherung in bestimmten Abschnitten wurden die Migrationsströme nur in periphere Gegenden umgeleitet. In solchem gefährlicheren Terrain kam es folglich zu mehr Todesfällen von Migranten beim Versuch_der_Einwanderung.[48] In den letzten 10 Jahren betrug so die jährliche Anzahl von Todesfällen an der Grenze bis zu 500, wobei langfristig eine Tendenz nach oben_erkennbar_ist.[49]

Als weitere Folge dessen kann der Anstieg des organisierten Verbrechens angesehen werden. Um die schwer zu überwindenden Wüsten und Gebirge des Grenzgebiets zu umgehen, bezahlen viele illegale Einwanderer eine Summe von bis zu 15.000 Dollar, um sich von Menschenschmugglern über die Grenze transportieren zu lassen. Dabei kommen auch teilweise kilometerlange Tunnel zum Einsatz, die dann nicht nur den Menschen-, auch den Drogenschmuggel fördern.[50]

Anzeichen für ein Gelingen des Vorgehens gegen illegale Migration sind die Statistiken über die Festnahmen durch die Border Control. Verursacht durch die gravierenden migrationspolitischen Restriktionen als Reaktion auf den 11. September nahm die Migration von 2000 bis 2010 weniger stark zu als im vorangehenden Jahrzehnt.[51] Auch lässt sich ein Rückgang der illegalen Einwanderung feststellen, wenn man der Zahl der Border Patrol-Festnahmen Vertrauen schenkt, die in der letzten Dekade um 70% abnahm.

Trotzdem ist die Zahl der Migranten, die unentdeckt über die Grenze gelangen, beachtlich hoch und die Abnahme der Festnahmen kann nicht als großer Erfolg angesehen werden.[52] Abschließend kann nach Eastman gesagt werden:

„If the effectiveness of federal agencies is measured in terms of preventing illegal immigration, […] then nearly all of the policies and programs that have been implemented since the early part of the twentieth century would be considered failures.“[53]

6. Ausblick auf zukünftige Entwicklungen

Seit 2000 lässt sich ein Wandel in der mexikanischen Migration in die USA feststellen. Nach der massenhaften Auswanderung der 90er, kommen seit der Jahrtausendwende wieder weniger Mexikaner legal in die USA (s. Abb. 5). Die Gesamtzahl gebürtiger Mexikaner in den USA ist im Vergleich zu 2010 auch nicht mehr gestiegen (s. Abb. 2).

Abb. 5: Jährliche Migration aus Mexiko in die USA 1991-2010 in Tsd.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Passel, Cohn, Gonzales-Barrera 2012

Ob dieser Trend in den nächsten Jahren anhalten wird, ist fraglich. Auf jeden Fall wird jedoch die Migration unvermeidbar bleiben, solange die wirtschaftliche Situation in Mexiko so viel schlechter als in den USA ist wie jetzt. Statt auf eine Militarisierung der Grenze zu setzen, sollten die Push- und Pull-Faktoren im Ursprung bekämpft werden. Wenn erst unmittelbar an der Grenze gegen die illegale Migration vorgegangen wird, so ist dies wenig erfolgversprechend, da die Entscheidung für die Migration schon lange vorher getroffen wurde und die Migranten, wie sich gezeigt hat, dann kurz vor dem Ziel auch lebensgefährliche Mittel ergreifen. Durch sinnvolle Handelsabkommen sollte die mexikanische Wirtschaft aufgebessert werden, was im Interesse beider Nationen liegen sollte, da so auch automatisch die illegale Immigration reduziert wird. Eine sinnvolle Zusammenarbeit müsste die Berücksichtigung der ärmeren Bevölkerungsschichten enthalten, die schließlich den größten Teil der Migranten ausmachen. Da die mexikanischen Migranten jedoch auch ausschlaggebend für das Wohl des amerikanischen Niedriglohnsektors sind, sollte eine gesunde Migration erhalten bleiben. Anstatt hier wieder der Illegalität des Grenzübertritts vor Ort mit abschreckenden Mitteln entgegenzutreten, müsste das legale Einreisen für mexikanische Staatsbürger vereinfacht werden, was durch eine liberalere Migrationspolitik, die auch nur diese zwei Staaten betreffen kann, realisiert werden könnte. Die erforderlichen Investitionen der USA würden so im Bereich des militarisierten Grenzschutzes gespart werden. Zusammenfassend könnte eine Verbesserung für beide Länder durch eine auch die arme Bevölkerung Mexikos fördernde wirtschaftliche Zusammenarbeit und durch offenere Einreisebestimmungen, die auch in Form von Gastarbeiterprogrammen ausgeführt werden können, hervorgerufen werden.

Bibliographie

Buchquellen

- Eastman, C. L. S. (2012): Shaping the Immigration Debate. Contending Civil Societies on the US-Mexico Border, Boulder (CO).

- Heck, G. (2008): „Illegale Einwanderung“. Eine umkämpfte Konstruktion in Deutschland und den USA, Münster.

- Jones, R.C. (2010): Recent Trends in Mexican Migration to the United States, in: Geographische Rundschau International Edition, Jg. 6, Heft 3, S. 42-47.

- Knerr, B. (2009): Illegal zum reichen Nachbarn. Viele Migranten in den USA unterstützen Familien in armen Landgebieten Mexikos, in: Welt-Sichten, Heft 2-2009, S. 12-16.

Internetquellen

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- World Bank1 (Hrsg.) (2015): World Developement Indicators 2015. http://www-wds.worldbank.org/external/default/WDSContentServer/WDSP/IB/2015/05/18/090224b082df91a6/1_0/Rendered/PDF/World0development0indicators02015.pdf, Abrufdatum: 24.10.2015.

- World Bank2 (Hrsg.) (2015): Data. GDP per capita (current US$). http://data.worldbank.org/indicator/NY.GDP.PCAP.CD/countries/, Abrufdatum: 04.09.2015.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Zahl der in die USA Ausgewanderten von 2000 und 1990 im Vergleich nach Bundesstaaten. Jones (2010), S. 43.

Abb. 2: Anzahl der in Mexiko geborenen US-Amerikaner 1850-2013. Daten: Migration Policy Institute (o.J.).

Abb. 3: BIP pro Kopf (2007) der Bundesstaaten Mexikos. Lewis (2010).

Abb. 4: Karte der Border Patrol Sektoren und Grenzzaunabschnitte (Stand: 2010). McCutcheon (2010).

Abb. 5: Jährliche Migration aus Mexiko in die USA 1991-2010 in Tsd. Passel, Cohn, Gonzales-Barrera (2012).

[...]


[1]: vgl. Statista 2015

[2]: vgl. World Bank 2008, S. 320ff.

[3]: vgl. World Bank1 2015 S.114ff.

[4]: vgl. Ennis, Ríos-Vargas, Albert 2011, S. 3

[5]: vgl. Käss 2008, S. 45-55

[6]: vgl. Terrazas 2010

[7]: vgl. Jones 2010, S. 42f.

[8]: vgl. Merrill, Miró 1996, S. 34f.

[9]: Merrill, Miró 1996, S. 35

[10]: vgl. Jones 2010, S. 42f.

[11]: Käss 2008, S. 46

[12]: vgl. Jones 2010, S. 42f.

[13]: vgl. World Bank2 2015

[14]: vgl. Niesen, Bröker 2007, S. 5

[15]: vgl. Central Intelligence Agency 2013

[16]: vgl. Käss 2008, S. 48

[17]: vgl. Niesen, Bröker 2007, S. 6

[18]: vgl. Niesen, Bröker 2007, S. 6f.

[19]: Knerr 2009, S. 13

[20]: vgl. World Bank2 2015

[21]: vgl. Niesen, Bröker 2007, S. 4ff.

[22]: vgl. Käss 2008, S. 48

[23]: Käss 2008, S. 48

[24]: vgl. Knerr 2009, S. 13

[25]: vgl. Banco de México 2015

[26]: vgl. Käss 2008, S. 53f.

[27]: Knerr 2009, S. 14

[28]: vgl. Käss 2008, S. 53

[29]: vgl. Knerr 2009, S. 14ff.

[30]: vgl. Niesen, Bröker 2007, S. 7ff.

[31]: Heck 2008, S. 159

[32]: Heck 2008, S. 162

[33]: Käss 2008, S. 55

[34]: Heck 2008, S. 175

[35]: vgl. Heck 2008, S. 159-176

[36]: Parrott 2012

[37]: vgl. Parrott 2012

[38]: vgl. Heck 2008, S. 162-177

[39]: vgl. Heck 2008, S. 176ff.

[40]: vgl. Käss 2008, S. 52

[41]: Reineke, Martínez 2014, S. 49

[42]: vgl. Käss 2008, S. 47

[43]: vgl. Heck 2008, S. 173

[44]: vgl. Eastman 2012, S. 45

[45]: Reineke, Martínez 2014, S. 47

[46]: vgl. Eastman 2012, S. 46f.

[47]: vgl. Heck 2008, S. 177

[48]: vgl. Eastman 2012, S. 57

[49]: vgl. Reineke, Martínez 2014, S. 54

[50]: vgl. Käss 2008, S. 52

[51]: vgl. Käss 2008, S. 47f.

[52]: vgl. Eastman 2012, S. 58f.

[53] Eastman 2012, S. 57

Excerpt out of 27 pages

Details

Title
Illegale Immigration aus Mexiko in die USA und politische Gegenmaßnahmen
Grade
14 Punkte
Year
2015
Pages
27
Catalog Number
V315577
ISBN (eBook)
9783668154407
ISBN (Book)
9783668154414
File size
871 KB
Language
German
Keywords
migration, mexico, usa, illegale einwanderer
Quote paper
Anonymous, 2015, Illegale Immigration aus Mexiko in die USA und politische Gegenmaßnahmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/315577

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Title: Illegale Immigration aus Mexiko in die USA 
und politische Gegenmaßnahmen



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