Sprachnationalismus im 19. Jahrhundert. Begriff und Vertreter des Sprachpatriotismus


Hausarbeit, 2015

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: Sprachnationalismus als Begriff und Arbeitsausblick
1.1. Forschungsstand der gegenwärtigen Arbeit
1.2. Umgang mit den fachsprachlichen Termini - Merkmale
1.3. Beeinflussung der Sprache auf den Menschen

2. Das lange 19. Jh. kurz erfasst - Revolution , Industrialisierung, Vormärz

3. Der Sprachnationalismus anhand ausgewählter Vertreter
3.1. Ernst Moritz Arndt - über Volk, Nation, Hass und Sprache
3.2. Ein kurzer Blick zu Johann Gottlieb Fichte und Friedrich Ludwig Jahn

4. Zusammenfassung: langfristige Auswirkungen

5. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung: Sprachnationalismus als Begriff und Arbeitsausblick

„Das Größte und Bedeutendste aber liegt in der Verschiedenheit der Sprachen, weil jede Sprache das äußere Abbild des innersten Gemüthes eines Volkes ist, weil sie die Form ist, welche sich von Kind auf des ganzen Menschen, der sie spricht, am gewaltigsten bemeistert, und seinem Geiste und seiner Seele das Gepräge giebt, womit er empfinden, denken, lieben, und leben soll: (...). Darum ist nichts trauriger und gefährlicher, als wenn ein Volk seine Sprache für eine fremde vergißt; dann begehrt es Sklav der Fremden zu werden.“1,2

Ohne die Überlieferung der Schriftstücke aus dem beginnenden 19. Jh. und der Betrach- tung dieser durch die Germanistische Sprachwissenschaft wüssten wir heute nicht, wem wir diese einprägsamen Worte zugestehen sollten. Bei fehlendem Kontextwissen könn- ten wir bei der Betrachtung des Zitats lediglich deuten, dass es sich bei dem Autor um eine Person handelt, die auf den ersten Blick eine Verbindung zwischen den Begriffen „Volk“ und „Sprache“ herstellt. Die Verschiedenheit der Sprache als prägendes Mittel steht dabei ebenso im Vordergrund sowie deren starke Wirkung auf den „Geiste“ und die „Seele“ eines Menschen.

Der Autor dieser Zeilen, der Theologe, Historiker sowie „Sprachforscher“ Ernst Moritz Arndt, veröffentlichte diese Zeilen in seinem Werk mit dem heute irreführend anmuten- den Titel „Über Volkshaß und über den Gebrauch einer fremden Sprache“. Arndt ver- folgte in seinem Werk weit mehr als eine reine Erklärung der verschiedenen Sprachen und deren Ausprägungen. Vielmehr galt er (und gilt er heute noch) als ein Verfechter des Sprachnationalismus.3

Aber was bewegte Arndt zum Verfassen einer solch polarisierenden Schrift, die schon im Titel Konfliktpotential entfaltet? Was versteht man unter den Begriffen Sprachnationalismus bzw. Sprachpatriotismus? Welche weiteren Vertreter dieser Strömung argumentierten auf ähnliche Art und Weise? Welche äußeren Umstände führten zu den Beweggründen Sprache mit nationalistischem Eifer vertreten zu müssen?

Die Folgende Arbeit widmet sich eben diesen Fragestellungen unter besonderer Berück- sichtigung des historischen Kontextes in der ersten Hälfte des 19. Jh. Anhand der Be- grifflichkeiten Sprachnationalismus und Sprachpatriotismus sollen weitere Vertreter dieser Strömung zum genannten Zeitraum behandelt werden. Zu Beginn der Arbeit wird zuerst der Forschungsstand kurz aus der Sicht der germanistischen Sprachwissenschaft offengelegt, dessen Erkenntnisse die Grundlage der in Kapitel 2 folgenden Textanalyse bilden. Neben Arndt werden dabei zum Vergleich Texte von Johann Gottlieb Fichte sowie Friedrich Ludwig Jahn herangezogen. Anschließend erfolgt die zeitliche Einordnung der Betrachtung in den historischen Kontext für mögliche Gründe, die zu einer Nationalisierung der Sprache geführt haben.

1.1. Forschungsstand der gegenwärtigen Arbeit

Sprachkritik und damit einhergehender Sprachnationalismus sind bis heute über Jahr- hunderte aus dem deutschsprachigen Raum tradiert worden und innerhalb der Germa- nistischen Sprachwissenschaft in der Deutschen Sprachgeschichte zu verorten.4 In meh- reren Überblickswerken (aufgrund mehrfacher Überarbeitung und erweiterter Auflagen bis heute aktuell) zum Germanistikstudium werden neben Sprachnationalismus (Andre- as Gardt) Begriffe wie Sprachpatriotismus (Werner Besch) sowie Sprachideologie (Pe- ter von Polenz) oder Sprachpurismus (Wilhelm Schmidt) für den Betrachtungszeitraum genutzt.5 Fachliche Aufsätze in Sammelbänden kombinieren dabei den Forschungsas- pekt mit nahestehenden Disziplinen der Sozialgeschichte (Joachim Schildt), Kulturge- schichte samt soziokommunikativem Wandel durch Urbanisierung (Jürgen Reulecke) oder verdeutlichen die Periodisierungsschwierigkeiten der Sprachgeschichte im 19. Jh.6 Eine weitere Betrachtung bietet hierbei die Verbindung von Sprache, Ideologie und Po- litik (Erich Straßner).7 Die umfangreiche Herangehensweise durch die genannten Auto- ren verdeutlicht die verschiedenen Aspekte, unter denen die Sprachgeschichte bis heute aufgefasst wird.

Zusätzliche Verknüpfungen werden durch die Analyse sprachlicher Phänomene inner- halb der Dialektologie, bei der im beginnenden 19. Jh. vor allem Unterschiede zwischen Ständen mit Zugang zu Bildung als Standartsprache und den „bildungsfernen“ unteren Gesellschaftsschichten in der Umgangssprache aufgezeigt werden können. Besonders diese Forschung bringt heute Erkenntnisse über die territorialen Ausmaße sowie Gel- tungsbereiche der unzähligen deutschen Einzelstaaten für die Geschichtswissenschaft und den kommunikativen Wandel durch die beginnende Urbanisierung als auch Indust- riealisierung im 19. Jh.8

1.2. Umgang mit den fachsprachlichen Termini - Merkmale

Zu Beginn der Arbeit müssen zunächst die Begriffe Nation und Sprache in einen Zu- sammenhang gebracht werden. Nationalismus in Verbindung mit Sprache, wie ihn der Sprachpatriotismus definiert, findet sich in Schriften nachweisbar in einem Zeitraum ab dem 18. Jh.9 Begründet wird dieser Zeitraum dadurch, dass durch Pädagogisierung so- wie Popularisierung das Neuhochdeutsche sich von den ständisch geprägten Ober- schichten in die „bürgerlichen“ Kreise ausbreitete, die Gemeinschaft ihrer Nutzer ver- größerte und als geltende Standartsprache neben den volkstümlichen Dialekten durch- zusetzen begann. Die national motivierten Tendenzen schlugen sich im Gegensatz zu früheren Nationalismusideen wie Landespatriotismus oder humanistisch geprägtem Kulturpatriotismus nun auch auf die Sprache und ihre Anwender nieder. Aus dem stän- dischen wurde dadurch ein nationales Symbol der Identifizierung als Verhaltensmaßstab sowohl für den Adel, als auch für das aufstrebende Kleinbürgertum sowie frühe Arbei- terbewegungen ab den 1830er Jahren.10

Eine klare Zäsur, ab wann Sprachnationalismus als Begriff für Zeitzeugen greifbar wur- de, wäre unhaltbar. Vielmehr müssen für den gesamten Zeitraum des 19. Jh. Übergänge definiert werden, da innerhalb der Beziehung zwischen Sprache und Gesellschaft mit öffentlicher Kommunikation als Basis Jahrzehnte der Durchsetzung von Strömungen und Ideologien berücksichtigt werden müssen.

[...]


1 zit. n.: Arndt, Ernst Moritz (1815): Über Volkshaß und über den Gebrauch einer fremden Sprache. xBerlin, S. 12.

2 Aufgrund der Authentizität an der Arbeit mit den Quellentexten aus dem beginnenden 19. Jh. wurden die Zitate in ihrer Originalsprache samt „Rechtschreibfehler“ übernommen.

3 Der Begriff wurde vor allem durch den Sprachwissenschaftler am Lehrstuhl für Germanistische Sprachwissenschaft und Sprachgeschichte an der Universität Kassel Dr. Andreas Gardt geprägt.

4 (Vgl.) Gardt, Andreas; Haß-Zumkehr, Ulrike; Roelcke, Torsten (1999): Sprachgeschichte als Kulturge- schichte. Sprachpatriotismus und Sprachnationalismus. Versuch einer historisch - semantischen Bestim- mung am Beispiel des Deutschen. Berlin/New York. (Studia Linguistica Germanica. Band 54.), S. 89.

5 Bei den genannten Autoren werden die Begriffe Sprachnationalismus, -patriotismus, - ideologie sowie - purismus oftmals synonym verwendet. Die Arbeit folgt weitestgehend dieser Tendenz. In Ausnahmefällen wird explizit auf eine Trennung hingewiesen.

6 (Vgl.) Reulecke, Jürgen (1989): Verstädterung und Binnenwanderung als Faktoren soziokommunikati- ven Wandels im 19. Jahrhundert. In: Cherubim, Dieter; Mattheier, Klaus J. (Hgg.): Voraussetzungen der Gegenwartssprache. Sprach- und sozialgeschichtliche Untersuchungen zum 19. Jahrhundert. Berlin/New York, S.43 - 56.

7 siehe: Straßner, Erich (1987): Ideologie - Sprache - Politik. Grundfragen ihres Zusammenhangs. Tü- bingen.

8 (Vgl.) Schildt, Joachim (1989): Verstädterung und Binnenwanderung als Faktoren soziokommunikati- ven Wandels im 19. Jh. In: Cherubim, Dieter; Mattheier, Klaus J (Hgg.): Voraussetzungen der Gegen- wartssprache. Sprach- und sozialgeschichtliche Untersuchungen im 19. Jahrhundert. Berlin/New York, S. 36 - 38.

9 Gardt 1999, S. 89.

10 Polenz, Peter von (1999): Band III. 19. und 20. Jahrhundert. Berlin/New York. (Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Band 3.), S. 3.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Sprachnationalismus im 19. Jahrhundert. Begriff und Vertreter des Sprachpatriotismus
Note
1,7
Autor
Jahr
2015
Seiten
20
Katalognummer
V316437
ISBN (eBook)
9783668156425
ISBN (Buch)
9783668156432
Dateigröße
809 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprache, Nationalismus, Ernst-Moritz-Arndt, Friedrich Ludwig Jahn, 19. Jh., Deutsch, Deutschland, Napoleonosche Kriege
Arbeit zitieren
Gregor Grohmann (Autor:in), 2015, Sprachnationalismus im 19. Jahrhundert. Begriff und Vertreter des Sprachpatriotismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/316437

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