Das Aktienrecht gehört zu einem der sich am häufigsten ändernden Rechtsgebiete unserer Rechtsordnung. Dabei hat das Reformtempo seit Mitte der 1990er Jahre stark zugenommen, sodass teilweise von einer Aktienrechtsreform in Permanenz gesprochen wird. Teil der Reformen ist unter anderem das 2005 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung der Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), mit dem die aus dem US-amerikanischen Recht stammende "Business Judgement Rule" auch im deutschen Aktienrecht kodifiziert wurde.
Nach dieser Novellierung der Haftung im Aktienrecht war die Organhaftung immer wieder ein zentrales Thema der Diskussion in der Lehre und Praxis, sodass es kaum verwundert, dass die in der Literatur teilweise als zu streng angesehene Organhaftung auch Thema des 70. Deutschen Juristentags 2014 war. Dem zugrunde liegt die ARAG/Garmenbeck-Rechtsprechung des BGH aus dem Jahre 1997. Mit diesem Urteil hat der BGH erstmals ausführlich zur Frage der Rolle des Aufsichtsrats bei Pflichtverletzungen durch den Vorstand Stellung genommen.
Die vorliegende Arbeit soll zunächst die vom BGH im Fall ARAG/Garmenbeck entwickelten Grundsätze darstellen und sodann einen Überblick über die hierauf aufbauende aktuelle Diskussion verschaffen. Anschließend soll eine Bewertung des aktuellen Meinungsstands unter Bezug auf die Frage der möglicherweise zu strengen Organhaftung erfolgen.
Inhaltsverzeichnis
- Literaturverzeichnis
- Ermessen oder Verfolgungspflicht des Aufsichtsrats nach der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Frage, ob der Aufsichtsrat im Rahmen der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) Ermessensspielraum hat, ob er also frei entscheiden kann, ob er einen Vorstandsmitglied wegen Pflichtverletzung haftungsrechtlich verfolgt, oder ob er zur Verfolgung verpflichtet ist.
- Die Rechtsprechung des BGH zur Verfolgungspflicht des Aufsichtsrats
- Die Bedeutung des Business Judgement Rule im Kontext der Aufsichtsratshaftung
- Die Grenzen des Ermessens des Aufsichtsrats bei der Entscheidung über die Verfolgung von Vorstandsmitgliedern
- Die Auswirkungen der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung auf die Praxis der Aufsichtsratsarbeit
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit beleuchtet die Rechtsprechung des BGH zur Verfolgungspflicht des Aufsichtsrats. Es werden die wichtigsten Entscheidungen des BGH in diesem Bereich analysiert und die verschiedenen Argumente der Rechtsprechung dargestellt.
Das zweite Kapitel widmet sich der Bedeutung des Business Judgement Rule im Kontext der Aufsichtsratshaftung. Es wird untersucht, inwieweit das Prinzip der Business Judgement Rule für die Entscheidung des Aufsichtsrats über die Verfolgung von Vorstandsmitgliedern relevant ist.
Das dritte Kapitel untersucht die Grenzen des Ermessens des Aufsichtsrats bei der Entscheidung über die Verfolgung von Vorstandsmitgliedern. Es wird analysiert, welche Faktoren bei der Entscheidung des Aufsichtsrats eine Rolle spielen und welche Grenzen ihm gesetzt sind.
Das vierte Kapitel beleuchtet die Auswirkungen der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung auf die Praxis der Aufsichtsratsarbeit. Es werden die Herausforderungen und Chancen der Entscheidung für die Praxis der Aufsichtsratsarbeit dargestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Aufsichtsrat, Vorstandsmitglied, Haftung, Verfolgungspflicht, Ermessen, Business Judgement Rule, ARAG/Garmenbeck-Entscheidung, Rechtsprechung, Praxis.
- Arbeit zitieren
- Johannes Richter (Autor:in), 2016, Business Judgement oder Judicial Judgement? Der Aufsichtsrat zwischen Ermessen und Verfolgungspflicht bei Pflichtverletzungen durch den Vorstand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/316540