Führungsethik im Wandel. Wie das Personalmanagement auf generationenspezifische Ansprüche reagieren kann


Trabajo Escrito, 2016

23 Páginas, Calificación: 2,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Relevanz der Führungsethik

2. Ansätze der und Herausforderungen an die Führungsethik

3. Lösungsansätze

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Sollpunkte ethikbewusster Führung

1. Relevanz der Führungsethik

Die verschiedenen Generationen in der Arbeitswelt

Im Jahr 2000 entstand erstmals eine Studie zu Generationen am Arbeitsmarkt und deren individuellen Lebenseinstellungen namens „generations at work“.[1] Dabei wurden von US-Forschern die Generationen „veterans“, „baby boomer“, „generation X“ und „generation Y“ beschrieben und analysiert.

Von der Einteilung in der US-Studie wird jedoch im Folgenden aufgrund einiger volkswirtschaftlichen Unterschiede zu Europa etwas abgewichen. Für den europäischen Raum führte die Steelcase Inc., der Weltmarktführer für Büromöbel und innovative Raumbedingungen, gemeinsam mit dem Forschungsinstitut IPSOS eine Studie zu den Generationen am Arbeitsmarkt durch. In der als „4 Generationen - ein Büro.“ bezeichneten Studie wurden insgesamt 2400 Arbeitnehmer in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien und den Niederlanden befragt.[2] Sie definierten die Generationen „Veteranen“, „Boomer“, „Generation X“ und „Generation Y“. Zur Vollständigkeit ist noch die „Generation Z“ anzuführen, die sich jedoch zum aktuellen Zeitpunkt aufgrund ihres jungen Alters erst „entwickelt“ und in Kombination mit der Generation Y die sogenannte „Internetgeneration“ darstellt.

Zu beachten ist jedoch, dass die Zuweisung des arbeitenden Volkes zu den verschiedenen Generationen in vielerlei Literatur unterschiedlich vorgenommen wird. Bei jeder versuchten Abgrenzung gilt deshalb zu bedenken, dass die Grenzen als fließend zu verstehen sind und nicht jedes Individuum allein durch sein Geburtsjahr einer Generation fest zugeordnet werden kann. Dennoch ist eine solche Einteilung gerade für die Entwicklung einer Führungsethik bedeutend und stellt einen wichtigen Eckpfeiler in großen Bereichen des Personalmanagements dar. Denn jede Generation hat eigene Werte, Normen, Ansprüche und Vorstellungen einer optimalen Führung. Die Unternehmen sind also gefordert, diese unterschiedlichen Ansprüche durch eine präzise gewählte Führungsethik zu berücksichtigen, um die Potentiale der Mitarbeiter komplett abzuschöpfen.

Generation Veteranen

Die „veterans“, wie sie in der US-Studie genannt werden, sind die Nachkriegsgeneration der Geburtsjahrgänge ab ca. 1928 bis 1945. Da diese Generation bereits das 60. Lebensjahr überschritten hat, befinden sich die meisten Vertreter schon im Ruhestand oder zumindest am Übergang zu diesem. Die Veteranen verpflichten sich vor allem traditionellen Werten, wie Ehrlichkeit, Gewissenhaftigkeit oder Vorrang der Familie und bevorzugen eine klare Hierarchie. Diese Generation ist durch den zweiten Weltkrieg und dessen Ende im Jahr 1945, sowie die Gründung der Bundesrepublik Deutschland geprägt.[3] Durch eben jene Kriegserfahrung waren sie Enthaltung gewöhnt und beschränken sich auch im Berufsleben auf einen pragmatischen Stil. Weiterhin ist diese Generation als sehr sparsam, höflich und von hoher Loyalität einzustufen.[4] Meist mussten diese Arbeitnehmer aufgrund des Krieges und der damit verbundenen Abwesenheit des Vaters als Familienoberhaupt sehr früh Verantwortung für die eigene Familie übernehmen. Der Arbeitsplatz dient der Existenzsicherung und wird als Mittel zum Zweck gesehen, ohne dass der Aspekt der Selbstverwirklichung eine große Rolle spielt. Die Charakterzüge Beständigkeit, Gründlichkeit, Disziplin und hohe Formalität runden das Bild der Veteranen ab.

Die jüngsten Veteranen werden zudem der Wirtschaftswundergeneration zugeordnet und bestehen aus den Jahrgängen 1946 – 1955. Aufgrund Ihres fortgeschrittenen Alters und dem dadurch großen Erfahrungswissens, befinden sich diese Vertreter aktuell in der Hochzeit Ihrer beruflichen Karriere. Sie besetzen heute häufig Führungspositionen in allen gesellschaftlichen Bereichen.[5]

Generation Baby Boomer

Auf die Veteranen folgen die Baby Boomer, die aus den Jahrgängen 1946 bis einschließlich 1964 bestehen und mit aktuell gut einem Drittel Anteil das Rückgrat der arbeitenden Bevölkerung bilden.[6] Namensgebend für diese Generation war das Jahr 1964 mit 1.357.304 geborenen Kindern in Deutschland, dem aktuellen Höchstwert in der Republik.[7] Viele Baby-Boomer sind aktuell – ähnlich den jüngeren Veteranen der Wirtschaftswundergeneration - nahe Ihrem beruflichen Zenit und bekleiden des Öfteren Führungspositionen. Durchsetzungsvermögen und Teamfähigkeit waren, bedingt durch den steten Konkurrenzdruck aufgrund der hohen Geburtenrate vor dem Pillenknick, für diese Generation prägend. Ob im Kindergarten, in der eigenen Familie, in der Schule oder Universität oder beim Berufseinstieg, in allen möglichen Situationen bestand Konkurrenz um knappe Ressourcen.[8] Da sie frühzeitig den Umgang mit anderen Personen lernen mussten, wird den Baby Boomern zudem eine hohe Hilfsbereitschaft nachgesagt. Aufgrund vorgenannter Eigenschaften und der damit verbundenen hohen Leistungsbereitschaft hat sich die Floskel „Leben, um zu arbeiten“ für die Generation als Leitspruch gebildet.

Ferner hatten die 1980er Jahre großen Einfluss auf die Baby Boomer, in denen die Friedens-, Umwelt- und Anti-Atomkraft-Bewegungen stattfanden. Sie setzten sich mit diesen polarisierenden Themen verstärkt auseinander, was die Eigenschaft der hohen Diskussionsfreudigkeit hervorbrachte. Denn eine „richtige“ Meinung existiert zu diesen Themen nicht. Jedoch ist speziell die Kritikfähigkeit bei den Baby Boomern ein großes Manko, hier reagieren sie verhältnismäßig empfindlich.[9]

Ein zukünftiges Problem in Bezug auf die Baby Boomer steht in dem Jahren 2020 bis 2030 bevor. Hier werden die Vertreter dieser Generation aller Voraussicht nach in den Ruhestand gehen und den vorausgesagten starken Rückgang der Erwerbsbevölkerung hervorrufen.[10]

Generation X

Die Generation X, im negativen Sinne auch „Generation Golf“ oder „Null-Bock-Generation“ genannt, besteht aus Arbeitnehmern der Jahrgänge 1965 bis 1980 und beschreibt ein weiteres Drittel der aktuell im Berufsleben tätigen Bevölkerung. Sie wird als die Rebellen-Generation verstanden, bei der die Abgrenzung von den älteren Mitmenschen im Vordergrund steht. Somit werden die bisher unumstößlichen traditionellen Werte, wie die Ehe, die Arbeit, der Glaube und die Familie nicht mehr als allmächtig angesehen. Während bei den Veteranen noch die Grundeinstellung der Gehorsamkeit galt, sind die Arbeitnehmer der Generation X von Autorität eher unbeeindruckt. Dies kann sowohl positive – vor allem im Bereich der Kreativität – als auch negative – hierarchiebezogen – Auswirkungen haben. Die erfolgversprechendsten Anreize für hohe Arbeitsleistung in dieser Generation sind vor allem Spannung, Spaß, Selbstbestimmung, Individualität und die persönliche Weiterentwicklung.[11] Flache Hierarchien werden von den X’ern bevorzugt.

Der steigende Lebensstandard und die voranschreitende Technologisierung trieben zudem die postmateriellen Werte stark in den Hintergrund. Auch der Soziologe Markus Klein hat in seinem Aufsatz „Gibt es die Generation Golf?“ festgestellt, dass die X’er – ähnlich den Veteranen - vom Streben nach materiellen Werten geprägt sind, wohingegen vor allem die Baby Boomer postmaterielle Werte bevorzugten.[12] Die Generation X lebt also, den Baby-Boomern entgegengerichtet, nach der moralischen Gesinnung „Arbeiten, um zu leben“.

Generation Y

Die Generation Y, geboren ab dem Jahr 1981, folgt alphabetisch korrekt auf die X’er und macht laut UK-Studie der Barclays-Bank aktuell 29 Prozent der Arbeitnehmer aus. Diese auch als „Millenials“ bezeichnete Generation betrat erstmals die Arbeitswelt um die Jahrtausendwende und brachte völlig neue Impulse in das Berufsleben. Alteingesessene Werte, Normen und Arbeitsabläufe werden von der „Generation (Wh)Y“ in Frage gestellt und das Min-Max-Prinzip beschreibt Ihre Arbeitsweise am treffendsten.[13] Sie ist weiterhin als sehr selbstbewusst, jedoch oft orientierungslos und hoch technik-affin einzustufen. Flexibilität in Bezug auf Raum und Zeit steht für diese Generation im Mittelpunkt bei der Wahl des Arbeitsplatzes.[14]

Der eingangs genannte Aspekt, dass eine Zuordnung eines Individuums zu einer der Generationen nicht immer eindeutig möglich ist, wird vor allem bei der Generation Y und der folgenden Generation deutlich. So gehen einige Autoren von einem Ende der Y’er zum Jahr 2000 aus, wohingegen andere die Grenze bereits Mitte der 1990er Jahre ziehen.

Generation Z

Die Z’er, oft als „iGeneration“ bezeichnet, folgen auf die Generation Y’er und bilden gemeinsam mit dieser die sogenannte „Internetgeneration“. Aufgrund Ihres Geburtsjahrgangs ab ca. 1995 sind sie aktuell via Studium oder Ausbildung auf der Suche nach Eintritt in das Berufsleben oder stehen am Anfang Ihrer Karriere. Diese Generationen kann auch als „App-Generation“ bezeichnet werden, denn der Umgang mit mobilen Geräten gehört für die Generation Z zur Selbstverständlichkeit. So erfolgt auch die Kommunikation bevorzugt via Smartphone ohne direkten Face-to-Face-Kontakt. Für die Unternehmen am wichtigsten ist die hohe Wechselbereitschaft der Z’er. Sie wollen noch weniger als vorherige Generationen ein Leben lang bei dem gleichen Unternehmen arbeiten, sondern sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen. Für die spätere Entwicklung einer Führungsethik wird diese Generation jedoch in gleichem Zug mit der Generation Y genannt, da sich grobe Unterschiede aufgrund des jungen Alters noch nicht eindeutig feststellen lassen.

Als Zusammenfassung der aktuell am Arbeitsmarkt auftretenden Generationen mit Ihren wichtigsten Werten und Gesinnungen wird auf die Grafik der Barclays-Bank in Kooperation mit der University of Liverpool in Anhang I verwiesen.

Veränderte Bedürfnisse im Zeitverlauf

Eine wichtige These in Bezug auf die aktuelle Führungsethik hat Christian Scholz in seinem Buch „Generation Z: Wie sie tickt, was sie verändert und warum sie uns alle ansteckt“ (2014) aufgestellt. Seine Erkenntnis darin ist: „Unser gesamtes personalwirtschaftliches Arsenal ist auf die Generation Y zugeschnitten und basiert letztlich immer darauf, eine Karotte in greifbare Nähe zu positionieren und die Generation Y damit zum Laufen zu bringen.“[15] Wie bereits ausgeführt verändern sich die Bedürfnisse zur Unabhängigkeit von einem einzelnen Unternehmen und einer verstärkten Wechselbereitschaft, gepaart mit einer hohen Bildung, auch über die verschiedenen Karrieremöglichkeiten. Für eine erfolgreiche Positionierung bei den Vertretern der Generation Y und Z müssen Unternehmen Ihre Investitionen im Bereich der Personalbindung erheblich ausbauen. Lösungsansätze der Herausforderung für diese beiden Generationen werden in Kapitel 3 skizziert.

2. Ansätze der und Herausforderungen an die Führungsethik

Definition von Führungsethik

Um eine verständliche Definition für den Begriff Führungsethik erarbeiten zu können, wird eingangs eine Aufteilung in die Teilbegriffe „Führung“ und „Ethik“ vorgenommen.

„Führung ist die Kunst, einen Menschen dazu zu bringen, das zu tun, was man will, weil er es selbst will.“[16] Dieses sinngemäße Zitat des ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten, Dwight D. Eisenhower, beschreibt die Kunst der Führung auf eine kurze und doch präzise Art. Der Mensch will aus seinem ureigenen Selbst geführt werden, da er als ein Individuum ohne klare Zielvorgabe auf die Welt kommt. Das Ergebnis einer soliden Führung ist also vorrangig die Vorgabe von Zielen für den Menschen. Denn erst diese Ziele erzeugen die notwendige Motivation, damit ein Mensch morgens aufsteht und seiner Arbeit zur Erreichung der individuellen Ziele nachgeht. Erst im zweiten Schritt sind etwaige Wege zur Erreichung dieser Ziele in der Führungslehre relevant. Führung ist folglich eine Handlung, mit der bewirkt wird, dass eine einzelne Person oder eine Gruppe bestimmte Ziele in die Realität umsetzt.[17] Auch der Führungsbegriff lässt sich nochmals durch verschiedene Definitionen unterteilen. Es kristallisieren sich jedoch bei allen Definitionen drei Dimensionen heraus. Jede Erklärung von Führung beinhaltet eine soziale Beziehung zwischen Führungsperson und geführtem Mitarbeiter, eine Verhaltensbeeinflussung und einen Zielbezug.

Zu beachten ist noch, dass Führung immer eine gewisse Machtbeziehung zwischen Führungskraft und dem Geführten herstellt. Wird diese Macht verantwortungsvoll eingesetzt spricht man von einer „guten“ Führung. Im Umkehrschluss impliziert eine „schlechte“ Führung den Missbrauch der Macht. Die Begriffe „gut“ und „schlecht“ zielen dabei jedoch nicht auf die moralische Gesinnung der Führung ab, sondern sind in Bezug auf die Zielerreichung zu verstehen.[18] Die vorgenannten Ziele als Hauptgegenstand von Führung werden von mehreren Bestimmungsfaktoren entscheidend beeinflusst.

An diesem Punkt kommt unter anderem die Ethik ins Spiel. Sie sorgt dafür, dass sich die Führung nicht rein an betriebswirtschaftlichen Zielen oder Ergebnissen des Mitarbeiters orientiert, sondern ethische Normen und Werte berücksichtigt werden. Die Ethik ist als praxisorientierter Teil der Philosophie zu sehen und beschäftigt sich mit Werten, Moralansichten und dem Verhalten des Menschen. Der Begriff Ethik wurde zum ersten Mal in der Antike diskutiert und begründet sich in der „Frage nach dem Guten“. Der Transfer dieses Begriffs in die Neuzeit ist unter anderem Martin Luther (1483 bis 1545) zu verdanken, der es mit seinen theologischen Ausführungen geschafft hat, die Reformation in Deutschland auszulösen. Erstmals seit dieser Zeit stand der Mensch als Individuum im Mittelpunkt und nicht das religiöse System.[19]

Am bedeutendsten für die heutige Definition von Ethik ist jedoch der kategorische Imperativ von Immanuel Kant (1724 bis 1804). Dieser beantwortet die nach Kant wichtigste Frage eines Individuums „Was soll ich tun?“ mit der Grundmaxime „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“.[20] Der wichtigste Wert für Kant ist die Vernunft. Dieser Begriff wird am treffendsten von Daniel Dietzfelbinger in seinem Werk „Praxisleitfaden Unternehmensethik - Kennzahlen, Instrumente, Handlungsempfehlungen“ (2008) beschrieben: „Reine Vernunft heißt die Vernunft, die sich nicht durch äußerliche Effekte, Erfahrungen, Bilder beeinflussen lässt, sondern nur für sich selbst und mit sich selbst arbeitet“.[21] Der Mensch soll also sein eigenes Weltbild inklusive der für ihn relevanten Werte und Normen anfertigen, ohne sich extrinsisch (ver)leiten zu lassen.

Auch die heutige Ethiklehre dreht sich weiterhin als Wissenschaft um den Menschen als Individuum. Sie untersucht warum dieser handelt oder auch Handlungen unterlässt und von welche Wertvorstellungen er dabei beeinflusst wird.[22]

Zusammenfassend ist die Führungsethik also eine Verhaltensrichtlinie oder ein Kodex für Führungskräfte, in Bezug auf die Führung von unterstellten Mitarbeitern. Sie stellt die Unternehmensethik in Relation zur Praxis und soll somit eine gelebte Unternehmensethik durch die Führungskräfte sein.

Einzuordnen, in Bezug auf die ethische Grundordnung eines Unternehmens, ist die Führungsethik auf der untersten Ebene, denn sie ist ein Teilgebiet der Unternehmensethik. Die Unternehmensethik wiederum stellt sich der allgemeinen Wirtschaftsethik unter. Folglich ist die Führungsethik immer von Problemstellungen übergeordneter Ebenen abzugrenzen, da diese Probleme nicht mit der Umgestaltung der Führungsethik alleine gelöst werden können.[23]

Ein Beispiel dafür ist der Umstand, dass die Führungsethik sehr stark von der strategischen Ausrichtung – ein Themengebiet der Unternehmensethik - des betrachteten Unternehmens abhängt. Legt das Unternehmen großen Wert auf die Expansion in neue Länder und Kontinente, so muss die Führungsethik die ethischen Voraussetzungen und Normen von unterschiedlichen Kulturen berücksichtigen und bei der Wahl eines geeigneten Führungsstils einfließen lassen.

Ansätze der Führungsethik

Nachfolgend sollen die grundlegenden Ansätze der Führungsethik beschrieben werden. Diese Ansätze lassen sich entweder nach der ethischen Grundgesinnung oder in Bezug auf die Führungsebene unterscheiden, wobei in diesem Kapitel lediglich die ethische Dimension betrachtet werden soll.

Hierbei kann allgemein nach der „traditionalen Ethik“, der „Gewissensethik“ und der „Dialogethik“ unterschieden werden.[24]

Die traditionale Ethik teilt sich in eine theologischen Ethik und die Güter- und Tugendethik auf. Die theologische Ethik stellt religiöse Urtexte, wie die Bibel, in den Mittelpunkt und befasst sich hauptsächlich mit Handlungsnormen, wie den zehn Geboten. Die Güter- und Tugendethik beschäftigt sich hingegen mit dem Menschen selbst und stellt die Behauptung auf, dass dieser durch die Natur seiner selbst nach einem höheren Ziel strebt. Erreichen soll er dieses Ziel durch tugendhaftes Handeln. Alle beiden Unterformen der traditionalen Ethik begründen sich auf metaphysischen Gesichtspunkten, suchen also nach dem Hintergrund der menschlichen Existenz und des „richtigen“ Handelns. Die wichtigsten Tugenden wurden – auch heute noch allgemeingültig – von Aristoteles aufgestellt: Tapferkeit, Gerechtigkeit, Klugheit und Maß. Diesen Ansatz in die Praxis umgesetzt hat unter anderem Heinz J. Kiefer, der ethikbewusste Führung anhand sieben sogenannter „Sollpunkte“ definiert hat. Diese können folgender Abbildung entnommen werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kuhn / Weibler (2003), S.8, zitiert nach Kiefer (1985), S 70. f.

Abbildung 1: Sollpunkte ethikbewusster Führung

Die Gewissensethik als zweiter nennenswerter Ansatz ist ein „deontologischer“ Ansatz (griechisch déon = Pflicht) und verzichtet, entgegen der traditionalen Ethik, auf übergeordnete materiale Werte. Dabei rückt erneut der Kategorische Imperativ von Immanuel Kant in den Fokus, denn die Aussage „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“ bezieht sich immer auf das Individuum selbst. Die Wertvorstellung des Menschen soll also nicht durch übermenschliche, göttliche Vernunft entstehen, sondern durch dessen eigene praktische Vernunft. Diese Ethikvorstellung entsteht somit metaphysikfrei und basiert auf dem subjektiven Gewissen des Individuums.[25] Nach dem Ethikverständnis soll eine Führungskraft also speziell die Regel „Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg auch keinem anderen zu“ befolgen und sich in regelmäßigen Abständen in die Position des Geführten hineinversetzen, um auch seine Gefühlslage nachvollziehen und somit besser führen zu können[26]

Der dritte Ansatz der Dialogethik stellt eine Weiterentwicklung des deontologischen Ansatzes dar. Sie kritisiert die Kant’sche Gewissensethik, da bei dieser nur ein innerer Diskurs des Handelnden eingefordert wird und folglich eine rein subjektive Reflexion darstellt. Die kommunikative Dialogethik fordert einen offenen Dialog in Bezug auf die möglichen Handlungsalternativen zwischen Führungskraft und geführter Person. Die folgerichtige Entscheidung entsteht somit durch die Abwägung aller Für und Wider und die Handlungsalternative mit den „besten Gründen“ soll gewählt werden. Ulrich formulierte in Bezug auf diese Ethik den „Wille zur Vernunft“ als die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg der Dialogethik. Denn ohne die Anerkennung einer anderen Aussage als gültige und vor allem mündige Meinung und der Bereitschaft diese bei der Entscheidungsfindung einfließen zu lassen, ist die Dialogethik unwirksam.[27]

Dieser Ansatz findet am stärksten Einzug in den Unternehmensalltag. Führungskräfte erfahren in der Neuzeit in regelmäßigen Abständen Schulungen zum Thema „richtige Kommunikation mit Mitarbeitern“, „Integration von grundverschiedenen Mitarbeiter-Typen in ein Team“ und ähnlichen Themengebieten. Im Unternehmen des Autors dieser Arbeit, der Sparda-Bank Ostbayern eG, erfolgt dies in halbjährlichen Führungskräfte-Tagungen, bei denen von der Vorstandschaft auch immer die richtige Führung als ein Tagesordnungspunkt aufgenommen wird. Dieser Austausch der Führungskräfte untereinander und mit der Vorstandschaft kann bereits als ein Beispiel für Dialogethik angesehen werden. Denn nur wenn die Führungskraft die Ansichten einer anderen Führungskraft akzeptieren und respektieren kann, ist sie auch in der Lage den „Wille zur Vernunft“ aufzubringen, die Meinung seines Mitarbeiters in die Entscheidungsfindung einfließen zu lassen.

Herausforderungen in Bezug auf die Generationen Y und Z

Der wohl gewichtigste Unterschied der Generation Y und Z zu den vorherigen Generationen ist die nochmals verstärkte Affinität für die Technik. Diese als „Digital Natives“ bezeichneten Mitarbeiter sind mit der digitalen Vernetzung aufgewachsen und in der Lage mithilfe von wenigen Mausklicks die gegebenen Karrieremöglichkeiten zu evaluieren. Bewährte Rekrutierungsmaßnahmen der Unternehmen, wie Berufsmessen über die Arten von Studiengängen, Ausbildungs- oder Arbeitsplätzen sind für die Digital Natives höchstens als Bestätigung der vorher gewonnenen Erkenntnisse von Bedeutung. Gleichwohl sind sie auch über alle gängigen Mitarbeiter-Programme, egal ob Work-Life-Programme oder flexible Arbeitszeiten, informiert und fordern solche Vergünstigungen bereits im Bewerbungsgespräch ein. Während es beispielsweise für die Generation X absolut vermessen gewesen wäre nach frühem Feierabend gleich zu Beginn einer möglichen Arbeitsbeziehung zu fragen, ist dies für die Y und Z‘er selbstverständlich.[28]

3. Lösungsansätze

Wie in Kapitel 2 ausgeführt, lässt sich Führungsethik nach ethischen Gesichtspunkten, aber auch auf den Führungsaspekt bezogen beschreiben. In Kapitel 3 sollen nun Lösungsansätze zur Gestaltung der Herausforderungen erarbeitet werden. Aus diesem Grund wird im Folgenden auf die praktisch orientierte Führungsseite der Führungsethik eingegangen.

Die Generation Y ist aktuell als zweitgrößte Generation bereits sehr bedeutend für die Entwicklung der Führungsethik in Unternehmen. Im Jahr 2020 wird sie jedoch mehr als die Hälfte aller Arbeitnehmer ausmachen und folglich die größte Generation im Arbeitsalltag darstellen.[29] Somit stellt diese Gruppe, gemeinsam mit der Generation Z als Digital Natives bezeichnet, den Mittelpunkt der Entwicklung von Lösungsansätzen dar[30]

Die Wirkung von Globalisierung und Technisierung auf die Digital Natives

Geprägt von der Globalisierung ist es für die Vertreter dieser Generationen selbstverständlich, ferne Länder zu bereisen, dort zu studieren und die unterschiedlichen Lebenseinstellungen zu erfahren. Sie sind geprägt von sehr vielen Eindrücken und erwarten diese Globalisierung auch im Beruf. In Verbund mit den sozialen Netzwerken sehnen sich die Digital Natives nicht nur nach eigener Reproduzierung im Web 2.0. Sie verlangen von den Unternehmen, sich immer stärker im Netz „zur Schau“ zu stellen. Ein gelungener Webauftritt tritt daher immer mehr in den Vordergrund, wobei die Präsentation auf alten Medien, wie Berufsmessen deutlich an Bedeutung verliert.

Beispielsweise das Videoportal Youtube stellt eine hervorragende Reputationsmöglichkeit für zukunftsorientierte Unternehmen dar. Der Beruf, gerade der oft verpönte Bankkaufmann, kann dadurch anschaulich dargestellt werden, um interessierte Schulabgänger zu einer Bewerbung zu animieren. Für sogenannte Professionals, also bereits im Berufsalltag etablierte Personen, kann der Auftritt auf diesem Videoportal den Anreiz haben, sich über das Unternehmen im Allgemeinen zu informieren. Gerade die Darstellung der wichtigsten Werte und Normen der Unternehmung sind daher gefragt. Dies geschieht beispielsweise bei der Sparda-Bank Ostbayern eG durch die Marken-Kampagne, bei der seit dem Jahr 2014 die Markenwerte „fair“, „einfach und leistungsstark“, „sympathisch“ und „gemeinschaftlich“ kommuniziert werden. Durch einen Klick auf die Website kommt man sofort zu einem Videobeitrag, bei dem diese Werte auf 1:28 Minuten kurz und prägnant veranschaulicht werden.[31] Die Marken-Kampagne soll folglich nicht nur Bestands- und Neukunden ansprechen, sondern auch potentielle Bewerber für das Unternehmen begeistern und wird somit bis in die „letzte Ecke“ der Homepage transferiert. Denn sogar in der hauseigenen Jobbörse findet man diese Werte wieder.[32] Dabei geht das Unternehmen einen Schritt weiter und versucht mit Hilfe von Mitarbeiter-Fotos, anstatt Werbemodells, eine Nähe zum Bewerber zu schaffen. Die sympathischen Bilder, versehen mit passenden Begleitsprüchen, tragen der Tatsache Rechnung, dass gerade die Digital Natives mit schier unendlichen Alternativen in allen Lebensbereichen aufgewachsen sind. Wählt das Unternehmen einen langweiligen und uninspirierten Auftritt in der Jobbörse, wird es den selbstbewussten und verwöhnten Arbeitnehmer aus diesen Generationen nicht für sich gewinnen können.

Trotz all der Bindungsmöglichkeiten müssen die Unternehmen jedoch einsehen, dass diese Generationen nicht mehr die altbekannte Loyalität innehaben, die den vorherigen Generationen zuzuschreiben war. Denn die Young Professionals werden bereits während des Studiums darauf vorbereitet, in den ersten Jahren nach Studienende möglichst viele Arbeitgeber zu durchlaufen und die Arbeitgeber-Vielfalt dahingehend zu nutzen, viele Erfahrungen sammeln zu können. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Generation Y aufgrund fehlender Loyalität eine schlechtere Arbeit leistet. Getreu dem Motto: „Zur Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber bin ich nicht verpflichtet. Ich versuche aber, einen guten Job zu leisten. Schließlich geht es darum, Erfahrungen zu sammeln und einen guten Lebenslauf abzusichern.“[33] sind die Zeiten von jahrzehntelangen Betriebszugehörigkeiten wohl vorerst vorbei.

Entwicklung und Selbstverwirklichung der Digital Natives

Speziell die Generation Y ist als sehr selbstbewusst und verwöhnt bekannt. Diese Arbeitnehmer wurden in Ihrer Kindheit stets verwöhnt und waren daran gewöhnt im Mittelpunkt des Geschehens zu stehen. Durch sogenannte „Helikopter-Eltern“[34] sind die Digital Natives häufig Ich-bezogen erzogen worden und sehen die Arbeitswelt als Möglichkeit zur Weiterentwicklung und persönlichen Selbstverwirklichung. Wo die Generation Baby Boomer noch ausschließlich in die Arbeit geht, um Ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können, sehen die Generationen Y und Z diese monetären Werte als selbstverständlich an und streben nach „mehr“.

Die Lösung für die Unternehmen stellt ein ausgeklügeltes Bildungs- und Karrieremanagement für die Entwicklungsperspektive dar. So wird bei der Sparda-Bank Ostbayern eG auf Verlangen das „GIA Assessment Center“ der Firma Thomas International UK durchgeführt, bei dem die fluide Intelligenz und das Entwicklungspotenzial gemessen werden kann. Herauszuheben ist die Fixierung auf die fluide Intelligenz nach Raymond Cattell, die die Fähigkeit zu induktivem und deduktivem Denken misst. Sie zeigt somit die nicht trainierbare Intelligenz eines Menschen auf und gibt an, wie gut der Testkandidat unbekannte Probleme lösen kann. Weiterhin gibt das Assessment Center Aufschluss darüber, wie die Fähigkeiten auf die Teilbereiche räumliches Vorstellungsvermögen, Argumentationsvermögen, Auffassungsvermögen, Zahlengefühl und Sprachverständnis verteilt sind. Somit kann sich der Kandidat auf einfachem Wege seine Stärken und Schwächen nochmals vor das Auge führen und die richtigen Rückschlüsse für die Wahl seines Karriereweges ziehen. Diese Erkenntnisse sollten nun von dem Unternehmen genutzt werden, um mit Hilfe eines Karrieremanagements die Fähigkeiten für den Betrieb optimal nutzen zu können und dem Mitarbeiter bei der Selbstverwirklichung beiseite zu stehen. Es entsteht dabei eine „Win-Win“-Situation für beide Parteien. Belegt wird dieser Aspekt auch durch eine Studie der Kienbaum Management Consultants GmbH im Jahr 2009. Diese hatte zum Ergebnis, dass aus den 980 befragten Studenten 64 Prozent eine herausfordernde Arbeit als Präferenz für die Arbeitgeberwahl angaben.[35] In der Praxis besteht beispielsweise bei der Sparda-Bank Ostbayern eG ein Förderkatalog für Weiterbildungsmaßnahmen. Darin sind die Förderungen durch das Haus – sowohl monetär als auch zeitlich – für alle Mitarbeiter zentral einsehbar.

Zu diskutieren ist jedoch, ob ein einfacher Test und ein Förderkatalog dem Anspruch der Generation Y und Z genügt. Vielmehr empfiehlt sich beispielsweise ein regelmäßiger Personal-Workshop, bei dem die Empfindungen der Mitarbeiter aufs Neue abgetastet werden können, um den Anschluss an diese höchst anspruchsvolle Generation nicht zu verlieren. Die Betreuung der Digital Natives erfordert zwar einen beträchtlichen Aufwand, lohnt sich aber durch die daraus folgende hohe Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter. Zudem ist zu beachten, dass sich die Karrieremöglichkeiten rasant verändern und Änderungen auf diese Weise den Mitarbeitern kommuniziert werden können. Hatte ein Arbeitnehmer aufgrund fehlender Entwicklungspotentiale das Bedürfnis abzuwandern, kann dies mit Hilfe der genannten Kommunikationsform verhindert werden.

[...]


[1] http://www.koenigsteiner-agentur.de/generationswechsel.html (Stand: 15.11.2015)

[2] http://karrierebibel.de/generationen-im-vergleich/ (Stand: 15.11.2015)

[3] Vgl. Bruch et al. (2010), S. 97.

[4] Vgl. Oertel (2007), S. 167.

[5] Vgl. Bruch et al. (2010), S. 99.

[6] https://wealth.barclays.com/employer-solutions/en_gb/home/research-centre/talking-about-my-generation.html (Stand: 19.11.2015)

[7] Vgl. Bruch et al. (2010), S. 102.

[8] Vgl. Bruch et al. (2010), S. 104

[9] Vgl. Holste (2012), S. 19.

[10] Vgl. Klaffke (2014), S. 12.

[11] Vgl. Oertel (2007), S. 30.

[12] http://www.faz.net/aktuell/stil/mode-design/mode/jugend-[...] (Stand: 19.11.2015)

[13] Vgl. Holste (2012), S. 20 zitiert nach Weise (2011), S. 46

[14] Vgl. Armutat (2011), S. 11 ff.

[15] http://www.huffingtonpost.de/christian-scholz/generation-z-arbeitsmarkt-digital-natives_b_7966402.html

(Stand 15.11.2015)

[16] Vgl. Kottmann / Smit (2014), S. 5.

[17] Vgl. Dietzfelbinger (2008), S. 98.

[18] http://www.dgfp.de/aktuelles/dgfp-news/fuehrungsethik-was-bringt-sie-wer-braucht-sie-1256

(Stand: 28.11.2015)

[19] Vgl Dietzfelbinger (2008), S. 49.

[20] http://www.ethik-werkstatt.de/Kategorischer_Imperativ.htm#Gesetzesformel (Stand: 05.12.2015)

[21] Dietzfelbinger (2008), S. 52.

[22] Vgl. Ebenda, S. 59 f.

[23] http://www.dgfp.de/aktuelles/dgfp-news/fuehrungsethik-was-bringt-sie-wer-braucht-sie-1256

(Stand: 28.11.2015)

[24] Vgl Kuhn / Weibler (2003), S. 6 ff.

[25] Vgl. Kuhn / Weibler (2003), S. 10.

[27] Vgl. ebenda, zitiert nach Ulrich (1997), S. 78 ff.

[28] http://www.agentur-jungesherz.de/generation-z/ (Stand: 15.11.2015)

[29] Vgl. Meister / Willyerd (2010), S. 4.

[30]

[31] https://www.sparda-ostbayern.de/wir-ueber-uns.php (Stand: 24.12.2015)

[32] http://www.sparda-ostbayern.jobs/ (Stand: 24.12.2015)

[33] Parment (2013), S. 13.

[34] Vgl. Armutat (2011), S. 12 ff.

[35] Vgl. ebenda, S. 18 f.

Final del extracto de 23 páginas

Detalles

Título
Führungsethik im Wandel. Wie das Personalmanagement auf generationenspezifische Ansprüche reagieren kann
Universidad
Steinbeis University Berlin  (ADG Business School)
Calificación
2,0
Autor
Año
2016
Páginas
23
No. de catálogo
V317303
ISBN (Ebook)
9783668163669
ISBN (Libro)
9783668163676
Tamaño de fichero
568 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
führungsethik, wandel, personalmanagement, ansprüche
Citar trabajo
Sebastian Nagl (Autor), 2016, Führungsethik im Wandel. Wie das Personalmanagement auf generationenspezifische Ansprüche reagieren kann, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/317303

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