Sozialraumorientierte Kinder- und Jugendarbeit


Dossier / Travail de Séminaire, 2004

41 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

VORBEMERKUNG

Kapitel 1: Ansätze sozialraumorientierter Jugendarbeit
1.1 Sozialraumdebatte in der Jugendarbeit
1.1.1 Die Sicherheitsdebatte in der Jugendhilfe
1.1.2 Sozialraumteams und Sozialraumbudgets
1.1.3 Sozialkulturelles Stadtteilmanagement
1.1.3.1 Gemeinschaftsinitiative „Soziale Stadt“
1.1.3.2 E&C-Programm
1.1.4 Gemeinwesenarbeit
1.1.5 Soziale Netzwerke
1.2 Vom Fall zum Feld – ein Paradigmenwechsel in der Jugendhilfe
1.3 Sozialraum und Lebenswelt
1.3.1 Aneignung und Raum
1.3.1.1 Aneignung – von der kulturhistorischen Schule zur Sozialraumorientierung
1.3.1.2 Räume als Aneignungspotential für die Jugendarbeit

Kapitel 2: Konzeptentwicklung und Qualitätsarbeit
2.1 Sozialräumliche Konzeptentwicklung
2.1.1 Rahmenbedingungen für Konzeptionen
2.1.2 Methoden einer sozialräumlichen Lebensweltanalyse
2.1.2.1 Stadtteilbegehung mit Kindern und Jugendlichen
2.1.2.2 Nadelmethode
2.1.2.3 Cliquenraster
2.1.2.4 Strukturierte Stadtteilbegehung
2.1.2.5 Institutionenbefragung
2.1.2.6 Autophotographie
2.1.2.7 Subjektive Landkarten
2.1.2.8 Zeitbudgets von Kindern und Jugendlichen
2.1.2.9 Fremdbilderkundung
2.2 Grundlage einer sozialräumlichen Konzeptentwicklung
2.2.1 Idealtypischer Ablauf einer sozialräumlichen Konzeptentwicklung

Kapitel 3: Schlussbetrachtungen
3.1 Rechtliche Bewertung der Sozialraumorientierung
3.2 Aussichten

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG

VORBEMERKUNG

Im Zeitalter der großen Reformen und Umstrukturierungsmaßnahmen wird auch die Kinder- und Jugendarbeit – insbesondere die Kinder- und Jugendhilfe – mit in den Reformprozess integriert. Sozialraumorientierung ist zum Motto, zur Mode geworden und prägt zahlreiche Publikationen. Hinter diesem Wort verbirg sich jedoch ein Paradigmenwechsel in der Sozialen Arbeit, dessen fachliche Blickrichtung für zahlreiche Felder der Sozialen Arbeit – besonders für die Jugendhilfe Relevanz hat. Die Parole „vom Fall zum Feld“ (Hinte 1999) beschreibt kurz und prägnant die Grundorientierung der Sozialraumorientierung.

Das dieses Konzept schon seit Jahrzehnten Anwendung – vornehmlich in der Gemeinwesenarbeit fand – und auf eine breite theoretische Diskussion zurückschauen kann, wird in der Euphorie mancher Autoren schnell vergessen. Schon in den 70er und 80er Jahren war die Sozialraumorientierung zentrale inhaltliche Grundlage für die Neuausrichtung des ASD und – wie schon erwähnt – lassen sich viele Prinzipien der Sozialraumorientierung in der Gemeinwesenarbeit und der stadtteilbezogenen Sozialen Arbeit aus den 60er und frühen 70er Jahren finden. (vgl. Hinte 2002, S.91-102)

Die vorliegende Arbeit möchte die sozialraumorientierte Kinder- und Jugendarbeit als eine Methode der Gemeinwesenarbeit mit Kindern und Jugendlichen verdeutlichen und aufzeigen. Eine detailliert, umfassende Darlegung der Entwicklungen und Strömungen der bis heute gewachsenen Sozialraumorientierung würden den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Daher wurden Aspekte ausgewählt, die in der heutigen Rezeption vielfältig verwendet werden.

Den Abschluss macht ein juristischer Exkurs über die rechtliche Bewertung der Sozialraumorientierung im Bezug auf das Kinder- und Jugendhilferecht des SGB/KJHG.

Kapitel 1:

Kapitel 1: Ansätze sozialraumorientierter Jugendarbeit

1.1 Sozialraumdebatte in der Jugendarbeit

Obwohl die Sozialraumorientierung eine lange Tradition hat und schon mehrere Spezifizierungen und Modernisierungen erfahren hat, liegt in der theoretischen und fachlichen Diskussion noch kein einheitliches Begriffsverständnis vor. Gründe dafür ist der zunächst vage Begriff Sozialraumorientierung, unter dem sich unterschiedliche historische Ansätze sowie aktuelle Diskussionen bündeln lassen. (Münder 2001, S. 9; Hinte 2001)

Bei einem genaueren Blick auf die einzelnen aktuellen Sichtweisen zeigen sich jedoch auch unterschiede innerhalb der jeweiligen sozialräumlichen Orientierungen.

Auf die verschiedenen Ansätze wird im Folgenden näher eingegangen.

1.1.1 Die Sicherheitsdebatte in der Jugendhilfe

In der öffentlichen Wahrnehmung wird der Sozialraum von Jugendlichen – und neuerdings auch von Kindern – oft unter einem negativen Vorzeichen betrachtet. Der öffentliche Bereich wird hierbei als ein gefährlicher, kriminalisierter und schwer zu kontrollierender Raum verstanden. Maßgeblich an dieser Sichtweise beteiligt ist die Berichterstattung in den Medien, die auf der Suche nach hohen Auflagezahlen und Einschaltquoten und durch den gewaltigen Konkurrenzdruck zu immer beunruhigenden Reportagen hinsichtlich der Gefährlichkeit von Lebensräumen von Kindern und Jugendlichen greift.

In diesem „Zeitalter der entgrenzten Medien“ (Röll 2003, S. 131) besteht die Gefahr, dass die Jugendhilfe zu einer alleine durch Prävention und Kontrolle gekennzeichneten Instanz wird und damit in die Sicherheits- und Präventionsdebatte hineingerät (vgl. Lindner 1999, S. 157). Unter ihrer Aufsicht und mit den (durch Methoden der Sozialraum- und Lebensweltanalyse) gewonnenen Informationen ist sie ein idealer Partner für eine allumfassende Präventionsstrategie – die gefährdete Jugendlichen durch spezielle Angebote aus den öffentlichen Räumen herausholen und schützen will – und zugleich kompetenter Auskunftsgeber für ein gezielteres, letztendlich repressives Vorgehen durch die Polizei. (vgl. Deinet 2002c)

Gegen diese ausschließlich auf Prävention und Kontrolle bauende Jugendarbeit, spricht sich Deinet aus. Er sieht „den öffentlichen Raum nicht als die ‚gefährliche Straße’, sondern als Aneignungsraum für Kinder und Jugendliche“[1] (ebd., S.15). Die existierenden Angsträume und die durchaus vorhandenen kriminellen und gewalttätigen Gefahrenräume sollen dabei nicht verschwiegen, sondern als Raum wahrgenommen werden, „dessen Qualitäten … nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung haben und den es deshalb im Sinne der Aneignung rückzugewinnen und für möglichst viele Gruppen zu qualifizieren gilt“ (ebd.).

Eine Jugendhilfe, deren Arbeit durch Kontrolle und Prävention gekennzeichnet ist, grenzt die Erfahrungsräume von Jugendlichen immer stärker ein, und steht in der Gefahr, ihnen nur noch wenige Möglichkeiten offen zu lassen, selbständig und ohne Bevormundung ihren Lebensraum zu erfahren. (vgl. Sturzenhecker 2000) Zudem ist eine adäquate Bearbeitung der unterschiedlichen Entwicklungsaufgaben aufgrund einer mit Warnschildern und Verhaltensregeln zugepflasterten Welt nicht mehr ausreichend gewährleistet.

1.1.2 Sozialraumteams und Sozialraumbudgets

In den konzeptionellen Ausführungen zur Sozialraumorientierung ist vorgesehen, dass sich für definierte Sozialräume geeignete Teams zusammenfinden, die jeweils für einen klar umrissenen Sozialraum zuständig sind.

Ziel ist es, die einzelne Fallarbeit mit allen weiteren fallunspezifischen Leistungen der Jugendarbeit zu verbinden und nicht nur die Hilfen zur Erziehung, sondern alle Jugendhilfeleistungen in einem Sozialraumbudget zu vereinen. Die Verteilung der Mittel wird an die jeweiligen Belastungsindikatoren eines Sozialraums gebunden.

Folgende Prinzipien dieser integrativ und sozialräumlich angelegten Teamarbeit beschreibt Koch (2002) in den Zwischenergebnissen des überwiegend vom BMFSFJ geförderten INTEGRA-Projektes:

- „individuelle Hilfen, Arrangements mit wenigen Beziehungsabbrüchen,
- problemloser Wechsel zwischen den verschiedenen gesetzlich vorgesehenen Hilfeformen,
- systematische Einbeziehung von Stärken, Ressourcen, Kenntnissen der Nutzerinnen und Nutzer von Hilfen zur Erziehung,
- enge Kooperation zwischen den Hilfesuchenden, dem Jugendamt und den Hilfen anbietenden Trägern.“ (ebd., S. 55)

Durch die Bündelung der unterschiedlichen erzieherischen Hilfen und auf der Grundlage der oben beschriebenen Grundsätzen sollen aktuelle Probleme (zu wenig Flexibilität, fehlende Integration, geringer Sozialraumbezug, weit voneinander entfernte und spezialistisch voneinander abgegrenzte Einrichtungen) erkannt und gemeinsam gelöst werden. (vgl. Koch 2002)

Darüber bietet das jährlich neu festzusetzende Budget den öffentlichen und freien Trägern eine größere Planungssicherheit. Zudem verändert sich die Rolle der freien Träger der Jugendhilfe als Bittsteller zugunsten einer strukturellen Symmetrie zwischen Leistungsgewährern und Leistungserbringern. Diese Gleichstellung fördert einen kritischen Diskurs über Notwendigkeit und Nutzen von Hilfeleistungen für einen Sozialraum. Hierdurch ist eine Beteiligung der freien Träger an der Planungs- und Finanzierungsverantwortung gewährleistet. Ein festes Budget unterstützt außerdem die Auflösung der traditionellen, versäulten und segmentierten (Jugend-) Hilfen hin zum Ausbau von flexiblen, sozialräumlich orientierten Unterstützungsmöglichkeiten. (vgl. Schäfer 2002)

Diese neue Orientierung der Hilfen zur Erziehung in auf Kooperation ausgelegte kleine dezentrale Einheiten, wurde von Seiten der Kinder- und Jugendarbeit ambivalent betrachtet. Einerseits stellt dieser Wandel eine Flexibilisierung der Leistungen und eine bessere Einbindung der Beteiligten in Aussicht und entspricht damit den Vorgaben des KJHG[2]. (vgl. Deinet 2002c, S. 19) Jedoch wurden auch Stimmen laut, die gerade eine Teambildung der professionell tätigen Personen in der Kinder- und Jugendarbeit als Gefahr ersehen.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di (2003) argumentiert in diesem Zuge, dass die professionelle Soziale Arbeit keine Sozialraumteams benötigt, deren Aufgaben unklar und nicht eindeutig sind, zudem zu Mehrbelastungen am Arbeitsplatz führen, und deren Arbeit möglicherweise auch rechtlich bedenklich ist. Ver.di fordert dagegen „… eine an der Entwicklung von lebenswerten Räumen, und der zukunftsfähigen Gestaltung von Prozessen in diesen Räumen orientierte Kinder- und Jugendhilfe …“. (ebd., S. 24) Dies kann nur dann gelingen, wenn eine professionelle Kooperation aller sozialen Fachkräfte und Akteure stattfindet. In der Bildung von Sozialraumteams befürchtet Ver.di eine Struktur von Akteuren, die nur innerhalb des Teams miteinander kooperieren, nicht aber mit allen Beteiligten im Sozialraum. (vgl. ebd.)

Eine weitere Gefahr der Sozialraumteams besteht in der unzulässigen Vermischung von Hilfeformen, die durch die Defizitorientierung der Hilfen zur Erziehung den Eindruck einer allumfassenden Kontrolle auf die Hilfeempfänger erwecken könnte. Folgen dieser Defizitorientierung sind unter anderen der „Verlust des positiven Jugendbildes“ (Koch/Lenz 1999, S. 65) und die Sichtweisen eines durch Gewalt und Kriminalität gekennzeichneten öffentlichen Raumes, aus dem die Kinder und Jugendlichen durch präventive Maßnahmen und letztendlich einem repressiv-kontrollierenden Verhalten der Kinder- und Jugendarbeit herausgeholt und geschützt werden sollen. Letztere als selbstbestimmter Raum der Aneignung, Veränderung, Gestaltung und persönlicher Entwicklung für Kinder und Jugendliche wird nunmehr kaum noch als Qualität wahrgenommen werden können. (vgl. Deinet 2002c)

1.1.3 Sozialkulturelles Stadtteilmanagement

Der Begriff „Sozialkulturelles Stadtteilmanagement“ steht für den Versuch, vielfältige Maßnahmen der sozialen Integration im Stadtteil oder im kleinräumigeren Quartier in einer Hand zu bündeln und „das übliche Ressortdenken zu überschreiten“ (Deinet 2002c, S. 21). Die wesentlichen Handlungsprinzipien des Stadtteilmanagements lassen sich mit den Begriffen quartiersbezogen, prozesshaft und bewohnerorientiert beschreiben. (vgl. Alisch 1998, S. 13)

1.1.3.1 Gemeinschaftsinitiative „Soziale Stadt“

Um der drohenden sozialen Polarisierung in den Städten entgegenzuwirken, beschloss die Bauministerkonferenz (ARGEBAU) 1996 die Bund-Länder-Gemeinschaftsinitiative „Soziale Stadt“, die einen Beitrag zur Verbesserung von Menschen in gefährdeten Stadtteilen leisten soll.

In dieser Gemeinschaftsinitiative dient das Stadtteilmanagement als Lenkungsinstrument, welches folgende sechs ineinander verflochtene Managementaufgaben koordinieren soll:

- die Stärkung der lokalen Wirtschaft und von Beschäftigungsmöglichkeiten;
- die quantitative und qualitative Verbesserung der Wohnsituation[3] ;
- die (auch ökologische) Aufwertung des Wohnumfeldes[4] ;
- die Verbesserung der sozialen Infrastruktur;
- die Erneuerung von Quartierszentren;
- die Förderung von Bürgerpartizipation und Stadtteilleben[5] (vgl. ARGEBAU-Leitfaden 2000)

Mit seiner vorrangig präventiven und kompensatorischen Orientierung stellt das Entwicklungskonzept „Soziale Stadt“ neue Anforderungen an die analytische Vorbereitung sozialplanerischer Maßnahmen: Entscheidend ist hierbei, dass die Potentiale, Stärken, Veränderungsmöglichkeiten und mögliche Entwicklungsrichtungen des Stadtteils bzw. Wohnquartiers mitberücksichtigt werden, um auf deren Basis sozialplanerische Maßnahmen zu entwickeln (vgl. Thies 2000, S. 623; Fritz/Thies 1997; Thies 1999)

Diese Potentialanalyse ist insofern von großer Bedeutung, da die in der „klassischen Sozialraumanalyse“ gewonnenen Risikoindikatoren (z.B.: Sozialhilfebezug, Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Jugendhilfemaßnahmen etc.) zumeist in Gefahr stehen, Stigmata und Etikettierung eines Raumes herbeizurufen und zu verstetigen.

Thies (2000) erhofft sich von diesem Messinstrument Anregungen zur Klärung folgender Fragen zu erhalten:

- „die Abgrenzung des Erneuerungsgebietes,
- die Entwicklung der sozialen Lage der Bewohner/innen,
- den Bedarf an Arbeitsplätzen und Lehrstellen,
- den technischen und ökologischen Erneuerungsbedarf,
- den Bedarf an kultureller, sozialer und wirtschaftlicher Infrastruktur,
- Vorschläge für die Koordination der Beteiligten,
- Projektskizzen von geplanten Maßnahmen.“ (ebd., S. 623)

Für diese detaillierten sozialräumlichen Informationen sieht Klein (2001) die in der Jugend- und Sozialhilfe tätigen Fachkräfte als ideale Kooperationsschnittstelle, da sie in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen über genaue Kenntnisse der vorhandenen Strukturen des Wohnumfeldes sowie einer Vielzahl von Einzelinformationen und Eindrücken von Beziehungen, Vorstellungen und Bedürfnissen der dort lebenden Personen verfügen. Im Sinne eines kooperativen Tandems besteht die Mitarbeiter des Lenkungsgremium aus der vor Ort tätigen Gemeinwesenarbeit („bottom-up“) und den kommunalen Planungsbeauftragten („top-down“). (vgl. Thies 2000, S. 623-634; Matzke 2000)

1.1.3.2 E&C-Programm

Parallel zu dieser Bund-Länder-Initiative stellt das BMFSFJ das Bundesprogramm „Entwicklung und Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten“ (E&C) zur Seite, das die soziale, berufliche und gesellschaftliche Integration von jungen Menschen in belasteten Sozialräumen fördern soll. Zu den städtischen Quartieren des Programms „Soziale Stadt“ fügt das E&C-Programm in einem besonderen Schwerpunkt strukturschwache ländliche Gebiete hinzu, deren Auswahl an Kriterien wie z.B. starke Abwanderung in die Städte, Mangel an jugendbezogenen Freizeitangeboten, geringe Bevölkerungsdichte, Mangel an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen, schwach ausgeprägte Verbandsstrukturen, unzureichende Hilfe und Unterstützungsangebote festgelegt ist.

Der Rahmen des E&C-Programms bilden sieben inhaltliche Schwerpunkte:

- „Wettbewerb ‚Fit für Leben und Arbeit/neue Praxismodelle zur beruflichen und sozialen Integration von Jugendlichen’,
- Freiwilliges soziales Trainingsjahr,
- Vernetzung im Stadtteil und Stadtteilmanagement,
- Ressourcenorientierung – gezielte Einbeziehung von sozial benachteiligten Jugendlichen in Sport, Kultur und Politik,
- Anlaufstellen und Interessenvertretung für junge Migrantinnen und Migranten,
- Förderung von ehrenamtlichem Engagement in strukturschwachen ländlichen Gebieten,
- Lokale Aktionspläne für Toleranz und Demokratie.“ (vgl. BMFSFJ 2001)

Die Aufgabenschwerpunkte der Regiestelle sind – ähnlich wie bei dem Projekt „Soziale Stadt“: Koordinationsstelle, Programmmittelbewirtschafter und Kontakt- und Informationsscheibe. Den beteiligten Akteuren bietet die Regiestelle ein geeignetes Podium, um sich auf Maßnahmen und Beiträge zur Verbesserung der Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen in benachteiligten Gebieten zu verständigen. Zu diesem Zweck haben zahlreiche Konferenzen und Fachforen stattgefunden.

Bei beiden Programmen wird deutlich, dass Stadtteilmanagement weit über die Jugendhilfe hinausgeht und dass sich in den Konzeptionen ein großer Anteil an präventiven Maßnahmen erkennen lassen. Im Sinne einer Lebensweltorientierung, die den Jugendlichen den Freiraum für Aneignung, selbständige Umgestaltung und aktiver Auseinandersetzung ermöglicht, wäre es erstrebenswert, den öffentlichen Raum weniger als feindlichen und gefährlichen, sondern als Aneignungsraum für Kinder und Jugendliche zu erkennen zu erhalten und auszubauen. (vgl. Kap. 1.1.1; Deinet 2002c)

1.1.4 Gemeinwesenarbeit

Wesentliche Impulse bekam die Gemeinwesenarbeit durch die Neuorganisation der sozialen Dienste in Deutschland (NOSD) Anfang der 70er Jahre. Ziel war es, die vorherrschende ordnungspolitische und ordnungspolizeiliche Organisationsstruktur der kommunalen Sozialverwaltung, die sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts kaum verändert hatte, von einem hierarchisch organisiertem Kontrollapparat mit vertikalen Kommunikations- und Informationssträngen hin zu einem flexiblen um kooperierenden Innen- und Außendienst umzubilden.

Die konkrete Lebenslage von betroffenen Menschen in einem Wohnquartier und deren individuellen Bedürfnisse wurde zum Ausgangspunkt des professionellen Handelns, das bis heute durch folgende methodischen Prinzipien geleitet ist:

- „Konsequenter Ansatz am Willen und an den Interessen der Wohnbevölkerung,
- aktivierende Arbeit und Förderung von Selbsthilfe,
- Konzentration auf die Ressourcen der im Quartier lebenden Menschen, sowie der materiellen Struktur des Quartiers,
- Zielgruppen- und bereichsübergreifender Ansatz,
- Kooperation und Abstimmung der professionellen Ressourcen.“ (Hinte 2002, S. 92)

Viele dieser Grundsätze fanden sich später unter Stichworten wie Vernetzung, Empowerment, Ressourcenorientierung etc. wieder. Durch die Neuorganisation des allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) in den 80er Jahren fanden die oben genannten Prinzipien auch verstärkt Eingang in die Kinder- und Jugendhilfe.

Der Unterschied zwischen einer sozialräumlich orientierten Kinder- und Jugendarbeit und der modernen Gemeinwesenarbeit liegt weniger in spezifischen Arbeitsweisen oder Arbeitsprinzipien, „sondern differenziert sich dahingehend, dass Kinder- und Jugendarbeit vornehmlich Kinder und Jugendliche im Blick hat, während eine gemeinwesenorientierte Arbeit viel stärker erwachsenorientiert ist und alle Bürgerinnen und Bürger eines Sozialraumes in den Blick nimmt.“ (Deinet 2002c, S. 24)

[...]


[1] siehe auch: Kap. 1.3.1, insbes. 1.3.1.2

[2] Der § 78 SGB VIII empfiehlt die Anstrebung von Arbeitsgemeinschaften, in denen die Träger der offenen Jugendhilfe und die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe sowie die Träger geförderter Maßnahmen vertreten sind. Ziel ist die gegenseitige Absprache und ein gegenseitiges Ergänzen.

[3] z.B.: Abbau von Angstzonen, stärkere Mischung von Haushaltstypen, Wohnformen sowie Miet- und Eigentumsverhältnissen, Verbesserung der örtlichen Sicherheit, Lärmschutz etc.

[4] Neu- und Umgestaltung von Plätzen, Kinderspielplätzen und Schulhöfen, Straßenräumen, Grün- und Freiflächen, Hofbegrünungen u.ä.

[5] z.B.: durch Organisation von Nachbarschaftshilfe, Umzugsmanagement, Stadtteilfeste

Fin de l'extrait de 41 pages

Résumé des informations

Titre
Sozialraumorientierte Kinder- und Jugendarbeit
Université
University of Education Freiburg im Breisgau
Cours
Theorien der Jugendarbeit
Note
1,0
Auteur
Année
2004
Pages
41
N° de catalogue
V31743
ISBN (ebook)
9783638326520
ISBN (Livre)
9783656902645
Taille d'un fichier
810 KB
Langue
allemand
Mots clés
Sozialraumorientierte, Kinder-, Jugendarbeit, Theorien
Citation du texte
Pascal Fischer (Auteur), 2004, Sozialraumorientierte Kinder- und Jugendarbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31743

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Titre: Sozialraumorientierte Kinder- und Jugendarbeit



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