Heutzutage haben sich digitale Medien und Plattformen als Selbstverständlichkeit in unserem alltäglichen Leben etabliert und verändern dadurch auch die Art und Weise, wie wir lernen und wie wir mit dem neuen Fundus von Wissen umgehen. In diesem Rahmen wurde der Portfolioansatz bereits in elektronische Lernumgebungen implementiert. Hierbei spricht man von E-Portfolioarbeit.
Markus Koppen beschäftigt sich in dieser Arbeit mit der Methode des E-Portfolios und legt hierbei ein besonderes Augenmerk auf die Schülerinnen und Schüler in den Bildungsgängen der Ausbildungsvorbereitung. Ausgehend von der Frage, welche Charakteristika diese Zielgruppe aufweist, analysiert er, welche Chancen und Grenzen die E-Portfolioarbeit mit dieser Zielgruppe bietet.
Neben dieser grundsätzlichen Fragestellung muss jedoch beachtet werden, dass es verschiedene Angebote von E-Portfolios gibt, die unterschiedliche Stärken und Schwächen aufweisen. Deshalb werden drei E-Portfolios beschrieben und es soll anhand fest definierter Kriterien bewertet werden, inwiefern jedes einzelne dieser E-Portfolios die Chancen für die Schülerinnen und Schüler der Zielgruppe nutzen kann.
Aus dem Inhalt:
- Definition und Verwendung von Portfolios
- Technische und Inhaltliche Anforderungen an ein E-Portfolio
- Nationale Angebote im Bereich der E-Portfolios
- Bewertung von E-Portfolio-Konzepten
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition und Verwendung von Portfolios
3. Das E-Portfolio als digitale Lernumgebung für eine Portfolioarbeit
3.1. Technische Anforderungen an ein E-Portfolio
3.2. Inhaltliche Anforderungen an ein E-Portfolio
4. SuS im Bildungsgang Ausbildungsvorbereitung als Zielgruppe der E-Portfolioarbeit
4.1. Curricularer Erwartungshorizont und Voraussetzungen Lebenswelt und Lernvoraussetzungen der Zielgruppe
4.1.1. Fehlende berufliche Orientierung
4.1.2. Fehlende Sozialkompetenz
4.1.3. Fehlende Fach- und Methodenkompetenz
5. Chancen & Grenzen von E-Portfolios in Bezug auf die Zielgruppe
5.1. Chancen
5.1.1. Elektronische Potenziale
5.1.2. Chancen zur Reflexion und Kompetenzdarstellung
5.1.3. Methodische Potenziale
5.1.4. Chancen für die berufliche Orientierung
5.1.5. Möglichkeiten zur Dokumentation
5.1.6. Weitere Potenziale
5.2. Grenzen
5.2.1. Ressourcenaufwand
5.2.2. Begrenzte Auswahl der Systeme
5.2.3. Begrenzte Kompetenzvermittlung und Individualisierung
5.2.4. Elektronische Lernumgebung
5.2.5. Anderweitige didaktische Grenzen
6. Existierende nationale Angebote im Bereich der E-Portfolios
6.1. Berufswahlpass online
6.2. Jobmappe NRW
6.3. eProfilPASS (ePP)
7. Kriterien zur Bewertung von E-Portfolio-Konzepten
7.1. Technische Umsetzung
7.2. Berufliche Orientierung
7.3. Sozialkompetenz
7.4. Fach- und Methodenkompetenz
8. Bewertung der E-Portfolios anhand der Kriterien
8.1. Technische Umsetzung
8.1.1. Untersuchung der Konzepte
8.1.2. Bewertung der Konzepte
8.2. Berufliche Orientierung
8.2.1. Untersuchung der Konzepte
8.2.2. Bewertung der Konzepte
8.3. Sozialkompetenz
8.3.1. Untersuchung der Konzepte
8.3.2. Bewertung der Konzepte
8.4. Fach- und Methodenkompetenz
8.4.1. Untersuchung der Konzepte
8.4.2. Bewertung der Konzepte
8.5. Ergebnisübersicht & Schlussfolgerung
9. Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Aufgrund der stetig voranschreitenden Digitalisierung haben sich heutzutage digitale Medien und Plattformen als Selbstverständlichkeit in unserem alltäglichen Leben etabliert und verändern dadurch auch die Art und Weise wie wir lernen und wie wir mit dem neuen Fundus von Wissen umgehen.
Diese Entwicklungen machen auch vor der Portfolioarbeit nicht halt. Der Portfolioansatz, der sich seit Ende der 80er Jahre einer immer größer werdenden Aufmerksamkeit in allen Bereichen des deutschen Bildungssystems erfreut, wurde bereits in elektronische Lernumgebungen implementiert. Hierbei spricht man folglich von E-Portfolioarbeit.
Mit dieser Arbeit möchte ich die Chancen und Grenzen des Einsatzes der
E-Portfolioarbeit für die Zielgruppe der Schülerinnen und Schüler in den Bildungsgängen der Ausbildungsvorbereitung eruieren.
Zunächst wird erläutert, worum es sich bei Portfolioarbeit handelt, gefolgt von einer Erweiterung dieser Methode auf E-Portfolios und eine Darstellung der hiermit verbundenen Anforderungen. Darauf aufbauend wird zunächst erläutert, welche Charakteristika, insbesondere welche Defizite, die Zielgruppe in den Bildungsgängen der Ausbildungsvorbereitung aufweist. Anschließend werden diese beiden Teile miteinander in Verbindung gebracht: Es wird analysiert, welche Chancen und Grenzen die E-Portfolioarbeit mit dieser Zielgruppe bietet.
Neben dieser grundsätzlichen Fragestellung muss jedoch beachtet werden, dass es verschiedene Angebote von E-Portfolios gibt, die unterschiedliche Stärken und Schwächen aufweisen. Deshalb werden drei E-Portfolios beschrieben und es soll anhand fest definierter Kriterien bewertet werden, inwiefern jedes einzelne dieser E-Portfolios die Chancen für die Schülerinnen und Schüler der Zielgruppe nutzen kann.
2 Definition und Verwendung von Portfolios
„Ein Portfolio ist eine zielgerichtete Sammlung von Arbeiten, welche die individuellen Bemühungen, Fortschritte und Leistungen der/des Lernenden auf einem oder mehreren Gebieten zeigt. Die Sammlung muss die Beteiligung der/des Lernenden an der Auswahl der Inhalte, der Kriterien für die Auswahl, der Festlegung der Beurteilungskriterien sowie Hinweise auf die Selbstreflexion der/des Lernenden einschließt.“ (Paulson ,1991; zitiert nach Häcker 2006, 36)
Inhalte Methoden und Ergebnisse sollen während der Lernphase in schriftlicher Form festgehalten und gezielt beobachtet werden, um damit mögliche Fortschritte und Entwicklungen während des Lernprozesses zu verdeutlichen. (vgl. Häcker 2005b, 6)
Die Intention ist nicht ausschließlich die Sammlung der verschiedenen Leistungen, sondern sie soll vielmehr dazu dienen, reflexive Denkansätze über das Gesammelte zu aktivieren, zu fördern und dabei erlebte Lernerfahrungen zu nutzen, damit Lernprozesse weiterentwickelt werden können. Die Lernenden partizipieren dabei an der Erstellung von gewissen Beurteilungskriterien zur Auswahl ihrer Portfoliobestandteile und setzen gemeinsam im Vorfeld mit dem Lehrer individuelle Lernziele fest, welche nach der Portfolioarbeit erreicht werden sollten. Dabei muss ein klarer Rahmen festgelegt werden, der beispielsweise Ziele, Erwartungen, Umfang oder auch Bewertungen vorgibt, die vorher gemeinsam mit den Lernenden definiert und festgelegt werden, um deren Objektivität zu erhöhen. Portfoliomethoden benötigen anfänglich und begleitend eine gewisse Hilfestellung seitens der Lehrenden, damit die Methode ihre richtige Anwendung findet und ihren Zweck innerhalb der teilnehmenden Zielgruppe erfüllen kann. Nach Häcker dienen Portfolios mehr oder minder der selbstbestimmenden Darstellung der eigenen Kompetenzen anhand selbst ausgewählter Leistungsprodukte. (vgl. Häcker 2006, 34)
Der Portfoliobegriff findet seit knapp 25 Jahren im schulischen Zusammenhang Verwendung und findet oftmals auch in der Finanzwirtschaft oder in der allgemeinen Wirtschaft Gebrauch. Erste Diskurse über Beurteilungen von Leistungen wurden bereits in den 1980er Jahren in den Vereinigten Staaten geführt, um die Qualität des Lernens zu reformieren und zu verbessern. Vor allem sollten Alternativen zu Bewertungsverfahren gefunden werden und der Anteil des selbstgesteuerten Lernens erhöht werden. Portfolios weisen einen konstruktivistischen Charakter auf, indem sich die Lernenden in einem aktiven Handlungsprozess ihr Wissen konstruieren und die Welt nicht einfach abbilden.
Die Weltaneignung soll in dokumentarischer Form von verschiedenen Versionen von Wirklichkeiten konzipiert werden und auf ihre individuelle und fremde Passung hin reflektiert werden. Reflexionen sollen dabei nicht immer subjektiv bleiben, sondern im Einklang mit Verständigungs- und Verständnisprozessen mit anderen gebraucht werden. (vgl. Reich 2003, 4)
Die USA verfügen derweil über einen hohen Erfahrungsschatz hinsichtlich des Portfolioeinsatzes. Diese finden in vielseitiger Form im amerikanischen Bildungssystem Einsatz und die bezugnehmende Literatur sei kaum noch zu überblicken. (vgl. Fink 2010, 25) Somit sei es heute auch schwierig, Portfolios genau zu definieren, da diese besonders im amerikanischen Raum vielartig und-zählig vertreten sind und je nach Zweck, Art, Fach oder Auswertungszusammenhang variieren. (vgl. Reich 2003, 3)
Im deutschsprachigen Raum hingegen gelangen erste Veröffentlichungen und Erfahrungen mit Portfolio-Konzepten in den 1990er Jahren auf den Markt. Diese sollen als Instrument für den Unterricht dienen sowie die individuell erbrachten Leistungen dokumentieren. Die ersten Arbeiten nehmen Bezug auf eine neue Lernkultur, welche ein Verfahren zur Bewertung von Schülerleistungen fordert und das bestehende System der Notengebung als ungenügend deklariert. (vgl. Fink 2010, 27) Portfolios stellen in diesem Zusammenhang eine alternative Methode der Leistungsbeurteilung dar, die eine bloße stichprobenartige, punktuelle und oberflächliche Bewertung von Leistungen ausschließt und die Eigenständigkeit und Selbsteinschätzung der Lernenden stärker berücksichtigen soll. (vgl. Reich 2003, 4)Man verfolgt dabei auch die Einsatzmöglichkeiten in der Lehrerbildung und versucht Konzepte zu entwickeln, die das Portfolio in den Mittelpunkt des Unterrichtes stellen sollen. (vgl. Schallies & Wellensiek & Lembens, 2000; zitiert nach Fink 2010, 28)
Die Schüler und Schülerinnen[1] werden durch ihre unterschiedlichen Lernweisen und Erschließungswege differenziert. Lernumgebungen müssen sich dieser Herausforderung stellen und die Förderung jedes Einzelnen gewährleisten und unterstützen. Portfolios können dabei als individuelles Dokumentationsinstrument, welches die unterschiedlichen Erschließungswege und Lernleistungen dokumentiert sowie den Prozess unterstützt. Portfolios können Lernarrangements individualisieren und Selbstregulierungsprozesse fördernd unterstützen. Charakterisiert werden diese durch ein hohes Maß an schriftlichen Prozessen, da schriftliche Eintragungen und Kommentare den eigenen Lernprozess dokumentieren und den Entstehungsprozess des Lernens darstellen sollen.
Wesentliche Ziele der Portfolioarbeit sind dabei die Dokumentation erbrachter Leistungen, um beispielsweise erbrachte Lernprodukte zu präsentieren und zu veranschaulichen. Lernende können individuell ihre Auswahl der Lernresultate sammeln und auswählen, systematisch reflektieren und ihre Lern- und Methodenkompetenzen dadurch verbessern. Lernvorgänge sollen entsprechend durch Portfolios ergänzt werden und zu einem verzahnten Einsatz zu sonstigen Lernmethoden hergestellt werden. Dies soll möglichst in einem kontinuierlichen und längerfristigen Prozess geschehen und eine multidimensionale Bandbreite einer Sammlung entsprechen. Somit kann dieser aktiv in seinen Lernprozess eingreifen, diesen interpretieren und kontinuierlich reflektieren. Durch Fördergespräche, Fremd- und Selbstbeurteilungen kann sich zudem eine vielseitig nutzvolle Feedbackkultur entfalten. (vgl. Reich 2003, 4)
Portfolioarbeit bietet damit einen Anreiz gemeinsam über Perspektiven, Ergebnisse und Entwicklungen zu reflektieren und diese individuell für die persönliche Entwicklung hinsichtlich der Lernkompetenz und Lernfähigkeit nutzbar zu machen. Portfolios können dabei Ansatzpunkte für gezielte individuelle Förderungen anbieten. (vgl. Wiedenhorn 2006, 10) Fortschritte und Verbesserungsmöglichkeiten können in diesem Zuge festgestellt werden und im Dialog mit der Lehrkraft zu neuen Zielvereinbarungen und Forderungen leiten.
SuS können dadurch mehr zur Eigenverantwortung für ihr eigenes Lernen und ihrer individuellen Entwicklung herangezogen werden. Lernergebnisse können auf unterschiedliche Weise partizipiert werden. Die Spannweite reicht von der unterrichtlichen Präsentation bis hin zu einer Veröffentlichung eines Portfolios.
In klassischen Leistungsdarstellungen heben Lehrkräfte defizitbezogene Anlagen hervor, wohingegen Portfolioarbeit die Kompetenzorientierung fokussiert, den Schüler aktiv und selbstbestimmt in den Unterricht mit einbindet (vgl. Häcker 2005b, 5) und somit Stärken und Interessen der Lernenden gefördert werden.
Der Einsatz von Portfolio-Konzepten lässt sich derweil in der beruflichen Bildung, in der Fort- und Weiterbildung, im Grundschulbereich sowie in der Hochschullehre vorfinden. Verschiedene Verwendungsformen finden sich bei dem Gebrauch der Portfolioarbeit wieder. Portfolios gestalten sich dadurch nicht eindimensional, sondern können eine Vielzahl von Methoden und Handlungen bezüglich Dokumentations- und Reflexionsformen enthalten.
Portfolios gestalten sich vielseitig und sind je nach Verwendungszweck verschiedenartig definiert. Die Grundlage des Portfolioeinsatzes bleibt jedoch gleich individuelle Leistungen und Lernerfahrungen sollen dokumentiert, ausgewählt, reflektiert und zum selbstregulierenden Lernen führen. Grundsätzlich gibt es zwei Typen von Portfolios: 1. prozessorientierte Portfolios sowie 2. produkt- und ergebnisorientierte Portfolios.
Prozessorientierte Portfolios halten den Prozess des Lernens und die daran gekoppelten Lernfortschritte fest. Schriftlich fixierte Vorüberlegungen, Entwürfe, Reflexionen hinsichtlich des Lernprozesses und Hindernisse im Lernprozess spiegeln hierbei die vielseitigen Facetten und Phasen des Lernprozesses wider. Fähigkeiten, Kenntnisse und metakognitive Fähigkeiten sollen hierbei entwickelt werden und zum selbstgesteuerten Lernen führen. Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Entwicklung metakognitiver Fähigkeiten sollen mit Hilfe dieses Portfoliotyps erreicht werden, dass dadurch darüber hinaus das selbstregulierende Lernen fördern kann. Die Unterschiede von vorher und nachher sollen festgestellt und unter Reflexion des Lernprozesses beschrieben werden. Bestandteil sollen sowohl gute als auch schlechte Leistungen sein, die gezielt durch die Lernenden ausgewählt werden können, um den individuellen Lernprozess bestmöglich darstellen zu lassen und ihn erlebbar zu machen. (vgl. Reich 2003, 11)
Produkt- und ergebnisorientierte Portfolios dokumentieren hingegen die Qualität des Ergebnisses bzw. Produktes. Hierbei sollten die besten Arbeiten der SuS, die bedeutend für den gemachten Lernprozess sind, in die eigene Sammelmappe integriert werden. Diese dient vor Allem der abschließenden Bewertung und Beurteilung des gesamten Lernprozesses oder auch nur von Teilphasen. Nur abgeschlossene Ergebnisse sollen aufgenommen werden und die Auswahl und Ergebnisse vom Lernenden reflektiert werden. Lernabschnitte können hierbei gut dokumentiert werden. (vgl. Reich 2003, 11)
Darüber hinaus gibt es zahlreiche Mischformen aus diesen beiden Portfoliotypen.
3 Das E-Portfolio als digitale Lernumgebung für eine Portfolioarbeit
Das elektronische Portfolio überträgt die Grundidee der Portfolioarbeit in eine digitale Lernumgebung, die ebenso eine Speicherung der Dokumentationen bezüglich Leistungen, Entwicklungen und Vernetzungen ermöglicht. Im Gegensatz zur papiergebundenen Mappe, liegt hier eine digitalisierte Form der Mappe vor und kann daher aus einer Vielzahl von medialen Inhalten bestehen. Insofern steht das „E“ in E-Portfolio für elektronisch, gleichbedeutend von E-Post bzw. E-Mail.
Eine einheitliche Definition des E-Portfoliobegriffes lässt sich literarisch nicht eindeutig zuweisen. Matthias C. Fink gibt eine passende Definition des Portfolios:
„Ein e-Portfolio ist eine Zusammenstellung von einzelnen Lerngegenständen und -resultaten, die mit dem Ziel gesammelt wurden, um über einen längeren Zeitrahmen eine Leistungsentwicklung zu dokumentieren. Die Sammlung der e-Portfolio-Arbeit kann Gegenstand eines Online Austauschs und einer damit verbundenen Modifizierung und Akzentuierung sein. Neben der Sammlung der Dokumente nehmen Reflexionen über die eigenen Lernprozesse und der damit verbundenen Lernresultate eine besondere Bedeutung für das Lernen ein.“ (Fink 2010, 52)
Erste Entwicklungen der E-Portfolioarbeit gingen von Nordamerika aus. Zahlreiche E-Portfolio Konzepte wurden bereits entwickelt. Im Zuge des technischen Fortschrittes sowie der Digitalisierung entstehen immer mehr technische Innovationen und Möglichkeiten, die in die E-Portfolioarbeit implementiert werden und diese beeinflussen können. (vgl. Fink 2010, 49) In Europa gelangte die E-Portfolioarbeit erst Ende der 1990er Jahre in den Gebrauch. Die Idee wurde durch das Europäische Institut für eLearning aufgegriffen (EIFE-L) und mit der sogenannten „Europortfolio-Initiative“ beworben. Gemeinsames Ziel dieser Initiative war, dass jeder Bürger bis zum Jahre 2010 über ein E-Portfolio verfügen sollte, um die Förderung des lebenslangen Lernens für jeden EU Bürger zu unterstützen. Dies konnte in diesem Umfang nicht erreicht werden. In Europa finden E-Portfolioansätze besonders in Großbritannien, den Niederlanden, Österreich und Teilen Skandinaviens Anwendung. Die Arbeit mit E-Portfolios im europäischen Raum ist somit derzeit noch am Beginn seiner Entwicklung. (vgl. Fink 2010, 49ff.)
Der digitale Rahmen des E-Portfolios ermöglicht eine große Spannweite von neuen digitalen und technischen Möglichkeiten. Zudem stellt das E-Portfolio ein Instrument für ein bildungs- und lebensphasenübergreifenden Lernens dar, welches durch seine digitale Offenheit gekennzeichnet ist und je nach Verwendungszweck auf die Art des Gebrauches hin modifiziert werden kann und muss.
3.1 Technische Anforderungen an ein E-Portfolio
Da E-Portfolios, anders als klassische Portfolios, ein elektronisches Umfeld haben, müssen gewisse technische Anforderungen erfüllt sein. Diese sollen in Folgenden vorgestellt werden.
E-Portfolio-Konzepte können Softwarestrukturen einbetten, die entsprechenden Lernprozesse einleiten und unterstützen. Dies kann beispielsweise durch Feedbackfunktionen, Kommentarfelder, digitale Lerntagebüchern (vgl. Fink 2010, 61) oder auch durch ganzheitliche Tools verwirklicht werden.
Softwaresysteme überführen hierbei Portfolios in die digitale Lernumgebung und bilden damit die technische Grundlage zur Realisation.
Dabei kann es sich um frei erwerbliche Softwareprodukte, so genannte Open Source Anwendungen (OSP, eLGG, Mahara) um kommerziell erwerbliche Software (pebblepad) handeln. Dabei zu beachten ist, dass es sich je nach Software um unterschiedliche Varianten der Umsetzung handelt. Die unterschiedlichen Software Produkte bieten eine Vielzahl von Funktionen und technischen Umsetzungen an, die von Web 2.0 Implementierungen wie Wikis oder Blogs ausgehen können bis hin zu integrierten Learning Management Systemen oder E-Learning Elementen.
Software für E-Portfolios sollte zudem folgende Komponenten nach Hornung-Prähauser besitzen:
Einen ubiquitären zugänglichen Datenspeicher, der das Sammeln unterschiedlicher Formate und Dateien zulässt
Ein Interaktions- und Kommunikationsmedium, um innerhalb von Lernprozesses kooperativ arbeiten zu können (Social Media)
Strukturierungsfunktionen, die bei der Zusammenstellung der Materialien zielgerichtet helfen, Gedanken und Informationen zu ordnen
Eine Präsentationsfunktion, um das jeweilige Portfolio über das Internet veröffentlichen zu können
Die uneingeschränkte Verfügungsgewalt des Inhabers über das erstellte Portfolio, inklusive der Verteilung von Zugriffsrechten
Ein persönlicher Online-Arbeitsbereich, in dem der User problemlos textbasierte Informationen, digitale Bilder, Videos erstellen und veröffentlichen kann
(vgl. Hornung-Prähauser et al., 2007; zitiert nach Thomas (2014), 164)
Weiterhin müssen Speicherort sowie die Ordnerstruktur der digitalisierten Dokumente definiert sowie verortet werden. Datenschutz spielt weiterhin eine primäre Rolle Im „online“ Umfeld ist dieses Thema sensibel zu betrachten. Damit einhergehend müssen Verfügungsrechte des finalen E-Portfolios klar definiert werden. Bezogen auf den Lernprozess müssen Formen und Reichweite der Interaktion mit anderen Lernenden geklärt werden und technische Möglichkeiten (Chat, Foren, Blogs) der digitalen Umgebung geprüft sowie auf ihre Funktionen und Lernpotentiale hin betrachtet werden. (vgl. Fink 2010, 59)
3.1 Inhaltliche Anforderungen an ein E-Portfolio
Die Komponenten eines E-Portfolios unterscheiden sich nicht grundsätzlich von denen eines klassischen Portfolios.
Im Vorfeld der Portfolioerstellung, müssen eingehend gemeinschaftlich Sinn und Zweck des Portfolios sowie die Anforderung an dieses definiert werden. Des Weiteren ist der zeitliche Kontext zu klären, den die Schüler für das zu erstellende Portfolio zur Verfügung gestellt bekommen sowie die Klärung der Einsichts- und Verfügbarkeitsrechte. (vgl. Häcker (2005a), 15) Dabei soll jederzeit eine transparente Wirkung erzielt werden, um den Rahmen der selbstgesteuerten Arbeit abzustecken. Bei der Themenstellung- und -auswahl ist ebenso eine lehrplanorientierte Richtung des Lehrers von Bedeutung. Die Beurteilungskriterien sind im Vorfeld gemeinsam mit den Lernenden zu bearbeiten. Gemeinsame Ziele und Kriterien sollen demnach definiert und formuliert werden, um den Lernenden eine Orientierung und ein Kontrollinstrument zu bieten, um ihre Auswahlentscheidungen zu unterstützen und sich im Entwicklungsprozess wiederzufinden. Lehrende sowie Lernende müssen sich vergegenwärtigen, dass beide ein wichtiger Bestandteil des Portfolios sind. Bewertungskriterien, Zielvorstellungen und Abläufe sollten gemeinsam entwickelt und definiert werden. Vorkenntnisse angesichts der Portfolioarbeit müssen eruiert und der methodische Einsatz erprobt werden, um diesen kontinuierlich einsetzen zu können. Weiterhin stellt sich die Frage, welche Art von Portfolio zum Einsatz kommen soll. (vgl. Reich (2003), 8ff.)
SuS fügen ihre Materialien (Texte, Bilder, Aufgaben, Videos, etc.) der Arbeitsmappe hinzu. Dies können zum einen projektbezogene Materialien, zum anderen aber auch eigene Leistungen und Arbeiten sein. Was zusammengestellt wird, richtet sich in der Regel danach, welche Art von Portfolioarbeit verfolgt wird und in wie weit die Materialen dem Schüler bei der Erreichung des Lernziels helfen können. Die Sammlung soll demnach als Ausgangspunkt und Informationsquelle für die weitere Bearbeitung des Portfolios dienen. Zudem soll vom Lernenden dokumentiert werden, warum welche Materialen hinzugezogen oder herausgenommen wurden. (vgl. Häcker 2005a, 16)SuS wählen die Materialien aus, die nach ihrer Ansicht, Bestandteil des zu präsentierenden Portfolios sein sollen und ihnen zur Weiterverarbeitung speziell helfen können. Dabei müssen die Lernenden dokumentieren, aus welchen Beweggründen sie sich für die jeweilige Auswahl entschieden haben. SuS sollen sich mit den erbrachten Leistungen und Erfahrungen auseinandersetzen, Lernzuwächse und Erkenntnisse beschreiben und auftretende Schwierigkeiten festhalten. Je nach Zielniveau können auch Leitfragen ausgehend von den Lehrfragen zur Verfügung gestellt werden, um einen reflexiven Prozess manuell herleiten zu können. Anschließend wird der Lernende zudem dazu aufgefordert, seine Arbeit bezogen auf die individuelle Qualität hin zu beurteilen. Selbstbeurteilung soll hier dem Lernenden eine Selbstorientierung und das selbstgesteuerte Lernen ermöglichen. (vgl. Häcker 2005b, 6)
Durch ein erstelltes Vor- und Nachwort kann der Lernende seine Ergebnisse auf die anfänglichen Ziele rekurrieren, kontrollieren und auswerten. (vgl. Häcker 2005b, 6) Hierbei soll der Lernende ein Verständnis dafür entwickeln, wie er bei zukünftigen Projekten Verbesserungen und gemachte Erfahrungen hinsichtlich seines methodisches Vorgehens und Strategie zu implementieren. (vgl. Häcker 2005a, 16)
Der Portfolioersteller zieht in seinem „Nachwort“ Konsequenzen aus seinen gewonnen Einsichten, seines eigenen Lernens und den Bedingungen unter dem sich der Lernprozess vollzog. Ziel dabei soll es sein, weitere Perspektiven für das zukünftige Lernen zu entwickeln und hinreichende Veränderungen des Lernarrangements einfordern. (vgl. Rihm, 2004; zitiert nach Häcker (2005a), 16)
Mitschüler, in Form eines Gruppenfeedbacks, oder auch eine individuelle Beurteilung durch den Lehrer begutachten das Produkt. Dies kann beispielsweise schriftlich durch Feedbackbögen oder in Form eines konstruktiven Gesprächs geschehen. Erst durch seine Präsentation kann das Portfolio veröffentlicht werden. Die Präsentation ist nicht auf den Zeitpunkt der Fertigstellung begrenzt, sondern kann während des Portfolioprozesses immer wieder Grundlage für weitere Austauschgelegenheiten sein. (vgl. Häcker 2005a, 16)
4 SuS im Bildungsgang Ausbildungsvorbereitung als Zielgruppe der E-Portfolioarbeit
Im vorherigen Kapitel fand der Begriff „Portfolioarbeit“ seine Definition. Darüber hinaus wurde auch das E-Portfolio als digitale Variante beschrieben. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird untersucht, inwiefern sich E-Portfolios für SuS im Bildungsgang Ausbildungsvorbereitung als Zielgruppe eignen. Vor diesem Hintergrund folgt eine Beschreibung diese Zielgruppe, d.h. der Bildungsgang und seine Teilnehmer finden in diesem Kapitel nähere Erläuterung.
Seit der Neuordnung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Berufskolleg (APO-BK) integriert der Bildungsgang der Ausbildungsvorbereitung (Abschnitt 3 APO-BK Anlage A §§ 18-23), die Klassen für Schüler/innen ohne Berufsausbildung (KSoB) sowie des Berufsorientierungsjahres. Die Bildungsgänge der Ausbildungsvorbereitung stellen einjährige Bildungsgänge für berufsschulpflichtige SuS dar. Diese Bildungsgänge sind jeweils in eine Teilzeitform und eine Vollzeitform unterteilt.
Die Teilzeitform bildet eine Maßnahme für SuS mit sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen sowie einer beruflicher Orientierung und Vorbereitung auf eine Berufsausbildung. Hierbei finden sich zudem diverse Angebote der Arbeitsagentur für Arbeit, wie beispielsweise ausbildungsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, als auch die Einstiegsqualifizierung und das Werkstattjahr wieder.
Die Vollzeitform hingegen ist eine Form des schulischen Unterrichts und einem schulisch begleitenden Praktikum zur Vorbereitung auf eine Berufsausbildung. Hierzu gehören die vollzeitschulischen KSoB sowie das Berufsorientierungsjahr. Weiterhin gliedern sich die Bildungsgänge der Ausbildungsvorbereitung in diverse Fachbereiche, wie beispielsweise Agrarwirtschaft, Ernährungs- und Hauswirtschaft, Informatik, Technik/Naturwissenschaften, Gestaltung oder Wirtschaft und Verwaltung. (vgl. www.berufsorientierung-rek.de (2015))
4.1 Curricularer Erwartungshorizont und Voraussetzungen
Die Bildungsgänge der Ausbildungsvorbereitung sollen den Lernenden die Bewältigung des Überganges von der Schule in die berufliche Welt erleichtern und ihnen zudem neue Chancen und Möglichkeiten hinsichtlich des Arbeitsmarktes eröffnen. Durch die Vermittlung beruflicher Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten und beruflicher Orientierung sollen SuS umfassende Kompetenzen für die Aufnahme einer beruflichen Erstausbildung oder einer Erwerbstätigkeit angeeignet werden. Das Abschlusszeugnis soll weiterhin den Besuch der Berufsfachschule ermöglichen. (vgl. Schulministerium NRW (2015), 8)
Ziel sei es, die SuS so zu fördern, dass eine schrittweise Selbständigkeit in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Bereichen möglich ist. Jugendliche und Heranwachsende sollen so lernen, eigene Verantwortungen am Geschehen auf dem Ausbildungs-, Bildungs- und Arbeitsmarkt zu übernehmen und sich aktiv zu beteiligen. Weiterhin sei es von Bedeutsamkeit, berufsbezogene Qualifikationen in Verbindung mit allgemeinen Fähigkeiten und Verhaltensweisen zu vermitteln und das Selbstbewusstsein (Ich-Stärke) und die personale Stabilität zu stärken. SuS sollen sich in die Strukturen und Entwicklungstendenzen des Arbeitsmarktes einfühlen können, um damit erkennen zu können, dass ihre berufliche Entwicklung nicht immer optimal verlaufen könne, sondern auch Rückschläge sowie Brüche eintreten können, welche individuell verarbeitet und überwunden werden müssen. (vgl. Schulministerium NRW (2015b), 8f.)
Ferner sollen berufsfeldtypische Aufgaben beschrieben, erkannt sowie auf die eigene Berufswahl hin angewendet werden können. Berufsfelder sollen von den SuS abgegrenzt werden können und zu berufsfeldtypischen Aufgaben sollen eigenständig sowie in Teamarbeit Lösungsstrategien entwickelt werden. Eigene Arbeitsergebnisse sollen durch den SuS beurteilt und eigenständig reflektiert werden. Darüber hinaus sollen die eigenen Grenzen sowie die Leistungsfähigkeit hinsichtlich betrieblicher Aufgaben und individuellen Fähigkeiten erkannt und gefördert werden. Regionale, unternehmerische und arbeitsmarktbezogene Strukturen und Kenntnisse sollen den SuS vermittelt werden. Auch gehören die Entwicklung einer eigenen verantwortungsvollen Perspektive hinsichtlich einer Teilnahme an öffentlichen, gesellschaftlichen und politischen Angelegenheiten und des lebenslangen Lernens zur Vermittlung des Wissens. Die Ziele und Inhalte der Unterrichtsfächer werden in der Bildungsgangplanung des jeweiligen Berufskollegs konkretisiert und ausgearbeitet.
Ein integrativer Bestandteil der Bildungsgänge sei zudem die kontinuierliche Beratung von SuS. Diese sollen nach ihren jeweiligen Neigungen, Interessen, Fähigkeiten, Zielen sowie Perspektiven hin beraten werden und eine positive Unterstützung und Hilfe angesichts ihrer Berufswahl erhalten. Diese sollen kontinuierlich angeboten werden. Schon im Vorfeld sollten beratende Gespräche stattfinden, um beispielsweise Lernvoraussetzungen und Vorkenntnisse zu exponieren, anderseits aber auch während des vollständigen Lernprozesses der SuS beratend unterstützen. Als Grundlage für weitere Beratungsgespräche könnten die Dokumentationen der individuellen Entwicklungs- und Lernprozesse der SuS herangezogen werden, um damit seitens der Lehrkräfte und Institutionen Entscheidungen in der Einarbeitungsphase für individuelle Bildungswege oder wegweisende Abschlussgespräche zu untermauern. (vgl. Schulministerium NRW (2015b), 8f.)
Eine weitere Herausforderung stellen dabei die vorzufindenden Lerngruppen dar. Die vieldimensionale Heterogenität (sozial, kognitiv, motivational) müssen täglich von Lehrkräften bewältigt werden. Diese Aufgaben der Lehrkräfte müssen den immensen individuellen und unterschiedlichen Förderbedarf der SuS gerecht werden. (vgl. Baethge & Baethge-Kinsky (2012), 38) Individuelle Förderbedürfnisse müssen demnach erkannt, berücksichtigt und differenziert werden. So werden individuelle Lernvoraussetzungen und Verhaltensdispositionen der SuS von Lehrkräften als einer der zentralen Herausforderungen für die methodische und didaktische Gestaltung des Unterrichts verstanden. (vgl. Baethge & Baethge-Kinsky (2012), 54) SuS sollen in eine Form einer strukturierten Lernwelt eingefügt und zudem eine gemeinsame Kommunikationsbasis geschaffen werden. (vgl. Baethge & Baethge-Kinsky (2012), 36) Somit kann eine Basis für einen konfliktarmen und störungsfreien Unterricht erzeugt werden. Kommunikationsregeln und -werte müssen demnach erst entwickelt und vermittelt werden. SuS dieser Bildungsgänge soll es ermöglicht werden, eine realistische Einschätzung über ihre individuelle Situation, ihres eigenes Selbstwertes und Grundhaltung sowie ihre Stärken und Schwächen zu geben. Alternative und vielseitige Perspektiven sollen ihnen dabei aufgezeigt werden, um eine erfolgreiche und kompetenz- und stärkenorientierte berufliche Entwicklung zu ermöglichen.
4.2 Lebenswelt und Lernvoraussetzungen der Zielgruppe
Die Lebenssituationen und Lernvoraussetzungen der Bildungsgänge in der Ausbildungsvorbereitung weisen einen speziellen Charakter auf.
Die SuS befinden zumeist beim Eintritt in diese Bildungsgänge – aufgrund ihrer vielseitigen Defizite – in einer besonderen Bedarfslage. Ein individueller Förderungscharakter soll dabei helfen, diese Defizite abzubauen und individuelle Potentiale aufzudecken. Jugendliche, die nicht unmittelbar nach der Schule in eine Ausbildung des dualen Berufssystems einmünden oder nur zeitlich begrenzt und ebenso einen gezielten Förderbedarf hinsichtlich einer Vorbereitung oder Hinführung einer Berufsausbildung vorweisen, sind die Zielgruppe der Bildungsgänge der Ausbildungsvorbereitung. (vgl. BIBB (2012a)
Es handelt demnach oftmals um benachteiligte oder mit besonderem Förderbedarf zu charakterisierende SuS, bei denen Schwierigkeiten während des Übergangs von der Schule zur Berufsbildung oder in der Erwerbstätigkeit aufgetreten sind, beziehungsweise SuS, die individuelle oder gesellschaftliche Nachteile in Form von Handicaps oder sozialen/strukturellen Tatbeständen aufweisen. (vgl. BIBB (2009)) Die Benachteiligungen dieser Jugendlichen ergeben sich zumal aus den äußeren Rahmenbedingungen und individuellen Voraussetzungen. (vgl. BMBF (2005), 12)
Soziale Hintergründe (soziale Herkunft, schulische Vorbildung, Geschlecht oder Migrationshintergrund), Lernbeeinträchtigungen hinsichtlich kognitiven Lernvoraussetzungen und Verhaltensauffälligkeiten sowie Marktbenachteiligungen, die sich aus der Struktur des Berufsbildungs- und Beschäftigungssystems ergeben, können hier Formen der Benachteiligung darstellen. (vgl. BMBF (2005), 12ff.)
Die verschiedenartigen Probleme sowie die individuellen Lern- und Lebenssituationen der SuS sind zumeist multifaktoriell bedingt. Dies bedeutet, die SuS weisen oftmals nicht nur ein Defizit auf, sondern treten in kumulierter Form auf. Diese könnten sich in den folgenden Kompetenzen wieder finden:
4.2.1 Fehlende berufliche Orientierung
SuS können ihre Stärken und Schwächen – bezogen auf ihre Leistungsfähigkeit – nur schwer selber einschätzen und neigen so auch oftmals zu Selbst-Überschätzungen. Die Fähigkeit der Selbstreflexion – bezogen auf bisher erbrachte Leistungen und Fähigkeiten sowie ihrer eigenen Stärken und Schwächen – ist nur begrenzt vorhanden. Dies spiegelt sich daran wider, dass viele SuS unrealistische Wünsche bezogen auf eine Ausbildungs- oder Erwerbsstelle vorweisen und dadurch kaum realistische berufliche Orientierung haben. Die Wünsche sind meist kaum vereinbar mit den individuellen vorzuweisenden Bildungsbiographien. Demnach können die SuS ihre jeweiligen Eingliederungs- und Bewerbungschancen nicht realistisch einschätzen und für sich passende Alternativen auf den Ausbildungs- und Arbeitsmärkten herausarbeiten. (vgl. Casper-Kroll (2011), 65)
Mangelnde Kenntnisse und verschobene Vorstellungen über Strukturen und Funktionen des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes können Grund für eine solche Ausgangslage sein. Die SuS haben oftmals bereits bewusste emotionale Erfahrungen mit dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt gemacht, welche zu Frustration, Depressionen, mangelndem Selbstbewusstsein oder Gefühlen der Hilfslosigkeit führen können. SuS können demnach bereits ein Gefühl des Scheiterns durch diverse Rückschläge erlebt haben, so dass diese bereits eine Scheu entwickelt haben, sich beruflich zu orientieren, und diese könnte wohlmöglich bereits zu einer Gleichgültigkeit oder Selbstaufgabe geführt haben. (vgl. Frehe & Kremer (2014), 5)
Meist gestaltet sich der Besuch der SuS in diesen Bildungsgängen und dem Besuch der Übergangsmaßnahme in der Regel als eine Art „second-best“ Lösung als Alternative zur Ausbildung. SuS beenden meist diese Maßnahme nicht regulär oder verfallen, wie bereits beschrieben, in eine Ablehnungshaltung und Desinteresse. (vgl. Baethge & Baethge-Kinsky (2012), 31) Fehlende Lern- und Beteiligungsmotivation, Schulmüdigkeit oder psychosoziale Einschränkungen können ebenso charakteristische Beschreibungen der SuS sein. Dadurch werden viele SuS oft verhaltensauffällig, bilden Aggressionen oder bauen eine „Schutzmauer“ um sich auf. Teilweise werden diese als intelligent beschrieben, jedoch sei aufgrund negativer gemachter Erfahrungen eine Demotivation hinsichtlich Lern- und Motivationsprozessen entstanden. (vgl. Baethge & Baethge-Kinsky (2012), 37) Die damit verbundenen Fehlzeiten während der schulischen allgemeinen Bildung stellen ebenso ein allgegenwärtiges Problem dar, (vgl. Casper-Kroll (2011), 71) welches charakterliche Züge der Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit aufweist.
Die Bereitschaft und Befähigung der Jugendlichen, individuelle Entwicklungschancen, Anforderungen und Einschränkungen in Familie, Beruf und öffentlichem Leben zu klären, zu durchdenken und zu beurteilen sowie eigene Begabungen zu entfalten, Lebenspläne zu entwickeln und diese weiterzuleben können auch hier defizitär ausgeprägt sein. SuS könnten sich daher nur beschränkt mit Kritik oder mit dem Status ihres Selbstwertgefühls auseinandergesetzt haben. Auch die individuelle Auseinandersetzung hinsichtlich ihres Verantwortungs- und Pflichtbewusstseins kann nicht als gegeben betrachtet werden. (vgl. Sekretariat der Kultusministerkonferenz (2007), 11)
4.2.2 Fehlende Sozialkompetenz
Einige SuS bringen Defizite hinsichtlich sozialer Rahmenbedingungen und gesellschaftlicher Rollenanforderungen mit. Die Teilhabe am gesellschaftlichen, sozialen, politischen und beruflichen Leben blieb ihnen bislang teilweise bis ganz verwehrt. Soziale sowie gesellschaftliche Normen und Werte und unbekannte Rollenanforderungen in der beruflichen Welt sind vielen SuS neu. Es besteht Bedarf hinsichtlich einer schrittweisen Anpassung. Sozialverhalten muss generiert, ausprobiert und geübt werden. Eigene Vorstellungen, Ziele und Erwartungen sind aktiv in die eigene Rollengestaltung zu integrieren und in die Kommunikation mit einzubringen. (vgl. Casper-Kroll (2011), 40ff.)
Die soziale Herkunft spielt dabei eine große Rolle. Viele SuS ohne Berufsabschluss stammen aus zerrütteten sozialen Verhältnissen. Familiäre Probleme, Verlust von Elternteilen, Arbeitslosigkeit, Gewalt bis hin zu Sucht- oder Kriminalitätshintergründen können die Spannweite der Problemdichte ausmachen. Auch Migrationshintergründe spielen hier eine große Rolle. Jugendliche verschiedenartiger ethnischer Herkunft sind integrativer Bestandteil der Lerngruppen in den Bildungsgängen der Ausbildungsvorbereitung.
Berücksichtigt werden müssen multikulturelle Lebens-, Lern- und Arbeitswelten, damit arbeitsmarktbezogene und soziale Integration von SuS mit und ohne Migrationsintergrund erreicht werden können. Die soziale sowie ethnische Herkunft kann sich somit auf Sprache, Normen, Verhaltensweisen, Lebensstile und individuelle Bildungsverläufe auswirken. Sie haben erheblichen Einfluss auf die Berufsorientierung und die generelle Herangehensweise an die Ausbildungsplatzsuche. Darüber hinaus könnten SuS schon vom Elternhaus eine gewisse Bildungsferne haben oder eine geringere Aufmerksamkeit genossen haben. Alltägliche Abläufe und Wertevorgaben werden diesen Jugendlichen von Haus aus nicht vermittelt, was zu diversen sozialen und persönlichen Defiziten führen kann. (vgl. BMBF 2005, 15ff.)
SuS in diesen Bildungsgängen können demnach Defizite hinsichtlich des Lebens und Gestaltens sozialer Beziehungen aufweisen. Andere Individuen zu verstehen, zu respektieren und sich mit diesen verantwortungsbewusst auseinander zu setzten, können hierbei fehlende Grundkenntnisse sein. Kommunikative Kompetenz, um Bedürfnisse und Absichten des Anderen zu erkennen, verstehen und zu bewerten, könnten ebenso defizitär veranlagt sein. (vgl. Sekretariat der Kultusministerkonferenz (2007), 11)
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[1] fortan abgekürzt als „SuS“
- Citar trabajo
- Markus Koppen (Autor), 2015, Die E-Portfolioarbeit. Chancen und Grenzen in den Bildungsgängen der Ausbildungsvorbereitung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/317446
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