Geschlechterbilder im Hip Hop zwischen Sexismus und Ironie


Hausarbeit, 2015

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung – Was ist Sexismus? ...2

2. Hip Hop im kulturellen Kontext ...3

3. Die Anfänge des Hip Hop ...4

4. Mögliche Gründe für die Etablierung von Hip Hop in Deutschland ...6

5. Geschlechterrollen im Hip Hop ...7

6. Die Ironisierung von Geschlechterrollen ...11

7. Ausblick ...13

LITERATURVERZEICHNIS ...15

1. Einleitung – Was ist Sexismus?

Am 10.07.2009 brachte die deutsche Hip-Hop-Formation „K.I.Z.“ ein Musik-Album mit dem Titel „Sexismus gegen Rechts“ heraus. Der sowohl ironische als auch provozierende Titel dieser CD gab der Journalistin Antonia Baum im Auftrag der Zeitung „Der Freitag“ Anlass, zwei der drei Rapper, sowie den DJ dieser Gruppe nach ihrer Definition des Begriffes Sexismus zu befragen:

Der Freitag: Was ist Sexismus?

Nico: Sexismus ist Frauen die Tür aufhalten.

Sil-Yan: Nein, Sexismus ist, dass die Frau davon ausgeht, dass ich ihr die Tür aufhalte.

Maxim: Sexismus ist, wenn Du davon ausgehst, dass die Frau davon ausgeht, dass Du ihr die Tür aufhältst.[1]

Zwar könnte die Definition des Rappers Nico im Alltag möglicherweise auf Ablehnung stoßen, da Frauen die Tür aufzuhalten im deutschen gesellschaftlichen Konsens fest verankert und vielerorts gewünscht ist. So finden laut einer repräsentativen Umfrage des Emnid-Instituts 91,1% aller Befragten, dass es zeitgemäß sei, „wenn ein Mann einer Frau die Tür aufhält“ (Lüdemann 2009: 132).

Jedoch unterstützt diese Definition lediglich den von der Sozialpsychologin Julia Becker beschriebenen „wohlwollenden Sexismus“. So beschreibt Becker in einem Interview mit der Zeitschrift EMMA Sexismus als „eine negative Einstellung oder Verhaltensweise gegenüber einer Person aufgrund ihres Geschlechts“. Dabei müsse Sexismus jedoch nicht zwingend feindselig sein. So „beginn[e] [er] da, wo bestehende Geschlechterhierarchien künstlich aufrechterhalten werden.“[2] In Bezug auf die Thematik des Tür-Aufhaltens beschreibt Becker als sexistisch, das im gesellschaftlichen Gedankengut Frauen von Männern umsorgt und beschützt werden müssen.

Im Interview mit der Zeitung „der Freitag“ unterstreicht der zu Sexismus befragte DJ Sil-Yan (K.I.Z.) mit seiner Aussage, im beschriebenen Tür-Aufhalten-Beispiel würde jene Frau davon ausgehen, dass ihr die Tür aufgehalten wird, den von Becker beschriebenen Ansatz: „Frauen stimmen vorwiegend wohlwollendem Sexismus zu.“ (Becker 2011) Daraus resultiert, dass Aspekte von Sexismus, die positive Konsequenzen, wie beispielsweise Annehmlichkeiten (Tür aufgehalten bekommen; Getränke ausgegeben bekommen) zur Folge haben, durchaus Akzeptanz genießen.

Das dies jedoch nicht immer der Fall sein muss, und es auf die persönliche Sichtweise des Protagonisten ankommt, unterstreicht die Aussage des Rappers Maxim (K.I.Z.), der die vorangegangene Idee der Definition von Sexismus weiterspinnt und letzten Endes ironisiert.

Ziel dieser Hausarbeit soll es sein, die Hintergründe der Geschlechterentwürfe und -rollen im Rap aufzuzeigen und diese zu hinterfragen. Darüber hinaus soll eine auch die Ironisierung jener Geschlechterbilder aufgezeigt und untersucht werden.

Im folgenden Abschnitt werden die verschiedenen Elemente der Hip-Hop-Kultur beschrieben, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, Hip Hop in seinem Gesamtkontext zu betrachten.

2. Hip Hop im kulturellen Kontext

„HipHop lässt sich nicht einfach als künstlerische Freizeitbeschäftigung verstehen, die man je nach Lust und Laune praktiziert oder es bleiben läßt. HipHop bildet vielmehr einen Sozialkomplex, in dem man sich Persönlichkeiten/Identitäten verortet, die sich nicht einfach wieder „ausziehen“ lassen.“ (Menrath 2011: 67)

Stefanie Menrath benennt vier Grundsäulen des Hip Hop: Breakdance, Graffiti, Djing und Rap (Menrath 2011: 440f). Bei Breakdance handelt es sich um einen akrobatischen Tanzstil, bei dem sich die Tänzer zu rhythmischen Beats der Hip-Hop-Musik auf Kopf, Schulter und Rücken drehen. Graffiti bezeichnet eine künstlerische Ausdrucksform, bei der zunächst die eigenen Künstlernamen mit Filzstift, im Laufe der Jahre hingegen farbenfrohe Gemälde mit Hilfe von Sprühdosen auf Wänden, Mauern und Zügen gezeichnet werden. Der Disk Jockey (DJ) ist für die musikalische Untermalung zuständig. Dabei zeichnen sich seine Kompositionen durch eine „stark rhythmuslastige Musik“ (Berns 2003: 326) aus. Die vierte Säule bildet der eigentliche Rap, bei dem der MC („Master of Ceremony“, gleichzusetzen mit dem Begriff „Rapper“) „das schnelle rhythmische Sprechen von Reimen“ (Berns 2003: 326) vollzieht.

Als „Gesetze“ benennt Farin sieben wiederkehrende Grundprinzipien im Rap, wobei die wichtigsten drei das „als-Künstler-anerkannt-sein“, die eigene Identität des Künstlers, sowie an vorderster Stelle der Erhalt traditioneller Männlichkeit, Ehre und Respekt stehen (Farin 2003: 76). Inwieweit letzterer Punkt tatsächlich zutrifft und worin er begründet sein mag, soll im Zuge dieser Arbeit evaluiert werden.

Im heutigen Sprachgebrauch ist der Begriff „Hip Hop“ mit dem Begriff „Rap“ gleichzusetzen; vielmehr findet der Begriff „Hip Hop“ in der deutschen Sprache häufiger Anwendung. Im weiteren Verlauf dieser Hausarbeit werden beide Begriffe deshalb simultan verwendet, wobei der Untersuchungsgegenstand die Texte und die daraus resultierende Stilisierung der Rapper sein werden.

Im folgenden Abschnitt soll ein kurzer Abriss über die Geschichte der Hip-Hop-Kultur in den U.S.A. und Deutschland, sowie eine gesellschaftliche Verortung dem Leser die Möglichkeit bieten, die Rap-Texte richtig einzuordnen und deuten zu können.

3. Die Anfänge des Hip Hop

Die Anfänge der Hip-Hop-Kultur in den U.S.A. reichen in das New York der frühen 1970er Jahre zurück. Der Bau des Cross-Bronx-Expressway bewirkte, dass aus dem ehemals gut situierten Stadtteil New Yorks, der Bronx, die wohlhabende Teile der ursprünglichen Bevölkerung in die Vororte zogen und diejenigen, die sich einen Umzug nicht leisten konnten, meist ethnische Minderheiten, in diesem Stadtteil blieben. Dabei hinterließen „verlassene, verwahrloste Fabrikgelände, bizarre Ruinen, heruntergekommene Mietskasernen […] [ein] Bild absoluter Trostlosigkeit.“ (Verlan 2003: 7ff). Die voranschreitende Ghettoisierung hatte zur Folge, dass arme (schwarze) Jugendliche, die sich Besuche in teuren Manhattaner Clubs nicht leisten konnten, in leeren Fabrikhallen oder auf Hinterhöfen ihre eigenen „Blockparties“ veranstalteten, bei welchen der DJ sein eigenes Soundsystem mitbrachte und Strom von nahegelegenen Laternen angezapft wurde. (Verlan 2003: 7ff). Somit kann die Entwicklung eines zunächst von Schwarzen geprägten Hip Hop als eine Reaktion auf Ausschluss aus weißen Räumen gedeutet werden.

Als erster Hip-Hop-DJ ist der damals in der Bronx lebende Kool DJ Herc zu nennen. (Kage 2004:47) Der erste DJ hingegen, der MCs (Rapper) als „Anheizer“ engagierte, war der DJ Grandmaster Flash (Verlan 2003: 7). Zu Anfang fungierten die Rapper als Animateure zum Tanzen. Sie priesen die Fähigkeiten des DJs und ihre eigenen, indem sie sich mit Wortgefechten duellierten und gegenseitig anheizten, wobei sie auf die afroamerikanische Tradition des „toastings“ zurückgriffen. Bei diesem in das 19.Jahrhundert zurückreichende Stilmittel handelt es sich um einen sich reimenden Sprechakt, bei dem Auseinandersetzungen mit Hilfe von Wortgefechten geklärt werden, wobei der Schlagfertigere gewinnt (Toop 2000: 39ff). Die erste kommerziell erfolgreiche Veröffentlichung jener Wortgefechte war die Rap-Platte „Rapper's Delight“ von der Sugarhill Gang (1979) (Toop 2000: 39), wobei bei den Texten inhaltlich zunächst der Spaß im Vordergrund stand.

[...]


[1] Verfügbar unter: https://www.freitag.de/autoren/antonia-baum/an-sich-bedeuten-worter-nichts [Stand: 29.04.2015]

[2] Verfügbar unter: http://www.emma.de/artikel/netter-sexismus-265458 [Stand: 29.04.2015]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Geschlechterbilder im Hip Hop zwischen Sexismus und Ironie
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Ethnologie und Afrikastudien)
Veranstaltung
Ethnologische Geschlechterforschung
Note
1,7
Autor
Jahr
2015
Seiten
16
Katalognummer
V317717
ISBN (eBook)
9783668170575
ISBN (Buch)
9783668170582
Dateigröße
414 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hip Hop, Rap, Musik, Gender, Sexismus, KIZ, Geschlecht, Geschlechterrollen, Gender-Mainstream, Hyper-sexism, gender-studies, Sexualität, Judith Butler, Homosexualität, Heterosexualität, Snoop Dogg, King Orgasmus One, King Kool Savas, Sookee, Männlichkeit, Weiblichkeit, Ironisierung, Männlichkeitsnorm, male bias, frauenfeindlich, DJ Grandmaster Flash, Sugarhill Gang, toasting, Message-Rap, Gangsta-Rap, Public Enemy, Chuck D., Advanced Chemistry, Beastie Boys, Aggro Berlin, Bushido, B-Tight, Männlichkeitskonzept, Geschlechtertrennung, Geschlechtersegregation, afro-amerikanisch, Missy Elliott, Lady Bitch Ray, Identifikation, Identifizierung, Porno-Rap, Kunst, Kultur, Selbstbefreiung, Black Community, Storytelling, Kriminalisierung, Ghetto
Arbeit zitieren
Witold Smolinski (Autor:in), 2015, Geschlechterbilder im Hip Hop zwischen Sexismus und Ironie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/317717

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