Die Österreichische Schule der Volkswirtschaftslehre. Darstellung einer liberalen Strömung, welche die Finanzkrise von 2008 prognostizieren konnte


Thèse Scolaire, 2011

16 Pages, Note: 86,67%


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Allgemein
2.2 Merkmale und Ansichten
2.2.1 Ausrichtung
2.2.2 Wirtschafts- und Gesellschaftssystem
2.2.3 Werttheorie
2.2.4 Verträge
2.2.5 Steuerung der Wirtschaft
2.2.6 Arbeitsmarkt
2.3 Wirtschaftskrisen
2.4 Kritik am Geldsystem
2.4.1 Staatliches Geldmonopol
2.4.2 Schuldgeldsystem
2.4.3 Fiat Money
2.4.4 Teilreservesystem (fractional reserve banking)
2.4.5 Lösung

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Angesichts der derzeitigen schlimmsten globalen Wirtschaftskrise seit der Großen Depression von 1929 sind die Themen Wirtschaft, Finanzsystem, Geld etc. verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Was früher aufgrund der angeblichen Komplexität nur den so genannten „Experten“ überlassen wurde, wird heutzutage selbst an Stammtischen diskutiert. Bezüglich der Ursachen der Wirtschaftskrise seit 2007 herrscht offiziell nahezu Konsens; alle „seriösen“ (= keynesianischen) Ökonomen seien sich im Grunde genommen einig darüber, was letztendlich für den Einbruch der Wirtschaft verantwortlich sei. Da ist zum einen von der Immobilienblase, angeblichem „Marktversagen“ oder den bösen Spekulanten die Rede. Auffallend ist jedoch, dass all diese selbsternannten Experten ständig von einem baldigen Ende der Krise sprechen, und dies bereits seit offiziellem Beginn derselben. Die Realität hat uns eines Besseren belehrt: Vier Jahre später leidet die Welt immer noch unter den Folgen dieser Krise und die Probleme sind keineswegs kleiner geworden. Weshalb wird immer noch jenen „seriösen“ Ökonomen vertraut, die sich laufend in ihren Prognosen irren wenn sie bspw. von einer Erholung sprechen, welche jedoch nicht zu sehen ist, ja die nicht einmal im Entferntesten die derzeitige Krise mit ihren Auswirkungen vorausgesehen haben? Warum werden hingegen solche Ökonomen, die schon lange vor der Hypothekenkrise 2007 vor einer weltweiten Wirtschaftskrise gewarnt hatten, von der Medienöffentlichkeit und der Politik weitestgehend ignoriert?

Da die vorherrschende Volkswirtschaftslehre offensichtlich in dieser Hinsicht versagt hat, scheint es mir notwendig, den Blick auf alternative Theorien bzw. Lehren zu richten.

Einen Ansatz, die derzeitige Krise zu erklären, stellt die sog. „Österreichische Schule der Nationalökonomie“ dar, welche bereits vergangene Krisen präzise vorausgesagt hatte, sich dabei aber unkonventioneller Methoden bedient, auf welche im Hauptteil näher eingegangen wird.

Nach dieser Einleitung und einigen allgemeinen Worten (siehe Kapitel 2.1) über jene volkswirtschaftliche Strömung, folgen spezifische Informationen zu deren wichtigsten Merkmalen und Ansichten (siehe Kapitel 2.2) mit nachfolgendem Blick auf frühere Krisen und Krisentheorie (siehe Kapitel 2.3). Anschließend werden die einzelnen Kritikpunkte am Geldsystem ausführlich erläutert und eine Lösung diesbezüglich aufgezeigt (siehe Kapitel 2.4). Als Abschluss werden im Fazit die Erkenntnisse nochmals zusammengefasst und die ideale „Österreichische Welt“ dargestellt (siehe Kapitel 3).

2. Hauptteil

2.1 Allgemein

Die so genannte Österreichische Schule der Nationalökonomie stellt eine liberale Strömung der Volkswirtschaftslehre dar, die in den 1870er Jahren vom Ökonom Carl Menger im heutigen Nowy Sacz (Polen) begründet wurde. Ihre ersten Vertreter stammten hauptsächlich aus den österreichischen Kronländern, weswegen die Stadt Wien bald zum Zentrum dieser Schule wurde und die Bezeichung „Wiener Schule“ bzw. im englischsprachigen Raum „Austrian School of Economics“ häufiger zu hören war. Die bekanntesten Vertreter sind u. a. Friedrich August von Hayek (Nobelpreisträger des Jahres 1974), dessen Lehrer Ludwig von Mises, der Amerikaner Murray N. Rothbard, der US-Amerikaner Ron Paul (Kongressmitglied und Präsidentschaftskandidat im Jahr 2008) und im deutschen Sprachraum besonders Hayeks Schüler und Diplom-Ökonom Roland Baader.[1]

2.2 Merkmale und Ansichten

2.2.1 Ausrichtung

Im Unterschied zu den allermeisten anderen Richtungen in der Volkswirtschaftslehre richten die sog. „Österreicher“ bei ihren Theorien und Beurteilungen den Blick auf Moral bzw. Ethik und auf den Menschen als Individuum selbst, woraus sie ableiten, jedem Menschen die maximale Entscheidungsfreiheit zuzugestehen und dementsprechend die Macht des Staates so gering wie möglich zu halten (Minimalstaat).[2] Über die individuelle Freiheit schrieb der Ökonom Ludwig von Mises 1958: „Freiheit findet sich nur in Bereichen, in welche die Regierung (der Staat) nicht eingreift. Freiheit ist immer Freiheit von der Regierung (vom Staat). Sie ist Beschränkung des staatlichen Eingriffs.“[3]

Der Dozent Rahim Taghizadegan schließt aus der Tatsache, dass das „menschliche Subjekt Ausgangspunkt der Ökonomie“ ist, dass die Wiener Schule eine „personale, humane Wissenschaft“ mit einem realistischen Menschenbild verkörpere.[4]

Weiterhin hat die verbale Logik einen sehr hohen Stellenwert hier und wird mathematischen Modellen der Mikro- und Makroökonomie zum größten Teil vorgezogen. Dies wird von klassischen Ökonomen des Öfteren angeprangert.[5]

2.2.2 Wirtschafts- und Gesellschaftssystem

Als einziges Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, das allen Ansprüchen an Moral, Praktikabilität, Beständigkeit genügt, eignet sich – aus Sicht der „Austrians“ – die Freie Marktwirtschaft, aus der der Staat sich komplett herauszuhalten hat. Zur Legitimität einer politischen Instanz meint Roland Baader: „Notwendig ist Politik ausschließlich als dienende Ordnungspolitik und zur Sicherung der Bürger vor Übergriffen auf ihre Person, also auf ihr Leben, ihren Körper und die Früchte ihrer Arbeit bzw. auf ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum. Alles andere ist Aggression gegen die Menschen, die doch vor Aggression geschützt werden sollen.“[6]

2.2.3 Werttheorie

Des Weiteren betonen die Ökonomen der Wiener Schule, dass der Wert eines Gutes nicht objektiv, sondern ausschließlich subjektiv bemessen werden kann, da jenes Gut für jeden Betrachter einen eigenen subjektiven Wert hat (Beispiel: ein Glas Wasser in der Wüste). Der Preis dient hierbei lediglich als Orientierung und bildet sich aus den unterschiedlichen Bedürfnissen und Entscheidungen einzelner Individuen.[7]

2.2.4 Verträge

Die subjektive Werttheorie lässt sich auf den Tauschhandel übertragen: Wenn ein Kaufvertrag, Arbeitsvertrag etc. abgeschlossen wird, handelt es sich keineswegs um ein Nullsummenspiel, bei dem die Partner gleichwertige Güter oder Leistungen austauschen. Jeder Beteiligte schätzt den Wert des zu erhaltenden Gutes höher ein als das, was er dafür als Gegenleistung liefert, denn ohne Nutzen hätte er den Vertrag nicht abgeschlossen. Da ein Vertrag folglich eine „win-win-situation“ darstellt, bei dem alle Beteiligten profitieren, sehen die Österreicher die Grundlage des gesellschaftlichen Wohlstands in einem Höchstmaß an abgeschlossenen Verträgen, woraus folgt, dass, sobald der Staat die Vertragsfreiheit einschränkt bzw. Verträge ver- und behindert, gesellschaftliche und wirtschaftliche Prosperität nicht stattfinden kann.[8] Dass dem so ist, zeigt das Fraser Institute in seiner jährlichen Studie „Economic Freedom of the World Report“ über den wirtschaftlichen Freiheitsgrad der Nationen und kommt zu dem Schluss, dass je größer die wirtschaftliche Freiheit, desto größer auch der allgemeine Wohlstand (sowohl bei den Armen als auch Reichen) ist.[9]

Anmerkung: Die Grundüberlegung ist hierbei, dass wenn ein Vertrag nur durch staatlichen Zwang zustande kommt, dies aufgrund nicht vorhandener Freiwilligkeit nicht zugunsten beider Beteiligter geschieht (z.B. bei einer gesetzlichen Frauenquote).

2.2.5 Steuerung der Wirtschaft

Eine konstruktive Steuerung der Wirtschaft einschließlich deren Geldwesens wird von Austrians als unmöglich angesehen. Dies zum einen, da die wirtschaftliche Entwicklung für die Zukunft unvorhersehbar ist, insbesondere das Wirtschaftswachstum, d.h. der Anstieg des BIP, welches lediglich für die Vergangenheit bekannt ist. Für eine Zentralbank ist es folglich nicht möglich, die Geldmenge im selben Maß zu erhöhen (um Preisstabilität zu erreichen). Weiterhin ist nicht absehbar, in welcher Branche dieses potentielle Wirtschaftswachstum stattfinden wird bzw. in welchem Sektor, weshalb eine Planungsstelle unweigerlich zum Scheitern verurteilt ist und Fehlinvestitionen, Konjunkturschwankungen und somit Armut hervorruft. Ob die staatliche Steuerung durch Manipulation der Zinsen (Leitzins) oder durch staatliche Investitionen geschieht, spielt eine untergeordnete Rolle.[10] Die vorhandene Informationsasymmetrie, d.h. dass Informationen immer ungleich verteilt sind, sorgt außerdem dafür, dass eine zentrale Instanz nicht dieselben Informationen besitzen kann wie die Wirtschaftssubjekte. Ohne diese Informationen kann sie nicht deren individuellen Bedürfnisse und Neigungen ableiten geschweige denn deren zukünftiges Verhalten vorhersehen, was zur zentralen Steuerung einer Volkswirtschaft jedoch vonnöten ist.[11] Die Unmöglichkeit einer Zentralsteuerung lässt sich an einem einfachen Beispiel verdeutlichen: Falls ein Mensch imstande wäre, die Verhaltensweisen eines anderen Menschen zu 90 Prozent richtig vorherzusagen, so läge die Wahrscheinlichkeit, die Handlungen mehrerer Menschen entsprechend akkurat vorauszusagen bei 90% potenziert mit der Anzahl dieser Menschen, was bei hundert Menschen zu 0,003% und damit nicht mehr möglich ist, geschweige denn bei 80 Millionen Menschen (der ungefähren Einwohnerzahl Deutschlands).[12]

2.2.6 Arbeitsmarkt

In einem unregulierten und somit freien und flexiblen Arbeitsmarkt wird es außer der friktionellen (= Such-)Arbeitslosigkeit keine unfreiwilligen Arbeitslosen geben, da freie Arbeitsmärkte stets zu Vollbeschäftigung tendieren.[13] Dies zeigen nicht nur Statistiken, sondern lässt sich wie folgt auch logisch begründen:

Der Lohn ist der Preis der Arbeit und verhält sich wie jeder andere Preis.[14] Preise bilden sich auf dem Markt über Angebot und Nachfrage; sie spiegeln individuelle Bedürfnisse und reale Knappheiten wieder. Hohe Preise (oder Löhne) signalisieren folglich materielle Knappheit des Gutes (bzw. Arbeitskräftemangel).[15] Sobald diese Preise vom natürlich gebildeten Marktpreis entkoppelt werden, z.B. durch gesetzliche Mindestlöhne oder von Gewerkschaften über den Marktlohn hinaus getriebene Löhne, werden Knappheiten im Preis verzerrt angezeigt, was in der Folge zu falschen Anreizen und Fehlverhalten führt. Beispielsweise werden Unternehmen dann weniger Arbeitskräfte nachfragen (d.h. weniger Menschen einstellen und mehr entlassen) sobald der Preis der Arbeit zu hoch ist, sei es durch Mindestlöhne oder höhere Lohnnebenkosten, was zu Arbeitslosigkeit führt.[16] Der österreichische Ökonom Ludwig von Mises schreibt hierzu: „Auf einem […] freien Arbeitsmarkt hat der Lohn für jede Arbeit die Tendenz, sich auf einer Höhe einzupendeln, bei der jeder Arbeitssuchende eine Arbeit bekommen kann und jeder Unternehmer soviel Arbeiter einstellen kann, wie er braucht. Bei wachsender Nachfrage nach Arbeit haben die Löhne eine steigende, bei sinkender Nachfrage eine fallende Tendenz.“[17]

Daraus folgt, dass ein hoher Beschäftigungsgrad nur dann erreicht wird, wenn Löhne die Verhältnisse von (Arbeitskraft-)Angebot und (Arbeitskraft-)Nachfrage den realen Gegebenheiten getreu abbilden, sich sozusagen frei bilden können, was ausschließlich durch (direkte oder indirekte) staatliche Einflussnahme verhindert wird.[18]

[...]


[1] Vgl.: Janich, Oliver (2010). Das Kapitalismus Komplott. München: FinanzBuch Verlag, S. 39-46.

[2] Vgl.: Baader, Roland (1999). Die belogene Generation - politisch manipuliert statt zukunftsfähig informiert. Gräfelfing: Resch-Verlag, S. 8.

[3] Ebenda, S. 136.

[4] Taghizadegan, Rahim (2008). Die Essenz der Wiener Schule der Ökonomie und ihre Relevanz für heute. Institut für Wertewirtschaft, S. 9.

[5] Vgl.: Janich: Das Kapitalismus Komplott. S. 42.

[6] Baader: Die belogene Generation. S. 146.

[7] Taghizadegan: Die Essenz der Wiener Schule der Ökonomie und ihre Relevanz für heute. S. 7f.

[8] Vgl.: Janich: Das Kapitalismus Komplott. S. 18f, 20ff, 27ff.

[9] Vgl.: ebenda S. 115.

[10] Vgl.: ebenda S. 32f, 89ff und Polleit, Thorsten/Prollius, Michael von (2010). Geldreform, vom schlechten Staatsgeld zum guten Marktgeld. Grevenbroich: Lichtschlag, S. 117f.

[11] Vgl.: Janich: Das Kapitalismus Komplott. S. 50-52 und http://de.wikipedia.org/wiki/Informationsasymmetrie, letzter Zugriff: 10.6.2011, 20 Uhr.

[12] Vgl.: Janich: Das Kapitalismus Komplott. S. 32.

[13] Vgl.: http://www.ef-magazin.de/2011/03/08/2900-zwischen-sozialismus-und-marktwirtschaft-ein-system-von-teilfreiheiten, letzter Zugriff: 23.6.2011, 18 Uhr.

[14] Vgl.: Hazlitt, Henry (1946). ECONOMICS! Über Wirtschaft und Misswirtschaft. München: Olzog Verlag, S. 159.

[15] Vgl.: ebenda S. 125-128.

[16] Vgl.: ebenda S. 159-165.

[17] Mises, Ludwig von (1983). Vom Wert der besseren Ideen – Sechs Vorlesungen über Wirtschaft und Politik. München: Olzog Verlag, S. 97.

[18] Vgl.: Hazlitt: ECONOMICS!. S. 85-88 und Janich: Das Kapitalismus Komplott. S. 115ff.

Fin de l'extrait de 16 pages

Résumé des informations

Titre
Die Österreichische Schule der Volkswirtschaftslehre. Darstellung einer liberalen Strömung, welche die Finanzkrise von 2008 prognostizieren konnte
Note
86,67%
Auteur
Année
2011
Pages
16
N° de catalogue
V317829
ISBN (ebook)
9783668170858
ISBN (Livre)
9783668170865
Taille d'un fichier
558 KB
Langue
allemand
Mots clés
Österreichische Schule, Hayek, Mises, Rothbard, VWL, Politik, ökonomie, volkswirtschaft, austrian school, wiener schule, austrian economics, nationalökonomie, liberalismus, libertarismus, economics, liberal, libertär, finanzkrise, keynes, roland baader
Citation du texte
Tobias Zepf (Auteur), 2011, Die Österreichische Schule der Volkswirtschaftslehre. Darstellung einer liberalen Strömung, welche die Finanzkrise von 2008 prognostizieren konnte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/317829

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