Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Struktur der österreichischen Einkommensbesteuerung
2.1. Das Leistungsfähigkeitsprinzip
2.2. Der progressive Einkommensteuertarif
3. Die Realisierung der Finanztransaktionssteuer
3.1. Ein kurzer Rückblick
3.2. Die Chancen und Auswirkungen in Bezug auf die steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit
3.4. Der Status Quo auf nationaler und EU-Ebene
4. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
1. Einleitung
Die Einhebung der österreichischen Einkommensteuer hat einerseits eine wichtige, fis- kalische Funktion (Erzielung von Einnahmen für den Staat), andererseits aber auch eine wirtschafts- und sozialpolitische Bedeutung (Lenkungsfunktion, Umverteilungsfunktion der Steuerbelastung).1
Bei näherer Betrachtung des österreichischen Steuersystems zeigt sich, dass schon seit geraumer Zeit die Ungleichverteilung der Steuer- und Abgabenlast zwischen dem Leistungs- faktor Arbeit (selbständige und nicht selbständige Tätigkeit) und dem Leistungsfaktor Kapital bzw. Vermögen ihren Lauf nimmt. Die Belastung des Faktors Arbeit hat in den letzten Jahren stark zugenommen, während besonders die Belastung auf den Faktor Vermögen zurückge- gangen ist (Grundsteuer, Grunderwerbsteuer). Daher gilt es, in diesem Bereich Maßnahmen zur Umverteilung der Steuerbelastung zu setzen. Dieser Beitrag geht konkret auf Eckpunkte des österreichischen Steuersystems (Leistungsfähigkeitsprinzip, progressiver Steuertarif) sowie die Implementierung und die Chancen einer Finanztransaktionssteuer als Möglichkeit der Umverteilung der Steuerbelastung vom Faktor Arbeit auf den Faktor Vermögen ein.
Auf Grund der vorgegebenen Aufgabenstellung und dem dazu verhältnismäßig höchst umfangreichen Thema der Steuerlastverteilung können keine anderen Umverteilungsmöglichkeiten oder bereits umgesetzte Maßnahmen (zB Immobilienertragsteuer2, Budgetbegleitgesetz 20113 ) aufgegriffen werden; diese sind aber für die Erreichung eines gerechten Steuersystems gleichermaßen von wichtiger Bedeutung.
2. Die Struktur der österreichischen Einkommensbesteuerung
In der rechtstaatlichen Verfassung gibt es keine Rechtsnorm, welche explizit anweist, dass die Besteuerung der Abgabepflichtigen gerecht zu erfolgen hat. Jedoch ist im weiteren Sinne in der österreichischen Verfassung in Art 7 Abs 1 B-VG sowie in Art 2 StGG der Gleichheitssatz verankert, von dem sich der ethische Begriff der Gerechtigkeit ableiten lässt.4 Im österreichischen Steuerrecht ist als Vergleichsmaßstab zum Gleichheitssatz das Leistungsfähigkeitsprinzip anerkannt.5
2.1. Das Leistungsfähigkeitsprinzip
Als Fundament für eine gerechte Form der Einkommensteuererhebung gilt in Österreich das Leistungsfähigkeitsprinzip, was bedeutet, dass die Besteuerung der Wirtschaftssubjekte nach deren persönlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfolgt. Damit soll eine gleich- mäßige und gerechte Verteilung der Steuerlasten bezweckt werden.6 Folglich ist einerseits die steuerliche Leistungsfähigkeit abhängig von der Höhe des am Markt erworbenen Einkommens und zum Anderen soll die progressive Ausgestaltung des Steuertarifs den Grundsatz des Gerechtigkeitsgebotes erfüllen.
Da jedoch in Österreich nicht alle Einkunftsarten dem progressiven Steuertarif unterworfen werden, sondern vor allem im Bereich der Kapital- und Vermögensbesteuerung die Flat Tax (proportionaler Steuersatz) zur Anwendung kommt (zB Körperschaftsteuer, Kapitalertragssteuer, Immobilienertragsteuer), wird genau dieser Grundsatz durchbrochen. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH7 liegt die Entscheidung beim Gesetzgeber, ob eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt und vertretbar ist.8
2.2. Der progressive Einkommensteuertarif
Die Einkommensteuer wird nach dem progressiven Staffeltarif berechnet. Definiert wird der progressive Tarif dadurch, dass es sich um einen Steuersatz handelt, der von der Höhe der Bemessungsgrundlage, also dem Einkommen, abhängig ist. Steigt das Einkommen, steigt auch der Steuersatz.9
3. Die Realisierung der Finanztransaktionssteuer
3.1. Ein kurzer Rückblick
Neben vielen vorangegangenen Krisenkomponenten, weitete sich die Kreditkrise 2007 (man spricht auch von der Hypothekarkreditkrise in den USA) innerhalb kürzester Zeit auf eine globale Finanzkrise aus. Die Dollarabwertung, schwankende Rohstoffpreise, die falsche Reaktion der Europäischen Zentralbank, durch die Anhebung der Zinsen, die Pleite der Lehman Brothers und die gebrochenen Vertrauensbeziehungen der Banken untereinander waren nur einige Auswirkungen, mit denen sich die Wirtschaft auch heute noch konfrontiert sieht. Seitens der Wirtschaftspolitik wurden seit 2008 Auffangmaßnahmen in Form von Li- quiditäts- und Eigenkapitalzufuhr in enormer Höhe beschlossen und großteils bereits umge- setzt. Allerdings konnte durch die Maßnahmen der Prozessfortschritt nicht gestoppt wer- den.10
[...]
1 Vgl Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts I11 (2013) Tz 21 f.
2 Vgl 2. Abgabenänderungsgesetz 2014 (2. AbgÄG 2014) BGBl I 105/2014.
3 Budgetbegleitgesetz 2011 (BBG) BGBl I 111/2010.
4 Vgl Tipke, Steuerpolitik als Gerechtigkeitspolitik, in Achatz ua (Hrsg), Steuerrecht Verfassungsrecht Europarecht. Festschrift für Hans Georg Ruppe (2007) 630 (634 f).
5 Vgl Tipke in FS Ruppe 635.
6 Vgl Aigner ua, Leistungsfähigkeitsprinzip, in Tumpel (Hrsg), Fachlexikon Steuern Von Abbruchkosten bis Zwischenbesteuerung (2007) 229 (229).
7 ZB VfGH 05.03.2008, G 243/07.
8 Vgl Urnik/Steinhauser, Steuerliche Lenkungszwecknormen im Kontext gesellschaftlicher Verantwortung, in Pfeil/Urnik (Hrsg), Gesellschaftliche Verantwortung und Gemeinwohl als Unternehmensziele (2015) 43 (47).
9 Vgl Dautzenberg, Progressiver Steuertarif, Gabler Wirtschaftslexikon online, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/79988/progressive-steuertarife-v7.html (abgerufen am 22.11.2015).
10 Vgl Schulmeister, Die neue Weltwirtschaftskrise - Ursachen, Folgen, Gegenstrategien, Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft der AK Wien 2009 H 106, 1 (1).