Erfolgsfaktoren von multimedialen Großveranstaltungen. Praxisbeispiel Eurovision Song Contest


Bachelorarbeit, 2015

91 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ... 6

Formalia ... 7

Abkürzungsverzeichnis ... 8

1. Einleitung ... 9

2. Definitionen ... 10
2.1 Multimediale Großveranstaltungen ... 10
2.2 Erfolgsfaktoren ... 14

3. Geschichte und Bedeutung des Eurovision Song Contest ... 16
3.1 European Broadcasting Union ... 16
3.2 Die Geschichte des Eurovision Song Contest ... 19
3.3 Der ESC als europäisches TV-Event ... 22
3.4 Vergleich von multimedialen Großveranstaltungen: MTV Europe Music Awards vs. Eurovision Song Contest ... 26

4. Erfolgsfaktoren des Eurovision Song Contest ... 30
4.1 Aus Veranstaltersicht ... 30
4.1.1 Einschaltquoten ... 30
4.1.2 Finanzierungsstruktur ... 33
4.1.3 Imagegewinn ... 35
4.2 Aus Zuschauersicht ... 38
4.2.1 Local-Hero-Effekt ... 38
4.2.2 Gemeinschaftsgefühl ... 42
4.2.3 Wirkungsmöglichkeiten des Zuschauers ... 45
4.2.4 Politische Faktoren und Einflussnahme ... 48
4.2.5 Musikalische Vielfalt ... 50
4.3 Aus Veranstalter- und Zuschauersicht ... 54
4.3.1 Technologische Ausstattung ... 54
4.3.2 Dramaturgie ... 58

5. Chancen des ESC durch Innovationen ... 62

6. Fazit ... 67

7. Handlungsempfehlungen ... 71

8. Literaturverzeichnis ... 73

Selbstständige Bücher und Schriften: ... 73
Beiträge aus Sammelwerken: ... 76
Beiträge aus Zeitschriften: ... 76
Beiträge aus dem Internet ... 76

9. Anhang ... 86
Anhang A: Liste der aktiven Mitglieder der European Broadcasting Union ... 86
Anhang B: Liste der assoziierten Mitglieder der European Broadcasting Union ... 89
Anhang C: Tonarten der Gewinner-Songs 2005 bis 2014 ... 90
Anhang D: Musikalischer Aufbau der Gewinner-Songs von 2014 bis 2005 ... 91

1. Einleitung

Der Eurovision Song Contest (ESC) feierte in diesem Jahr (2015) sein sechzigstes Jubiläum. Er ist mit fast 200 Millionen Zuschauern die größte Musikveranstaltung weltweit und wurde zudem von Guinness World Records für den „am längsten, regelmäßig laufenden, im Fernsehen ausgestrahlten Musikwettbewerb“[1] ausgezeichnet. Doch was verhilft dem Event zu einem solchen Erfolg?

Die folgende Arbeit befasst sich mit der Bestimmung der Erfolgsfaktoren von multimedialen Großveranstaltungen am Beispiel desEurovision Song Contest. Zum allgemeinen Verständnis werden zunächst die Begriffe Multimediale Großveranstaltungen und Erfolgsfaktoren definiert. Anschließend folgt eine umfassende Darstellung des ESC im Hinblick auf seine Entstehung, Geschichte und Bedeutung als europäisches TV-Event. Um Hinweise auf mögliche Erfolgsfaktoren des ESC zu generieren, kommt es zum direkten Vergleich mit einer charakterlich ähnlichen multimedialen Großveranstaltung. Hierfür wurden die MTV Europe Music Awards (MTV EMA) gewählt.

Im dritten Kapitel folgt nun die Bestimmung der Erfolgsfaktoren am Beispiel des ESC. Hierzu wurden die potentiellen Faktoren in verschiedene Sichtweisen unterteilt: Zum einen erfolgt die Determination aus Sicht des Veranstalters, zum anderen aus Sicht des Zuschauers. Abschließend geht es um die Darstellung jener Faktoren, die sowohl für den Veranstalter als auch für den Zuschauer zum Erfolg des ESC beitragen. Diese Faktoren werden ausführlich erläutert, um sie abschließend zu verifizieren oder zu falsifizieren. Um Hinweise auf eine Allgemeingültigkeit der festgestellten Erfolgsfaktoren zu erhalten, werden diese im Nachgang hinsichtlich einer Gültigkeit für die MTV EMA einer ersten Überprüfung unterzogen.

Im darauffolgenden Kapitel kommt es zur Untersuchung der Chancen des ESC durch Innovationen. Die Entwicklungsmöglichkeiten werden sowohl auf die technologische Komponente als auch auf die inhaltliche Gestaltung des ESC bezogen. Aus der Gesamtheit der Arbeit lassen sich abschließend ein Fazit und Handlungsempfehlungen ableiten.

Das Ziel der Arbeit ist die Bestimmung der Erfolgsfaktoren des ESC, um hieraus allgemeingültige Koeffizienten multimedialer Großveranstaltungen zu abstrahieren.

2. Definitionen

Zunächst soll im folgenden Kapitel der Terminus Multimediale Großveranstaltungen sowie der Begriff Erfolgsfaktoren definiert werden, um für die vorliegende Arbeit ein allgemeingültiges Verständnis zu erreichen. Hierzu werden verschiedene Erklärungen herangezogen und auf wissenschaftlicher Basis vereint.

2.1 Multimediale Großveranstaltungen

Der Begriff Multimediale Großveranstaltungen wird in der Literatur nicht eindeutig definiert. Daher ist eine Aufarbeitung der verschiedenen Erklärungen notwendig. Hierzu ist es zuträglich, die Begriffe einzeln zu erläutern und abschließend zusammenzuführen.

Der mittlerweile inflationär verwendete Begriff Multimedia setzt sich aus den lateinischen Worten „multi“, zu Deutsch „viele“, und „medium“, „das Mittel“ zusammen. Die Bedeutung lässt sich mit einer Ausführung der Brockhaus-Enzyklopädie genauer ableiten: Hier werden Medien als „Vermittlungssysteme für Informationen aller Art (Nachrichten, Meinungen, Unterhaltung)“ definiert: „Ihre Funktion ist der Transport von Inhalten, wobei spezifische Restriktionen des Mediums formend auf den Inhalt wirken können.“[2] Es handelt sich demnach um Übermittlungssysteme für Informationen aller Art via Funk, Fernsehen, Print und das Internet,[3] wobei das Medium durch seine spezifischen Merkmale in der Lage sein kann, die zu vermittelnden Inhalte zu beeinflussen.

Ferner konstatieren Aerni, Bruhn und Pifko (2008), dass Multimedia Inhalte und Werke bezeichnet, die aus verschiedenen, digitalen Medien wie Texten, Fotografien, Grafiken, Animationen, Audio und Video bestehen. Als Merkmal von Multimedia sind Inhalte, die in digitaler Form dargestellt werden, sowie das „Vorhandensein unterschiedlicher Interaktionsmöglichkeiten“[4] genannt. Die Stärken von Multimedia liegen demnach in der hohen Qualität des Austauschs von Informationen, welcher durch den zeitgleichen und koordinierten Einsatz der Medien Ton, Sprache, Bild, Film und Grafik erfolgt. Wird die optimale Form der Darstellung gewählt, können die gewünschten Effekte, wie Informieren oder Überzeugen, erzielt werden.[5] Als Gegenstand der Integration von unterschiedlichen Medien dient nach Hartmann (2008) der Computer: Werden laut Hartmann unterschiedliche Sinne zeitgleich durch integrierte Medienanwendungen angesprochen, so spricht man von Multimedialität.[6] Da der Mensch als multimedial gilt und somit über die Fähigkeit verfügt, bei der Kommunikation unterschiedliche Sinne zu nutzen, ist es von Bedeutung, die leistungsstärksten Sinne anzusprechen. Laut Krömker (1994) wird dem visuellen Sinn ein sehr hohes Rezeptionspotential zugesprochen, während der auditive im mittleren Bereich liegt. Haptische und taktile Rezeption befinden sich in ihrer Leistungsfähigkeit weit dahinter.[7]

Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass Multimedia ein Zusammenspiel verschiedener Medien ist, welches in Bild und Ton erfolgt. Daraus lässt sich ableiten, dass die Rezeption multisensual geschieht und den Rezipienten durch die Möglichkeit einer Interaktion miteinbezieht. Multimedia ist computergestützt und immer auf einen bestimmten Zweck ausgerichtet.

Das Gabler Wirtschaftslexikon (2015) definiert Großveranstaltungen als Events, was auch dem englischen Sprachgebrauch entspricht. Allerdings sind Events hier als Veranstaltungen jedweder Art beschrieben, was beispielsweise sowohl Geburtstagsfeiern als auch den American Super Bowl mit einschließt. Events werden als einzigartige, spektakuläre und unvergessliche Veranstaltungen charakterisiert, „die durch Inszenierung, Interaktion zwischen Veranstalter, Teilnehmer und Dienstleister sowie multisensorische Ansprache erlebnisorientierte Kommunikationsbotschaften an die Zielgruppe“[8] herangetragen werden. Es handelt sich um ein „organisiertes, zweckbestimmtes, zeitlich begrenztes Ereignis, an dem eine Gruppe von Menschen vor Ort und/oder über Medien teilnimmt.“[9] Da sich Events in Größe und Reichweite immens unterscheiden können, bedarf es weiterer Definitionen, um den Begriff Großveranstaltungen zu erläutern.

Die Bezeichnung Großveranstaltung wird von Ulrike Schneider (1993) nach drei Kriterien definiert: Sie sei zeitlich begrenzt, oft gehe ihr eine Eröffnung voraus und gipfele in einem Schlussereignis. Zudem existierten laut Schneider drei Ereigniskategorien, die eine zeitliche Gestaltung vorgeben würden: Es gibt kurze bzw. singuläre Großveranstaltungen, die eine Länge von vier Tagen nicht überschreiten. Hierzu zählt sie beispielsweise Musikfestivals oder Wirtschaftsmessen. Veranstaltungen wie die Olympischen Spiele oder Volksfeste hingegen summiert sie zu den mehrwöchigen Ereignisketten, Weltausstellungen oder auch die Documenta in Kassel sind durch eine mehrmonatige Dauer gekennzeichnet.[10]

Ein weiteres Kriterium für Großveranstaltungen ist laut Schneider die Seltenheit bzw. Außergewöhnlichkeit des Events: Die Wiederholung erfolge nach einem zeitlichen Mindestabstand oder bleibe singulär. Die zeitlichen Abstände werden in Bezug auf den benötigten Planungszeitraum oder auf strategische Gründe gestützt. Hierbei gilt es, die Erwartungshaltung des Rezipienten nicht zu mindern und Übersättigungserscheinungen der Besucher oder Zuschauer zu vermeiden.[11]

Ein zweiter Punkt, der Großveranstaltungen zu einem außergewöhnlichen Ereignis macht, ist laut Schneider der Beitrag des Publikums zu Verlauf und Ambiente. Da die Erbringung der Veranstaltung zeitgleich mit dem Konsum des Besuchers einhergeht, ist eine Korrektur von ungeplanten Abläufen nicht möglich. Zudem könne eine Großveranstaltung als Markt für die Teilnehmer gesehen werden, die sich hier in exklusiver Gemeinschaft austauschen können und der Veranstaltung so eine hohe Erlebnisqualität zusprechen.[12]

Als drittes und letztes Kriterium führt Schneider die Größe der Veranstaltung auf. Sie bezieht sich dabei auf die Anzahl der Besucher, den Flächenbedarf, den Kapitaleinsatz sowie seine psychologische Bedeutung. Diese Aspekte variieren jedoch je nach Veranstaltung und Branche stark.[13] Laut Schmidt-Lange (2004) ist ein Zutreffen aller genannten Kriterien nicht notwendig, um eine Veranstaltung als Großveranstaltung zu kennzeichnen.[14]

Um die Kennzeichnung von Veranstaltungen zu verfeinern, leitet das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (2013) eine Verwendung von Verhältniszahlen ab: Sie beziehen sich auf die Anzahl der Teilnehmer pro Zeiteinheit oder je Einwohner. Weiterhin benennt das Ministerium drei Kriterien, von denen eine erfüllt sein muss, um eine Großveranstaltung als solche zu definieren: Bei mehr als 100.000 erwarteten Besuchern, bei Übersteigen eines Drittels der Einwohnerzahl der Gemeinde durch zeitgleich erwartete Besucher und der Anwesenheit von mindestens 5.000 Personen auf dem Veranstaltungsgelände, oder bei erhöhtem Gefährdungspotential der Veranstaltung.[15] Als letzteres definiert die Berufsfeuerwehr Deutschland Gefahren, die sich von denen des Alltags unterscheiden. Als solche Gefahrenmomente sind Euphorie oder Panik einer Menschenmasse zu nennen, die sowohl vorsorgliche soziale, medizinische und technische Maßnahmen als auch eine Überwachung krimineller und möglicher terroristischer Aktivitäten durch ihre hohe Medienwirkung bei Großveranstaltungen nach sich ziehen kann.[16]

Des Weiteren konstatierten die Autoren Bogusch, Spellerberg, Topp und West in ihrem Werk Organisation und Folgewirkungen von Großveranstaltungen (2009), dass sich Großveranstaltungen im Hinblick auf „Inhalt, Größe, Veranstaltungsdauer, Periodizität, gesellschaftliche Erwartungen an ihren Nutzen, Vor- und Nachbereitungszeiträume, Budget und Kapitaleinsatz, Attraktionsgrad und gesellschaftlicher Gesamtbedeutung“[17] unterscheiden. Zudem seien sie „in der Lage, einen positiven Effekt und/oder negativen Einfluss auf die ökonomische, ökologische und soziale Entwicklung zu entfalten.“[18]

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Begriff Großveranstaltung durch die Anzahl der Besucher, die Örtlichkeit, die Veranstaltungsdauer und die Art der Veranstaltung bezogen auf die Größe der Kommune definiert werden kann. Eine konkrete Fixierung des Terminus hängt von verschiedenen Faktoren ab und ist im Einzelfall genau zu prüfen.

Fügt man nun die Definitionen der Begriffe Multimedial und Großveranstaltungen zusammen, führt dies zu der Schlussfolgerung, dass es sich bei multimedialen Großveranstaltungen um Events einer bestimmten Größenordnung handelt, die durch den Einsatz verschiedener Medien in Bild und Ton gestützt werden. Ist eine der drei Kriterien die Besucherzahl betreffend erfüllt, spricht man von einer Großveranstaltung: Hierzu müssen mehr als 100.000 Besuchern erwartet, die Einwohnerzahl der Gemeinde durch zeitgleich erwartete Besucher um ein Drittel überstiegen werden und mindestens 5.000 Personen auf dem Veranstaltungsgelände anwesend sein. Bezieht man die Besucher durch computergestütztes Zusammenspiel verschiedener Medien und multisensuale Ansprache der menschlichen Sinne mit ein, erfolgt eine Interaktion, die das Event als multimedial charakterisiert.

2.2 Erfolgsfaktoren

Der Begriff Erfolgsfaktor ist vielschichtig und findet hauptsächlich in ökonomischer Hinsicht Verwendung. Er wird in der Erfolgsfaktorenforschung von Forsmann, Haenecke, Zerres und Zerres (2009) so beschrieben und hergeleitet: Die Erfolgsfaktorenforschung befasse sich mit der Ermittlung der zum langfristigen Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens führenden Determinanten. Man gehe davon aus, dass letztlich nur wenige Variablen den Erfolg oder Misserfolg beeinflussen, genau diese gelte es zu bestimmen, um mit ihnen den Erfolg zu quantifizieren. Sie werden von den Autoren als Erfolgsindikatoren bezeichnet und lassen sich wirtschaftlich an Umsatz, Gewinn und Rentabilität festmachen. Zuletzt geht es nach Forsmann, Haenecke, Zerres und Zerres um die Ermittlung der Variablen, die einen Erfolgsindikator beeinflussen. Diese nennt man Erfolgsfaktoren.

Unter kritischer Betrachtung der Erfolgsfaktorenforschung konstatieren die Autoren, dass sich der betriebswirtschaftliche Erfolg nicht auf einzelne Erfolgsfaktoren zurückführen ließe, sondern durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt werde. Dabei dürfe die Erfolgswirksamkeit der einzelnen Variablen nicht isoliert werden.[19] Daraus folgernd ist unklar, ob sich allgemeingültige Erfolgsfaktoren oder -ursachen ermitteln lassen.

Bezogen auf Events lässt sich keine genaue Definition des Begriffs finden. Sigrun Erber (2005) nennt in Erlebnismarketing einen möglichen Erfolgsfaktor: Sie beschreibt unverwechselbare Inszenierungen und emotionale Erlebbarkeit der Botschaft oder Marke als Stärke der Eventmarketing-Strategie.[20] Weiterhin betitelt sie diese als Emotional Uniqueness, mit deren Hilfe sich vergleichbare Produkte von Mitbewerbern differenzieren können. Emotional Uniqueness gilt hier als „kreativer Baustein der Eventinszenierung“ und entscheidet im Vorfeld über Erfolg oder Misserfolg eines Events oder einer Eventmarketingstrategie.[21] Daraus folgernd kann die emotionale Einzigartigkeit als Erfolgsfaktor von Veranstaltungen identifiziert werden.

Des Weiteren bezeichnet Franz-Rudolf Esch (2000) das Vorhandensein komplexer Kommunikationssysteme als Erfolgsfaktor. Er begründet dies damit, dass Kommunikation als Stimme der Marke in der Lage sei, sich Aufmerksamkeit zu verschaffen, um Erfolge zu erzielen.[22] Daniel (1961) hingegen weist schon im Jahr 1961 darauf hin, dass Erfolgsfaktoren nicht immer erfolgsstiftend wirken, da sie sich je nach Untersuchungsobjekt, Industrie oder Branche unterscheiden würden.[23]

Aus den dargestellten Positionen geht insgesamt hervor, dass sich der Begriff Erfolgsfaktor nur oberflächlich definieren lässt. Eine allgemeingültige Bedeutung, die für alle Branchen gilt, ist in der Literatur bislang nicht festgelegt worden. Der Duden beschreibt den Begriff als „Umstand, der zum Erfolg maßgeblich beiträgt“[24], was einer generellen Definition, unabhängig von Branche oder Untersuchungsobjekt, gleichkommt. Ferner beeinflussen Erfolgsfaktoren wie die oben genannten Faktoren Emotional Uniqueness oder komplexe Kommunikationssysteme ökonomische Erfolgsindikatoren wie Umsatz, Gewinn und Rentabilität in positiver oder negativer Weise.

3. Geschichte und Bedeutung des Eurovision Song Contest

Im nachfolgenden Kapitel werden grundlegende Informationen zu dem Event Eurovision Song Contest (ESC) dargestellt. So wird zuerst die Organisationsgesellschaft European Broadcasting Union (EBU) und dessen Geschichte beleuchtet, um die Gründung, Entwicklung und Bedeutung sowie die teilnehmenden Rundfunkanstalten dieser Veranstaltung kennenzulernen. Darauf folgt eine genaue Darstellung der Geschichte des ESC hinsichtlich organisatorischer und inhaltlicher Änderungen, die im Zeitverlauf hinzugekommen und auch heute noch von Bedeutung sind. Abschließend soll hier der ESC in seiner Eigenschaft als europäisches TV-Event untersucht und beschrieben werden. Im Mittelpunkt stehen dabei zum einen der Ablauf von Pre- und Main-Event, multimediale Angebote sowie eine Einschätzung der Rezeption in Europa. Zum anderen wird der ESC mit einem charakterlich ähnlichen Event verglichen, um grundlegende Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausstellen zu können.

3.1 European Broadcasting Union

Die EBU ist ein Zusammenschluss von öffentlichen-rechtlichen Rundfunkanstalten innerhalb der Europäischen Rundfunkzone, welche von der International Telecommunications Union (ITU) definiert ist. Die EBU wurde als Netzwerk zum Austausch von Nachrichten sowie der Entwicklung und Standardisierung technischer Aspekte in Europa gegründet. Die EBU schließt auch die Anrainerstaaten des Mittelmeeres ein, sodass Rundfunkveranstalter aus dem Nahen Osten und Nordafrika zu ihren Mitglieder zählen. Sämtliche Mitglieder bzw. deren Rundfunkanstalten müssen laut EBU-Regelung einen öffentlichen Auftrag erfüllen. Somit ist die EBU als Repräsentant des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Europa zu verstehen.[25]

Als Vorgänger der EBU ist die International Broadcasting Union (IBU) mit Sitz in Genf zu nennen. Ihre Gründung fand im Jahr 1929 aufgrund der Notwendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit im Bereich des Hörfunks statt. Ziel war dabei die Regelung der Belegung der von Staatsgrenzen unabhängigen Frequenzen, deren Auswahl begrenzt war, und die Vermeidung von Störungen des Funkverkehrs.[26] Zahlreiche Länder der ganzen Welt zählten zu seinen Mitgliedern. Aufgrund der Instrumentalisierung im Nationalsozialismus verlor die IBU während des Zweiten Weltkriegs an Glaubwürdigkeit. So wurde 1946 die International Broadcasting Organisation (IBO) in Brüssel gegründet, die nun mit der IBU konkurrierte. Da der Kontinent vor einer Spaltung in Ost und West stand, beschlossen westeuropäische Rundfunkorganisationen 1949 die Gründung einer ebensolchen Rundfunkunion: der EBU. Die Auflösung der IBU folgte drei Monate später sowie die Namensänderung des IBO in Organisation Internationale de Radiodiffusion et de Télévision (OIRT), die weiterhin als Dachorganisation der osteuropäischen Rundfunkanstalten fungierte.[27]

Die EBU wurde im Februar 1950 in Torquay, England, bei der von der British Broadcasting Corporation (BBC) ausgerichteten Europäischen Rundfunk-Konferenz mit Sitz in Genf und Brüssel gegründet. Hieraus gingen die bis heute bestehenden Arbeitssprachen Französisch und Englisch hervor. Teilnehmende Länder waren Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Libanon, Luxemburg, Monaco, Marokko, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Schweiz, Syrien, Tunesien, Türkei, Großbritannien, Vatikan, Jugoslawien und Israel.[28] Deutschland trat der EBU im Jahr 1952 bei.[29]

Als nächster Meilenstein in der Geschichte der EBU ist die Abhaltung der internationalen Programmaustauschwochen 1954 zu nennen. Die Übertragung der Fußball-Weltmeisterschaft und die ein Jahr zuvor stattgefundene Krönungsfeier der Königin Elisabeths II stellten die ersten europaweiten Kooperationen zwischen europäischen Fernsehanstalten dar und gelten als Beginn der Eurovision, die als eine der zentralen Aufgabenbereiche der EBU die Fernsehübertragung umfasst. Im Jahr 1956 wurde der erste Eurovision Song Contest initiiert und sollte fortan Anlass zur Zusammenarbeit der in der EBU vereinten Rundfunkanstalten geben.

Durch den schnellen Anstieg des Interesses am Fernsehen und der wachsenden Zahl der Rundfunkanstalten erlangte die EBU mehr und mehr an Bedeutung. Der europäische Programmaustausch erzeugte große Aufmerksamkeit auf anderen Kontinenten, sodass sich nach dem Vorbild der EBU 1964 dieAsia-Pacific-Broadcaster Union, 1969 die Arab States Broadcasting Union und 1970 die Organización de la Televisión Iberoamericana bildeten, die sogenannten Sister Unions. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs schloss sich die OIRT 1993 der EBU an.[30]

Die Aufgabenbereiche der EBU haben sich seit ihrer Gründung ausgeweitet und liegen nicht mehr ausschließlich in TV- und Radio-Übertragungen, die von der Eurovision TV und dem EBU Radio Departement ausgeführt werden. Hier steht die EBU für hochqualitative Programmgestaltung, die aus Zusammenarbeit und Ideenaustausch der Mitgliedsländer entsteht und alle Genres bedient. Weiterhin haben sich verschiedene Abteilungen zur Unterstützung ihrer Mitgliedsländer gebildet. So verhandelt das Legal and Public Affairs Departement EBU die Übertragungsrechte für Sportereignisse, initiiert Programmwechsel und organisiert anderssprachige Koproduktionen. Zudem werden die Mitglieder der EBU in Betrieb, Service und Technik durch die EBU TECHNICAL unterstützt, die durch ständige Neu- und Weiterentwicklungen sowie durch angebotene Workshops ihr Wissen teilt. Als Beispiel für ihre innovativen Entwicklungen von Übertragungsmedien sind Digital-TV, Digitalradio, Digital Audio Broadcast, HDTV und Radio Data System zu nennen.[31]

Die mittlerweile 300 Mitarbeiter verteilen sich auf den Hauptsitz in Genf, sowie die Zweigstellen in Beijing, Brüssel, London, Madrid, Moskau, New York, Singapur und Washington D.C. Derzeitiger Präsident ist Jean-Paul Philippot, Intendant des belgischen Rundfunksenders Radio Télévision Belge Francophone (RTBF). Wie alle anderen Angehörigen des Executive Boards wird dieser von den Mitgliedern der EBU bei der zweimal jährlich tagenden Generalversammlung gewählt.

Heute umfasst die EBU 73 aktive Mitglieder in 56 Ländern Europas, Zentral-Asiens, Nord-Afrikas und des mittleren Westens sowie 44 assoziierte Mitglieder weltweit.[32] Sie erreicht wöchentlich ein Publikum von 650 Millionen Zuschauern und gilt als der weltweit größte Zusammenschluss nationaler Rundfunk- und Fernsehanstalten.[33]


[1] Vgl. Lynch, K. (2015): Web.

[2] Vgl. Brockhaus-Enzyklopädie (1991a): S. 306 oder Brockhaus-Enzyklopädie (1991b): S. 187.

[3] Vgl. Esch, F.-R., Schewe, R. (o.J.): Web.

[4] Vgl. Aerni, M., Bruhn, M., Pifko, C. (2008): S. 233.

[5] Vgl. Ewers, J. (1994): S. 134 ff.

[6] Vgl. Hartmann, F. (2008): S. 19.

[7] Vgl. Krömker, D. (1994): S. 10.

[8] Vgl. Rück, H. (o.J.): Web.

[9] Vgl. Rück, H. (o.J.): Web.

[10] Vgl. Schneider, U. (1993): 115 ff.

[11] Vgl. Schneider, U. (1993): 115 ff.

[12] Vgl. Schneider, U. (1993): 115 ff.

[13] Vgl. Schneider, U. (1993): 115 ff.

[14] Vgl. Schmidt-Lange, T. (2004): S. 8 ff.

[15] Vgl. Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (2013): S. 12 f.

[16] Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehr in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.) (2009): S. 2.

[17] Vgl. Bogusch, S., Spellerberg, A., Topp, H.H., West, C. (Hrgs.) (2009): S. 181.

[18] Vgl. Bogusch, S., Spellerberg, A., Topp, H.H., West, C. (Hrgs.) (2009): S. 181.

[19] Vgl. Forsmann, D., Haenecke, H., Zerres, C., Zerres, M. (2009): S. 3.

[20] Vgl. Erber, S. (2005): S 141.

[21] Vgl. Erber, S. (2005): S 141 f.

[22] Vgl. Esch, F.-R. (2000): S. 90.

[23] Vgl. Daniel, D.R. (1961): S. 110 ff.

[24] Vgl. Dudenverlag (o.J.): Web.

[25] Vgl. European Broadcasting Union (Hrsg.) (2009): S. 1 f.

[26] Vgl. Zeller, Rüdiger (1999): S. 21.

[27] Vgl. Wolther, I. (2006): S. 28.

[28] Vgl. Wolther, I. (2006): S. 28 f.

[29] Vgl. Wolther, I. (o.J.): Web.

[30] Vgl. Wolther (2006): S. 29.

[31] Vgl. European Broadcasting Union (Hrsg.) (2009): S. 1 f.

[32] Zur detaillierten Ansicht vgl. Anhang A und Anhang B.

[33] Vgl. European Broadcasting Union (Hrsg.) (2009): S. 1 f.

Ende der Leseprobe aus 91 Seiten

Details

Titel
Erfolgsfaktoren von multimedialen Großveranstaltungen. Praxisbeispiel Eurovision Song Contest
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
91
Katalognummer
V318303
ISBN (eBook)
9783668323483
ISBN (Buch)
9783960950011
Dateigröße
1566 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eurovision Song Contest, Erfolgsfaktoren, multimediale Großveranstaltung, MTV, European Music Awards, ESC
Arbeit zitieren
Anke Giffhorn (Autor:in), 2015, Erfolgsfaktoren von multimedialen Großveranstaltungen. Praxisbeispiel Eurovision Song Contest, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/318303

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