Möglichkeiten linguistischer Interpretation der Latent Semantic Analysis-Methode


Proyecto/Trabajo fin de carrera, 2003

102 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Strukturelle Semantik und Wortfeldtheorie
2.1 Die Sprachauffassung Wilhelm von Humboldts
2.2 Das sprachliche Weltbild nach Weisgerber
2.3 Der Inhalt des Wortes
2.4 Die Einheit des Wortes und das Problem der Polysemie
2.5 Zur Diskussion der Wortfeldtheorie
2.5.1 Die Anfänge der Feldtheorie
2.5.2 Die Feldauffassung Trier-Weisgerberischer Prägung
2.5.3 Kritik und Verteidigung des Trier-Weisgerberischen Feldes
2.5.4 Skizzierung einer strukturellen Wortfeldmethode (nach E. Coseriu)
2.5.4.1 Notwendige Vorunterscheidungen
2.5.4.2 Die lexematischen Strukturen
2.5.4.3 Lexikalische Solidaritäten
2.5.4.4 Ergänzungen zu Coserius Wortfeldmethode

3 Die Latent Semantic Analysis-Methode
3.1 Semantische Räume
3.2 Latent Semantic Indexing
3.3 Mathematischer Hintergrund der LSA-Methode
3.3.1 Die Singulärwertzerlegung
3.3.2 Interpretation des mathematischen Verfahrens
3.3.3 Zusätzliche Implementationen
3.3.3.1 Queries
3.3.3.2 Updating
3.4 Ein Beispiel für eine Anwendung von LSA
3.5 Anwendungsgebiete der LSA-Methode
3.5.1 LSA und Synonym-Tests
3.5.2 „Plato’s Problem“
3.5.3 Themenbasiertes Wissen
3.5.4 Semantisches Priming
3.5.5 Essaybewertungen

4 Die linguistische Interpretation der LSA-Methode
4.1 Die theoretische Konstituierung der LSA-Methode
4.2 Latent Semantic Analysis, Strukturelle Semantik und Wortfeldtheorie
4.2.1 Die Bedeutung von Wörtern
4.2.2 Die Wortfeldtheorie und Latent Semantic Analysis
4.2.2.1 Wortfelder Trier-Weisgerberischer Prägung
4.2.2.2 Die Wortfeldtheorie nach Coseriu
4.2.3 Wortfelder und Semantische Räume
4.3 Automatische Generierung von Wortfeldern durch LSA

5 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang
Anhang A: Mathematisches Glossar
Anhang B: Ergänzungen zu Latent Semantic Analysis
Anhang C: Berechnung einer Singulärwertzerlegung mit Matlab

1 Einleitung

“You shall know a word by the company it keeps.”

(John R. Firth)

Verfahren für eine vektorbasierte semantische Analyse und insbesondere Latent Semantic Analysis wurden entwickelt, um die Bedeutung von Wörtern aufzudecken und darzustellen. Dies zieht jedoch sofort eine Frage nach sich: Was ist denn eigentlich die Bedeutung von „Bedeutung“? Wir wissen, dass die Wörter unserer Sprache bzw. jeder Sprache eine Bedeutung haben. Das macht es überhaupt erst möglich, sich zu verständigen bzw. Information zu übermitteln. Aber was genau ist das, was einem Wort eine bestimmte Bedeutung gibt? Sind das bestimmte Formen mentaler Konzepte, die im Geist des Benutzers einer Sprache existieren, oder sind es lediglich die Objekte, die durch die Wörter bestimmte Namen bekommen? Kurz gesagt: Sind Bedeutungen Dinge, die im Kopf existieren, oder existieren sie bereits durch die Dinge in unserer Umwelt?

In der Psychologie und Philosophie wurde diese Frage bereits ausführlich diskutiert, so sieht Ludwig Wittgenstein (1953) die Bedeutung in der linguistischen Praxis begründet, was zu dem berühmten Diktum „Bedeutung ist Gebrauch“ führte. Die dahinter stehende Idee ist, dass wir die Bedeutung eines Wortes genau dann verstanden haben, wenn wir in der Lage sind, es richtig zu gebrauchen. Dies widerspreche nach Sahlgren (2001) der oftmals vertretenen Auffassung, dass die Bedeutung der Wörter außerhalb der Sprache, also in den Objekten der Welt zu suchen sei. Er ist der Auffassung, dass die Frage nach der Bedeutung von „Bedeutung“ in der Theorie der Sprache selbst liege:

What we need in order to understand the nature of meaning is therefore not so much a rigid definition of the concept of meaning, but rather a profound understanding of the inherent structures of natural language. In short, what we need is a structuralistic account of language. (Sahlgren 2001)

Es handelt sich also um eine sprachwissenschaftliche Fragestellung und man sollte annehmen, dass sich die Sprachwissenschaft bereits ausführlich mit der Bedeutungsfrage beschäftigt hat. Überraschenderweise hat sich aber gerade diese Wissenschaft mit dem Problem der Bedeutung von Wörtern besonders schwer getan. So ist die Semantik, also die Wissenschaft von den Bedeutungen, lange Zeit das „Aschenputtel der Linguistik“ gewesen und hat sich in den Gründerjahren zunächst fast ausschließlich mit der diachronischen Betrachtungsweise von Wörtern beschäftigt (vgl. Ullmann 1978:15f.). Doch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Linguistik von einer entscheidenden Wende betroffen, die auch die Semantik betraf und für die vor allem F. de Saussure verantwortlich war. Dieser machte zunächst auf die Bedeutung der synchronen Betrachtungsweise von Sprache aufmerksam, die er bewusst von der historischen abgrenzte. Doch Saussure ging noch weiter, indem er behauptete, dass die Sprache ein System mit wechselseitigen voneinander abhängigen Elementen sei. Diese Konzeption bildete die Grundlage für die strukturelle Sprachwissenschaft (vgl. Ullmann 1978:17f.).

Die strukturelle Methode fand ihre Anwendung zunächst in der Phonologie und Morphologie und später auch in der syntaktischen Analyse. Nur die Semantik blieb am Rande dieser Entwicklung, was im besonderen Charakter der lexikalischen Gegebenheiten begründet zu sein scheint. Sowohl das phonologische als auch das grammatische System bestehen im Gegensatz zum Wortschatz aus relativ wenigen und eher stabilen Elementen, während der Wortschatz sehr viel größer und zudem auch instabiler ist.

Es war Jost Trier, der im Jahre 1931 die Semantik mit seiner Habilitation Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes. Die Geschichte eines sprachlichen Feldes revolutionierte, wobei seine Lehren als Anwendung der saussureschen Theorien auf die Struktur des Wortschatzes angesehen werden können. Gleichzeitig wurden sie als „neohumboldtanisch“ eingestuft (vgl. Ullman 1978:30). J. Trier geht von einer Gliederung des Wortschatzes aus, bei der sich die Glieder, also die Wörter, gegenseitig voneinander abgrenzen und so ihre Bedeutung durch ihre Stellung innerhalb dieses Systems erhalten. Eine ausführliche und kritische Darstellung seiner Theorie und ihre Weiterführung insbesondere durch L. Weisgerber und E. Coseriu werden im folgenden Kapitel dargestellt, um die nötige linguistische Grundlage zur Interpretation der Latent Semantic Analysis- Methode zu liefern. Zuvor sollen kurz ein Überblick über die Lehren Wilhelm von Humboldts gegeben werden, da seine Auffassungen von der sprachlichen Weltansicht und der inneren Sprachform großen Einfluss auf die moderne Semantik und die Wortfeldtheorie hatten und die Frage nach der Bedeutung von Wörtern zu klären helfen.

Ziel dieser Arbeit wird es sein, mit Hilfe der Theorien aus der strukturellen Semantik und der Wortfeldtheorie die Möglichkeiten einer linguistischen Interpretation der Latent Semantic Analysis -Methode aufzuzeigen. Der Name dieses Verfahrens deutet bereits darauf hin, dass es sich um eine Methode handelt, die in der Lage ist, die latente semantische Struktur zwischen Wörtern aufzudecken, wobei die Vorstellung von semantischen Räumen eine zentrale Rolle spielt. Landauer u.a. (1998b) haben sich vor allem damit beschäftigt, inwieweit sich die Latent Semantic Analysis- Methode als Modell zur Simulation kognitiver Fähigkeiten des Menschen eignet. Dabei hat man jedoch das Problem, dass die Leistungen des menschlichen Gehirns noch zu unerforscht sind, um gesicherte Aussagen treffen zu können. Der Vorteil einer rein linguistischen Interpretation, die sich zudem auf die strukturelle Semantik beschränkt, ist die Tatsache, dass das zu untersuchende Objekt die Sprache selbst ist. Wie die Arbeit zeigen wird, lassen sich die Theorien der strukturellen Semantik sehr gut mit den zugrundeliegenden Ideen der Latent Semantic Analysis- Methode vereinbaren.

Wie bei der Wortfeldtheorie, so geht man auch bei der Vorstellung von den semantischen Räumen innerhalb der Latent Semantic Analysi s-Methode davon aus, dass sie den Wortschatz so gliedern, dass die erhaltene Struktur Aufschluss über die Bedeutungen der Wörter und ihre Beziehungen zueinander gibt. Kernpunkt dieser Arbeit wird es sein, eine Analogie zwischen der Vorstellung von Wortfeldern in der Linguistik und der Vorstellung von den semantischen Räumen innerhalb der LSA-Theorie herzustellen. Dazu wird es nötig sein, eine möglichst genaue Vorstellung darüber zu geben, wie die Latent Semantic Analysis -Methode funktioniert und was sie leistet. Dies soll im dritten Kapitel dieser Arbeit geschehen. So wird es vor allem darum gehen zu zeigen, dass ein vollautomatisches statistisches Verfahren wie Latent Semantic Analysis, dass als Eingabedaten nur Text benutzt, wobei sogar die Wortreihenfolge vernachlässigt wird, in der Lage ist, eine Reihe kognitiver, auf Sprache basierender Fähigkeiten des Menschen zu simulieren (vgl. Landauer et al. 1998b).

Latent Semantic Analysis basiert auf der Singulärwertzerlegung (= Singular Value Decomposition), einer Matrixzerlegung, welche den Kern des Verfahrens bildet und entscheidend zu seinem Erfolg beiträgt. Erst mit Hilfe dieser Zerlegung ist es möglich, die zuvor eingelesenen Wörter und Texte bzw. Textabschnitte als Punkte in einem semantischen Raum zu repräsentieren, wobei die Wahl der Dimension des Raumes eine große Rolle spielt. Durch das Berechnen der Entfernungen, die zwischen den Punkten oder Vektoren in dem Raum bestehen, kann auf die Bedeutungsähnlichkeiten zwischen Wörtern bzw. zwischen ganzen Texten/Textabschnitten geschlossen werden. Wie dies im Einzelnen geschieht, soll im dritten Kapitel ebenfalls erläutert werden.

2 Strukturelle Semantik und Wortfeldtheorie

Wie im vierten Kapitel dieser Arbeit gezeigt werden soll, sind es vor allem die strukturelle Semantik und die Wortfeldtheorie, die die nötigen Instrumentarien zur linguistischen Interpretation der Latent Semantic Analysis -Methode liefern. Zu diesen Theorien wird dieses Kapitel einen Überblick liefern. Zudem wird es nötig sein, grundlegende Fachbegriffe aus der linguistischen Semantik wie Polysemie und Synonymie zu definieren, da diese in Arbeiten zu Latent Semantic Analysis häufig problematisiert werden und eine wichtige Rolle bei der Leistungsfähigkeit dieses und anderen Verfahren zum Information Retrieval spielen.

Beginnt man, sich mit den vorherrschenden semantischen Theorien zu beschäftigen, so wird schnell deutlich, dass diese längst nicht so ausgereift sind wie die der Grammatik oder der Phonologie (vgl. Karcher 1979:8f.). Dies erschwert natürlich eine Interpretation mit Hilfe dieser Methoden, andererseits soll im vierten Kapitel auch gezeigt werden, dass es nicht nur möglich ist, Latent Semantic Analysis mit Hilfe dieser Theorien linguistisch zu interpretieren, sondern dass es dieses Verfahren auch möglich macht, die Plausibilität der Wortfeldtheorie zu zeigen.

Eine entscheidende Wende innerhalb der Geschichte der deutschen Semasiologie[1] brachten die Jahre zwischen 1925 und 1931, die durch mehrere kritische Aufsätze von L. Weisgerber ins Rollen gebracht und durch J. Triers Studie Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes [2] vollzogen wurde (vgl. Seiffert 1968:9). Die herkömmliche, aus der historisch orientierten Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts entstandene Semasiologie hatte sich hauptsächlich mit der Psychologie des Bedeutungswandels beschäftigt. Das wesentliche Verdienst J. Triers bestehe nach Seiffert (1968:22) somit darin, dass er für die Semasiologie eine Methodik zu entwickeln versucht hat, die vom Grammatischen und auch von Fragen der Wortbildung losgelöst war und bewusst auf Wortinhalten fußte. Die sprachliche Semasiologie sollte nicht mehr von fremden Disziplinen, vornehmlich der Psychologie, abhängig, sondern innerhalb der Semasiologie selbst erklärbar sein.

Die Anfänge der von Jost Trier begründeten Lehre vom sprachlichen Feld sind jedoch schon älteren Ursprungs und gehen sowohl auf die Anschauungen W. v. Humboldts als auch auf F. de Saussures Lehre von der Sprache als Zeichensystem zurück (vgl. Schwarz 1973:426).

2.1 Die Sprachauffassung Wilhelm von Humboldts

Wilhelm von Humboldt kann als der größte Sprachforscher des 19. Jahrhunderts angesehen werden. Sein Schaffen hatte jedoch keine nennenswerte Wirkung auf die Sprachwissenschaft seiner Zeit, da der Hauptstrom der Sprachwissenschaft ganz im Zeichen der historisch-vergleichenden, d.h. indogermanischen bzw. indoeuropäischen Sprachforschung stand (vgl. Gipper 1992:7).

Besonders L. Weisgerber (1953) hat sich in seinen Arbeiten intensiv mit Humboldts[3] Lehre von der sprachlichen Weltansicht und der inneren Sprachform beschäftigt: Humboldt gehe davon aus, dass mehrere Sprachen nicht ebenso viele Bezeichnungen einer Sache sind, sondern verschiedene Ansichten derselben. Jede Sprache bilde damit in jedem ihrer Zustände das Ganze einer sogenannten Weltansicht, indem sie Ausdrücke für alle Vorstellungen enthalte, welche sich die Nation von der Welt macht, und für alle Empfindungen, welche die Welt in ihr hervorbringt (vgl. Weisgerber 1953:12). Nach Weisgerber (1953:13) ist das Aufzeigen der Weltansicht für Humboldt jedoch nur eine Vorstufe. Daneben klinge noch ein anderer Gedanke mit: der der gestaltenden Kraft. Die Weltansicht der Sprache sei nicht etwas Ruhendes, sondern eher ein Mittelpunkt geistigen Gestaltens. Humboldts Grundauffassung ist demnach, die Sprache als Energeia zu sehen; die Erforschung der Sprache gipfelt dann in dem Begriff der inneren Sprachform (vgl. Weisgerber 1953:14). Sprache als Energeia betrachten, bedeutet, dass die Daseinsform der Sprache als eine Wirklichkeit verstanden wird, die Trägerin eines Wirkungszusammenhangs und damit eine Kraft ist, die im Leben der gesamten Sprachgemeinschaft als Sammel- und Ausstrahlungspunkt von Wirkungen ihr Dasein hat. Die Wirklichkeit solcher Kräfte komme damit keine geringere Bedeutung zu als der Realität der Dinge und Sachen unserer Lebenswelt (vgl. Weisgerber 1953:15). Die Weltansicht ist nach Weisgerber (1953:16) somit die Fülle der Sprachinhalte gesehen als Ergon, als Ergebnis, sowohl dem Bestande nach (in statischer Betrachtung) wie dem Grunde nach (als Reflex, als Wiedergabe der Welt). Beides sei nötige Zwischenstufe, aber nicht erschöpfend. Diese Weltansicht sei unter dem Blickwinkel der Energeia dauernde Wirklichkeit, also nichts Statisches, sondern immerzu in einer Sprachgemeinschaft Aktives. Und sie sei ihrer Begründung nach nicht einfach Reflex oder Spiegel der Dinge, sondern noch mehr Erscheinung geistiger Gestaltung, die die wesentlich formende Kraft des Menschen einbeschließt. In diesem Sinne könne man das Weiterdenken von der Weltansicht der Sprache zur inneren Sprachform kennzeichnen als Fortschreiten des Denkens in Kräften (vgl. Weisgerber 1953:16f.).

2.2 Das sprachliche Weltbild nach Weisgerber

Nimmt man Humboldts Gegenüberstellung von Ergon und Energeia, von Werk und wirkender Kraft auf, so ist nach Weisgerber (1953:26) die Grammatik im Kern eine Betrachtungsweise der Sprache als Ergon, die die Bestandteile von Sprache feststellt. Die grammatische Betrachtung siedele den Inhalt der Wörter üblicherweise bereits außerhalb der Sprache an; dieses Verfahren müsse jedoch als fragwürdig angesehen werden angesichts Humboldts Erkenntnissen über die Weltansicht der Sprache (vgl. Weisgerber 1953:27f.).

Dabei können wir das, was wir so feststellen, zunächst einmal im Sinne des Ergon, des Gebildes vor Augen führen als eine geistige ‚Zwischenwelt’, deren Bestand und Aufbau sich uns bewußt in einer Welt von ‚sprachlichen Inhalten’ darstellt. Und zwar handelt es sich vor allem darum, diese Zwischenwelt nicht als Anhängsel der lautlichen Sprachmittel zu sehen, sondern als das eigentliche Ziel der grammatischen Beschreibung [...]. Es wird damit eine ganz neue, inhaltsbezogene Grammatik der deutschen Sprache entstehen. (Weisgerber 1953:27f.)

Weisgerber (1953:28) bestimmte die Grammatik als Methode wissenschaftlicher Betrachtung der Sprache als Ergon; die ausgewiesene Zwischenwelt trage demnach „den Stempel dieser statischen Betrachtungsweise“. Die Sprache sei jedoch nicht Ergon, sondern Energeia, und so müsse der nächste Schritt einer grammatischen Beschreibung der sprachlichen Zwischenwelt das Aufdecken der Art sein, wie die Sprache die Welt erschließt.

Mit dem Terminus Weltbild fasst Weisgerber (1953:31) das über die Sprachinhalte Gesagte zusammen, was auch das „Dynamische“ einschließt, „das Humboldt in der inneren Sprachform hat: die Wirkung der formenden Kraft, die gemäß den Bedingungen und Möglichkeiten menschlichen Geistes dem Sein (im weitesten Sinne) in einer jeden Sprache zu einem Bewußt-Sein verhilft“.

Eine Größe wie die deutsche Sprache kann tatsächlich nur wesensgemäß erfaßt werden, wenn man sie als eine Wirklichkeit im eigentlichsten Sinne versteht, ein Lebendiges, das durchaus jener energetischen Auffassung des Lebens entspricht. (Weisgerber 1953:31f.)

2.3 Der Inhalt des Wortes

In der Linguistik ist es heute üblich, Wörter einer Sprache als sprachliche Zeichen anzusehen und eine ganze Sprache als System solcher Zeichen. Zeichen zu sein, bedeutet hier, Zeichen für etwas zu sein und zugleich, dass ein Zeichen für jemanden gilt, der es beachten oder dem es dienen soll. Hier stellt sich die Frage, ob man die Wörter einer Sprache tatsächlich in diesem Sinne auffassen kann. Gipper (1993:49) weist darauf hin, dass der Bezug im Falle von Wörtern wie Sonne und Mond eindeutig zu sein scheine:

Denn hier verweist ein Wort unverwechselbar auf eine Sache. Aber wir wissen auch, daß es im Weltall Himmelskörper gibt, die auf Grund ihrer Eigenschaften mit unserer Sonne und unserem Mond vergleichbar sind und deshalb mit den entsprechenden Wörtern erfaßt werden können. Sie fallen in diesem Gebrauch aus der Klasse, der Himmelsköper, die wir als Sterne bezeichnen, heraus. (Gipper 1993:49)

Wörter erweisen sich für Gipper demnach als Zeichen, die für viele gleiche oder ähnliche Gegenstände stehen können. Ein sprachliches Zeichen ist hierbei stets eine Verknüpfung von Lautung und Inhalt, die wiederum an eine bestimmte Sprache gebunden ist. Dabei ist der Inhalt eine geistige Größe und nicht die bezeichnete Sache selbst:

Wörter wie Sonne und Mond sind keine Etiketten, die wir den Himmelskörpern ankleben, vielmehr machen sie die vorher anonymen Gegenstände allererst ansprech- und nennbar und rücken sie zugleich in eine ganz bestimmte Sicht. Wer ‚Sonne’ sagt, verweist nicht nur auf etwas Bestimmtes, das wir am Tageshimmel sehen können. Er spricht vielmehr von einem Gegenstand, dem in unserer Sprache eine Vielzahl von Wirkungen, ja Aktivitäten zugesprochen wird. (Gipper 1993:49)

Gipper kritisiert hier die Auffassung, dass die Menschen die Gegenstände und Erscheinungen, denen sie begegneten, einfach benannt, „ihnen also gleichsam Namensschildchen aufgeklebt haben wie in einem botanischen Garten, so daß der Wortschatz jeder Sprache eine Nomenklatur, einen catalogus mundi enthält“ (Gipper 1993:19). Gipper dagegen teilt die Auffassung Saussures, dass das Wort nicht eine Sache mit einem Namen verbindet, sondern einen Lautkörper mit einem Begriff:

Damit ist eine entscheidende Einsicht gewonnen: das Wort ist erkannt als eine untrennbare ‚psychische’ Einheit mit zwei Seiten, einer lautlich-sinnlichen und einer geistig-begrifflichen, die sich wechselseitig bedingen wie Vor- und Rückseite eines Blattes Papier. (Gipper 1993:20)

Hierbei weist Gipper darauf hin, dass das Begriffspaar signifiant-signifié [4] , das Saussure in diesem Zusammenhang verwendet, zu Fehlleitungen führen kann: „Wer vom signifié oder vom Bezeichneten reden hört, wird zwangsläufig verführt, es außerhalb der Sprache zu suchen“ (Gipper 1993:21).

Am Beispiel des Wortes Baum macht Gipper deutlich, dass hier nicht einfach Vorgegebenes benannt, sondern menschlich begriffen und in Sprache umgesetzt werde:

Der Wortinhalt Baum ist nicht von der Umwelt gefordert, sondern ein Ausdruck menschlicher Auffassung der Dinge, die sich in unserer Sprache niedergeschlagen hat. Sieht man sämtliche Inhalte einer Sprache zusammen, so ergibt sich eine ganze Weltansicht, das ‚Weltbild’ der Sprache, wie L. Weisgerber sagt. Da sich dieses sprachliche Weltbild mit der Spracherlernung sozusagen als eine geistige Zwischenschicht zwischen Mensch und Welt schiebt, spricht L. Weisgerber auch von einer geistigen oder sprachlichen ‚Zwischenwelt’, ein Begriff, der zum Kern der Weisgerberschen Sprachauffassung gehört. (Gipper 1993:23)[5]

Diese Auffassung von der sprachlichen Zwischenwelt wurde jedoch oftmals in Frage gestellt. Dass ein Wort wie Wesen nicht lediglich etwas Vorgegebenes, was überall auf der Welt in gleicher Weise anzutreffen ist, benenne, „sondern einen bestimmten gedanklichen Wert aus einer bestimmten Geisteswelt erst in der sprachlichen ‚Symbolisierung’ setzt und greifbar macht“, werde nach Gipper (1993:23) allgemein zugegeben, schwieriger sei dies jedoch mit Wörtern für Artefakte wie z.B. Sessel oder Stuhl. Hier erweise sich die Rede von der sprachlichen Zwischenwelt als anfechtbar (vgl. Gipper 1993:24). An dieser Stelle setzt nun die Wortfeldtheorie ein, die untersucht, wie diese Wörter zueinander in Beziehung stehen. Das führt nach Gipper (1993:26) zu folgenden Fragen:

Sind die Wörter für einen Sachbereich als ein ‚Feld’ anzusprechen? Wo liegen die Grenzen zwischen sachlichen und sprachlichen Gesichtspunkten? Wie ist die Geltung und der Gebrauch eines Einzelwortes aus einem Sachbereich gesichert? Wie läßt sich der muttersprachliche Einschlag, das Wirksamwerden der sprachlichen Zwischenwelt konkret nachweisen?

Gipper (1993:38) kommt hierbei zu folgendem Schluss: Es sei zunächst ein muttersprachlicher Befund, dass es im Nhd. zwei gleichberechtigte Grundwörter Sessel und Stuhl gibt sowie bestimmte Möglichkeiten, durch Zusammensetzungen diese Grundwörter zu differenzieren. Jeder Sprecher, der von klein auf über beide Wörter verfügt, werde ungewollt genötigt, sie auch unterscheidend zu gebrauchen. Der Beweis ergebe sich aus dieser Überlegung:

Es wäre ebenso gut denkbar, daß wir im Nhd. nur ein Wort für den gesamten Sessel-Stuhl-Bereich hätten oder daß wir über mehrere Grundwörter hierfür verfügten. In beiden Fällen würden wir mit Bestimmtheit genauso wenig Anstoß nehmen an einem solchen vorgegebenen Befund, wie es tatsächlich tun. Wir begnügen uns mit dem, was die Muttersprache bereitstellt, und helfen uns notfalls mit Zusammensetzungen. (Gipper 1993:38f.)

Vergleicht man nun den Sinnbereich von Sessel-Stuhl mit den Gegebenheiten im Englischen, so stellt man folgendes fest:

Im Englischen gibt es für diesen Bereich nur den umfassenden Begriff chair, so dass der englische Beobachter gar nicht auf den Gedanken kommt, eine Unterscheidung, wie sie im Deutschen vorherrscht, zu bemerken. Er unterscheidet nicht, weil die Sprache nicht unterscheidet. Somit ist die „muttersprachliche Gliederung [...] überhaupt nicht als Vorgriff auf das Seiende erkannt, und die ganze Argumentation bleibt in der Sehweise der englischen Sprache befangen. (Gipper 1993:40)

Gipper merkt zudem an, dass die heutige Geltung und inhaltliche Gruppierung der nhd. Wörter für Sitzgelegenheiten von den Sachen her eine so wesentliche Stütze und Begründung empfangen, dass man nicht von einem Wortfeld im eigentlichen Sinne sprechen könne. Somit brauche man auch nicht über alle deutschen Wörter für Sitzgelegenheiten zu verfügen, um eines von ihnen richtig verwenden zu können. Damit sei nicht gesagt, dass die sprachlichen Bedingungen unwichtig wären: „Denn daß unsere Sprache gerade diese bestimmten sachlichen Kennzeichen als Unterscheidungsmerkmale hat wirksam werden lassen und keine anderen, das kann man den Grundwörtern äußerlich nicht ansehen“ (Gipper 1993:43). Es geht Gipper (1993:43) also nicht um das Nachvollziehen einer Feldordnung im eigentlichen Sinne, sondern um das Beherrschen einer sprachlichen Gliederung.

2.4 Die Einheit des Wortes und das Problem der Polysemie

Gipper (1993:65) mahnt bei der Beurteilung angeblich polysemer Wörter zur Vorsicht, wenn man von einem Wort als untrennbare Einheit von Laut und Inhalt ausgeht und ferner der Wortinhalt aus der Einbettung in einen muttersprachlichen Sinnbezirk zu verstehen ist und damit jeder konkreten Sprechsituation und jedem formulierten Satz vorausliegt. Dabei soll nicht gesagt werden, dass die Sprechsituation und der Zusammenhang für das richtige Verständnis eines Wortes unwichtig sind, aber „wenn der Zusammenhang häufig zum vollen Verständnis unentbehrlich ist, dann nicht etwa deshalb, weil er den Wortinhalt sozusagen erst schafft, sondern weil er das gemeinte Wort erkennen und identifizieren hilft“ (Gipper 1993:65). Der Kontext sei durchaus wichtig und unentbehrlich, ganz besonders für den Leser oder Hörer:

Aber er ‚macht’ die Lautung Schloß nicht erst zum Gebäude, Türverschluß oder Gewehrteil, sondern er hilft, das jeweils gemeinte der – synchronisch betrachtet – gleichlautenden, aber verschiedenen Wörter Schloß1 ‚Gebäude’, Schloß2 ‚Türverschluß’ und Schloß3 ‚Gewehrteil’ zu identifizieren. Derjenige, der den Satz mit Schloß formuliert, weiß bereits vorher, welches Schloß er meint, und meist ist er sich überhaupt nicht bewußt, daß es auch noch andere Schlösser gibt. (Gipper 1993:65f.)

Somit sei es auch für den Hörer nicht schwer, das Wort richtig zu identifizieren, weil die Sinnbezirke, in die die Wörter gehören, heute so weit auseinanderliegen, dass sie in einem bestimmten Kontext kaum in Konkurrenz zueinander stehen. In solchen Fällen soll von Homonymie gesprochen werden.

Es gibt jedoch auch Beispiele, wo man tatsächlich von Polysemie sprechen kann. Gipper (1993:68f.) führt hier das Beispiel schreiben [6] an, wobei sich dieses Wort in allen möglichen Verwendungsweisen direkt oder indirekt auf die Verschriftung von Sprache bezieht. Polysemie liegt also dann vor, wenn zwei oder mehrere Wörter einen gemeinsamen Bedeutungskern bzw. gemeinsamen inhaltlichen Nenner haben.[7]

2.5 Zur Diskussion der Wortfeldtheorie

Gegenüber den Auffassungen der Semasiologie und der Onomasiologie geht die inhaltbezogene Betrachtung der Sprache davon aus, dass die Sprache keine Ansammlung isolierter Teile oder Namen ist, sondern ein gegliedertes Sinngefüge, in dem jedem Wort ein Stellenwert zukommt. „Dieses gegliederte Sinngefüge ist nicht starr und ein für allemal festgelegt, sondern wandelt sich gemäß den kulturellen Entwicklungen und den sich ändernden Ansichten der Menschen von den Dingen“ (Gipper 1993:86).[8]

Eine wichtige Methode, den Inhalt aus seiner Einbettung in einen Bezirk sinnverwandter Wörter zu bestimmen, ist unter dem Begriff des sprachlichen Feldes bzw. des Wortfeldes [9] bekannt geworden. Die grundlegende These ist, dass die Wörter des Wortschatzes einer Sprache nicht als Einzelwörter beziehungslos nebeneinander stehen, sondern immer Glieder von Gefügen sind, von denen ihr Inhalt mitbestimmt wird (vgl. Gipper 1993:100).

2.5.1 Die Anfänge der Feldtheorie

Jost Triers Habilitationsschrift von 1931[10] kann als richtungsweisend für die moderne Semantik angesehen werden (vgl. Geckeler 1971:85). Es gibt jedoch auch Stellen in wissenschaftlichen Arbeiten, wo schon vor J. Trier der Begriff des Feldes verwendet wurde. Die erste explizite Formulierung des Feldgedankens, die vor allem wegen ihres unbestreitbaren Einflusses auf die Terminologie der folgenden Feldforschung zitiert werden soll, stammt von G. Ipsen aus dem Jahre 1924:[11]

Ferner, die Eigenwörter stehn in einer Sprache nie allein, sondern sind eingeordnet in Bedeutungsgruppen; damit ist nicht eine etymologische Gruppe gemeint, am wenigsten um chimärische ‚Wurzeln’ aufgereihte Wörter, sondern solche, deren gegenständlicher Sinngehalt mit anderen Sinngehalten verknüpft ist. Diese Verknüpfung aber ist nicht als Aneinanderreihung an einem Assoziationsfaden gemeint, sondern so, daß die ganze Gruppe ein ‚Bedeutungsfeld’ absteckt, das in sich gegliedert ist; wie in einem Mosaik fügt sich hier Wort an Wort, jedes anders umrissen, doch so, daß die Konturen aneinanderpassen und alle zusammen in einer Sinneinheit höherer Ordnung auf-, nicht in einer faulen Abstraktion untergehen. (Ipsen 1924:225)[12]

In diesem Zitat könnte der Ausgangspunkt für die Verwendung des Mosaikvergleichs liegen, den auch Trier gebrauchte.[13] Auch J. Trier schließt eine Beeinflussung durch Ipsen nicht aus:

Das Wort Bedeutungsfeld hat Gunther Ipsen als erster öffentlich gebraucht. Ob ich die Theorie der Feldbetrachtung allein mit Saussures Hilfe entwickelt habe oder ob die kurzen 12 Zeilen bei Ipsen mitgewirkt haben, kann ich nicht mehr sagen. Ich bin nicht der erste, der von den Feldern redet. Aber ich darf feststellen, daß das Thema dieser Arbeit und die Form seiner praktischen Bearbeitung mir seit 1923 deutlich waren. Im ganzen der Auffassung fühle ich mich am stärksten verwandt Leo Weisgerber. Der Begriff des Feldes, wie ihn Walther Porzig gebraucht [...], liegt abseits unseres Weges. (Trier 1931:11)[14]

Bevor hier die eigentliche Feldtheorie, die J. Triers und L. Weisgerbers, vorgestellt wird, soll der Ansatz W. Porzigs vorgestellt werden, der fast gleichzeitig mit J. Triers Veröffentlichungen erschien und den E. Coseriu in seiner Wortfeldtheorie wieder aufgreift.[15]

W. Porzig beschrieb seine Auffassung vom Feld in seinem 1934 erschienenen Artikel Wesenhafte Bedeutungsbeziehungen. Seine Auffassung von der inhaltlichen Bestimmbarkeit von Wörtern geht auf den Umstand zurück, „daß bestimmte Wörter stets mit anderen gekoppelt zu denken sind, sei es aufgrund sachlicher Beziehungen, sei es auf Grund muttersprachlicher Sehweisen“ (Gipper 1993:119). Porzig beschäftigt sich also mit kombinatorischen Strukturen, d.h. mit dem bedeutungsmäßigen Zusammengehören von Gruppen wie greifen – Hand, sehen – Auge, hören – Ohr, lecken – Zunge, bellen – Hund, wiehern – Pferd, fällen – Baum u.a.

Es handelt sich dabei offenbar nicht um eine bloße consociation im sinne Sperbers, also darum, daß einem bei dem einen wort das andere leicht einfiele, sondern um eine beziehung, die im wesen der gemeinten bedeutungen selbst gründet. Ich nenne sie deshalb wesenhafte bedeutungsbeziehungen. (Porzig 1934:70)

Porzig grenzt seine Auffassung deutlich von dem Feldbegriffs Trier ab:

Die elementarste beziehung, die ein bedeutungsfeld möglicherweise noch bestimmen kann, ist offenbar die zwischen nur zwei wörtern. Man kann deshalb die wesenhaften bedeutungsbeziehungen im vorhin erwähnten sinne auch elementare bedeutungsfelder nennen. Wie sich von ihnen aus die möglichkeit ergibt, höhere einheiten festzustellen, wird gelegentlich zur sprache kommen, bildet aber für diesmal keinen teil unseres themas. (Porzig 1934:72)

2.5.2 Die Feldauffassung Trier-Weisgerberischer Prägung

In diesem Abschnitt soll nun die Feldauffassung von J. Trier und L. Weisgerber dargestellt werden. Wie bereits erwähnt, sieht J. Trier eine Beeinflussung durch Saussure und evtl. durch Ipsen und sieht sich in seiner Auffassung vor allem L. Weisgerber nahestehend. Zudem geht nach Geckeler aus seinen Arbeiten eine tiefgehende Wirkung Humboldtscher Gedanken hervor. Vor allem die Auffassung Triers, dass Gliederung das allgemeinste und tiefste Wesensmerkmal der Sprache sei, gehe auf Humboldt zurück und sei gleichzeitig die Basis für Triers Feldbegriff (vgl. Geckeler 1971:101). Von F. de Saussure übernahm J. Trier dagegen die Auffassung von der Sprache als System. Dieses Prinzip wandte er erstmals konsequent auf die Untersuchung des Wortschatzes an. So spricht er denn auch von den „Ideen der Ganzheit, der sinngebenden Gliederung von oben herab und des Gefüges“ als von den „Leitsternen“ seiner Arbeit (Trier 1931:25).

Im einleitenden Kapitel Über Wort- und Begriffsfelder erklärt Jost Trier, was er mit der Arbeit Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes anstrebt.

Es ging ihm in seinem Werk darum zu zeigen, dass die mittelhochdeutschen Wörter im Sinnbezirk des Verstandes (kunst, wîsheit, list, wissen u.a.) nicht isoliert, auch nicht allein aus dem Kontext zu verstehen sind, sondern dass sich ihre Bedeutungen bzw. Inhalte wechselseitig begrenzen und bestimmen. Deshalb seien sie nur zu erfassen, wenn man ihren Stellenwert, der sich aus der Einbettung in ein „Feld“ der benachbarten Begriffe ergibt, ermittelt hat. Obwohl es sich hier um eine sprachhistorische Untersuchung an begrenztem mittelhochdeutschen Material handelt, hat das Werk großen Einfluss auf die neuere Sprachwissenschaft ausgeübt (vgl. Gipper 1993:7). Trier selbst sah sich in erster Linie als Sprachhistoriker. Aus diesem Grunde ging es ihm in seiner Untersuchung nicht so sehr um den sprachlichen Befund in einem bestimmten Zeitraum, sondern um den Sprachwandel in der Zeit. Seine Beschreibung der jeweiligen Wortfelder in den einzelnen Zeitabschnitten erfolgte zwar synchron, aber der Sprachwandel konnte erst durch den Vergleich verschiedener „Querschnitte“[16] diachron nachgewiesen werden (vgl. Gipper 1993:8). Auch hier beruft sich Trier in seiner Vorgehensweise auf F. de Saussure, eines seiner Vorbilder, der großen Wert auf die systematische Trennung von Synchronie und Diachronie in der Sprachbeschreibung legte.[17]

Es geht Trier also darum, deutlich zu machen, dass „kein ausgesprochenes Wort im Bewußtsein des Sprechers und Hörers so vereinzelt“ dastehe, sondern dass „[j]edes ausgesprochene Wort seinen Gegensinn anklingen“ lässt.

Und noch mehr als dies. In der Gesamtheit der beim Aussprechen eines Wortes sich empordrängenden begrifflichen Beziehungen ist die des Gegensinns nur eine und gar nicht die wichtigste. Neben und über ihr taucht eine Fülle anderer Worte auf, die dem ausgesprochenen begrifflich enger oder ferner benachbart sind. (Trier 1931:1)

Trier nennt diese Worte Begriffsverwandten, die „unter sich und mit dem ausgesprochenen Wort ein gegliedertes Ganzes, ein Gefüge, das man Wortfeld oder sprachliches Zeichenfeld nennen kann“, bilden (Trier 1931:1). Das „Wortfeld“ oder „sprachliche Zeichenfeld“ stellt selbst wiederum „ein gegliedertes Ganzes, ein Gefüge“, dar.

Das Wortfeld ist zeichenhaft zugeordnet einem mehr oder weniger geschlossenen Begriffskomplex, dessen innere Aufteilung sich im gegliederten Gefüge des Zeichenfeldes darstellt, in ihm für die Angehörigen einer Sprachgemeinschaft gegeben ist. [...] [D]ie das Wortfeld, den Wortmantel, die Wortdecke mosaikartig zusammensetzenden Einzelworte legen – im Sinne ihrer Zahl und Lagerung – Grenzen in den Begriffsblock hinein und teilen ihn auf. (Trier 1931:1)

Wie stellt sich nun Trier diese Gliederung der Wörter im Feld vor? Hierzu sollen an dieser Stelle eine Reihe von Zitaten vorgestellt werden, die darüber Aufschluss geben:

Und daß wir genau wissen, was mit ihm [dem ausgesprochenen Wort] gemeint ist, das liegt gerade an diesem Sichabheben von den Nachbarn und diesem Sicheinordnen in die Ganzheit der den Begriffsbezirk überlagernden Wortdecke, des lückenlosen Zeichenmantels. Die Worte im Feld stehen in gegenseitiger Abhängigkeit voneinander. Vom Gefüge des Ganzen her empfängt das Einzelwort seine inhaltliche Bestimmtheit. (Trier 1931:2)

Das Wortzeichenfeld als Ganzes muß gegenwärtig sein, wenn das einzelne Wortzeichen verstanden werden soll, und es wird verstanden im Maße der Gegenwärtigkeit des Feldes. Es ‚bedeutet’ nur in diesem Ganzen und kraft dieses Ganzen. Außerhalb eines Feldganzen kann es ein Bedeuten überhaupt nicht geben. [...] Das Wort folgt hier dem allgemeinen Wesen aller Zeichen. Zu diesem Wesen gehört es, daß der Bezeichnungsinhalt und Umfang eines Zeichens sich richtet nach der Stellung, die das Zeichen innerhalb der Gesamtheit der übrigen ihm inhaltlich benachbarten Zeichen einnimmt. (Trier 1931:5)

Nicht das Einzelzeichen sagt etwas; nur das System der Zeichengesamtheit kann etwas sagen angesichts des Einzelzeichens. So bindet sich das Wort mit den übrigen Worten des gleichen Begriffsfeldes zu einem eigengesetzlichen Ganzen und empfängt von diesem Ganzen aus seinen Bezeichnungsumfang. Die Geltung eines Wortes wird erst erkannt, wenn man sie gegen die Geltung der benachbarten und opponierenden Worte abgrenzt. Nur als Teil des Ganzen hat es Sinn; denn nur im Feld gibt es Bedeuten. (Trier 1931:6)

Worte sind sinnlos, wenn ihre Kontrastworte aus dem gleichen Begriffsfeld dem Hörer fehlen, und sie sind unscharf und verschwommen, wenn ihre begrifflichen Nachbarn nicht mit auftauchen, ihren Anteil am Begriffsfeld beanspruchen und durch ihr Heranrücken die Grenzen des ausgesprochenen Wortes scharf hervortreten zu lassen. (Trier 1931:8)

Dies sind die Gründzüge der Feldauffassung, wie sie J. Trier in der Einleitung seiner Habilitationsschrift darlegt. In einigen Aufsätzen, die dieser Habilitationsschrift folgten, werden diese Gedanken präzisiert: In seinem Aufsatz Deutsche Bedeutungsforschung (Trier 1973c) z.B. führt er das Problem der hierarchischen Gliederung näher aus, indem er noch einmal darauf hinweist, dass in der Sprache alles in sich gegliedert ist, die Worte sich in dem Feld ergliedern und sich das Feld wiederum in eine größere Ordnung gliedert usw., bis man so aufwärts zur Gesamtheit der Sprache gelangt (vgl. hierzu auch Geckeler 1971:104f.).[18] In diesem Aufsatz stellt Trier zudem noch einmal eine allgemeine Definition des Feldbegriffes vor:

So wurde der Begriff des Feldes in die Wortforschung eingeführt. Felder sind die zwischen den Einzelworten und dem Wortschatzganzen lebendigen sprachlichen Wirklichkeiten, die als Teilganze mit dem Wort das Merkmal gemeinsam haben, daß sie sich ergliedern, mit dem Wortschatz hingegen, daß sie sich ausgliedern. Die Ordnungshöhe ist dabei gleichgültig. (Trier 1973c:132)

Die Vorteile einer solchen vom Ganzen des Begriffsfeldes ausgehenden Forschung seien groß. Kernpunkt sei hierbei, dass man mit dieser Forschungsweise enger als bisher an das Bewusstsein des „Sprachbrauchers“ herankomme. Gegenstand der Forschung sei genau die Wirklichkeit, mit der sich auch der „Sprachbraucher“ auseinander zu setzen habe. Diese Wirklichkeit erkennen heiße, in das sprachliche Bewusstsein des Sprachbrauchers einzudringen, seine sprachlich-begrifflichen Fähigkeiten, seine Neigungen, den Schwerpunkt seiner Interessen zu erkennen (vgl. Trier 1931:10f.).

Aus dem Wesen der Sprache als einer in sich durchgehend gebundenen Einheit von Zeichen folge, „daß in jedem Zeitabschnitt die Fülle der geschichtlich überlieferten Zeichen – gleichgültig, wie ihre Herkunft und eigene geschichtliche Dynamik sei – sich in die zeichenhafte Darstellung der Gesamtheit des Bewußtseinsinhaltes in solcher Weise teile, daß der wesentliche Zweck der Sprache, die Verständigung über die einen Zeitabschnitt bewegenden Gedanken, erreicht wird“ (Trier 1931:12).

Jede diachronische Verschiebung eines Zeichens wird die ganze Gruppe in Unruhe und Bewegung versetzen solange, bis das Gleichgewicht der Zeichen untereinander in der Repräsentation des inhaltlichen Komplexes wieder hergestellt ist. Wie das Zeichensystem auf die diachronischen Anstöße antwortet, das kann aus dem Anstoß selbst nicht erklärt werden; es folgt allein aus dem eigenen Ordnungsgesetz des Begriffsfeldes in der Waagerechten. Es handelt sich im Grunde um die alte, merkwürdig oft vergessene Erkenntnis, daß aus dem historischen Ursprung einer Sache Schlüsse auf ihr Wesen nicht gezogen werden dürfen. Das Wesen der Sache ist durch Aufzeigung der Stellung und Wirkung innerhalb desjenigen Systems zu erforschen, dem sie jetzt angehört. (Trier 1931:12f.)

Hier soll nun noch einmal kurz auf Triers Terminologie eingegangen werden. Wie an den obigen Zitaten Triers deutlich wird, verwendet er in seinen Arbeiten Wortfeld, sprachliches Zeichenfeld, Begriffsfeld, sprachliches Feld, Feld, Sinnbezirk, ohne gleichzeitig Differenzierungen zu den einzelnen Termini anzugeben, die er selbst vielleicht beim Gebrauch impliziert. Er vermeidet jedoch den Fachbegriff Bedeutungsfeld, den G. Ipsen, A. Jolles und W. Porzig gebrauchten (vgl. Geckeler 1971:107).

Im Sinne Leo Weisgerbers, der die Gedanken Triers weitergeführt hat, erscheinen die Termini Wortfeld und Sinnbezirk sinnvoll für die Weiterverwendung zu sein (vgl. Geckeler 1971:107). Die Verbindung zwischen J. Trier und L. Weisgerber (über W. v. Humboldt) wird deutlich in der Aussage Triers (1973c:117) „Sprachinhaltsforschung ist Gliederungsforschung“.[19] Somit lässt sich mit Recht von einer Wortfeldtheorie Trier-Weisgerberischer Prägung sprechen.

L. Weisgerbers besonderes Verdienst ist es, die Feldtheorie in einen umfassenden sprachtheoretischen Zusammenhang zu bringen. L. Weisgerber unterscheidet zwischen statischer und energetischer Sprachbetrachtung, wobei er die erste als grammatisches, die zweite als volles sprachwissenschaftliches Verfahren ansieht.[20] Die Einordnung der Feldtheorie in den Entwurf seiner Sprachbetrachtung erfolgt folgendermaßen:

Für die Erforschung des Weltbildes der Sprache sind sie [die Wortfelder] von ausschlaggebender Bedeutung, weil hier nun tatsächlich die Eigengesetzlichkeit der sprachlichen Denkwelt voll zu ihrem Recht kommt. Die Vorherrschaft des Lautlichen ist gebrochen, indem die Gliederung der Sprachinhalte den Maßstab abgibt. [...] Vor allem sind die sprachlichen Felder echte Einheiten der Sprache, weil in ihnen gewissermaßen das Werk im Betrieb, im Zusammenwirken seiner Teile gesehen ist. So sind auch die Gruppen von Sprachmitteln, wie sie sich bei der Feldbetrachtung zusammenfinden, die wirklich das Leben der Sprache tragenden Gebilde; der Einblick in ihren Aufbau bringt echte Erkenntnis über die sprachliche Zwischenwelt. Sie sind daher Hauptanhalt bei dem Bemühen, das Weltbild einer Sprache bewußt zu machen, also beim Aufbau einer inhaltbezogenen Grammatik. (Weisgerber 1953:93)

Im Gegensatz zur traditionellen Sprachbetrachtung, die vorwiegend grammatisch orientiert war, zeigt sich bei L. Weisgerber also eine besondere Bewertung des Wortschatzes und insbesondere der Wortfelder als etwas fest zu der Sprache Gehörendes (vgl. Geckeler 1971:109). Das macht auch folgendes Zitat deutlich:

Demgemäß kann nicht das Einzelwort an den Anfang gesetzt werden. Und es gilt für das grammatische Aufzeigen der Sprachinhalte der Grundsatz, daß nicht von den Einzelheiten aus das Gefüge erfaßt werden kann, sondern daß umgekehrt das Gefüge das Verständnis für das Einzelglied eröffnet. Dieses Verhältnis ist die Grundlage für die Anschauung, daß ein echtes inhaltbezogenes Bewußtmachen des Wortschatzes im wesentlichen der Methode der sprachlichen Feldforschung folgen muß. Dabei können wir den Begriff des Feldes so weit fassen, daß wir darunter sprachliche Ganzheiten verstehen, die einer Gruppe von Sprachmitteln inhaltlich Zusammenhalt und Bestimmtheit sichern. [...] [D]er Feldgedanke muß sich aus der unmittelbaren Untersuchung des sprachlichen Stoffes mit Leben füllen. Aber in ihm prägt sich die Erkenntnis aus, daß die Untersuchung eines Wortschatzes es nicht mit einem atomisierten Sandhaufen zu tun hat, sondern mit gewachsenen Ganzheiten, und daß erst der Aufschlußwert dieses Gedankens einen Zugang zu den geistigen Kräften eröffnet, die den inhaltlichen Aufbau des Wortschatzes bestimmen. (Weisgerber 1953:127)

So kommt Weisgerber zu dem Begriff des sprachlichen Feldes, den er folgendermaßen charakterisiert:

Inhaltlich setzt sich eine Sprache nicht so sehr aus in sich ruhenden Einzelteilen zusammen, sondern sie gliedert sich vom Ganzen her in zusammenwirkende Ganzheiten aus. Und solche, gemäß den Aufgaben und Leistungen der Sprache feststellbaren Gruppen von muttersprachlichen Mitteln nennen wir sprachliche Felder. Ein sprachliches Feld ist also ein Ausschnitt aus der sprachlichen Zwischenwelt, der durch die Ganzheit einer in organischer Gliederung zusammenwirkenden Gruppe von Sprachzeichen aufgebaut wird. Ist das einzelne Sprachmittel die Stelle, an der die Ergebnisse der sprachlichen Welterschließung ausgeprägt und niedergelegt erschienen, so ist das Feld ein Kreis, in dem die dahinführende geistige Arbeit sich vollzieht. (Weisgerber 1953:91)

Diese Versuche einer Klassifizierung der Wortfelder haben jedoch nach Geckeler (1971:112) einen noch nicht genau zu bestimmenden Wert, solange keine Wortfeldmethode ausgearbeitet worden sei. Dies kann sogar als Hauptvorwurf an die Wortfeldforschung Trier-Weisgerberischer Prägung angesehen werden, dass sie sich noch zu wenig um eine sprachwissenschaftliche Methode bemüht hat. Dies führt u.a. dazu, dass wichtige Probleme wie das der Abgrenzung der Wortfelder gegeneinander sowie das der Vollständigkeit der Glieder bisher nicht befriedigend gelöst worden sind.

2.5.3 Kritik und Verteidigung des Trier-Weisgerberischen Feldes

G. Kandler (1959) hat in seinem Aufsatz Die „Lücke“ im sprachlichen Weltbild. Zur Synthese von „Psychologismus“ und „Soziologismus“ die möglichen Einwände gegen die Feldforschung systematisiert und führt dabei als Wesenszüge des Feldbegriffs folgende Punkte an: das Ganzheitsprinzip, das Prinzip der Geordnetheit, das Prinzip der Wechselbestimmtheit, das Vollständigkeitsprinzip, das Prinzip der Wohlgeschiedenheit, das Prinzip der Lückenlosigkeit. Diese Punkte ergeben sich aus Kandlers Verständnis der bestehenden Wortfeldtheorie.[21] Die Einwände gegen diese Prinzipien sind die folgenden:

Das Ganzheitsprinzip. Die Feldbetrachtung kann nicht allein die bedeutungsmäßige Individualität eines Wortes völlig erfassen.[22]

Das Prinzip der Geordnetheit. Kandler kritisiert, dass der Begriff des Feldes dem des phonologischen Systems nachgebildet sei. Die Tatsache, dass jeder Sprachangehörige mit den gleichen Lautformen im Wesentlichen die gleichen Inhalte verbindet, erfordere nicht, dass die Wortinhalte untereinander in ein wohlgefügtes System passen.

Das Prinzip der Wechselbestimmtheit. Die Aussage, dass jedes Einzelwort seinen Inhalt von dem Inhalt seiner begrifflichen Nachbarn empfange, führe zu logischen Schwierigkeiten.[23] Zudem scheine das Prinzip der Wechselbestimmtheit nicht das zu leisten, „was es leisten soll, nämlich die Bestimmtheit der Wortinhalte zu erklären“ (Kandler 1959:262.)

Das Vollständigkeitsprinzip. Die Behauptung, dass kein Wort fehlen dürfe, wenn der Inhalt eines Wortes im Feld richtig verstanden werden soll, führe zu unhaltbaren Konsequenzen. Dies sei allein deshalb nicht haltbar, weil das Individuum nur einen Ausschnitt der Muttersprache kennt und sich der Inhalt des gleichen Wortes zwischen einzelnen Sprachangehörigen in weitem Maße differieren müsste, was nicht der Fall sei.

Das Prinzip der Wohlgeschiedenheit. Der Versuch, jedes Wort nur einem Feld zuzuordnen, müsse scheitern, indem man Mehrdeutigkeit „für scheinbar erklärt und homonyme Wörter wie Bank (zum Sitzen) und Bank (Geldinstitut) als zwei verschiedene, zu verschiedenen Feldern gehörige Wörter ansieht. Das läßt sich doch nur höchst gezwungen in jedem Falle durchführen und führt zum Zerreißen primärer Zusammenhänge zwischen ganz eng verwandten Wortbedeutungen“ (Kandler 1959:263). „Die Sprache ‚zerfällt’ nicht in Felder, das mehrsinnige Wort nicht in mehrere Einzelwörter [...]; statt von abgegrenzten Feldern möchten wir lieber von verwickelten Beziehungsgeflechten reden, und bei den Wörtern gibt es jeden Grad inhaltlicher Nähe bis zur Entferntheit“ (Kandler 1959:264).

Das Prinzip der Lückenlosigkeit. „In der Feldtheorie ist natürlich eine scheinbare Lückenlosigkeit des Weltbildes für jeden Sprachangehörigen gemeint, d.h. daß er alles Vorgefundene in die Kategorien des betreffenden Wortfeldes einordnet. Das bedeutet aber soviel, als könne der Sprecher nicht feststellen, daß eine Erscheinung im muttersprachlichen Begriffssystem nicht erfaßt, und darin steckt die Konsequenz, daß man nicht über die Muttersprache hinausdenken könne. Einfache Beobachtungen und Erwägungen widerlegen dies“ (Kandler 1959:264).

Methodenfragen. „Das Verfahren, wie man ein Feld aufstellt, ist noch recht ungesichert“ (Kandler 1959:265). L. Weisgerber hat für die äußere Abgrenzung des Wortfeldes in einem Falle ein sprachimmanentes Kriterium zu geben versucht (vgl. Weisgerber 1973d). Kandler (1959:265) kritisiert an dieser Vorgehensweise folgendes:

Wenn man die Wörter, die zu veranstalten usw. gehören, davon abhängig sieht, ob sie ein „stattfinden machen“ sind, so bekommt man zwar mehr als eine subjektive Auswahl, kommt jedoch bei einem anderen Leitwort (wie z.B. „durchführen“, „ablaufen lassen“) nicht zu dem gleichen Wortgut. Oder wenn man Wörter wie peinigen nach dem Leitmuster „in jemandem Pein erwirken“ deutet, so ist einmal dies „erwirken“ sprachlich unüblich (man erwirkt z.B. etwas bei einer Behörde) und man erhält hier eine andere Auswahl bei Wahl eines anderen Leitworts.

Überhaupt bleibe es oft zweifelhaft, nach welchem Gesichtspunkt zu ordnen sei.[24]

Heuristischer Wert der Feldbetrachtung. Kandler betont, dass seine Einwände jedoch nicht missverstanden werden dürfen dahingehend, dass die Feldbetrachtung unergiebig sei. „Ganz im Gegenteil: denn einmal müssen wir natürlich offen halten, ob nicht die Sprache tatsächlich an manchen Stellen die Feldhypothese bestätigt. Ferner mögen wenigstens annäherungsweise Felder verwirklicht sein“ (Kandler 1959:266).

Geckeler (1971:116f.) hat sich mit der Kritik Kandlers intensiv auseinandergesetzt. Nach Geckelers Auffassung beruht Kandlers Kritik vor allem auf einem falschen Verständnis der Wortfeldtheorie. Kandlers Vorwurf z.B., dass das Prinzip der Wechselbestimmtheit zu logischen Schwierigkeiten führe, entkräftet er mit der Begründung, dass sich die volle Bedeutung eines Lexems natürlich nicht ausschließlich durch seine Beziehungen zu den Feldnachbarn konstituiere, sondern dem Wortfeld vielmehr eine Gesamtbedeutung zukomme, die durch das Archilexem, welches aber nicht unbedingt für jedes Wortfeld wirklich lexikalisch ausgeprägt zu sein braucht, zum Ausdruck kommen könne. Die inhaltliche Bestimmung durch die Wortfeldglieder liefere gerade die differentielle Bedeutung der einzelnen Lexeme.[25]

Ein wichtiger Punkt in Kandlers Kritik, der in der Literatur zur Wortfeldtheorie immer wieder diskutiert wurde, ist die Frage nach dem Bewusstsein des Wortfeldes beim Sprecher. Geckeler (1971:123) bemerkt hierzu, dass sich die meisten Autoren darüber einig seien, dass die Geltung eines Wortes nicht nur dann erfassbar ist, wenn man über das ganze Wortfeld verfügt. Die Wörter eines Wortfeldes können mit genügender Sicherheit gebraucht werden, ohne das Wortfeld genau zu kennen. Und das Wortfeld sei dem Sprechenden nicht gegenwärtig.[26] Auch Gipper (1993:8) weist darauf hin, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass einem Sprecher die Felder der Wörter, die er gebraucht, bewusst sind oder er sie gar zu nennen vermag. Zudem werden Bedeutungen von Wörtern auch durch die Sachverhalte gestützt, auf die sie sich beziehen. Andererseits steuere das durch Spracherlernung erworbene Sprachgefühl, welches auch den Erwerb der Feldgliederung einschließt, die Wahl des richtigen Wortes, und wenn ein Sprecher das passende Wort nicht findet, so werde er auf die Feldnachbarn des gesuchten Wortes zurückgreifen. Somit erweise sich eine Aufteilung der Wörter in Felder als wirksam und real existent.

Wie oben bereits erwähnt, sieht Kandler eine Gefahr in dem „Zerreißen primärer Zusammenhänge zwischen ganz eng verwandten Wortbedeutungen“ (Kandler 1959:263). Hier wird also das alte Problem der Semantik, die Frage nach der Polysemie oder Homonymie eines Wortes, in ein neues Licht gerückt und im Zusammenhang mit der Feldtheorie neu erörtert. Geckeler, der von einer synchronischen und funktionellen Sprachbetrachtung ausgeht, ordnet das Problem in einen viel größeren Gesamtrahmen ein: Es handele sich hier um die Frage nach dem Verhältnis zwischen Ausdruck- und Inhaltsebene innerhalb einer funktionellen Sprache. Diese Beziehung scheine so zu funktionieren, dass „auf der Stufe der Lexeme im System demselben signifiant verschiedene signifiés zugordnet sein können“ (Geckeler 1971:129f.). Dieses Phänomen nennt Geckeler Homophonie. Zudem könne umgekehrt eine signifié -Einheit auch nur durch ein signifiant vertreten sein. Dabei gebe es keine Beispiele unbedingter Synonymität. Geckeler kommt zu dem Schluss, dass die Grundstruktur der Inhaltsrelationen des Wortschatzes eine feldmäßige Gliederung sein müsse. „Die Feldmethode erlaubt uns also, die Homophonie sprachwissenschaftlich präziser zu fassen: Bei Homophonen haben wir es mit materiell identischen, inhaltlich jedoch verschiedenen Einheiten des Sprachsystems zu tun, da sie in verschiedenen Wortfeldern funktionieren. Dieses Kriterium hat logisch zur Folge, daß die Polysemie, wenn man von den Metaphern absieht, fast nur noch Redebedeutungen (kontextuelle Varianten) umfassen kann“ (Geckeler 1971:133). Diese Auffassung deckt sich im Wesentlichen mit der Gippers.[27]

Die Problematik der sprachlichen Lücke fasst Geckeler folgendermaßen zusammen:

Das Problem der Lücke im Wortfeld muß also immer in bezug auf die jeweilige Stufe der Gestaltung gesehen werden. Auf einer bestimmten Stufe der lexikalischen Gattung lassen sich zuweilen Lücken feststellen: In diesem Sinne darf man sagen, daß ein Wortfeld Lücken aufweisen kann. Diese eventuellen Lücken, werden aber auf einer höheren Stufe der Gestaltung geschlossen, und zwar dadurch, daß das betreffende Wortfeld durch ein Wortfeld allgemeineren Inhalts überbaut wird. Das Verhältnis der beiden Wortfelder zueinander bestimmt sich dann als dasjenige, das zwischen Einheit und Archieinheit herrscht: In diesem Sinne lösen sich Lücken vom Übergang von einer zur anderen Ebene der lexikalischen Gestaltung auf, indem sie lexikalisch überbaut werden (Geckeler 1971:141)

An dieser Stelle soll nun noch einmal auf den Mosaikvergleich, der auf Ipsen bzw. Trier zurückgeht, eingegangen werden. Trier (1931:3) schrieb in seiner Habilitationsschrift folgendes:

Die Stelle, an der es [das Wort], von ihnen umdrängt [den Nachbarn], in dem großen Mosaik des Zeichenmantels als kleiner Stein sitzt, entscheidet über seinen Gehalt, sie weist ihm zu, was für einen Teil aus dem Gesamtblock der fraglichen Bewußtseinsinhalte es herausschneidet und zeichenhaft darstellt.

L. Weisgerber (1973a:329) merkt dazu folgendes an:

Der Gedanke der Ausgliederung und gegenseitigen Abgrenzung legt gewiß die Vorstellung von einem vollständigen Netz oder Mosaik nahe. Die Angemessenheit solcher Bilder muß geprüft werden [...].

Und H. Gipper (1993:104) vertritt hierzu folgende Ansicht:

‚Feld’ ist dabei allerdings nicht als Bild für zweidimensionale Gebilde, etwa im Sinne von Wortmosaiken zu verstehen, sondern eher im Sinne von Kraftfeld, womit zum Ausdruck gebracht werden soll, daß Wörter nicht isoliert stehen, sondern daß zwischen ihnen Wechselbeziehungen wirksam sind.

Geckeler (1971:143f.) bemerkt schließlich, dass ein Vergleich wie der mit einem Mosaik, der nur die einfache Flächenhaftigkeit ausdrückt, nicht dazu geeignet sei, solche auf verschiedenen Ebenen überbauenden lexikalischen Strukturen zu veranschaulichen.

Die Frage der Abgrenzungen ist eine doppelte: sie betrifft einmal die Binnengrenzen des Feldes, d.h. die inhaltlichen Abgrenzungen der einzelnen Feldglieder untereinander, zum anderen betrifft sie die Außengrenzen des Feldes, d.h. seine Abgrenzungen gegenüber benachbarten Feldern (vgl. Geckeler 1971:144). J. Trier (1973b:149) schreibt hierzu:

Aus der Machtvollkommenheit unseres heutigen, uns gemeinsamen Sprachbesitzes und seiner inhaltlichen Ordnung setzen wir das Feld.

[...]


[1] Als Semasiologie wird hier mit Gipper (1993:73) jene Wissenschaft verstanden, die sich seit ihrer Gründung (zwischen 1820 und 1830) mit der Bedeutung der Einzelwörter beschäftigt, und zwar vornehmlich mit den Bedeutungen von Wörtern der Hauptwortarten Verb, Substantiv und Adjektiv.

[2] Vgl. Trier (1931).

[3] Vgl. hierzu auch W. v. Humboldt (1967/8).

[4] Saussure verwendet signifiant (= Bezeichnendes) für die lautlich-sinnliche Seite des Wortes, signifié (= Bezeichnetes) dagegen für die inhaltliche Seite (vgl. Gipper 1993:20).

[5] Siehe Abschnitt 2.2 dieser Arbeit und vgl. hierzu auch Weisgerber (1953).

[6] Z.B. bezieht sich schreiben in dem Satz Sie schrieb einen Brief auf die Aktivität, einen Text zu verfassen, der an einen bestimmten Adressat gerichtet ist, während schreiben in Thomas Mann schrieb zahlreiche Romane eine besondere schriftstellerische Aktivität einschließt (vgl. Gipper 1993:70).

[7] Die Trennungslinie zwischen Homonymie und Polysemie wird jedoch nicht immer scharf zu ziehen sein.

[8] Gipper (1993:86) weist an dieser Stelle darauf hin, dass die Ausdrücke Bedeutung und Bedeutungswandel dazu verleiten, wesentliche Zusammenhänge zu übersehen. So könne der Inhalt des Wortes Weib weder durch den Hinweis auf eine bestimmte Frau noch durch den Hinweis auf Vorstellungen, die das Hören der Lautung im Individuum aufruft, ausgeschöpft werden. Das Wort Weib werde in keiner Weise von der Natur der Dinge verlangt, sondern ist ein Glied unserer deutschen Sprachwelt, dessen Inhalt wahrscheinlich in keiner anderen Sprache in genau der gleichen Weise vorkommt. „[D]er ganze Prozeß der Spracherlernung und die eigene Lebenserfahrung haben den Sinnbezirk der Frau gedanklich in uns aufgebaut und uns den Inhalt des Wortes Weibes vermittelt. Diese Geltung hängt sicher nicht von uns persönlich ab, auch wenn wir zusätzliche persönliche Gefühle und Erfahrungen mit dem Wort verbinden. Sie wird vielmehr entscheidend vom überindividuellen Sinngefüge der Muttersprache mitbestimmt. Freilich können wir dem Fremden, der das Wort nicht kennt, einige grobe Gebrauchshinweise geben, aber völlig sicher in der Verwendung des Wortes wird er erst werden, wenn er sich ebenfalls das ganze Sinngefüge mit den dazugehörigen Verwendungsweisen zu eigen macht“ (Gipper 1993:87).

[9] Schon Trier bemerkte, dass eine „babylonische Sprachverwirrung um das Feld herum aufzuwachsen“ drohe (Trier 1973b:133; Erste Veröffentlichung 1934 in Neue Jahrbücher für Wissenschaft und Jugendbildung 10, S. 428-449). In dieser Arbeit soll für diese Art lexematischer Strukturen der Terminus Wortfeld (frz. champ lexical, engl. Lexical field) verwendet werden.

[10] Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes. Die Geschichte eines sprachlichen Feldes. Band 1: Von den Anfängen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts. Heidelberg.

[11] Vgl. auch Geckeler (1971:89).

[12] Geckeler bemerkt zu diesem Zitat, dass der Terminus Bedeutungsfeld an dieser Stelle zu umfassend sei, da Bedeutung nicht auf den lexikalischen Bereich der Sprache beschränkt sei (vgl. Geckeler 1971:89).

[13] Hierzu findet man bei Trier folgende Stellen: „Die das Wortfeld, den Wortmantel, die Wortdecke mosaikartig zusammensetzenden Einzelworte legen – im Sinne ihrer Zahl und Lagerung – Grenzen in den Begriffsblock hinein und teilen ihn auf“ (Trier 1931:1) und „Die Stelle, an der es, von ihnen umdrängt, in dem großen Mosaik des Zeichenmantels als kleiner Stein sitzt, entscheidet über seinen Gehalt, sie weist ihm zu, was für einen Teil aus dem Gesamtblock der fraglichen Bewußtseinsinhalte es herausschneidet und zeichenhaft darstellt. Die Bedeutung des Einzelwortes ist abhängig von der Bedeutung seiner begrifflichen Nachbarn. Alle schließen sich zu der Aufgabe zusammen, in den Block ungegliederten Bewußtseinsinhalts gliedernde Grenzen einzuziehen, ihn zu klären, ihn begrifflich faßbar zu machen“ (Trier 1931:3). Dieser Mosaikvergleich stellt für die Folgezeit einen der Hauptangriffspunkte für die Feldtheorie dar (vgl. Geckeler 1971:89).

[14] Geckeler (1971:89) bemerkt an dieser Stelle, dass J. Trier „unverständlicherweise einen anderen Ahnherrn seiner Grundgedanken, W. v. Humboldt,“ übersehen habe. L. Weisgerber lasse dagegen in keiner seiner Arbeiten Zweifel über die entscheidende Rolle, die Humboldts Ideen für seine sprachwissenschaftliche Konzeption spiele, aufkommen.

[15] Zu dieser Zeit erschienen noch andere Ansätze, die aber praktisch ohne Wirkung blieben. Hierzu gehören der Ansatz von G. Ipsen (1973; erste Veröffentlichung 1932 in Zeitschrift für Deutschkunde 46, S. 1-18), dessen Präzisierungen seines Bedeutungsfelds von einer rein inhaltsbezogenen Betrachtung wegführen. Erwähnt sei an dieser Stelle auch der Artikel von A. Jolles (1973; erste Veröffentlichung 1934 in Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 58. Halle, S. 97-109, dessen Bedeutungsfelder Minimalfelder mit jeweils zwei Gliedern sind, z.B. Vater – Sohn, rechts – links, Tag – Nacht, Tod – Leben. Trier (1973b:160f.) ist der Ansicht, dass sich der Weltbestand nicht in Gegensatzpaare aufteilen lasse.

[16] „Wenn nur im reinen Sein eines ruhenden oder als ruhend gedachten Sprachzustandes die Struktur von Feldern sichtbar wird, wenn nur hier sprachlich-begriffliche Gruppenbildungen und die Abgängigkeit der Wortbedeutungen voneinander überhaupt gesehen werden, so wird Geschichte nur sein als komparative Statik, d.h. als eine sprungweise von Querschnitt zu Querschnitt fortgehende, stets und immer von neuem das Gesamtfeld ins Auge fassende zeitlich rückwärts und vorwärts vergleichende Beschreibung“ (Trier 1931:13).

[17] Nach Trier sei eine solche Sprachbetrachtung das Verdienst der Genfer sprachwissenschaftlichen Schule. F. de Saussure habe deutlich gemacht, dass das Wort in seinem Sinngehalt durch seine gleichzeitigen Nachbarn im selben Begriffsfeld bestimmt werde und dass die Wortforschung mehr Wert auf die gleichzeitigen (synchronen) Gruppenbildungen legen müsse. Diesem Anspruch könne man genügen, wenn man den sprachlichen Ausdruck ganzer Begriffsgruppen in seiner Gesamtheit untersuche, wobei dem Saussureschen Gedanken folgend geschichtliche (diachronische) und gleichzeitige (synchronische) Betrachtungen streng getrennt und der zweiten Betrachtungsweise der Vorrang gegeben werde (vgl. Trier 1931:11).

[18] In diesem Aufsatz hat sich Trier zudem vor allem mit dem Feldbegriff Ipsens auseinandergesetzt, während er in seinem Aufsatz Das sprachliche Feld. Eine Auseinandersetzung (Trier 1973b) seine Kritik gegen Jolles und Porzig zusammenfasst.

[19] Vgl. hierzu auch Geckeler (1971:108).

[20] Vgl. Abschnitt 2.2 dieser Arbeit.

[21] „Ein sprachliches Feld ist nicht bloß gleichbedeutend mit einer Synonymensammlung; vielmehr ist für den prägnanten Feldbegriff, um den es uns hier allein geht, folgendes kennzeichnend: die inhaltliche Geltung eines Wortes sei nicht vom Einzelwort her verständlich; jedes Wort hänge inhaltlich vom Ganzen des Feldes inhaltlich verwandter Wörter ab. Der Wortinhalt wird durch die Inhalte der Feldnachbarn bestimmt. Sobald auch nur ein Wort in das Feld hineinkommt oder daraus verschwindet, werde dadurch jedes andere Wort dieses Feldes mitbetroffen, die inhaltliche Begrenzung jedes Wortes im Felde verschoben. Es ergebe sich auf jeden Fall von der betreffenden Sprache und jedem ihrer Angehörigen aus gesehen eine lückenlose Wortdecke“ (Kandler 1959:258f.).

[22] Kandler (1959:261) führt hier das Beispiel stieren an, dass sich zwar in der Nähe der Worte glotzen und starren im Felde des Sehens unterbringen lasse, aber trotzdem durch die „gefühlte Beziehung“ zu dem Wort Stier nicht völlig durch diesen Platz im Wortfeld erklärt werden kann, hier also seine individuelle Besonderheit erhält.

[23] „Denken wir zur Vereinfachung der Argumentation an ein zweigliedriges Wortfeld mit den Wörtern A und B. Wie bestimmt sich A? Durch B. Und B? Durch A. Wie kann bei diesem Zirkel eine konkrete Sinnerfüllung in das Wort hineinkommen?“ (Kandler 1959:261.)

[24] Weisgerber habe einmal das Wort Hahn (abgesehen vom Tier) in das Feld der Gewehrteile eingeordnet, was man nach Kandler jedoch ebenso gut in das Feld der Auslösevorrichtungen (mit Klinke, Schalter usw.) stellen könne. Die Frage sei hier, wo das Kriterium der richtigen Wahl liege und ob nicht beides richtig sei. Kandler fragt, ob nicht gerade die Vielfalt der Wechselbeziehungen für eine Sprache charakteristisch sei. Bei Weisgerber werde zudem die Mehrdeutigkeit abgelehnt, zwischen Homonymen bestehe keine Beziehung, was Kandler ebenfalls kritisiert. Seiner Meinung ist z.B. das Wort Hahn bei der Gas- und Wasserleitung ein Wort, welches mit dem Gewehrhahn in Beziehung stehe (vgl. Kandler 1959:265).

[25] „Dies bedeutet, daß die Glieder eines Wortfeldes eine gemeinsame inhaltliche Grundlage, sozusagen eine Art gemeinsamen Nenner, besitzen, daß aber für jedes Glied eine oder mehrere zusätzliche Bestimmungen zu dieser gemeinsamen Basis dazukommen, die es im Rahmen der Gesamtkonstellation inhaltlich differenzieren (differentielle Bedeutung)“ (Geckeler 1971:121).

[26] Vgl. hierzu auch Schwarz (1959:246f.).

[27] Vgl. Gipper (1993) sowie den Abschnitt Die Einheit des Wortes und das Problem der Polysemie in dieser Arbeit.

Final del extracto de 102 páginas

Detalles

Título
Möglichkeiten linguistischer Interpretation der Latent Semantic Analysis-Methode
Universidad
University of Hamburg  (Institut für Germanistik I: Deutsche Sprache, Ältere Deutsche Literatur, Niederdeutsche Sprache und Literatur, Skandinavistik)
Calificación
1,0
Autor
Año
2003
Páginas
102
No. de catálogo
V31860
ISBN (Ebook)
9783638327480
Tamaño de fichero
1010 KB
Idioma
Alemán
Notas
Die Arbeit ist interdisziplinär angelegt und bewegt sich zwischen Linguistik, Informatik (Information Retrieval), Mathematik und Kognitiver Psychologie.
Palabras clave
Möglichkeiten, Interpretation, Latent, Semantic, Analysis-Methode
Citar trabajo
Christina von Bremen (Autor), 2003, Möglichkeiten linguistischer Interpretation der Latent Semantic Analysis-Methode, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31860

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