Mathematiker gelten gemeinhin als seltsame Spezies und die Mathematik fristet ein Dasein im "Jenseits der Kultur". Dennoch ist in den letzten Jahren ein wachsendes öffentliches Interesse an dieser Wissenschaft und ihren Verfechtern zu beobachten, welches sich vor allem in der internationalen literarischen Produktion widerspiegelt. Mancher Rezension kann man gar entnehmen, Mathematiker seien neuerdings "sexy". Diese Arbeit geht deshalb der Frage nach der Inszenierung von Mathematikerfiguren und ihrem mathematischen Wissen in der deutschen Gegenwartsliteratur nach.
Drei Werke werden einer genaueren Analyse unterzogen: Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“, Dietmar Daths „Höhenrausch. Die Mathematik des XX. Jahrhunderts in zwanzig Gehirnen“ und F.C. Delius' „Die Frau, für die ich den Computer erfand“.
Es wird betrachtet, welche Attribute den Mathematikerfiguren zugewiesen und wie diese narrativ transportiert werden. Letzterem kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu: Es ist sicherlich ein großer Unterschied, ob etwa das Merkmal »genial, aber einsam« von einer zynischen, sich über die Figur erhebenden und deren Genialität diffamierenden Erzählinstanz dargelegt wird, oder ob die Figur selbst aus der Ich-Perspektive ihr Schicksal schildert und die Situation somit identifikatorisch auflädt. Zudem wird die handlungslogische Funktion des Mathematikers als „Träger mathematischen Wissens“ betrachtet: Diese kann vor allem darüber Aufschluss geben, inwiefern eine literarische Einbindung von Mathematik in kulturelle Zusammenhänge stattfindet.
Aus dem Inhalt:
- Literarische Repräsentation von Wissenschaftlern
- Mathematik in der deutschen Literaturgeschichte
- Mathematics in Fiction
- Narrative Inszenierung von Mathematikerfiguren
- Handlungslogische Funktionen von Mathematikerfiguren
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Literarische Verarbeitungen von Wissenschaftlern und Mathematik
- 2.1 Literarische Repräsentationen von Wissenschaftlern
- 2.2 Die Mathematik in der deutschen Literaturgeschichte
- 2.3 Mathematics in Fiction - ein internationaler Trend
- 3. Auswahl der Werke und methodisches Vorgehen
- 4. Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt
- 4.1 Narrative Inszenierung und Charakterisierung der Figur Gauß: Skurrilität
- 4.2 Narrative Inszenierung und Charakterisierung der Figur Gauß: Liebe
- 4.3 Narrative Inszenierung und Charakterisierung der Figur Gauß: Melancholie und Genialität
- 4.4 Die Opposition zwischen Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt
- 4.5 Die handlungslogische Funktion des Mathematikers Gauß
- 5. Dietmar Dath: Höhenrausch. Die Mathematik des XX. Jahrhunderts in zwanzig Gehirnen
- 5.1 Narrative Inszenierung und Charakterisierung der Figur Gödel: „Ein aufgeklärtes Gespenst“
- 5.2 Die handlungslogische Funktion des Mathematikers und Gespenstes Gödel
- 6. Friedrich Christian Delius: Die Frau, für die ich den Computer erfand
- 6.1 Narrative Inszenierung und Charakterisierung der Figur Zuse: Ambivalenz
- 6.2 Narrative Inszenierung und Charakterisierung der Figur Zuse: Arbeit, Verantwortung, Literatur, Verkennung
- 6.3 Narrative Inszenierung und Charakterisierung der Figur Zuse: Liebe zu Ada Lovelace
- 6.4 Die handlungslogische Funktion des anwendenden Mathematikers Zuse
- 7. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Inszenierung von Mathematikerfiguren in der deutschen Gegenwartsliteratur. Ziel ist es, die literarische Repräsentation von Mathematikern und ihren Beitrag zur Entwicklung der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Landschaft zu analysieren. Dabei werden die Figuren und ihre Handlungen im Kontext der jeweiligen literarischen Werke betrachtet.
- Die literarische Repräsentation von Wissenschaftlern und Mathematikern
- Die Rolle der Mathematik in der deutschen Literaturgeschichte
- Die narrative Inszenierung von Mathematikern in ausgewählten Werken der Gegenwartsliteratur
- Die handlungslogische Funktion der Mathematikerfiguren
- Die Ambivalenz der Darstellung von Mathematikern in der Literatur
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und erläutert die Zielsetzung sowie den methodischen Ansatz. Kapitel 2 beleuchtet die literarische Verarbeitung von Wissenschaftlern und Mathematikern in der deutschen Literaturgeschichte. Kapitel 3 beschreibt die Auswahl der Werke und das methodische Vorgehen der Arbeit. In Kapitel 4 wird die Figur des Mathematikers Gauß in Daniel Kehlmanns Roman „Die Vermessung der Welt“ analysiert. Kapitel 5 untersucht die Figur des Mathematikers Gödel in Dietmar Daths Roman „Höhenrausch“. Kapitel 6 analysiert die Figur des Mathematikers Zuse in Friedrich Christian Delius' Roman „Die Frau, für die ich den Computer erfand“. Das Fazit fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen.
Schlüsselwörter
Mathematikerfiguren, Gegenwartsliteratur, narrative Inszenierung, Charakterisierung, handlungslogische Funktion, Ambivalenz, Gauß, Gödel, Zuse, Wissenschaft, Literatur, Geschichte, Deutschland.
- Citation du texte
- Thorben Brunschütte (Auteur), 2015, Genial, aber einsam? Die Inszenierung von Mathematikerfiguren in der deutschen Gegenwartsliteratur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/318993