Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Analytischer Teil Seite
1.1 Textgrundlage mit Analyse der Klauseln
1.2 Übersetzung
1.3 Textkritische Analyse
1.4 Kommentar
2 Interpretatorischer Teil
2.1 Einordnung des Kapitels und Hinführung zum Problem
2.2 Das Prinzip der auctoritas veterum
2.3 Problem: eques oder equus
2.4 Fazit
3 Literatur
Erklärung der selbstständigen Anfertigung
1.1 Textgrundlage mit Analyse der Klauseln
Als Textgrundlage für die Analyse wurde die Ausgabe von1 P.K. Marshall verwendet (Oxford 1968, reprinted 2004). Es handelt sich um die Kapitel 5.4-12 des XVIII. Buches.
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|4] Quem cum iam inter ingentes clamores legentem invenissemus I - legebat autem librum
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ex annalibus Ennii septimum -, I hos eum primum versus perperam pronuntiantem audivimus. I
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denique vi lT magna lp quadrupes lH ecus |Buk D,a atque elephanti
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proiciunt lT sese
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neque multis postea versibus additis I celebrantibus eum laudantibusque omnibus discessit.
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[5] Tum Iulianus egrediens e theatro I 'quid vobis' inquit 'de hoc anagnosta I et de quadrupede eco
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denique vi lT magna lp quadrupes lH ecus |Buk D,a atque elephanti
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T proiciunt I sese
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|6] Ecquid putatis, I si magistrum praelectoremque habuisset alicuius aeris, "quadrupes ecus"
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dicturum fuisse I ac non "quadrupes eques", quod ab Ennio ita scriptum relictumque esse I nemo
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unus litterarum veterum diligens dubitavit?' [7] Cumque aliquot eorum, qui aderant,
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'quadrupes ecus' apud suum quisque grammaticum legisse se dicerent I et mirarentur, quidnam
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esset 'quadrupes eques', 'vellem vos,' inquit 'optimi iuvenes, | tam accurate Q. Ennium legisse, |
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quam P. Vergilius legerat, | qui hunc eius versum secutus in georgicis suis "equitem" pro "eco"
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posuit his in versibus:
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frena Pelethronii |P Lapithae |H gyrosque dedere
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impositi |T dorso atque |P equitem |H docuere sub armis
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insultare solo et |P gressus |H glomerare superbos.
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In quo loco "equitem", | si quis modo non inscite inepteque argutior sit, nihil potest accipi aliud
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nisi "ecum";[8] pleraque enim veterum aetas | et hominem equo insidentem et equum, qui
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insideretur, | "equitem" dixerunt.[9] Propterea "equitare" etiam, | quod verbum e vocabulo
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"equitis“ inclinatum est, | et homo eco utens | et ecus sub homine gradiens dicebatur.
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110] Lucilius adeo, vir adprime linguae Latinae sciens, "ecum equitare" dicit his versibus:
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quis hunc currere ecum I nos atque I equitare videmus,
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his equitat curritque: lP oculis lH equitare videmus;
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[11] Sed enim contentus' inquit I 'ego his non fui et, ut non turbidae fidei nec ambiguae, I sed ut
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purae liquentisque esset, I "ecus" ne an "eques" scriptum Ennius reliquisset, I librum summae
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atque reverendae vetustatis, | quem fere constabat Lampadionis manu emendatum, | studio
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pretioque multo | unius versus inspiciendi gratia conduxi | et "eques", non "ecus", scriptum in eo
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versu inveni.
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[12] Hoc tum nobis Iulianus et multa alia erudite simul et adfabiliter dixit. Sed eadem ipsa
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post etiam in pervulgatis commentariis scripta offendimus.
Die Analyse der Klauseln hat Folgendes ergeben:
Falls man von einer absichtlichen Anwendung der Kauseln durch Gellius in dem vorliegenden Kapitel sprechen kann, ergeben sich als häufigste Klauselformen Dispondeen (7) , Ditrochäen (6), katalektische bzw. akatalektische Dikretiki (4 bzw. 3) bzw. Kombinationen aus diesen (Spondeus + Kretikus 3, Spondeus + Ditrochäus 3). Andere Klauseln bleiben die Ausnahme bzw. ob an diesen Stellen überhaupt Klauseln vorliegen, ist fragwürdig.
1.2 Übersetzung
[4] Nachdem wir ihn eben unter riesigen Beifallsbekundungen gefunden hatten - er las nämlich das siebte Buch aus Ennius’ Annalen - hörten wir, dass er zunächst diese Verse falsch vortrug:
schließlich werfen sich mit großer Gewalt ein vierfüßiges Pferd und Elefanten voran,
und nachdem er danach nicht mehr viele Verse hinzugefügt hatte, ging er unter Lobesbekundungen aller fort.
[5] Dann trat Iulianus aus dem Theater und sagte: „Was meint ihr über diesen Vorleser und über das vierfüßige Pferd? So nämlich las er in der Tat:
schließlich werfen sich mit großer Gewalt ein vierfüßiges Pferd und Elefanten voran.
[6] Meint ihr etwa, wenn er einen Lehrer und Vorleser von einigem Wert gehabt hätte, dass er dann „vierfüßiges Pferd“ und nicht „vierfüßiger Reiter“ gesagt hätte, das so von Ennius geschrieben und überliefert wurde und kein einziger, der sich gewissenhaft mit der Alten Literatur beschäftigt hat, bezweifelt?“
[7] Wann auch immer einige von denen, die da waren, jeder sagte, dass sie bei ihrem Grammatiklehrer „vierfüßiges Pferd“ gelesen hätten und sie sich wunderten, was denn ein „vierfüßiger Reiter“ sei, „wollte ich,“ sagte er, „beste Jünglinge, dass ihr den Quintus Ennius so sorgfältig gelesen habt, wie ihn Publius Vergilius gelesen hatte, der diesem seinen Vers in seinen Georgica folgte und „Reiter“ anstelle von „Pferd“ in seine Verse setzte:
Zügel und Kreisbahnen gaben die Laphiten Pelethroniens
Auf dem Rücken und lehrten den Reiter unter Waffen (eques sub armis) Über den Boden zu galoppieren und im stolzen Trott einherzureiten,
an dieser Stelle, wenn nicht irgendeiner nur töricht und unpassend spitzfindig ist, kann „Reiter“ nicht anders verstanden werden als „Pferd“.
[8] Denn die Zeit der Alten bezeichnete meistens sowohl den Menschen, der auf dem Pferd saß, als auch das Pferd, auf dem gesessen wurde, mit „eques“ [Reiter].
[9] Deswegen wurde nämlich mit dem Wort „equitare“ [reiten], das von dem Substantiv „equitis“ [ = Reiter im Genetiv] abgeleitet wurde, sowohl der Mensch, der ein Pferd benutzte, als auch das Pferd, das unter dem Menschen schritt, bezeichnet.
[10] Lucilius, ein Mann, sehr kundig in der lateinischen Sprache, sagt in diesen Versen „ein Pferd reiten“ [ecum equitare].
Dieses, wodurch wir sehen, dass das Pferd von dort läuft und reitet, Dadurch reitet und läuft es: Wir sehen es mit den Augen reiten; Also reitet es mit den Augen.
[11] „Aber ich war,“ sagte er, „nicht zufrieden mit diesen und, damit es nicht von einer unklaren und zweifelhaften Überzeugung sei, sondern damit es von einer klaren und deutlichen sei, ob Ennius „Pferd“ oder „Reiter“ geschrieben habe, kaufte ich ein Buch von sehr hohem und verehrenswürdigem Alter, von dem so ziemlich feststand, dass es durch die Hand des Lampadio verbessert worden war, für einen hohen Preis, um einen einzigen Vers nachzuprüfen, und ich fand auch „Reiter“, nicht „Pferd“ in diesem Vers geschrieben.“
[12] Dieses und vieles anderes sagte uns damals Iulianus kenntnisreich und leutselig. Aber später stießen wir auf eben dasselbe, geschrieben in sehr bekannten commentarii.
1.3 Textkritische Analyse
Da die Überlieferung, die von Marshal in seiner Ausgabe angegeben wird, veraltet ist, richte ich mich nach der im Handbuch der lateinischen Literatur der Antike von Sallmann6 beschriebenen; folgendes Stemma liegt dabei zugrunde:
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Der Herausgeber hat sich an dieser Stelle gegen die Überlieferung von ω gestellt, indem er ecquid anstelle des von ω überlieferten etquid in den Text setzte, was auch die jüngeren Handschriften (ς) aufweisen.
ecquid, das laut Leumann/Hofman/Szantyr7 (II, §249) seit dem Altlatein dringliche Fragen mit unbestimmter Erwartung bzw. zuweilen auch mit der Erwartung einer negativen Antwort einleitet, bedeutet an dieser Stelle soviel wie numquid (cf. LHS a.a.O.), das sowohl direkte, wie in diesem Falle, oder indirekte Fragen einleiten kann (numquid als Einleitungspartikel trete in der späteren Sprache laut LHS II §295c, aber auch schon bei Seneca an die Stelle von num).
etquid kommt in den Noctes Atticae an keiner anderen Stelle vor, während Gellius ecquid in dem erwähnten Sinne außer an dieser noch an weiteren Stellen verwendet (I,19,5; II,18,9; III,1,8; XIII,25,11; XVI,19,19).
b) 6,14 praelectoremque] Fγ: prolectoremque δ
Beide Wörter, sowohl praelector als auch prolector, wären einzig bei Gellius belegt (ThLL. X,2, Sp. 686,37). Die Entscheidung für praelectoremque ließe sich dadurch erklären, dass es ein von praelegere abgeleitetes Nomen agentis und so wohl als richtigere Lesart anzusehen ist, da diese Art der Herleitung bei prolector wegen des fehlenden Verbs nicht möglich wäre.
[...]
1 Ich richte mich bei der Terminologie hauptsächlich nach Crusius, Römische Metrik. Eine Einführung, München 1955 (so habe ich z.B. immer katalektischer Dikretikus statt Kretikus + Trochäus geschrieben); auch wenn die Bestimmung der Klauseln nicht immer eindeutig und teilweise umstritten ist, z.B. mit welcher Silbe die Klausel anzusetzen ist usw. auch hier folgte ich, wo es möglich war, der Beobachtung, wie sie Crusius formuliert, nämlich dass die Klauseln oft mit der worttontragenden Silbe des vorletzten Wortes beginnen (cf. S.136). Folgende Abkürzungen wurden verwendet: kat. Dik.. = katalektischer Dikretikus, akat. Dikr. = akatalektischer Dikretikus, Kret. = Kretikus, Mol. = Molossus, Spond. = Spondeus, Dispond. = Dispondeus, Choriam. = Choriambus, Hypod. = Hypodochmius, Ditr. = Ditrochäus, Bacch.= Baccheus, Hex. = Hexameter, Trispond = Trispondeus, Ithyph. = Ityphalicus.
2 Hierbei handelt es sich um die ersten 2½ Versfüße des Hexameters.
3 Hierbei handelt es sich um die ersten 2½ Versfüße des Hexameters.
4 cf. Boldrini, S.: Prosodie und Metrik der Römer, Stuttgart und Leipzig, 1999, S.130f.
5 Hierbei handelt es sich um die ersten 2½ Versfüße des Hexameters.
6 Sallmann, K.: Die Literatur des Umbruchs. Von der römischen zur christlichen Literatur. 117-283 n. Chr.. (= HLL 4) München 1997, §108.
7 Im Weiteren mit LHS abgekürzt.
- Arbeit zitieren
- Jessica Ammer (Autor:in), 2014, Aulus Gellius "Noctes Aticae" (Buch XVIII, Kapitel 5). Übersetzung, Klausel, grammatische und stilistische Analyse und Interpretation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/319043
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