Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Was ist die Sozialpädogische Familienhilfe?
2.1 Rechtliche Grundlage und Adressaten
2.2 Auswahl der Familienhelfer und Familien
2.3 Aufgaben des Familienhelfers
3 Das umfeldorientierte Modell
3.1 Das Soziotop
3.2 Die Soziotopanalyse von Familie L
3.2.1. Regionale Faktoren
3.2.2. Sozio-Ökonomisches Milieu
3.2.3. Familiendynamik
3.2.4. Das Kindsystem
3.2.5. Auswertung
4 Fazit
5 Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die Sozialpädagogische Familienhilfe stellt einen wichtigen Bereich der Jugendhilfe dar. Im Rahmen eines dualen Studiums konnte ich in meiner letzten Praxisphase für zwei Monate die Tätigkeit einer Familienhelferin ausüben, welche ein spannendes und abwechslungsreiches Arbeitsfeld darstellt.
Während dieser Zeit überlegte ich oftmals, mithilfe welcher Techniken ich die zu betreuenden Familien unterstützen und ihnen damit 'Hilfe zur Selbsthilfe' geben kann. Nach einigen Recherchen stieß ich auf einige interessante Modelle und Techniken, die in der sozialpädagogischen Familienhilfe angewandt werden. Bekannte Beispiele wie das Genogramm, die VIP-Karte oder auch der Selbstbericht führten mich zu dem umfeldorientierten Modell. Dies überraschte mich mit seiner Ganzheitlichkeit und das Zusammenfassen aller Bereiche, die für die Familien wichtig sind. Es umfasst das gesamte Spektrum, um nicht nur dem Familienhelfer einen Überblick zu geben, sondern auch den Familien selbst aufzuzeigen, wo ihre Schwächen liegen, in welchen Versorgungsgruppen ein Mangel herrscht usw. Jedoch steht dabei auch im Zentrum, dass die Familien ihre Ressourcen erkennen und merken, was gut läuft und woran sie arbeiten können. Die Familienhilfe soll deshalb nicht vordergründig Fehler aufdecken, sondern gemeinsam mit den Familien erkennen in welchen Bereichen ihre Stärken liegen und vor allem wie sie dem Erziehungsauftrag nachkommen können.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich zunächst mit der Sozialpädagogischen Familienhilfe im Allgmeinen. Dabei möchte ich die rechtlichen Grundlagen klären auf denen sich diese Hilfe bezieht.
Desweiteren soll eine grobe Aufklärung darüber stattfinden, wie eine Familie zu einem Familienhelfer kommt und inwieweit es eine Rolle spielt, ob der Familienhelfer vom Jugendamt oder von den freien Trägern gestellt wird.
Danach werde ich auf die Spezifisierung innerhalb meines Themas eingehen, nämlich das umfeldorientierte Modell. Es soll eine kurze Vorstellung erfolgen, sowie eine Beschreibung der Technik des Soziotops.
Das sogenannte Soziotop soll den Kern dieser Arbeit bilden und erklärt sich über ein selbstgewähltes Beispiel einer Familie, die ich innerhalb meiner letzten Praxisphase betreut habe.
Abschließen werde ich mit meinem Fazit. Dies soll sich thematisch mit der Frage befassen, inwiefern das umfeldorientierte Modell, insbesondere das Soziotop, hilfreich für die sozialpädagogische Familiehilfe ist und welchen Nutzen es in meinem eigenen Zuständigkeitsbereich während der Bearbeitung hatte.
2 Was ist die Sozialpädogische Familienhilfe?
2.1 Rechtliche Grundlage und Adressaten
Die Sozialpädagogische Familienhilfe stellt ein wichtiges Angebot im System der ambulanten Erziehungshilfe dar. Sie ist eine Form der Hilfe zur Erziehung nach §27 ff. SGB VIII in Verbindung mit dem §31 SGB VIII und wird damit zur Pflichtaufgabe der öffentlichen Jugendhilfe gemacht.[1]
Der §27 Abs. 1 SGB VIII beleuchtet die Grundlage auf der eine Sozialpädagogische Familienhilfe in einer Familie integriert werden kann. "Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist."
Im Normfall sind dies sozialbenachteiligte und vorwiegend "kinderreiche Familien"[2]. Sozialbenachteiligt, kann in diesem Bezug mit 'armen Familien' gleichgesetzt werden, wobei 'arm' nicht ausschließlich auf den materiellen Mangel bezogen werden darf, sondern eine Häufung von mindestens zwei Unterversorgungsgruppen im Bereich Einkommen, Bildung, Gesundheit, Wohnraum, Arbeit, fehlende soziale Partizipation oder auch die umgehende Verfügbarkeit sozialer und gesundheitlicher Dienste signifikant ist.[3]
"Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie." Damit legt der §31 SGB VIII nicht nur fest, welche unterstützenden Maßnahmen vom Familienhelfer gewährleistet werden müssen, sondern weist auf eine der primären Grundsätze der Sozialen Arbeit hin, nämlich die "Hilfe zur Selbsthilfe".
2.2 Auswahl der Familienhelfer und Familien
Auswahl der Familienhelfer
Der Familienhelfer wird vom Jugendamt bestellt und im Hilfeplangespräch, die benötigte Anzahl an Stunden für die einzelne Familie festgelegt.
In den meisten Fällen sind die Kinder im sozialen Umfeld, Kindergarten oder auch in der Schule auffällig geworden, weshalb Hinweise an das Jugendamt von LehrerInnen, KindergärtnerInnen oder auch SozialarbeiterInnen gegeben wurden. Auch ist es möglich, dass Eltern eigenständig Unterstützung anfordern, weil sie sich mit der Erziehung der Kinder überfordert fühlen.
Im Bezug auf die Leistung der Hilfe ist es nicht zielführend, wenn eine Leistungs- und Eingriffsverwaltung die Familienhilfe ausführt. Die Hauptaufgabe des Familienhelfers besteht darin, "vorwiegend Entwicklungsdefizite zu kompensieren, deren Ursache in der Regel in einem Mangel an sozialer Nähe und / oder sozialer Verantwortung in Familie und Gemeinwesen liegen."[4] Aus diesem Grund entsprechen eher die freien Träger den Anforderungen der Sozialpädagogischen Familienhilfe, weshalb Jugend-, Sozial- und Gesundheitsämter nur bedingt als Anstellungsträger geeignet sind. Jedoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen der Familienhilfe und verschiedenen Ämtern die Grundlage für eine funktionierende sozialpädagogische Familienhilfe bildet.
"Eine Untersuchung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) von 1994 stellte fest, dass Sozialpädagogische Familienhilfen zu ca. 80% durch die Vermittlung der Bezirkssozialarbeit/allgemeinen Sozialdienst, 10% von den Familien selbst, 4% durch Gerichte und 7,5% durch Beratungsstellen erfolgten."[5]
Auswahl der Familien
Pauschale Ausschlusskriterien sind in der Sozialpädagogischen Familienhilfe nicht gegeben. Meistens zeigen die anfangs aussichtslosen Fälle, die größten Fortschritte zum Ende der Betreuungszeit. Jedoch gibt es Familien, die sich für die Familienhilfe vorwiegend eignen und im Gegensatz dazu Familien, deren Problemlagen mit einer Familienhilfe nicht vereinbar sind. Zu den besonders geeigneten Familien zählen Eltern bzw. Elternteile, die sich aufgrund einzelner Faktoren (z.B. Trennung, Krankheit, Arbeitslosigkeit etc.) nicht genügend um die Versorgung und Erziehung ihrer Kinder kümmern können. In diesem Fall kann der Familienhelfer eine enorme Unterstützung darstellen, da die Eltern Raum und Zeit für eine Ordnung des Alltags und ihrer Krise bekommen. Jedoch zeigte sich in den vergangenen Jahren, dass sie nicht nur von "zeitlich befristeten Lebenskrisen belastet sind, sondern durch traumatisierende Ereignisse in ihrer eigenen Lebensgeschichte."[6]
Diese Familien sind prinzipiell eher ungeeignet, sowie Familien oder Jugendliche mit einer starken Alkohol- oder Drogenproblematik ohne einen vorhergehenden oder begleitenden Entzug. Jedoch muss dazu auch gesagt werden, dass generell jede Hilfe in Anlauf gebracht werden kann und sich nach den ersten 3 Monaten herauskristallisiert, inwieweit der Familienhelfer einen Nutzen für die zu betreuende Familie darstellen kann.[7]
2.3 Aufgaben des Familienhelfers
Zunächst lässt sich hervorheben, dass die Arbeit der Sozialpädagogischen Familienhilfe von Vielschichtigkeit und den "Multi-Problemlagen"[8] der Familien geprägt ist. Die Arbeitsvorgänge gehen dabei vom Führen eines Haushaltes über die Festlegung einer geregelten Tagesstruktur bis zur Begleitung zu Arztterminen, Ämtern und Behörden. Dabei muss immer im Blick des Sozialpädagogen stehen, dass er Hilfe zur Selbsthilfe gibt. Arbeiten sollen den Familien nicht direkt abgenommen, sondern positiv angeleitet und begleitet werden. Die Familien dürfen nicht das Gefühl haben, dass der Familienhelfer dazu da ist, um ihnen verschiedene Aufträge zu erfüllen und sie aktiv zu entlasten. Ganz im Gegenteil soll der Sozialarbeiter lediglich eine Unterstützung darstellen, um Krisen zu bewältigen und auch zu präventionieren.
Dabei steht an erster Stelle eine Beziehung zur Familie oder auch zum Jugendlichen aufzubauen. Der Familienhelfer darf sich keinesfalls als überlegener Experte sehen, sondern muss die Situation realitistisch einschätzen und die Gegebenheiten insofern akzeptieren, dass er sie nicht verurteilt. Eine Hilfestellung kann ausschließlich gegeben sein, wenn sich die Familie öffnen kann und sich verstanden fühlt. Im Groben sind sich Eltern durchaus darüber bewusst, welche Ansprüche ihre Kinder an sie stellen und möchten diese auch verwirklichen, jedoch stellt sich im Bezug auf die Anforderungen des Alltags, Überforderung ein. "Das Leben erwartet von Eltern, den Kindern eine Zukunft zu geben, ihnen ein normgerechtes Verhalten vorzuleben, ihnen die Grundlage für eine Ausbildung zu ermöglichen, Vorbild zu sein in Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit etc. Diese erwarteten Verhaltensweisen stehen häufig im Gegensatz zu den tatsächlichen Verhaltensweisen der Eltern. Nur auf der Grundlage einer guten Beziehung kann der Familienhelfer vorsichtig unangemessenes Verhalten in Frage stellen."[9]
Dabei scheint es für die Familien von Vorteil zu sein beispielsweise einen Selbsthilfeplan zu vereinbaren, worin Aufgaben und Zielstellung verankert sind, welche während der Hilfegewährung bewältigt werden sollten. Somit spielt besonders die Partizipation eine gewichtige Rolle während der Hilfe, da sich die Familie verstanden und einbezogen fühlen möchte. Das Aufzwingen von Zielstellungen oder Aufgaben ist eher kontraproduktiv, weil möglichst gemeinsame Erwartungen geschaffen werden sollen, um den Eltern oder dem Jugendlichen aufzuzeigen, dass es in seiner eigenen Motivation und Bestrebung liegt, die Krisensituationen zu überwinden.
[...]
[1] Vgl. Bringewat, 2000, S. 17
[2] Helming, Schattner, Blüml, 1999, S. 71
[3] Vgl. http://www.bmfsfj.de
[4] Ebenda, S. 16
[5] Korsalke, 2009, S. 17
[6] Rothe, M., 2013, S. 17
[7] Vgl. Ebenda, S. 17
[8] Ghesquiere, 2001, S. 279
[9] Ebenda, S. 21