Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Revitalisierungsbewegungen
2.1. Definition einiger Begriffe
2.2. Zum Begriff der Revitalisierungsbewegung
2.3. Klassischer Kulturwandel und Revitalisierungsbewegungen
2.4. Die fünf Phasen der Revitalisierung.
3. Tecumseh und die Revitalisierungsbewegung der amerikanischen Ureinwohner des östlichen Nordamerikas
3.1. Historischer Zusammenhang
3.2. Die Kultur und Politik der Ureinwohner des östlichen Nordamerikas
3.3. Invasion der „Weißen“, Vision und Widerstand
3.4. Greenville Treaty
4. Schluss
5. Bibliographie
1. Einleitung
Die folgende Hausarbeit setzt sich mit der Revitalisierungsbewegung amerikanischen Ureinwohner des östlichen Nordamerikas auseinander. Zur Veranschaulichung wird hierzu das Beispiel der Widerstandsbewegung unter dem Shawnee Ureinwohner Amerikas Tecumseh hinzu gezogen.
Obwohl die meisten Texte über Revitalisierungsbewegungen sich auf den religiösen Aspekt konzentrieren, möchte ich im Folgenden hauptsächlich den politischen Aspekt der Revitalisierungsbewegung herausarbeiten da diese Hausarbeit im Rahmen des Seminars „Einführung in die politische Ethnologie“ bearbeitet wird.
Es erscheint mir dahin gegen sinnvoll zu Beginn Klarheit darüber zu schaffen, was Politik im Wesentlichen eigentlich ist und eine Definition fest zu legen auf die ich mich beziehen werde.
Zunächst werden zum genaueren Verständnis die grundlegenden Begriffe dieser Hausarbeit definiert und erläutert. Viele der verwendeten Begriffe werden nämlich in verschiedenen Quellen unterschiedlich definiert und ausgehend von verschiedenen Definitionen erhält folglich auch Erläutertes einen unterschiedlichen Sinn.
Ich werde außerdem den historischen Zusammenhang erläutern indem die Revitalisierungsbewegung unter Tecumseh stattgefunden hat.
Schließlich wird die Revitalisierungsbewegung amerikanischen Ureinwohner des östlichen Nordamerikas mit Bezug auf Tecumseh vor allem auf ihren politischen Aspekt untersucht.
2. Revitalisierungsbewegungen
2.1. Definition einiger Begriffe
1) „Politik: Lehre von der Staatsführung“ ( Zitat: Lexikon der Fremdwörter 199:227).
2) „Allgemein: Politik. bezeichnet jegliche Art der Einflussnahme und Gestaltung sowie die Durchsetzung von Forderungen und Zielen, sei es in privaten oder öffentlichen Bereichen.
3) Politik bezeichnet die aktive Teilnahme an der Gestaltung und Regelung menschlicher Gemeinwesen.
4) [zu griech: polis = der Stadtstaat] Staatskunst. Vom griechischen Philosophen Aristoteles (384-322 vor Christus) stammt die Feststellung: Zur Natur des Menschen gehört es, dass er in einem Gemeinwesen (Polis) lebt, er ist ein "politisches Wesen". Hieran anschließend kann Politik als ein spezielles Handeln von Einzelnen oder Gruppen (Parteien) beschrieben werden, das in vielerlei Formen mit dem Zusammenleben von Menschen in einem Gemeinwesen zu tun hat. Oberstes Ziel der Politik muss es sein, dass dieses Zusammenleben friedlich ist und kein Faustrecht herrscht. Politik muss also Regeln für das Zusammenleben entwickeln (und laufend anpassen), an die sich alle halten müssen (Verfassung, Gesetze). Politik hat mit den unterschiedlichen Interessen von Menschen in einem Gemeinwesen zu tun, muss sie deutlich machen, aber zugleich auch dafür sorgen, dass die Durchsetzung von Interessen gewaltfrei verläuft und den inneren Frieden des Gemeinwesens nicht aufs Spiel setzt.“ (Zitat: http://www.bpb.de, 16.09.10)
Die erste Definition ist im Zusammenhang mit dem von mir behandeltem Thema nicht zutreffend, da es dich bei den amerikanischen Ureinwohnern nicht um die Verwaltung eines Staates handelt. Bei dem Fallbeispiel handelte es sich nicht um einen Staat, sondern um einen Stamm beziehungsweise mehrere „Stämme“. Auch die Definition des Aristoteles (Definition 4), ist für das folgende Thema nicht zutreffend. Die Durchsetzung der Ziele, der amerikanischen Ureinwohner wurde durchaus zu Mitteln der Gewalt gegriffen. Zutreffend wäre in diesem Fall Definition 2 und 3. Sie definieren Politik als eine Regelung des Zusammenlebens welches ich im Folgenden, im Zusammenhang mit der Revitalisierungsbewegung untersuchen möchte.
„revitalisieren: (lat.) wieder kräftigen, erholen, funktionsfähig machen“ (Zitat: Lexikon der Fremdwörter 199:258).
2.2. Zum Begriff der Revitalisierung
Die Revitalisierungsbewegungen werden von Anthony F. C. Wallace als der bedachte, organisierte, bewusste Versuch von Mitgliedern einer Gesellschaft, definiert eine zufrieden stellende Gesellschaft zu erschaffen definiert. Sie sind also, von einem kulturellen Standpunkt aus betrachtet eine besondere Form des Phänomens des Kulturwandels (Wallace 1956:264). Diese religiös und politisch bestimmten Strömungen treten oftmals als Reaktion einer sich eindringenden sowie aufdrängenden fremden Kultur auf. Aus den abweichenden Überzeugungen und Meinungen von Moral, Wirtschaftsmechanismen, Religion und Formen der Gesellschaftsordnung resultiert Unzufriedenheit. Dieses bringt das Bedürfnis nach Wandel des ursprünglichen Kultursystems zum Ausdruck. Grundlage für eine Revitalisierungsbewegung ist vor allem eine vorhandene unsichere Sozialordnung (Hirschberg 1988:403). Revitalisierungsbewegungen, welche auch unter dem Begriff Erneuerungsbewegungen bekannt sind, entstehen häufig unter der Bedrohung kolonialer Eroberung und durch Machtverlust und Unterdrückung eines dominanten Gesellschafts- oder Klassensystems. Es werden zudem immer die herrschenden Lebensbedingungen in Frage gestellt und durch die Revitalisierung mit einer besseren Zukunft gerechnet (Hirschberg 2005:314).
Diesen Bewegungen, die unter extremen Krisen einer Gesellschaft auftreten, geht oft ein kultureller Zerfall voraus. Diese Bedingungen sind Folge von Kulturkontakt und erzwungener kultureller Anpassung auf Grund von Naturkatastrophen oder anderen Faktoren die eine schnelle Veränderung mit sich bringen, der Kultur es aber fast unmöglich machen sich so rapide an diese neuen Bedingungen an zu passen. Revitalisierungsbewegungen, welche vorwiegend religiöser Natur sind, aber auch politischer und sozialer Natur sein können, sind von einem plötzlich zum Vorschein kommenden, schnell akzeptierten Plan („Blueprint“) oder einer Serie von Innovationen gekennzeichnet. Dieser neue Plan stammt oftmals von einer einzelnen Person, zum Beispiel einem charismatischen Anführer[1], Propheten oder einer kleinen Gruppe kreiert. Mitglieder und zur Bewegung Konvertierte, durchleben eine „Mazeway“ Transformation: einen sehr deutlichen Gesinnungswandel gegenüber der neuen Art zu denken sowie Verhaltens- und Einstellungsmustern (Seymour 1986:403).
Zur Stärkung des Zusammenhalts der jeweiligen Gesellschaft, wird oftmals Religion als ein Mittel zur gesellschaftlichen Erneuerung gewählt. Das ursprüngliche Glaubenssystem wird revitalisiert also Zeichen der bewussten Besinnung zum Traditionellen. Mit dem Aufleben lassen der alten Kultur geht die aktive Ablehnung der fremden Kultur einher. Einige aktuelle Kulturelemente und einige aus vergangener Zeit werden ausgesucht um der Gemeinschaftlichkeit symbolisch Ausdruck zu verleihen. Diese bewusste Abgrenzung ist umso erfolgreicher je mehr Elemente sich von der Kultur der Fremdherrschaft unterscheiden (Hirschberg 1988:403).
Jedoch sind viele Revitalisierungsbewegungen, wie generell zum Beispiel Rebellionen, von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Nur selten trifft solch eine Bewegung auf die nötigen Bedingungen, setzt sich erfolgreich durch und verbreitet sich weitläufig. In solchen Fällen kommt es durch den Erfolg der Bewegung, die als revolutionäre, utopische Bewegung begann, zu radikalen Veränderungen und die Bewegung routiniert und institutionalisiert sich. Eine Revitalisierungsbewegung kann also durchaus zum Bespiel zu einer anerkannten orthodoxen Religion werden, doch werden neue Revitalisierungsbewegungen aufkommen die ihr den Platz unter Umständen streitig machen (Seymour 1986:403).
2.3. Klassischer Kulturwandel und Revitalisierungsbewegung
Gemäß Wallace gibt es zwei Arten des Kulturwandels.
Zum einen den klassischen Kulturwandel welcher eher ein stufenweiser Prozess ist, der sich über Jahre, Generationen oder Jahrhunderte vollzieht. Der Entwicklung der Kulturmerkmale folgt die Ausweitung, die Verbreitung und letztendlich deren Veränderung. Vor allem aber ist der klassische Kulturwandel ein nicht bedachter, sondern unbewusster Prozess in einer Gesellschaft.
Dem gegenüber steht die Revitalisierungsbewegung. Sie vollzieht sich abrupt binnen weniger Jahre. Der Prozess der Revitalisierungsbewegung ist anders als der klassische Kulturwandel ein bedachter Prozess. Kultur kann sich sogar schon innerhalb eines Jahres verändern. Der Prozess der Revitalisierungsbewegung verläuft ähnlich einer Kettenreaktion. Solch eine Bewegung wird oft durch Stress innerhalb einer Kultur und Gefahr der Zerstörung der Kultur
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[1] Nach Max Weber ist Charisma eine bestimmte Eigenschaft, einer einzelnen Person, die sich durch ihr Charisma von gewöhnlichen Menschen unterscheidet. Ihr werden übernatürliche, oder zumindest außergewöhnliche Kräfte oder Eigenschaften zugesprochen, welche nicht von „normalen“ Menschen erlangt werden können und göttlichen Ursprungs sind. Zudem gelten diese Eigenschaften als vorbildlich. Auf dieser Basis wird jener, welcher Charisma besitzt, als eine Art Anführer betrachtet (http://www.google.de, 20.09.2010).