Gott heißt Versöhnung. 50 Marburger Schülerbeiträge für den Frieden


Sammelband, 2016

170 Seiten


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Vorwort. 5

Frieden im Alltag – Zwischen Schaffner und Flüchtling (Pia Brants). 17

Gottes Frieden in Mexiko verbreiten (Fernanda Martinez, Andrea Paulina Brückner Sanchez). 21

Die Wohltätigkeit Tzedaka als Friedenspotential des Judentums (Lauryn Krauß). 25

Mit gutem Karma zum Frieden (Chantal Rinker). 28

Die Zehn Gebote als Wegweiser für den Weltfrieden (Elena Zaslavskaja). 30

Der Prophet Mohammed als Vorbild für Frieden und Versöhnung (Pia Wissel). 32

„Jeder ist seines Glückes Schmied“ – eine moderne Anwendung des buddhistischen Karmaprinzips (Anna-Lena Dersch). 34

Das Doppelgebot der Liebe als Anleitung zum Frieden (Lukas Leidinger). 37

Buddhismus als Religion des Friedens (Sarah Opper). 39

Die dritte Säule des Islam als Beitrag zum Frieden in der Welt (Anna Abbas). 41

Der jüdische Sabbat als Hilfe zum Frieden (Nohoud Yousef). 43

Die vierte Säule des Islam als Beitrag zum Frieden in der Welt (Adrian Ungemach). 46

Gerechtigkeit und Gleichheit vor Gott – Grundlagen des Judentums als Beitrag zum Frieden (Franziska Schreiber). 49

Wer das Wohlgefallen Allahs haben will, der tut nichts Böses (Federica Toson). 52

Die Verbindung von Ahimsa und Karma als Grundlage der hinduistischen Friedensethik (Mario Zentner). 55

Ein ganzes Leben lang von Gottes Liebe getragen worden – Ein Interview mit meiner Oma (Caroline Schmidt). 58

Gottes Plan für mein Leben bedeutet für mich Frieden (Andre Herbolsheimer). 61

Alle Religionen sprechen die Sprache des Friedens – oder: Ein Sprachkurs für alle (Nikol Minova). 64

Die Bedeutung des christlichen Friedensbegriffes für den einzelnen Menschen (Jacqueline Küthe). 68

Karma als „Lifestyle“ (Daniel Gombert). 71

Islam heißt Frieden (Josua Schmidt). 74

Iqra: Durch Bildung zum Frieden (Canan Genc). 77

Die fünf Säulen des Islam wollen die Menschen zum Frieden anleiten (Aylin Koca). 82

Die Goldene Regel – das Friedenspotential aller Religionen (Johanna Brüske). 85

Das Gehirn Buddhas als Wegweiser zum Frieden (Paulina Detsch). 87

Das Bahaitum als Beitrag zum Weltfrieden (Kimia Sahraei). 89

Wie man mit Buddha seinen inneren Frieden finden kann (Yentl Brack). 92

Der Buddhismus als Lehrlektion für den Weltfrieden (Elena Zimmermann). 97

Tue Gutes und dir wird Gutes widerfahren (Anna Schimansky). 100

„Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ (Viktoria Kuhlmann). 102

Der Ratgeber Karma – ein Anwalt für den Frieden mit sich selbst und seinem Nächsten (Jasmin Koob). 104

Die Gebrüder Grimm und das Karma (Lisa Becker). 106

Der fünfte edle Vorsatz der buddhistischen Ethik als Hilfe auf dem Weg in eine friedlichere Gesellschaft (Dilan Laylany-Rodriguez). 109

Salam Aleikum – Frieden sei mit euch (Sahra Rashid). 112

Die Geduld des Heiligen Propheten Mohammed als Wegweiser zum Frieden (Humda Ahmad). 114

Gibt es Gott? Wenn ja, hat er etwas mit Frieden zu tun? (Syntia Vidakovics). 117

Eine Geschichte über den Frieden (Pauline Pfister). 121

„Durch Leichtfertigkeit verliert man die Wurzeln, durch Unruhe die Übersicht.“ (Julie Agel). 127

Evangelische Gemeinde und Frieden – ein Interview mit Christoph Maas, dem Pastor der Freien evangelischen Gemeinde Niederdieten (Maja Lauber). 129

Von einer verlorenen Bankkarte und dem hinduistischen Begriff des „Ahimsa“ (Julia Iwich). 135

Evangelische Kirche und Frieden – ein Interview mit dem ev. Pfarrer Dr. Matti Schindehütte, Kirchspiel Elnhausen (Christoph Seip). 138

Frieden durch die „Vier edlen Wahrheiten“ (Elisa Maria Ortu). 143

„Sanatana dharma“ als Friedenspotential (Bersin Nur Haydan). 146

שְׁמַע יִשְׂרָאֵל (Sch’ma Jisrael), wir wollen Frieden! (Xenia Schmidt). 148

Barmherzigkeit ist der Schlüssel zu Glück und Frieden (Can Tas). 150

Das Vierte Gebot als Anleitung zum Frieden (Alisa Schmidt). 152

Frieden heißt sich selbst finden (Galina Kolvik). 155

Die Rolle der Frau im Islam als Weg zum Frieden in der Welt (Arya Karadagli). 158

Shintō heißt „Weg der Götter“ und „Weg zum Frieden“ (Saskia Mildebrandt). 162

„…und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.“ (Elena Seitz). 164

Die daoistische Ethik als Wegweiser zum Frieden (Chantal Nowak). 168

Vorwort

Die vorliegende Veröffentlichung entstand im Rahmen eines an den Kaufmännischen Schulen Marburg durchgeführten Unterrichtsprojekts, dessen Zielsetzung darin bestand, die Friedenspotentiale von Religionen zu erforschen. Dazu wurden Interviews mit den Vertretern des Christentums, des Islams, des Hinduismus, des Buddhismus, des Judentums, des Daoismus, des Shintoismus und des Bahaitums geführt, es wurden religiöse Texte gelesen und es fand eine intensive Beschäftigung mit der Geschichte der Religionen statt. Fünf wesentliche Erkenntnisse wurden dabei gewonnen:

1. Die Absicht, einen essenziellen Beitrag zur Befriedung und zur Versöhnung in der Welt zu leisten, ist zutiefst im Wesen aller Religionen verankert. Allerdings weisen die einzelnen Religionen einen speziellen, für sie selbst charakteristischen Weg zur Befriedung der Welt auf. Die Unterschiedlichkeit ihrer Wegweisungen zum Frieden wird insbesondere dann verstehbar, wenn man sich die historischen, geistes- und sozialgeschichtlichen Hintergründe ihrer Entstehung vor Augen führt.

2. Die Religionen bieten nicht nur Wegweisungen und Orientierungen auf der „horizontalen“ Ebene des Menschseins, d. h. im Blick auf das Selbstverständnis des Menschen, den friedlichen Umgang mit seinen Mitmenschen sowie sein Verhältnis zu den Tieren und Dingen, sondern sie deuten insbesondere auch die „vertikale“ Ebene menschlichen Seins, indem sie von Gott, dem Göttlichen oder den Göttern sprechen und das Verhältnis des Menschen zu diesen beschreiben. Wichtig ist dabei zu beachten, dass für die Religionen die „vertikale“ und die „horizontale“ Ebene des menschlichen Seins in der Weise miteinander verwoben sind, dass sich ihre theologischen Ethiken und also auch ihre Perspektiven für ein friedliches Miteinander der Menschen aus ihren Theologien ableiten. In aliis verbis: Wie man sich nach Auffassung einer Religion als Mensch richtig zu verhalten hat und welcher Weg ihrer Meinung nach zum Frieden in der Welt führt, hängt ganz entscheidend von dem Gottesbild ab, das die Religion vorgibt.

3. Jegliche Versuche, Religionen in Verbindung mit Terror, Gewalt und Krieg zu bringen, verbieten sich. Die ureigene Absicht der Religionen besteht darin, aus ihren Deutungen der „vertikalen“ Ebene menschlichen Seins konstruktive und hilfreiche Ordnungen auf der „horizontalen“ Ebene des menschlichen Seins aufzuzeigen. Aus diesem Grund können jegliche Bestrebungen, Religion und Unfriede zusammenzudenken, nicht anders gedeutet werden, als Religion zur Verwirklichung eines individuellen oder kollektiven Eigensinns ideologisch und politisch zu instrumentalisieren.

4. Die Anzahl der Religionszugehörigen stellt weltweit eine beachtenswerte Größe dar: Etwa 84% der Weltbevölkerung gehören einer organisierten Religionsgruppe an[1] und selbst im säkularen Deutschland bezeichnen sich 52% der Bevölkerung als „religiös“[2], 18% sogar als „hochreligiös“ [3]. Die Frage, welchen Beitrag die Religionen zur Versöhnung und zum Weltfrieden leisten können, drängt sich angesichts dieser Zahlen geradezu auf. Schändlich wäre es für die politisch Verantwortlichen, wenn sie das Friedenspotential, das die Religionen bieten, im Blick auf die Befriedung der Welt unbeachtet und ungenutzt ließen.

5. Religionen können nur dann einen Beitrag zur Versöhnung und zum Frieden leisten, wenn ihre Anhänger auch innerlich von ihrer Religion überzeugt sind. Eine nur formale Mitgliedschaft und rein äußerliche Zugehörigkeit zu einer Religionsgruppe ist zu wenig, als dass sie zu einem religiös motivierenden Versöhnungs- und Friedensprozess anregen könnte. Es bedarf mindestens einer einigermaßen gefestigten religiösen Überzeugung, damit Handlungen von Mitgliedern der Religionsgemeinschaften als religiös eingestuft werden können. Fehlt eine eigene religiöse Überzeugung, so besteht sehr leicht die Gefahr, dass eine Religion für eigene Zwecke missbraucht wird.

Gerade diese Auffassung, dass Handlungen nur dann als religiös motiviert gelten können, wenn eine eigene religiöse Gewissheit vorhanden ist, teilen nicht nur sämtliche Religionen, sondern sie hielt auch Einzug in die äußere und innere Gestalt dieses Buches, indem die hieran beteiligten Schülerinnen und Schüler darauf verzichteten, Sachtexte über Religionen zu verfassen, sondern stattdessen ihre eigenen religiösen Überzeugungen und Anschauungen in sehr persönlicher Weise zum Ausdruck brachten. Die Anzahl der Beiträge wurde dabei ganz bewusst auf 50 festgelegt (– es gab noch wesentlich mehr gute Schüleraufsätze! –), da die Zahl 50 nach jüdischer und christlicher Zahlenallegorese zeichenhaft für Frieden und Versöhnung steht. [4]

An der nun vorliegenden Veröffentlichung haben sich neben der Stadt Marburg finanziell auch die folgenden Marburger Religionsgemeinschaften beteiligt und damit ein ermutigendes Zeichen ökumenischer und interreligiöser Verbundenheit gezeigt:

– der Evangelische Kirchenkreis Marburg,
– die Lutherische Pfarrkirchengemeinde St. Marien Marburg,
– die Katholische Kirche Marburg und Fronhausen,
– die Freie evangelische Gemeinde Marburg,
– die Ahmadiyya Muslim Jamaat Marburg KdöR,
– die Islamische Gemeinde Marburg e.V.,
– die Jüdische Gemeinde Marburg e. V. und
– das Buddhistische Shambhala Zentrum Marburg e. V.

Dem Schulleiter der Kaufmännischen Schulen Marburg, Herrn OStD. Siegmar Günther, danke ich für seine freundliche Unterstützung bei der Durchführung des Unterrichtsprojekts „Der Beitrag der Religionen zur Versöhnung und zum Weltfrieden“, dem GRIN Verlag München für seine Bereitschaft, dieses Buch in sein Verlagsprogramm aufzunehmen. Außerdem danke ich der Fachoberschülerin Jasmin Koob für ihre sorgfältige Arbeit an den Schülerfotos und meiner lieben Frau für ihre umfangreichen Korrekturarbeiten an dem Manuskript zu diesem Buch.

Möge diese Veröffentlichung ein Anreiz dazu sein, die Potenziale der Religionen zum Frieden und zur Versöhnung zu entdecken.

Dr. Holger Speier, Universitätsstadt Marburg, Osterfest 2016

Frieden im Alltag – Zwischen Schaffner und Flüchtling

Mein Name ist Pia Brants und ich bin Christin. Dieser Glaube wird noch einmal unterteilt in zwei große Untergruppen, dem evangelischen und dem katholischen Glauben und ich, ich gehöre zu den evangelisch gläubigen Christen. Aber ist das wichtig? – Nein, eigentlich nicht! Wichtig ist nur, dass ich glaube. Ob nun an Buddha, Allah oder eben Gott, eines verbindet uns alle – unser Glaube. Dieser besagt, dass wir uns gegenseitig respektieren und gut behandeln sollen, uns Freiräume lassen, aber in Notsituationen zusammen halten sollen. Das ist unsere Aufgabe als Gläubige sowie als Mitglieder einer Gesellschaft. Doch schaut man sich jetzt beispielsweise die Flüchtlingskrise hier in Deutschland an, dann fragt man sich manchmal, ob diese gemeinsame Verbindung tatsächlich noch besteht.

In ganz alltäglichen Situationen bemerkt man diesen Verlust. Warum zum Beispiel herrscht eigentlich so ein unausgesprochener „Krieg“ zwischen dem Schaffner und dem Flüchtling, der seit zwei Wochen jeden Morgen in den Zug einsteigt, mit dem ich zur Schule fahre?

Jeden Morgen steigt der Flüchtling – ich kenne seinen Namen nicht und benutze „der Flüchtling“ nur als Synonym für diesen, ohne einen negativen oder abwertenden Hintergedanken – 07:24 Uhr in den Zug. Er kommt vielleicht aus Syrien, aber mit Sicherheit kann ich sagen, dass er kein Christ ist. Er hat ein Tattoo des Hilal, also einer Mondsichel mit Stern, das bekannteste Symbole des Islams, auf dem Handgelenk. Jeden Morgen zieht sich dieser Mann ein Ticket und jeden Morgen hofft der Schaffner, er könne ihn ohne eines erwischen. Man kann schon an seinen Bemerkungen und Blicken erkennen, dass der Flüchtling vermutlich der einzige Fahrgast ist, den der Schaffner lieber ohne Ticket sehen würde. Doch nicht nur der Flüchtling, ich und der Schaffner fahren jeden Morgen Zug, auch ein Mitarbeiter einer großen Bank (nennen wir ihn Herr Schriefer) macht sich mit diesem Zug auf den Weg zur Arbeit. Er beobachtete, genau wie ich, in den letzten beiden Wochen die Situation zwischen Schaffner und Flüchtling. Wir beide haben uns, glaube ich, seitdem jeden Morgen geschworen: „Heute sage ich etwas, wenn der Schaffner wieder eine abfällige Bemerkung macht!“. Aber wir haben es dann letztendlich doch nicht getan. Diese gemeinsame Verbindung zwischen uns und dem Flüchtling, Gläubigen und Mitgliedern der Gesellschaft, ging verloren hinter Unsicherheit, Angst und zu wenig Selbstbewusstsein. Doch sie wurde wiedergefunden, als der Banker all seinen Mut zusammennahm und seine Meinung kundtat. Er hielt eine faszinierende Rede, die ich in meinen Worten nur weitaus weniger bewegend zusammenfassen kann. Der Schaffner kontrollierte mal wieder als erstes den Flüchtling, obwohl er auch mit jedem anderen Fahrgast seinen Fahrkartenkontrollrundgang hätte beginnen können. Der Flüchtling zeigte seine Karte, doch an diesem Morgen war etwas anders. Der Schaffner lachte und freute sich über das Ticket. Herr Schriefer und ich waren schon leicht irritiert, bis wir bemerkten, weshalb sich der Schaffner so darüber freute. Es war ein Ticket vom Vortag. Der Flüchtling hatte versehentlich sein aktuelles und sein altes Ticket vertauscht und das falsche weggeworfen. Dieses schadenfrohe Grinsen war zu viel und Herrn Schriefer fiel es wie Schuppen von den Augen. Er stand auf, ging hinüber, sprach den Schaffner an und fragte ihn, welches Problem er mit dem Flüchtling habe, er sei ein Mensch, genau wie alle anderen in diesem Zug und auch er habe ein Recht auf Gleichbehandlung. Natürlich brauche er ein gültiges Ticket, aber es sei ja wohl mehr als offensichtlich, dass es ein Versehen gewesen sei und in seiner Situation – einer Notsituation – sei es nur menschlich vom Schaffner, ein Auge zuzudrücken und dem Flüchtling die Strafgebühr von 60 € zu erlassen. Dieser habe schon genug Schwierigkeiten mit der Flucht aus seinem Heimatland hinein in eine ganz andere Kultur und in ein ganz anderes Land. Man müsse sich nur einmal in diese Lage hineinversetzen! Schon in der Bibel stehe: „Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst“ Und um einen anderen so zu lieben, wie sich selbst, müsse man sich in diesen anderen und seine Lage hineinversetzen. Wie wäre es für einen selbst, wenn man alles aufgeben müsste, was man sich hart erkämpft und aufgebaut habe, um dann in ein Land zu fliehen, in dem man nicht einmal willkommen sei. Und nun soll man zusätzlich aufgrund eines Versehens 60 € bezahlen, obwohl man nicht einmal das Geld habe, sich selber mit Lebensmitteln zu versorgen, sondern auf karitative Einrichtungen angewiesen sei.

Nach einem betretenen Schweigen im gesamten Abteil gab der Schaffner Herrn Schriefer leise Recht und gestand, sich noch nie wirklich in die Lage des Flüchtlings hineinversetzt zu haben, sondern immer nur auf allgemein verbreitete Gerüchte geachtet zu haben. Als dann das gesamte Abteil klatschte, weil sich Frieden zwischen Schaffner und Flüchtling eingestellt hatte, war für mich klar, diese gemeinsame Verbindung ist noch nicht ganz verloren. Denn wir als Menschen sitzen alle in einem Boot und haben die unausgesprochene Verpflichtung, uns gegenseitig zu unterstützen und zu respektieren! Doch manchmal kommt dies doch noch zum Vorschein und genau in solchen Momenten ist es wichtig, wenn auch nur für eine einzige Person.

Meiner Meinung nach kommen die Religion sowie ihr Friedenspotential in dieser schnelllebigen und modernen Gesellschaft zu kurz. Doch dann kommt ein unbedeutender Bankangestellter und erinnert mit einer kleinen Geste an dieses große Potential.

Gottes Frieden in Mexiko verbreiten

Wir heißen Fernanda Martinez und Andrea Paulina Brückner Sanchez, sind 17 bzw. 18 Jahre alt, und haben mexikanische Wurzeln. Wir beide sind römisch-katholisch. Die katholische Kirche in Mexiko hat einen sehr großen Einfluss im Land und die dortigen Christen leben ihren Glauben ausgesprochen lebendig. Wir möchten euch in unserem Beitrag erläutern, was die katholische Kirche, aber auch einzelne Christen unternehmen, damit sich Frieden und Versöhnung in Mexiko ausbreiten.

Ich, Fernanda, mache den Anfang. Ich erzähle euch von zwei besonderen Menschen, die jeden Tag versuchen, Menschen, die hilfsbedürftig sind, zu unterstützen und ihnen Hoffnung zu schenken:

Meine Großeltern (Dora und Sabino Aranda) väterlicherseits sind sehr religiöse Menschen. Sie beten jeden Morgen und Abend, gehen bis zu dreimal in der Woche zur Kirche, sie fasten regelmäßig, und sie segnen ihre Kinder und Enkelkinder, wenn diese das Haus verlassen. Doch meine Großeltern vollziehen nicht nur religiöse Pflichten, sondern sie unterstützen auch zahllose Menschen. Mit entmutigten Menschen führen sie geduldig Gespräche und stehen ihnen in ihrer Not bei. Ehepaaren helfen sie bei Eheproblemen. Alleinerziehenden Frauen kommen sie ebenso zur Hilfe wie Frauen, die von ihren Ehemännern geprügelt oder vergewaltigt wurden. Auch Jugendliche in Not und Menschen, die näher zu Gott finden wollen, finden im Haus meiner Großeltern eine offene Tür. Niemand, der Hilfe suchte, wurde jemals von ihnen abgewiesen. Meine Großeltern machen das schon jahrelang. Ihre Hilfsbereitschaft ist ihnen fast zu einem Beruf geworden, den sie in wunderbarer Weise ausüben.

Manchmal unternehmen meine Großeltern auch Ausflüge, um Menschen, die gestresst, traurig oder wütend sind oder Hass in sich haben, näher an Gott heranzubringen. Dazu versuchen sie diesen Menschen deutlich zu machen, dass es ein gutes Wesen gibt, das uns alle wohlwollend betrachtet und auf jeden einzelnen achtet.

Meine Großeltern sind für andere Menschen nicht nur hervorragende Zuhörer, sondern sie versuchen auch, in ihrer Stadt wohltätige Organisationen zu gründen und Spenden zu sammeln für die Kirchen, für arme Kinder und Familien. Sie sind sehr großzügige Menschen, die versuchen, unsere Welt ein bisschen besser zu machen. Inzwischen sind sie schon alt und haben nicht mehr so viel Kraft wie früher. Deshalb spornen sie uns Enkelkinder an, ihrem Beispiel zu folgen und anderen Menschen zu helfen. Sie zeigen uns, wie wir anderen helfen können. Denn dadurch, dass Not und Leid gelindert werden, werden Hass und Feindseligkeit zurückgedrängt und Frieden breitet sich aus, – und das ist ein göttlicher Frieden.

Nun erzähle ich, Andrea, euch, wie die Kirche in Mexiko versucht, Jugendlichen und Kindern Gott näher zu bringen, und dadurch verhindert, dass sie einen kriminellen Weg einschlagen:

Meine Cousine Keli Portillo Sanchez hat mir schon Vieles über ihr kirchliches Engagement in Mexiko berichtet. Sie selbst nimmt an vielen Veranstaltungen der Kirche teil und ist davon begeistert, neue Thesen über das Leben mit Gott zu lernen. In meiner Heimatstadt gibt es jeden Sommer eine große Veranstaltung der Kirche für Jugendliche. Das ist wie ein Musikfestival in Deutschland. Im Unterschied dazu ist es allerdings so, dass dort die Pfarrer Messen halten, gemeinsam mit den Jugendlichen singen und über Themen sprechen, die momentan aktuell sind, z. B. das in Mexiko sehr verbreitete Drogenproblem und die vielen Teenagerschwangerschaften. Über diese Themen wird intensiv geredet.

Meine Cousine hat mir auch erzählt, dass die Kirche für die Jugendlichen Ausflüge in andere Staaten Mexikos anbietet. Solche Touren sind immer besondere Highlights, bei denen man berühmte Pilgerstätten oder Kathedralen (z. B. die in Mexiko Stadt) besucht. Auch in den Universitäten und Schulen werden solche kirchlich organisierten Ausflüge angeboten. Viele Jugendliche finden es sehr gut, dass die Kirche solche Angebote unterbreitet. Es ist nicht nur schön, etwas gemeinsam mit anderen Jugendlichen zu unternehmen, sondern die Teenager fühlen sich von der Kirche akzeptiert. Meine Cousine drückt es so aus: „Die Kirche ist für viele Kinder und Jugendliche so etwas wie ein zweites Zuhause. Und die vielen kirchlichen Ausflüge tragen dazu bei, dass die Jugendlichen mit sehr viel mehr Hoffnung ihr Leben gestalten, als es ohne die Kirche der Fall wäre.“ Als besonders schön empfindet meine Cousine die Messen. Sie seien außerordentlich fröhlich und lüden dazu ein, immer wieder einen neuen Anfang im Leben zu machen. Vor Gott sei man niemals endgültig gescheitert, sondern Gottes Vergebung wasche einen Menschen jeden Tag wieder rein.

Ganz entscheidend an dem Engagement der Kirche in Mexiko ist meiner Meinung nach aber auch, dass dadurch den Kindern und Jugendlichen gute Werte vermittelt werden, die ihnen dabei helfen können, gut zu leben. Dazu gehören z. B. Freude am Glauben, Dankbarkeit und Ehrlichkeit. Anders als die Kinder und Jugendlichen in Deutschland nehmen die mexikanischen die kirchlichen Angebote gerne wahr und gehen dadurch gestärkt und mit einer optimistischen Einstellung in die Zukunft. Durch die Kirche werden die Kinder und Jugendlichen nicht nur von Drogen und Kriminalität ferngehalten, sondern es werden auch gute Grundlagen für ein versöhntes und friedliches Miteinander gelegt.

Die Wohltätigkeit Tzedaka als Friedenspotential des Judentums

Ich heiße Lauryn Krauß und bin 16 Jahre alt. In meinem Beitrag geht es um das Friedenspotential des Judentums. Ein für die Juden sehr wichtiges Gebot ist das Gebot des Tzedaka, was auf Deutsch Wohltätigkeit bedeutet.

Für mich persönlich ist Wohltätigkeit ein sehr wichtiges Thema. Und ich glaube, es würde viel bewirken, wenn sich Menschen mehr Gedanken über das Wohl anderer machen würden und versuchten, ihnen zu helfen. Dadurch würde sich Frieden in der Welt ausbreiten. Denn anderen Menschen etwas Gutes zu tun, ist letztlich nichts anderes, als ihnen Frieden zu verschaffen.

Es gibt heutzutage viele Menschen, die schon sehr viel Gutes tun, z. B. sich bei Organisationen wie der „Tafel“ oder der „Lebenshilfe“ engagieren. Trotzdem finde ich, dass man noch sehr viel mehr machen könnte und auch sollte. Ich bin der festen Überzeugung, dass es einem selbst ein gutes Gefühl gibt, wenn man hilft. Dadurch wird einem dann wieder bewusst, wie gut es einem eigentlich geht, was man manchmal schnell vergessen kann.

In dem Gebot des Tzedaka gibt es acht verschiedene Stufen und Unterteilungen. Ich möchte auf die erste Stufe näher eingehen, weil sie mir am wichtigsten erscheint. Die erste und auch höchste Stufe dieses Gebotes heißt: „Dem Bedürftigen die Möglichkeit zu geben, sich selbstständig zu ernähren.“ Also Hilfe zur Selbsthilfe, was ich als eine sehr gute Art der Wohltätigkeit ansehe, denn ich denke, wenn man jemandem helfen will, sollte es das Ziel sein, dass die Person am Ende wieder auf eigenen Beinen stehen kann und wieder gut in ihrem eigenen Leben zurechtkommt.

Viele denken vielleicht, sie hätten nicht genug Geld oder Zeit, um sich wohltätig zu engagieren, doch ich finde, dass man auch schon mit kleinen Dingen Menschen helfen oder ihnen eine kleine Freude bereiten kann, indem man z. B. in ein Altersheim geht, sich mit älteren Menschen beschäftigt oder ihnen etwas vorliest. Eine gute Freundin von mir hilft im Moment in einem Altersheim mit, und sie hat mir erzählt, dass es für sie manchmal nicht so einfach sei, kranke Menschen so zu sehen. Aber trotzdem macht es ihr großen Spaß und sie ist sehr glücklich, dass sie älteren Menschen eine Freude bereiten kann. Außerdem sind die Senioren auch immer sehr glücklich und dankbar sie zu sehen und ein bisschen Abwechslung zu haben.

Ein anderer Freund macht auch etwas ganz Wertvolles, um Menschen zu unterstützen und ihnen zu helfen: In unserem Nachbardorf gibt es eine Flüchtlingsfamilie mit Kleinkindern. Mein Freund trifft sich öfters mit ihnen und hilft ihnen, Deutsch zu lernen. Inzwischen kennt er die Familie schon ganz gut und hat sie auch schon in sein Herz geschlossen. Die Familie wiederum ist ihm sehr dankbar, und es hilft den Familienmitgliedern, dass sie schon so gut Deutsch gelernt haben. Nur so haben die Eltern eine Chance, in Deutschland eine Arbeitsstelle zu finden, Geld zu verdienen und den Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen. Ich finde es schön, dass die Familie auch willig ist, zu lernen. Es ist sicher nicht leicht, schnell die deutsche Sprache zu erlernen.

Mein Fazit ist, dass Wohltätigkeit sehr wichtig ist, da man mit ihr eine Menge erreichen kann. Man sollte unbedingt mehr auf seine Mitmenschen eingehen und sich intensiver Gedanken um sie machen. Das jüdische Gesetz zur Wohltätigkeit „Dem Bedürftigen die Möglichkeit zu geben, sich selbstständig zu ernähren“ leitet dazu an und weist zugleich den Weg, wie man helfen kann.

Mit gutem Karma zum Frieden

Mein Name ist Chantal Rinker. Ich bin davon fasziniert, wie friedlich und bunt der Hinduismus ist. Mein großes Vorbild ist Mahatma Gandhi.

Das Friedenspotential des Hinduismus sehe ich vor allem in der Regel des Karma: Durch gutes Karma kann man von der ersten Kaste bis in die vierte Kaste aufsteigen und sogar in das Nirvana gelangen. Gutes Karma erlangt man durch gute Taten. Menschen helfen sich gegenseitig, respektieren sich und halten sich an religiöse Vorschriften. Für Hindus besteht das größte Ziel darin, das Nirvana zu erreichen, denn dort sind sie von dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburt befreit. Sie setzen auch alles daran, dies zu erreichen.

Begeistert bin ich auch von der Rolle der Frau im Hinduismus, weil diese nicht als Gegenstand angesehen wird, sondern bewundert und respektiert wird. Viele Götter bei den Hindus sind Frauen, z. B. Shiva.

Es gibt im Hinduismus keine Gewalt, es wird kein Alkohol getrunken und Fleisch soll auch keines gegessen werden. Gäbe es in der Welt keine Gewalt, würde es auch keinen Krieg mehr geben. Es würde Frieden herrschen, es gäbe keine betrunkenen Menschen und der vom Aussterben bedrohte Tierbestand würde sich wieder erholen, denn es würde kein Tier mehr für Nahrung gejagt und getötet werden.

Für die Hindus ist Mahatma Gandhi ein großes Vorbild. Einer seiner großen Aussprüche war: „Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg.“ Ohne Gewalt anzuwenden, praktizierte er einen friedlichen Widerstand. Für mich ist es wichtig zu protestieren, ohne Gewalt einzusetzen. Durch Gandhis Vorbild können Menschen lernen, dass Protestieren und Widerstand leisten auch ohne Gewalt vonstattengehen können und dass Kämpfe auch ohne Waffen oder Gewalt geführt werden können.

Wenn die Welt so handeln würde, wie es der Hinduismus vorgibt, könnten Gesetze beseitigt werden, welche Menschen einschränken, es könnten Gefängnisse abgerissen werden, denn es würde keine Gewalt mehr geben. Kein Mensch würde mehr ermordet werden, denn man würde friedlich und respektvoll miteinander umgehen. Die Selbst­mordrate würde auf null sinken, denn die Menschen würden das Leben positiv sehen, statt in Selbstzweifel zu versinken. Und auch kein Schüler müsste mehr Angst haben, zur Schule zu gehen, oder müsste weinend nach Hause laufen, weil er in der Schule gemobbt wird. Denn es gäbe kein Mobbing mehr.

Heute schon meditiere ich mindestens zwei- bis dreimal in der Woche, um Stress abzubauen und inneren Frieden zu finden. Beim Meditieren male ich, liege ruhig da oder höre Entspannungsmusik. Für mich liegt in der hinduistischen Meditation eine große Kraft und ein Potential für den Frieden.

Die Zehn Gebote als Wegweiser für den Weltfrieden

Ich heiße Elena Zaslavskaja, bin 32 Jahre alt und christlichen Glaubens. Ich bin in der Ukraine geboren und lebe schon seit vielen Jahren in Deutschland. Mein 8-jähriger Sohn ist der Sonnenschein in meinem Leben. Er ist sehr wissbegierig und stellt mir oft Fragen, auf die ich Antworten geben soll, z. B. Fragen über Gott, über den Krieg in der Ukraine und Syrien, über Menschen, die dort ihre Häuser verlassen und irgendwo anders nach einer neuen Unterkunft suchen mussten, über Kinder, die fast ein ganzes Jahr im Keller verbrachten, weil es draußen zu gefährlich war. Es fällt mir selbst sehr schwer, auf diese Fragen Antworten zu finden und zu begreifen, weshalb Menschen so große Mühe haben, friedlich miteinander zu leben.

Meiner Meinung nach ist nur dann ein geordnetes Zusammenleben der Menschen möglich, wenn man sich an den Zehn Geboten orientiert; denn dann respektieren sich verschiedene Generationen, dann herrscht Vertrauen zwischen den Menschen und man kann sich auf das Wort des anderen verlassen, dann ist die Gemeinschaft von Mann und Frau geschützt und das Leben und das Eigentum der anderen wird geachtet.

Die Bedeutung der Zehn Gebote erkläre ich meinem Sohn anhand einfacher Beispiele wie etwa dem Autofahren: „Was passiert, wenn ich oder andere Menschen, die schon den Führerschein haben und die die Fahrregeln kennen, auf einmal die Regeln des Straßenverkehrs nicht mehr einhalten wollen? Wenn sie beispielsweise bei Rot losfahren oder wenn Fußgänger beim Überqueren der Fahrbahn nicht mehr den Zebrastreifen benutzen?“ Mein Sohn versteht die Beispiele sofort und sagt mir: „Dann wird es viele Tote und Verletzte geben! Dein Auto und auch die Autos der anderen gehen kaputt, und es gibt ein großes Chaos!“

Ich versuche meinem Sohn zu erklären, was noch passiert, wenn Menschen nicht respektvoll miteinander umgehen: „Wenn sich zwei Nachbarn nicht verstehen und anfangen, aneinander zu ärgern, ent­wickelt sich irgendwann gegenseitiger Hass und im schlimmsten Fall ist es denkbar, dass einer das Haus des anderen anzündet.“ Mein Sohn sagt: „Das ist schon Krieg!“ Und er hat Recht: Wo Menschlichkeit und Liebe in der Welt verloren gehen, entstehen Kriege.

Mein Sohn fragte mich: „Und was ist mit dem lieben Gott? Wie denkt er über dieses böse Verhalten der Menschen?“ Ich antwortete: „Ich glaube, dass er traurig ist, so etwas zu sehen. Denn er hat uns dazu geschaffen, dass wir Liebe zueinander empfinden sollen. Als Hilfe hat er uns seine Zehn Gebote gegeben, an denen wir uns orientieren sollen.“ Darauf mein Sohn: „Dann sind die Gebote so etwas wie Wegweiser am Straßenrand. Wenn wir sie beachten, werden wir nicht in die verkehrte Richtung gehen, und es wird in der Welt besser sein. Aber weshalb halten sich eigentlich nur so wenige Menschen an die Zehn Gebote?“

Der Prophet Mohammed als Vorbild für Frieden und Versöhnung

Ich heiße Pia Wissel und mich begeistert der friedvolle Umgang, zu dem der Islam die Menschen aufruft.

Der Islam ist eine friedliche Religion, das erklärt zum einen die Abstammung des Wortes „Islam“ selbst und zum anderen zahlreiche Verse aus dem Koran. Der Prophet Mohammed, der das Vorbild aller Muslime ist, war stets respektvoll, geduldig und tolerant gegenüber allen Menschen. Er rief dazu auf, sich auch gegenüber Nicht-Muslimen friedlich und versöhnlich zu verhalten. Er bot Andersgläubigen, welche keinen Ort zum Beten hatten, einen Platz in der Moschee an, damit sie ihren Glauben praktizieren konnten. Aber auch sein Umgang mit Menschen, die ihn provozierten, war sehr vorbildhaft. Sogar gegenüber Menschen, die ihn beleidigten und angriffen, war er freundlich, wie folgende Geschichte verdeutlicht:

Jeden Morgen traf der Prophet Mohammed einen Juden, der seinen Weg kreuzte. Dieser begegnete dem Propheten äußerst respektlos, bespuckte und beleidigte ihn. Eines Tages war der Jude plötzlich nicht mehr da, und der Prophet Mohammed wunderte sich. Da beschloss der Prophet nach dem Juden zu suchen, um zu erfahren, ob es diesem gut gehe. Schließlich fand ihn der Prophet und fragte ihn, ob mit ihm alles in Ordnung sei. Der Jude jedoch wunderte sich über den Propheten und fragte ihn, weshalb er sich für ihn interessiere, da er ihn immer so schlecht behandelt habe. Da sagte der Prophet, dass kein Mensch perfekt sei und erkundigte sich nach dem Ergehen des Juden. Dieser antwortete, dass sein Sohn im Sterben liege. Da betete der Prophet Mohammed zu Gott, dass der Sohn wieder gesund werden solle. Seit diesem Tag waren sie sehr frohe und friedliche Nachbarn.

Ich finde, diese Geschichte zeigt sehr eindrücklich, wie sich der Islam für ein friedliches Zusammenleben der Menschen einsetzt. Der Prophet Mohammed half einem Menschen, obwohl er jeden Tag von diesem beleidigt und respektlos behandelt wurde. Dies tat er, um Streit zu vermeiden und um Frieden zu stiften. Jeder Muslim soll nach Möglichkeit dem Beispiel des Propheten Mohammeds folgen. Außerdem ist es eine gute Tat, wenn man sich nicht an dem rächt, der einem Schlechtes angetan hat.

Ich finde, dass gerade dieser Verhaltensgrundsatz des Islam sehr dabei helfen kann, dass Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen friedlich zusammenleben. „...denn friedliche Einigung ist besser...“ (Sure 4:128).

„Jeder ist seines Glückes Schmied“ – eine moderne Anwendung des buddhistischen Karmaprinzips

Mein Name ist Anna-Lena Dersch, ich habe mich mit dem Buddhismus beschäftigt, dabei vor allem mit dem Konzept des Karmas und des unvergänglichen Glücks.

Im Buddhismus gibt es keinen Gott. Buddha war ein Adliger aus Nepal, der ca. 560 vor Christus geboren wurde. Er verließ im fortgeschrittenen Alter den Palast, in dem er aufgewachsen war, und sah das Leid in der Welt, das Elend der Kranken und das Sterben der Menschen. Alles, was er vorher besessen hatte, und aller Luxus bedeuteten ihm plötzlich nichts mehr. Er suchte nach einem Weg aus dem vergänglichen Glück des Materiellen und fragte nach dem Sinn allen Seins. Besonders trieb ihn die Frage um, weshalb es Alter, Krankheit und Tod gibt. In der Meditation fand er die Antworten auf seine Fragen und gründete einen Mönchsorden.

Im Buddhismus ist vieles anders als in anderen Glaubensrichtungen: Es gibt keine strengen Glaubensvorschriften, die einfach so hingenommen werden müssen, nur weil sie in einer Schrift stehen. Es geht im Buddhismus vorrangig um die Entfaltung der Möglichkeiten des einzelnen Individuums, um die Erlangung von ewigem Wissen und um die Erfahrung eines Zustandes der inneren Ruhe und des Friedens. Dabei spielt Karma eine wichtige Rolle, denn im Karma werden alle physischen, zwischenmenschlichen und geistigen Handlungen des Einzelnen sozusagen gespeichert, und nach dem Sterben des Körpers folgt auf gute Handlungen Glück und auf schlechte Handlungen Leid.

Ich schätze am Buddhismus, dass jeder für seine eigenen Handlungen gerade stehen muss: Wer Schlechtes tut, den erwartet Schlechtes. Wer Gutes tut, den erwartet Gutes. Ein einfaches Konzept. Dadurch, dass es im Buddhismus keine Gesetze und Gebote gibt, muss nichts getan werden, was der eigene Verstand in Frage stellt. Das Individuum kann selbst abwägen, ob seine Handlungen schädlich für seine Umwelt sind oder nicht. So werden Konflikte zwischen Menschen vermieden, weil immer der friedlichste Weg gesucht wird. Der Mensch muss keine Handlungen ausführen, deren Nutzen er eventuell anzweifelt.

Außerdem ist m. E. am Konzept des Buddhismus attraktiv, dass jeder Mensch die Chance hat, seine eigenen Potenziale zu entfalten: Jeder kennt doch die Situationen, in denen er anderen hilft, auch unbekannten Menschen, sei es nur für die ältere Dame oder den älteren Herrn im Bus den Sitz frei zu machen. Jeder kennt das gute Gefühl, wenn man dafür ein Lächeln geschenkt bekommt. In dieser Weise kann man die Grundlage des Karmas verstehen, wenn das Gute auf einen zurückfällt, sobald man Gutes tut. Wir sollten also reflektieren, was unser Verhalten auslöst, bevor wir handeln, denn unser Verhalten löst eine Kettenreaktion aus. Wir können eine Kettenreaktion an Gutem oder Schlechtem auslösen. Wir können entscheiden, ob unsere Handlungen andere verletzen, nicht nur physisch, sondern auch psychisch, und können die Folgen unseres Verhaltens und die Antwort auf unser Verhalten abwägen.

Karma ist kein Hexenwerk. Es ist, so gesehen, überall, in allem, was wir tun: Auf schlechtes Handeln folgt Schlechtes, auf gutes Handeln folgt Gutes. „Jeder ist seines Glückes Schmied“ – dieses Sprichwort spiegelt Karma auf eine sehr deutsche Art und Weise wider, sehr pragmatisch und direkt. Es ist sehr vereinfacht, aber ich denke, so kann man es verstehen und als Anleitung zu friedvollen und versöhnlichen Handeln betrachten.

[...]


[1] Vgl. Katholisches.Info. Magazin für Kirche und Kultur, unter: http://www.katholisches.info/2012/12/20/32-prozent-der-weltbevolkerung-sind-christen-84-prozent-gehoren-einer-weltreligion-an , [Stand: 28.12.2015].

[2] Vgl. Stefan Huber: Aufbau und strukturierende Prinzipien des RELIGIONSMONITORS, in: Religionsmonitor 2008, hrsg. von der Bertelsmannstiftung, Gütersloh 2007, S. 27.

[3] Vgl. ebd.

[4] Vgl. Heinz Meyer u. Rudolf Suntrup: Art. „50“, in: Diess.: Lexikon der mittelalterlichen Zahlenbedeutungen, [Münstersche Mittelalter-Schriften Bd. 56], München 1987, Sp. 735.

Ende der Leseprobe aus 170 Seiten

Details

Titel
Gott heißt Versöhnung. 50 Marburger Schülerbeiträge für den Frieden
Autor
Jahr
2016
Seiten
170
Katalognummer
V319398
ISBN (eBook)
9783668191396
ISBN (Buch)
9783668191402
Dateigröße
2297 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Religionen als Quellen des Friedens;, Versöhnung;, Christentum;, Frieden, Judentum;, Islam;, Buddhismus;, Shintoismus;, Friedenspotentiale;, Marburg;, Verständigung der Religionen;, Holger Speier;, Bahaitum;, Hinduismus;, Daoismus;, Schülerbeiträge
Arbeit zitieren
Dr. Holger Speier (Herausgeber:in), 2016, Gott heißt Versöhnung. 50 Marburger Schülerbeiträge für den Frieden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/319398

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