In der hier vorliegenden Seminararbeit wird der Versuch unternommen, die Kurzgeschichte „Casa Tomada“, verfasst von Julio Cortázar, hermeneutisch zu erschließen, wobei es diesbezüglich vor allem darum gehen soll, nur einen Ansatz zu wählen, um die Bedeutung der Perspektivierung auf den Gegenstand hervorzuheben. Denn: Alles, was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt, der wiederum an die von ihm eingenommene Perspektive gebunden ist. Wie etwas wahrgenommen wird, hängt also dialektisch betrachtet vom Instrumentarium ab, mit dem bspw. Texte bearbeitet werden.
Wie bereits angerissen wurde, besteht diesbezüglich die Möglichkeit aus unterschiedlichen Ansätzen, die uns sowohl die Literatur- als auch die Kulturwissenschaft anbieten – mit dem Ziel die jeweiligen fachspezifischen Gegenstände verstehen aber auch deuten zu können – den einen Ansatz zu wählen. Da es in dieser Arbeit um die Interpretation eines geschriebenen Textes geht, muss an dieser Stelle zusätzlich betont werden, dass es hinsichtlich geschriebener Texte vor allem die Hermeneutik ist, die im Kontext der Rezeption literarischer Texte genannt werden muss. Doch worauf referiere ich, wenn es mir darum geht, den Text hermeneutisch zu erschließen bzw. den Text mit der Hermeneutik zu verstehen und welcher Ansatz wird nun konkret für die Interpretation des Textes gewählt?
Wenn von Hermeneutik die Rede ist, so handelt es sich dabei um Methoden, die zur Erschließung der den Texten zugrundeliegenden Bedeutungen dienen, wie bspw. der Methode des Biografismus, des New Historicism, der Werkimmanenz bzw. des Strukturalismus oder auch der Methode der Dekonstruktion, die allesamt als sog. Instrumente der Interpretation gewertet werden können. In Anlehnung an die von mir im Seminar gehaltene Präsentation wird für die hermeneutische Erschließung des Textes der postkoloniale Ansatz gewählt, wobei dieser, wie ich bereits in der Präsentation sagte, mit der Dekonstruktion einhergeht; beide Ansätze sind nämlich darum bemüht, bestehende Wissenssysteme zu dekonstruieren, um der Proklamation einer absoluten Wahrheit entgegenzuwirken. Diesen Ansatz der Demontage von absoluten Wahrheiten möchte ich in einem kleinen Exkurs zum Schluss dieser Arbeit nochmals kritisch durchleuchten, um auf mögliche konzeptuelle Schwachstellen hinzudeuten.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung
- 2. Postkoloniale Ansätze: Die Umwertung aller Werte
- 3. Interpretation: Werkimmanentes Vorgehen
- 3.1 Interpretation: Postkolonialer Ansatz
- 4. Exkurs
- 5. Verwendete Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht Julio Cortázars Kurzgeschichte "Casa Tomada" unter Anwendung eines postkolonialen hermeneutischen Ansatzes. Ziel ist es, die Bedeutung der Perspektivierung bei der Texterschließung hervorzuheben und die Abhängigkeit der Interpretation von der gewählten Methode zu verdeutlichen. Die Arbeit vergleicht den postkolonialen Ansatz mit einem werkimmanenten Vorgehen.
- Hermeneutische Texterschließung von "Casa Tomada"
- Postkoloniale Theorie und ihre Anwendung auf Literatur
- Vergleichende Analyse werkimmanenter und postkolonialer Interpretationsmethoden
- Dekonstruktion bestehender Wissenssysteme
- Spannungsverhältnis zwischen Zentrum und Peripherie
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einführung: Die Arbeit beschreibt den Ansatz, Julio Cortázars "Casa Tomada" hermeneutisch zu interpretieren, wobei der Fokus auf der Bedeutung der Perspektive liegt. Es wird argumentiert, dass die Wahrnehmung eines Textes vom angewendeten methodischen Instrumentarium abhängt. Die Arbeit wählt den postkolonialen Ansatz, der mit der Dekonstruktion einhergeht, um bestehende Wissenssysteme zu dekonstruieren und absoluten Wahrheiten entgegenzuwirken. Ein Exkurs am Ende wird mögliche konzeptuelle Schwachstellen dieser Methode kritisch beleuchten. Zur Veranschaulichung der Abhängigkeit der Interpretation von der Perspektive, wird neben dem postkolonialen Ansatz auch eine werkimmanente Technik angewendet.
2. Postkoloniale Ansätze: Die Umwertung aller Werte: Dieses Kapitel definiert den Postkolonialismus als kritische Reaktion auf den Kolonialismus. Es wird zwischen einem weiteren und engeren Sinn des Begriffs unterschieden, wobei der engere Sinn sich auf die Zeit nach der Unabhängigkeit der Kolonien bezieht. Die Arbeit thematisiert die Frage nach der tatsächlichen, im Gegensatz zur nominellen, Unabhängigkeit und die andauernde Verarbeitung des Kolonialerbes. Der Fokus liegt auf dem Spannungsverhältnis zwischen Zentrum und Peripherie, wobei die eindimensionale Zuordnung kritisiert wird. Es wird die Verbreitung europäischer Sprachen, Denkweisen und Kulturformen in nicht-europäischen Regionen sowie der Modus dieser Verbreitung als entscheidend für das Entstehen von Spannungsverhältnissen dargestellt. Schließlich wird die passive Gegenkolonisation als Wirkung der Kolonisation beschrieben, die zu kultureller Disparität und Koexistenz führt (Beispiel: Kopftuchdebatte).
Schlüsselwörter
Casa Tomada, Julio Cortázar, Hermeneutik, Postkolonialismus, Dekonstruktion, Werkinterpretation, Zentrum-Peripherie, Kolonialismus, Perspektivierung, Interpretationstheorien.
Häufig gestellte Fragen zu "Casa Tomada": Eine postkoloniale Lektüre
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Diese Seminararbeit analysiert Julio Cortázars Kurzgeschichte "Casa Tomada" unter Anwendung eines postkolonialen hermeneutischen Ansatzes. Der Fokus liegt auf der Bedeutung der Perspektive bei der Texterschließung und der Abhängigkeit der Interpretation von der gewählten Methode.
Welche Methoden werden verglichen?
Die Arbeit vergleicht einen postkolonialen Interpretationsansatz mit einem werkimmanenten Vorgehen, um die unterschiedlichen Perspektiven und Ergebnisse aufzuzeigen.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Die Arbeit möchte die Bedeutung der Perspektivierung bei der Texterschließung hervorheben und die Abhängigkeit der Interpretation von der gewählten Methode verdeutlichen. Sie zielt darauf ab, die Anwendung postkolonialer Theorie auf literarische Texte zu demonstrieren.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt Themen wie hermeneutische Texterschließung, postkoloniale Theorie, vergleichende Analyse von Interpretationsmethoden, Dekonstruktion bestehender Wissenssysteme und das Spannungsverhältnis zwischen Zentrum und Peripherie im Kontext von "Casa Tomada".
Wie wird der Postkolonialismus in der Arbeit definiert?
Der Postkolonialismus wird als kritische Reaktion auf den Kolonialismus definiert, wobei zwischen einem weiteren und engeren Sinn unterschieden wird. Der engere Sinn bezieht sich auf die Zeit nach der Unabhängigkeit der Kolonien und thematisiert die Frage nach tatsächlicher vs. nomineller Unabhängigkeit und die andauernde Verarbeitung des Kolonialerbes.
Welche Rolle spielt das Spannungsverhältnis zwischen Zentrum und Peripherie?
Das Spannungsverhältnis zwischen Zentrum und Peripherie ist ein zentrales Thema. Die Arbeit kritisiert die eindimensionale Zuordnung und untersucht die Verbreitung europäischer Sprachen, Denkweisen und Kulturformen in nicht-europäischen Regionen sowie die daraus resultierenden Spannungsverhältnisse.
Wie wird die Interpretation von "Casa Tomada" im Detail angegangen?
Die Arbeit interpretiert "Casa Tomada" sowohl mit einem postkolonialen als auch mit einem werkimmanenten Ansatz. Der postkoloniale Ansatz konzentriert sich auf die Dekonstruktion bestehender Wissenssysteme und die Auseinandersetzung mit dem Kolonialerbe. Ein Exkurs beleuchtet kritisch mögliche konzeptuelle Schwachstellen der postkolonialen Methode.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Casa Tomada, Julio Cortázar, Hermeneutik, Postkolonialismus, Dekonstruktion, Werkinterpretation, Zentrum-Peripherie, Kolonialismus, Perspektivierung, Interpretationstheorien.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit umfasst Kapitel zu Einführung, Postkolonialen Ansätzen, Interpretation (mit Unterkapitel zum postkolonialen Ansatz), einem Exkurs und der verwendeten Literatur.
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Diese Arbeit richtet sich an ein akademisches Publikum, das sich mit Literaturwissenschaft, Postkolonialismus und Hermeneutik auseinandersetzt.
- Arbeit zitieren
- Mario-Francisco Zodl (Autor:in), 2015, "Casa Tomada" von Julio Cortázar. Versuch einer hermeneutischen Erschließung im Sinne einer postkolonialen Rezeptionsweise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/319836