Bei der Lektüre von Kleists Novelle „Der Findling“ fällt auf, dass bezüglich des katastrophalen Handlungsverlaufs unter anderem die Missverständnisse eine große Rolle spielen. So entsteht das entscheidende Missverständnis dadurch, dass Nicolo glaubt, Elvire habe ihn bei Piachi verraten. Seine Rache führt somit zur Katastrophe. Bei Missverständnissen kann man keinen Schuldigen ausmachen, es ist ein „Kommunikationsunfall“, an dem keiner die Schuld trägt.
Doch kann man beim „Findling“ von Missverständnissen sprechen? Ist Nicolo aufgrund der spärlichen Kommunikation in der Familie Piachi überhaupt ein Missverstehender oder trägt er durch die nicht vorhandene Kommunikation nur passiv die Schuld am katastrophalen Ende? Ist Nicolo möglicherweise nicht in dem Maße schuldig, wie er auf den ersten Eindruck scheint?
Dieser Frage nach der Kommunikation innerhalb der Familie Piachi soll in dieser Hausarbeit nachgegangen werden. Die Vermutung liegt nahe, dass die Kommunikation Aufschluss darüber geben kann, inwiefern die Schuldfrage mit dieser Kommunikation innerhalb der Familie zusammenhängen kann. Hierzu führt zunächst ein kurzer Forschungseinblick in die Thematik der Schuldfrage ein, worauf im Anschluss eine Darstellung der besonderen Familiensituation folgt, die für die spätere Untersuchung grundlegend ist.
Im Hinblick auf deren Kommunikation wird dann nicht nur das Gesprochene untersucht werden, sondern auch die Art und Weise des Gesprochenen, wozu Gestik, Mimik und vor allem die Blicke der Figuren zählen. Dabei wird es zunächst um die Kommunikation der Figuren Piachi und Elvire als Eheleute gehen. Danach wird deren Kommunikationsverhalten gegenüber Nicolo untersucht werden. Parallel dazu soll das Verhältnis der Kommunikation mit dem Umgang mit dem Geheimnis der Familie ausgearbeitet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Forschungsausblick
- Die künstliche Familie
- Kommunikation und Geheimnis
- Elvire und Piachi
- Elvires und Piachis Kommunikationsverhalten gegenüber Nicolo
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit analysiert die Kommunikation in Heinrich von Kleists Novelle „Der Findling“ mit dem Ziel, den Zusammenhang zwischen der Kommunikation innerhalb der Familie Piachi und der Schuldfrage zu untersuchen. Es soll untersucht werden, inwieweit die spärliche Kommunikation der Figuren zu Missverständnissen und letztendlich zum katastrophalen Ende führt.
- Die Rolle der Kommunikation in der Familie Piachi
- Die Schuldfrage im Kontext von Missverständnissen
- Die Bedeutung von Gestik, Mimik und Blicken für die Kommunikation
- Das Verhältnis zwischen Kommunikation und dem Geheimnis der Familie
- Die Sexualität der Figuren und die damit verbundene Schlüsselmetaphorik
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Besonderheit der Kommunikation in Kleists „Der Findling“ heraus. Es wird auf den „Mangel an direkter Aussprache“ innerhalb der Familie Piachi hingewiesen und die Rolle von Missverständnissen im Handlungsverlauf der Novelle beleuchtet. Die Hausarbeit stellt die zentrale Frage nach der Schuldfrage und deren möglicher Verbindung zur Kommunikation.
Forschungsausblick
Der Forschungsausblick beleuchtet die unterschiedlichen Perspektiven auf die Schuldfrage in der Kleist-Forschung. Es wird auf die frühere Interpretation hingewiesen, die Nicolo Piachi als Intriganten und Urheber des Übels sieht. Anschließend werden die Ansätze von Schröder und Rieger vorgestellt, die die Familie Piachi als dysfunktional und kommunikationsgestört beschreiben.
- Arbeit zitieren
- Julia Dornfeld (Autor:in), 2012, Ohne Worte. Die Kommunikation in Kleists „Der Findling“ in Bezug auf die Schuldfrage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/320205